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Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 4: Das XIX. Jahrhundert von 1801 bis 1860. Braunschweig, 1899.

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Stabeisenbereitung 1801 bis 1815.

Obgleich Dufaud nur eine geringe Abgabe für sein patentiertes
Verfahren verlangte und obgleich Hassenfratz die französischen
Fabrikanten ermahnte, entweder dieses oder das englische Verfahren
einzuführen, so fand doch damals das Flammofenfrischen in Frank-
reich noch keinen Eingang.

Auch ein anderer Vorschlag von Hassenfratz, den er, wie er
sagt, deshalb machte, weil er einsah, dass die Selbstsucht, Gewohnheit
und Routine der Fabrikanten der Einführung dieser Methoden so
hartnäckigen Widerstand entgegensetzen würde, dass erst in entfernter
Zeit auf deren Einführung zu rechnen wäre, fand wenig Anklang.
Er bestand darin, das Frischen wie seither beizubehalten, aber das
Ausheizen in Flammöfen mit Steinkohlenfeuerung auszuführen. Wenn
hierbei auch nur ein Teil der Holzkohlen erspart würde, so verdiente
dies doch nach Hassenfratz' Meinung die ernste Beachtung der
französischen Regierung.

Die Herren Frerejean in Lyon machten um jene Zeit (vor 1812)
Versuche, oxydische Erze mit Kohlenpulver gemengt im Flammofen
mit Steinkohlen zu gut zu machen, ein Verfahren, das in England
früher wiederholt versucht worden war. Die Reduktion verlief aber
zu rasch und das Eisen verschlackte, ehe das Erz genügend reduziert war.

Dagegen gelang es den Genannten, sowie einem Herrn Blumen-
stein
, Eisenoxyd in dieser Weise zu Metall zu reduzieren, indem sie
das Gemenge von Erz und Kohlen zu Backsteinen formten, welchen
sie einen Überzug von Thon gaben. Diese Backsteine wurden im
Flammofen einer langsam steigenden Hitze ausgesetzt und so gelang
es, Eisen in Form von Körnern zu erhalten, welche man in Tiegeln,
Frischfeuern oder Flammöfen einschmelzen konnte. -- Vergeblich
hatte der Oberingenieur Blavier versucht, im Depart. Aveyron Eisen-
erze mit Steinkohlen in Katalanschmieden zu schmelzen. Muthuon
wollte dasselbe erreichen, indem er den Prozess in drei verschiedenen
Öfen und Herden durchführte. Hassenfratz ermahnt die französischen
Fabrikanten, sich durch die vergeblichen Versuche, Eisenerze in
einer Operation mit Steinkohlenfeuer auszuschmelzen und zu frischen,
nicht irre machen zu lassen.

Wir führen diese Thathsachen nur an, um den damaligen Stand
der französischen Eisenindustrie zu beleuchten.

Wie unbekannt das englische Verfahren der Stabeisenbereitung
damals noch in Frankreich war, geht auch daraus hervor, dass Colon
in Paris 1806 ein Patent auf das in England allgemein gebräuchliche
Walzwerk erhielt.


Stabeisenbereitung 1801 bis 1815.

Obgleich Dufaud nur eine geringe Abgabe für sein patentiertes
Verfahren verlangte und obgleich Hassenfratz die französischen
Fabrikanten ermahnte, entweder dieses oder das englische Verfahren
einzuführen, so fand doch damals das Flammofenfrischen in Frank-
reich noch keinen Eingang.

Auch ein anderer Vorschlag von Hassenfratz, den er, wie er
sagt, deshalb machte, weil er einsah, daſs die Selbstsucht, Gewohnheit
und Routine der Fabrikanten der Einführung dieser Methoden so
hartnäckigen Widerstand entgegensetzen würde, daſs erst in entfernter
Zeit auf deren Einführung zu rechnen wäre, fand wenig Anklang.
Er bestand darin, das Frischen wie seither beizubehalten, aber das
Ausheizen in Flammöfen mit Steinkohlenfeuerung auszuführen. Wenn
hierbei auch nur ein Teil der Holzkohlen erspart würde, so verdiente
dies doch nach Hassenfratz’ Meinung die ernste Beachtung der
französischen Regierung.

Die Herren Frèrejean in Lyon machten um jene Zeit (vor 1812)
Versuche, oxydische Erze mit Kohlenpulver gemengt im Flammofen
mit Steinkohlen zu gut zu machen, ein Verfahren, das in England
früher wiederholt versucht worden war. Die Reduktion verlief aber
zu rasch und das Eisen verschlackte, ehe das Erz genügend reduziert war.

