Das bergische Land hatte längst seine Holzvorräte erschöpft, so dass für Hochöfen keine Stätte mehr war. Nur zu Oberkaltenbach im Amte Steinbach, wo sich das reiche Kauerts-Bergwerk befand, war auch noch Hüttenbetrieb. Die Oberkaltenbacher Hütte lag 1/2 Stunde von Ründeroth. Sie gehörte ursprünglich der Familie Kauert. Die Erze waren Brauneisensteine, welche zum Teil mangan- haltig waren. Man blies neben Roheisen aus diesen letzteren auch "Stahlkuchen", welche auf den märkischen Hütten "Schwerteisen" genannt wurden, weil sie einen weichen, zähen Stahl gaben, der zu den Schwertmassen gebraucht wurde.
Die Nieder-Kaltenbacher Hütte lag dicht an der Gimborn- Neustädtischen Grenze und gehörte dem Grafen von Wallmoden. 1798 wurde ihr Betrieb eingestellt.
Die Eisenhütte zu Engelskirchen lag am Ausfluss der Leppe in die Acher. Sie gehörte der Gemeinde Engelskirchen (Kirchspiels- Hütte). Die Kirche und Schule zu Engelskirchen wurden daraus er- halten und zwar in der Art, dass der Hüttenzins und der Ertrag des Wascheisens nach Abzug der Reparaturkosten der Gemeinde zuflossen.
Nicht weit davon lag, ebenfalls an der Acher, die Looper Hütte, welche dem Grafen Nesselrode gehörte. Die Bröler oder Wald- bröler Hütte im Amte Windeck war Eigentum der Witwe Coing zu Hachenburg.
Die Stab- und Rohstahl-Fabrikation, welche vordem von grosser Bedeutung war, hatte sich teilweise nach der Mark verzogen, haupt- sächlich wegen der Steinkohlen daselbst. Die Eisenhämmer zu Herren- stein und Ehreshoven waren Nesselrodisch, ihr Eisen ging nach Rem- scheid. Mehrere Hämmer lagen bei Engelskirchen. Der Hammer zu Dorp an der Nave verarbeitete Roheisen von der Sayner, Bendorfer und Clemens-Hütte und machte etwa 65000 kg Stabeisen und davon 50000 kg Reckeisen für Holland.
Das Schlebuscher Werk, 11/2 Stunden von Mühlheim am Rhein, bezog ebenfalls sein Roheisen von der Sayner Hütte. Es hatte zwei Frischfeuer, einen Blech- und einen Reckhammer. Die Boeckerhämmer an der Evecke waren ein Rohstahlhammer mit zwei Feuern und zwei Stahlraffinierhämmer. Rohstahlfeuer waren ferner auf den Busch- hämmern an der Wupper und auf der Borbeck in Rade vorm Wald. In Remscheid hatte J. H. Funke den ersten Stangenstahl geschmiedet.
Die Eisen- und Stahlschmiederei auf Reckhämmern war eine sehr beträchtliche Industrie im Bergischen. Bis in die zweite Hälfte des 17. Jahrhunderts diente die feine Stahlfabrikation im Lande nur der
Westfalen und die Rheinlande.
Das bergische Land hatte längst seine Holzvorräte erschöpft, so daſs für Hochöfen keine Stätte mehr war. Nur zu Oberkaltenbach im Amte Steinbach, wo sich das reiche Kauerts-Bergwerk befand, war auch noch Hüttenbetrieb. Die Oberkaltenbacher Hütte lag ½ Stunde von Ründeroth. Sie gehörte ursprünglich der Familie Kauert. Die Erze waren Brauneisensteine, welche zum Teil mangan- haltig waren. Man blies neben Roheisen aus diesen letzteren auch „Stahlkuchen“, welche auf den märkischen Hütten „Schwerteisen“ genannt wurden, weil sie einen weichen, zähen Stahl gaben, der zu den Schwertmassen gebraucht wurde.
Die Nieder-Kaltenbacher Hütte lag dicht an der Gimborn- Neustädtischen Grenze und gehörte dem Grafen von Wallmoden. 1798 wurde ihr Betrieb eingestellt.
Die Eisenhütte zu Engelskirchen lag am Ausfluſs der Leppe in die Acher. Sie gehörte der Gemeinde Engelskirchen (Kirchspiels- Hütte). Die Kirche und Schule zu Engelskirchen wurden daraus er- halten und zwar in der Art, daſs der Hüttenzins und der Ertrag des Wascheisens nach Abzug der Reparaturkosten der Gemeinde zufloſsen.
Nicht weit davon lag, ebenfalls an der Acher, die Looper Hütte, welche dem Grafen Nesselrode gehörte. Die Bröler oder Wald- bröler Hütte im Amte Windeck war Eigentum der Witwe Coing zu Hachenburg.
