Die Verarbeitung der Schmiedeeisenabfälle und des alten Eisens (Schrott) war eine nicht unwichtige Arbeit geworden. Es entstanden Fabriken, welche sich ausschliesslich damit beschäftigten, namentlich in der Nähe grosser Städte, wo das Material reichlich vorhanden war. So soll damals eine einzige Anlage dieser Art in London fünf Walzwerke beschäftigt haben. Wenn man das alte Eisen für sich verschmolz und es nicht, wie vordem, beim Frischen zusetzte, so geschah dies entweder in Herden oder in Flammöfen. Svedenstjerna hat das Eisenwerk Crammond bei Edinburg beschrieben, welches aus altem Eisen, Nägeln, Reifen u. s. w., die zum Teil aus Holland bezogen wurden, Stabeisen in Flammöfen und Herden machte, das dann zu Blechen, Spaten, Schaufeln u. dergl. ausgeschmiedet wurde. Das alte Eisen wurde mit Blechabschnitzeln und Schrot zu kubischen Haufen (piles) von 11 bis 12 Zoll Seiten- länge geformt. Dies besorgten Kinder und alte Leute, welche die Eisenabfälle möglichst ineinander verstrickten, so dass der Haufen fest angefasst werden konnte, ohne auseinander zu fallen. Das Schweissen geschah entweder in einem Flammschweissofen (bloom furnace) oder in einem überwölbten Herd mit Gebläse. Der Hammer, die Hammerwelle und das Wasserrad waren meist von Eisen; ausser- dem gehörte ein kleines Walzwerk, ein Glühofen und eine grosse Schere von Gusseisen, um das Material für die Bleche und Spaten zu schneiden, zu der Anlage. Zu Bradley setzte man die Abschnitzel der Blechfabrik im Puddelofen zu, und zwar in dem Augenblick, sobald das Feineisen zu schmelzen begann, worauf man starke Hitze gab. Das Frischen wurde dadurch sehr beschleunigt. Wollte man altes Stabeisen allein verarbeiten, so bediente man sich am vorteil- haftesten eines Flammofens mit horizontalem Herd und so konstruiert, dass man darin eine rasche und starke Schweisshitze erzielen konnte. Dabei trug man das Eisen entweder in acht bis zehn Töpfen von 4 Zoll Höhe und 10 bis 12 Zoll Durchmesser ein, oder man machte Haufen oder Pakete daraus, die man auf den Herd setzte. Ersteres Verfahren war kostspieliger durch die Töpfe, die dabei zu Grunde gingen, aber das Eisen erlitt weniger Abbrand; letzteres Verfahren war vorteilhafter, erforderte aber rasche Schweisshitze. Hiernach musste das Verhältnis von Rost, Herd und Fuchs eingerichtet sein und die Feuerbrücke mindestens 6 Zoll hoch liegen 1).
Fischer sah 1814 das Einschmelzen von altem Eisen in Schweiss-
1) Siehe Annales des arts et manufact. XL, p. 263.
Stabeisenbereitung 1801 bis 1815.
Die Verarbeitung der Schmiedeeisenabfälle und des alten Eisens (Schrott) war eine nicht unwichtige Arbeit geworden. Es entstanden Fabriken, welche sich ausschlieſslich damit beschäftigten, namentlich in der Nähe groſser Städte, wo das Material reichlich vorhanden war. So soll damals eine einzige Anlage dieser Art in London fünf Walzwerke beschäftigt haben. Wenn man das alte Eisen für sich verschmolz und es nicht, wie vordem, beim Frischen zusetzte, so geschah dies entweder in Herden oder in Flammöfen. Svedenstjerna hat das Eisenwerk Crammond bei Edinburg beschrieben, welches aus altem Eisen, Nägeln, Reifen u. s. w., die zum Teil aus Holland bezogen wurden, Stabeisen in Flammöfen und Herden machte, das dann zu Blechen, Spaten, Schaufeln u. dergl. ausgeschmiedet wurde. Das alte Eisen wurde mit Blechabschnitzeln und Schrot zu kubischen Haufen (piles) von 11 bis 12 Zoll Seiten- länge geformt. Dies besorgten Kinder und alte Leute, welche die Eisenabfälle möglichst ineinander verstrickten, so daſs der Haufen fest angefaſst werden konnte, ohne auseinander zu fallen. Das Schweiſsen geschah entweder in einem Flammschweiſsofen (bloom furnace) oder in einem überwölbten Herd mit Gebläse. Der Hammer, die Hammerwelle und das Wasserrad waren meist von Eisen; auſser- dem gehörte ein kleines Walzwerk, ein Glühofen und eine groſse Schere von Guſseisen, um das Material für die Bleche und Spaten zu schneiden, zu der Anlage. Zu Bradley setzte man die Abschnitzel der Blechfabrik im Puddelofen zu, und zwar in dem Augenblick, sobald das Feineisen zu schmelzen begann, worauf man starke Hitze gab. Das Frischen wurde dadurch sehr beschleunigt. Wollte man altes Stabeisen allein verarbeiten, so bediente man sich am vorteil- haftesten eines Flammofens mit horizontalem Herd und so konstruiert, daſs man darin eine rasche und starke Schweiſshitze erzielen konnte. Dabei trug man das Eisen entweder in acht bis zehn Töpfen von 4 Zoll Höhe und 10 bis 12 Zoll Durchmesser ein, oder man machte Haufen oder Pakete daraus, die man auf den Herd setzte. Ersteres Verfahren war kostspieliger durch die Töpfe, die dabei zu Grunde gingen, aber das Eisen erlitt weniger Abbrand; letzteres Verfahren war vorteilhafter, erforderte aber rasche Schweiſshitze. Hiernach muſste das Verhältnis von Rost, Herd und Fuchs eingerichtet sein und die Feuerbrücke mindestens 6 Zoll hoch liegen 1).