Dagegen gelang es den Genannten, sowie einem Herrn Blumen-
stein
, Eisenoxyd in dieser Weise zu Metall zu reduzieren, indem sie
das Gemenge von Erz und Kohlen zu Backsteinen formten, welchen
sie einen Überzug von Thon gaben. Diese Backsteine wurden im
Flammofen einer langsam steigenden Hitze ausgesetzt und so gelang
es, Eisen in Form von Körnern zu erhalten, welche man in Tiegeln,
Frischfeuern oder Flammöfen einschmelzen konnte. — Vergeblich
hatte der Oberingenieur Blavier versucht, im Depart. Aveyron Eisen-
erze mit Steinkohlen in Katalanschmieden zu schmelzen. Muthuon
wollte dasselbe erreichen, indem er den Prozeſs in drei verschiedenen
Öfen und Herden durchführte. Hassenfratz ermahnt die französischen
Fabrikanten, sich durch die vergeblichen Versuche, Eisenerze in
einer Operation mit Steinkohlenfeuer auszuschmelzen und zu frischen,
nicht irre machen zu lassen.

Wir führen diese Thathsachen nur an, um den damaligen Stand
der französischen Eisenindustrie zu beleuchten.

Wie unbekannt das englische Verfahren der Stabeisenbereitung
damals noch in Frankreich war, geht auch daraus hervor, daſs Colon
in Paris 1806 ein Patent auf das in England allgemein gebräuchliche
Walzwerk erhielt.


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[120/0136] Stabeisenbereitung 1801 bis 1815. Obgleich Dufaud nur eine geringe Abgabe für sein patentiertes Verfahren verlangte und obgleich Hassenfratz die französischen Fabrikanten ermahnte, entweder dieses oder das englische Verfahren einzuführen, so fand doch damals das Flammofenfrischen in Frank- reich noch keinen Eingang. Auch ein anderer Vorschlag von Hassenfratz, den er, wie er sagt, deshalb machte, weil er einsah, daſs die Selbstsucht, Gewohnheit und Routine der Fabrikanten der Einführung dieser Methoden so hartnäckigen Widerstand entgegensetzen würde, daſs erst in entfernter Zeit auf deren Einführung zu rechnen wäre, fand wenig Anklang. Er bestand darin, das Frischen wie seither beizubehalten, aber das Ausheizen in Flammöfen mit Steinkohlenfeuerung auszuführen. Wenn hierbei auch nur ein Teil der Holzkohlen erspart würde, so verdiente dies doch nach Hassenfratz’ Meinung die ernste Beachtung der französischen Regierung. Die Herren Frèrejean in Lyon machten um jene Zeit (vor 1812) Versuche, oxydische Erze mit Kohlenpulver gemengt im Flammofen mit Steinkohlen zu gut zu machen, ein Verfahren, das in England früher wiederholt versucht worden war. Die Reduktion verlief aber zu rasch und das Eisen verschlackte, ehe das Erz genügend reduziert war. Dagegen gelang es den Genannten, sowie einem Herrn Blumen- stein, Eisenoxyd in dieser Weise zu Metall zu reduzieren, indem sie das Gemenge von Erz und Kohlen zu Backsteinen formten, welchen sie einen Überzug von Thon gaben. Diese Backsteine wurden im Flammofen einer langsam steigenden Hitze ausgesetzt und so gelang es, Eisen in Form von Körnern zu erhalten, welche man in Tiegeln, Frischfeuern oder Flammöfen einschmelzen konnte. — Vergeblich hatte der Oberingenieur Blavier versucht, im Depart. Aveyron Eisen- erze mit Steinkohlen in Katalanschmieden zu schmelzen. Muthuon wollte dasselbe erreichen, indem er den Prozeſs in drei verschiedenen Öfen und Herden durchführte. Hassenfratz ermahnt die französischen Fabrikanten, sich durch die vergeblichen Versuche, Eisenerze in einer Operation mit Steinkohlenfeuer auszuschmelzen und zu frischen, nicht irre machen zu lassen. Wir führen diese Thathsachen nur an, um den damaligen Stand der französischen Eisenindustrie zu beleuchten. Wie unbekannt das englische Verfahren der Stabeisenbereitung damals noch in Frankreich war, geht auch daraus hervor, daſs Colon in Paris 1806 ein Patent auf das in England allgemein gebräuchliche Walzwerk erhielt.

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Zitationshilfe: Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 4: Das XIX. Jahrhundert von 1801 bis 1860. Braunschweig, 1899, S. 120. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen04_1899/136>, abgerufen am 25.11.2024.