Die Stab- und Rohstahl-Fabrikation, welche vordem von groſser Bedeutung war, hatte sich teilweise nach der Mark verzogen, haupt- sächlich wegen der Steinkohlen daselbst. Die Eisenhämmer zu Herren- stein und Ehreshoven waren Nesselrodisch, ihr Eisen ging nach Rem- scheid. Mehrere Hämmer lagen bei Engelskirchen. Der Hammer zu Dorp an der Nave verarbeitete Roheisen von der Sayner, Bendorfer und Clemens-Hütte und machte etwa 65000 kg Stabeisen und davon 50000 kg Reckeisen für Holland.
Das Schlebuscher Werk, 1½ Stunden von Mühlheim am Rhein, bezog ebenfalls sein Roheisen von der Sayner Hütte. Es hatte zwei Frischfeuer, einen Blech- und einen Reckhammer. Die Boeckerhämmer an der Evecke waren ein Rohstahlhammer mit zwei Feuern und zwei Stahlraffinierhämmer. Rohstahlfeuer waren ferner auf den Busch- hämmern an der Wupper und auf der Borbeck in Rade vorm Wald. In Remscheid hatte J. H. Funke den ersten Stangenstahl geschmiedet.
Die Eisen- und Stahlschmiederei auf Reckhämmern war eine sehr beträchtliche Industrie im Bergischen. Bis in die zweite Hälfte des 17. Jahrhunderts diente die feine Stahlfabrikation im Lande nur der
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Westfalen und die Rheinlande.
Das bergische Land hatte längst seine Holzvorräte erschöpft,
so daſs für Hochöfen keine Stätte mehr war. Nur zu Oberkaltenbach
im Amte Steinbach, wo sich das reiche Kauerts-Bergwerk befand,
war auch noch Hüttenbetrieb. Die Oberkaltenbacher Hütte lag
½ Stunde von Ründeroth. Sie gehörte ursprünglich der Familie
Kauert. Die Erze waren Brauneisensteine, welche zum Teil mangan-
haltig waren. Man blies neben Roheisen aus diesen letzteren auch
„Stahlkuchen“, welche auf den märkischen Hütten „Schwerteisen“
genannt wurden, weil sie einen weichen, zähen Stahl gaben, der zu
den Schwertmassen gebraucht wurde.
Die Nieder-Kaltenbacher Hütte lag dicht an der Gimborn-
Neustädtischen Grenze und gehörte dem Grafen von Wallmoden.
1798 wurde ihr Betrieb eingestellt.
Die Eisenhütte zu Engelskirchen lag am Ausfluſs der Leppe
in die Acher. Sie gehörte der Gemeinde Engelskirchen (Kirchspiels-
Hütte). Die Kirche und Schule zu Engelskirchen wurden daraus er-
halten und zwar in der Art, daſs der Hüttenzins und der Ertrag des
Wascheisens nach Abzug der Reparaturkosten der Gemeinde zufloſsen.
Nicht weit davon lag, ebenfalls an der Acher, die Looper Hütte,
welche dem Grafen Nesselrode gehörte. Die Bröler oder Wald-
bröler Hütte im Amte Windeck war Eigentum der Witwe Coing
zu Hachenburg.
Die Stab- und Rohstahl-Fabrikation, welche vordem von groſser
Bedeutung war, hatte sich teilweise nach der Mark verzogen, haupt-
sächlich wegen der Steinkohlen daselbst. Die Eisenhämmer zu Herren-
stein und Ehreshoven waren Nesselrodisch, ihr Eisen ging nach Rem-
scheid. Mehrere Hämmer lagen bei Engelskirchen. Der Hammer zu
Dorp an der Nave verarbeitete Roheisen von der Sayner, Bendorfer
und Clemens-Hütte und machte etwa 65000 kg Stabeisen und davon
50000 kg Reckeisen für Holland.
Das Schlebuscher Werk, 1½ Stunden von Mühlheim am Rhein,
bezog ebenfalls sein Roheisen von der Sayner Hütte. Es hatte zwei
Frischfeuer, einen Blech- und einen Reckhammer. Die Boeckerhämmer
an der Evecke waren ein Rohstahlhammer mit zwei Feuern und zwei
Stahlraffinierhämmer. Rohstahlfeuer waren ferner auf den Busch-
hämmern an der Wupper und auf der Borbeck in Rade vorm Wald.
In Remscheid hatte J. H. Funke den ersten Stangenstahl geschmiedet.
Die Eisen- und Stahlschmiederei auf Reckhämmern war eine sehr
beträchtliche Industrie im Bergischen. Bis in die zweite Hälfte des
17. Jahrhunderts diente die feine Stahlfabrikation im Lande nur der
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Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 3: Das XVIII. Jahrhundert. Braunschweig, 1897, S. 966. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen03_1897/980>, abgerufen am 22.11.2024.
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