Fischer sah 1814 das Einschmelzen von altem Eisen in Schweiſs-
1) Siehe Annales des arts et manufact. XL, p. 263.
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Stabeisenbereitung 1801 bis 1815.
Die Verarbeitung der Schmiedeeisenabfälle und des
alten Eisens (Schrott) war eine nicht unwichtige Arbeit geworden. Es
entstanden Fabriken, welche sich ausschlieſslich damit beschäftigten,
namentlich in der Nähe groſser Städte, wo das Material reichlich
vorhanden war. So soll damals eine einzige Anlage dieser Art in
London fünf Walzwerke beschäftigt haben. Wenn man das alte
Eisen für sich verschmolz und es nicht, wie vordem, beim Frischen
zusetzte, so geschah dies entweder in Herden oder in Flammöfen.
Svedenstjerna hat das Eisenwerk Crammond bei Edinburg
beschrieben, welches aus altem Eisen, Nägeln, Reifen u. s. w., die
zum Teil aus Holland bezogen wurden, Stabeisen in Flammöfen und
Herden machte, das dann zu Blechen, Spaten, Schaufeln u. dergl.
ausgeschmiedet wurde. Das alte Eisen wurde mit Blechabschnitzeln
und Schrot zu kubischen Haufen (piles) von 11 bis 12 Zoll Seiten-
länge geformt. Dies besorgten Kinder und alte Leute, welche die
Eisenabfälle möglichst ineinander verstrickten, so daſs der Haufen
fest angefaſst werden konnte, ohne auseinander zu fallen. Das
Schweiſsen geschah entweder in einem Flammschweiſsofen (bloom
furnace) oder in einem überwölbten Herd mit Gebläse. Der Hammer,
die Hammerwelle und das Wasserrad waren meist von Eisen; auſser-
dem gehörte ein kleines Walzwerk, ein Glühofen und eine groſse
Schere von Guſseisen, um das Material für die Bleche und Spaten
zu schneiden, zu der Anlage. Zu Bradley setzte man die Abschnitzel
der Blechfabrik im Puddelofen zu, und zwar in dem Augenblick,
sobald das Feineisen zu schmelzen begann, worauf man starke Hitze
gab. Das Frischen wurde dadurch sehr beschleunigt. Wollte man
altes Stabeisen allein verarbeiten, so bediente man sich am vorteil-
haftesten eines Flammofens mit horizontalem Herd und so konstruiert,
daſs man darin eine rasche und starke Schweiſshitze erzielen konnte.
Dabei trug man das Eisen entweder in acht bis zehn Töpfen von
4 Zoll Höhe und 10 bis 12 Zoll Durchmesser ein, oder man machte
Haufen oder Pakete daraus, die man auf den Herd setzte. Ersteres
Verfahren war kostspieliger durch die Töpfe, die dabei zu Grunde
gingen, aber das Eisen erlitt weniger Abbrand; letzteres Verfahren
war vorteilhafter, erforderte aber rasche Schweiſshitze. Hiernach
muſste das Verhältnis von Rost, Herd und Fuchs eingerichtet sein
und die Feuerbrücke mindestens 6 Zoll hoch liegen 1).
Fischer sah 1814 das Einschmelzen von altem Eisen in Schweiſs-
1) Siehe Annales des arts et manufact. XL, p. 263.
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Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 4: Das XIX. Jahrhundert von 1801 bis 1860. Braunschweig, 1899, S. 121. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen04_1899/137>, abgerufen am 25.11.2024.
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