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Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 4: Das XIX. Jahrhundert von 1801 bis 1860. Braunschweig, 1899.

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Stabeisenbereitung 1801 bis 1815.
Walzen kamen, zur Kirschrotglut erwärmt und unter dem Hammer
gestreckt und ausgeschmiedet. Die Arbeit wurde durch eine Führung,
mittels der die Arbeiter die Stäbe zu dem Hammer brachten, unter-
stützt. Hierdurch ging die Arbeit sehr rasch. Das Überschmieden
sollte die Qualität verbessern und das Walzeisen dem ausländischen
Schmiedeeisen im Äusseren ähnlich machen.

Gutes Feineisen erlitt 25 Proz. Abgang, oder das Roheisen ein-
schliesslich des Feinens 33 bis 36 Proz. Auf einen Centner Stabeisen
kam ein Koksverbrauch von 6 Kbfss. beim Feinen, von 16 Kbfss. Stein-
kohlen beim Puddeln und von 1 Kbfss. beim Ausheizen. Dieser grosse
Kohlenverbrauch musste allerdings vor der Einführung des Puddel-
prozesses in Gegenden, wo Steinkohlen nicht sehr billig zu haben
waren, abschrecken, ganz abgesehen von den sehr hohen Anlage-
kosten.

Der Feinprozess verteuerte das Flammofenfrischen wesentlich.
Es tauchten deshalb verschiedene Erfindungen auf, die den Zweck
hatten, denselben entweder überflüssig zu machen oder zu verbilligen.
In ersterer Richtung bewegten sich die Vorschläge, durch chemische
Zusätze das Roheisen im Puddelofen zu reinigen. Ein solcher wurde
1802 Joseph Hartley patentiert, der Eisenerze und Roheisen bei
der Behandlung in Feineisenfeuern, Rennfeuern oder Puddelöfen
reinigen wollte durch Zusatz von Salz, Rückständen der Salzpfannen,
Salmiak, Alaun, Glasgalle, Salpeter, Weinstein, vegetabilischen,
mineralischen und animalischen Salzen mit oder ohne Zusatz von ab-
sorbierenden Stoffen, wie Kalk, Gips und Kreide, sowie verbrenn-
lichen und phlogistischen Substanzen mineralischer und vegetabilischer
Natur. Wie man sieht, eine recht reiche Auswahl von Reinigungs-
mitteln.

Mushets Patent vom 27. Juli 1815 ging dagegen darauf hinaus,
das Roheisen in Öfen mit geschlossener Brust, ähnlich den steierischen
Flossöfen, unter Zusatz von Frisch-, Puddel-, Schweiss- und Hammer-
schlacke zu schmelzen. Der Ofen sollte 20 bis 30 Fuss Höhe, 6 bis
8 Fuss weiten Kohlensack und 2 bis 3 Fuss weite Gicht erhalten,
der Herd sollte 5 bis 6 Fuss hoch und 21/2 bis 4 Fuss weit sein. Die
Kohle sollte nicht, wie bei dem Feineisenfeuer, durch Wind verbrannt
werden, sondern das Eisen in der Schlacke reduzieren, wobei doch
Feinmetall erzeugt würde. Hierdurch würden die Kosten und Ver-
luste der gewöhnlichen Feineisenfeuer vermieden. Der Ofen sollte
am besten mit 300 bis 400 Pfd. Koks, Holzkohlen oder sonstigen Brenn-
materialien, 600 Pfd. Gusseisen, 180 bis 240 Pfd. Schlacken und 40 bis

Stabeisenbereitung 1801 bis 1815.
Walzen kamen, zur Kirschrotglut erwärmt und unter dem Hammer
gestreckt und ausgeschmiedet. Die Arbeit wurde durch eine Führung,
mittels der die Arbeiter die Stäbe zu dem Hammer brachten, unter-
stützt. Hierdurch ging die Arbeit sehr rasch. Das Überschmieden
sollte die Qualität verbessern und das Walzeisen dem ausländischen
Schmiedeeisen im Äuſseren ähnlich machen.

Gutes Feineisen erlitt 25 Proz. Abgang, oder das Roheisen ein-
schlieſslich des Feinens 33 bis 36 Proz. Auf einen Centner Stabeisen
kam ein Koksverbrauch von 6 Kbfſs. beim Feinen, von 16 Kbfſs. Stein-
kohlen beim Puddeln und von 1 Kbfſs. beim Ausheizen. Dieser groſse
Kohlenverbrauch muſste allerdings vor der Einführung des Puddel-
prozesses in Gegenden, wo Steinkohlen nicht sehr billig zu haben
waren, abschrecken, ganz abgesehen von den sehr hohen Anlage-
kosten.

Der Feinprozeſs verteuerte das Flammofenfrischen wesentlich.
Es tauchten deshalb verschiedene Erfindungen auf, die den Zweck
hatten, denselben entweder überflüssig zu machen oder zu verbilligen.
In ersterer Richtung bewegten sich die Vorschläge, durch chemische
Zusätze das Roheisen im Puddelofen zu reinigen. Ein solcher wurde
1802 Joseph Hartley patentiert, der Eisenerze und Roheisen bei
der Behandlung in Feineisenfeuern, Rennfeuern oder Puddelöfen
reinigen wollte durch Zusatz von Salz, Rückständen der Salzpfannen,
Salmiak, Alaun, Glasgalle, Salpeter, Weinstein, vegetabilischen,
mineralischen und animalischen Salzen mit oder ohne Zusatz von ab-
sorbierenden Stoffen, wie Kalk, Gips und Kreide, sowie verbrenn-
lichen und phlogistischen Substanzen mineralischer und vegetabilischer
Natur. Wie man sieht, eine recht reiche Auswahl von Reinigungs-
mitteln.

Mushets Patent vom 27. Juli 1815 ging dagegen darauf hinaus,
das Roheisen in Öfen mit geschlossener Brust, ähnlich den steierischen
Floſsöfen, unter Zusatz von Frisch-, Puddel-, Schweiſs- und Hammer-
schlacke zu schmelzen. Der Ofen sollte 20 bis 30 Fuſs Höhe, 6 bis
8 Fuſs weiten Kohlensack und 2 bis 3 Fuſs weite Gicht erhalten,
der Herd sollte 5 bis 6 Fuſs hoch und 2½ bis 4 Fuſs weit sein. Die
Kohle sollte nicht, wie bei dem Feineisenfeuer, durch Wind verbrannt
werden, sondern das Eisen in der Schlacke reduzieren, wobei doch
Feinmetall erzeugt würde. Hierdurch würden die Kosten und Ver-
luste der gewöhnlichen Feineisenfeuer vermieden. Der Ofen sollte
am besten mit 300 bis 400 Pfd. Koks, Holzkohlen oder sonstigen Brenn-
materialien, 600 Pfd. Guſseisen, 180 bis 240 Pfd. Schlacken und 40 bis

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[117/0133] Stabeisenbereitung 1801 bis 1815. Walzen kamen, zur Kirschrotglut erwärmt und unter dem Hammer gestreckt und ausgeschmiedet. Die Arbeit wurde durch eine Führung, mittels der die Arbeiter die Stäbe zu dem Hammer brachten, unter- stützt. Hierdurch ging die Arbeit sehr rasch. Das Überschmieden sollte die Qualität verbessern und das Walzeisen dem ausländischen Schmiedeeisen im Äuſseren ähnlich machen. Gutes Feineisen erlitt 25 Proz. Abgang, oder das Roheisen ein- schlieſslich des Feinens 33 bis 36 Proz. Auf einen Centner Stabeisen kam ein Koksverbrauch von 6 Kbfſs. beim Feinen, von 16 Kbfſs. Stein- kohlen beim Puddeln und von 1 Kbfſs. beim Ausheizen. Dieser groſse Kohlenverbrauch muſste allerdings vor der Einführung des Puddel- prozesses in Gegenden, wo Steinkohlen nicht sehr billig zu haben waren, abschrecken, ganz abgesehen von den sehr hohen Anlage- kosten. Der Feinprozeſs verteuerte das Flammofenfrischen wesentlich. Es tauchten deshalb verschiedene Erfindungen auf, die den Zweck hatten, denselben entweder überflüssig zu machen oder zu verbilligen. In ersterer Richtung bewegten sich die Vorschläge, durch chemische Zusätze das Roheisen im Puddelofen zu reinigen. Ein solcher wurde 1802 Joseph Hartley patentiert, der Eisenerze und Roheisen bei der Behandlung in Feineisenfeuern, Rennfeuern oder Puddelöfen reinigen wollte durch Zusatz von Salz, Rückständen der Salzpfannen, Salmiak, Alaun, Glasgalle, Salpeter, Weinstein, vegetabilischen, mineralischen und animalischen Salzen mit oder ohne Zusatz von ab- sorbierenden Stoffen, wie Kalk, Gips und Kreide, sowie verbrenn- lichen und phlogistischen Substanzen mineralischer und vegetabilischer Natur. Wie man sieht, eine recht reiche Auswahl von Reinigungs- mitteln. Mushets Patent vom 27. Juli 1815 ging dagegen darauf hinaus, das Roheisen in Öfen mit geschlossener Brust, ähnlich den steierischen Floſsöfen, unter Zusatz von Frisch-, Puddel-, Schweiſs- und Hammer- schlacke zu schmelzen. Der Ofen sollte 20 bis 30 Fuſs Höhe, 6 bis 8 Fuſs weiten Kohlensack und 2 bis 3 Fuſs weite Gicht erhalten, der Herd sollte 5 bis 6 Fuſs hoch und 2½ bis 4 Fuſs weit sein. Die Kohle sollte nicht, wie bei dem Feineisenfeuer, durch Wind verbrannt werden, sondern das Eisen in der Schlacke reduzieren, wobei doch Feinmetall erzeugt würde. Hierdurch würden die Kosten und Ver- luste der gewöhnlichen Feineisenfeuer vermieden. Der Ofen sollte am besten mit 300 bis 400 Pfd. Koks, Holzkohlen oder sonstigen Brenn- materialien, 600 Pfd. Guſseisen, 180 bis 240 Pfd. Schlacken und 40 bis

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Zitationshilfe: Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 4: Das XIX. Jahrhundert von 1801 bis 1860. Braunschweig, 1899, S. 117. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen04_1899/133>, abgerufen am 26.11.2024.