fanden sich 119 fremde Familien mit 444 Köpfen daselbst, darunter 52 Messerschmiede, 8 Schlössermacher, 3 Scherenschmiede, 4 Bohr- und Zeugschmiede, 2 Ring- und Schnallenschmiede, 2 Feilenhauer, 2 Ortschmiede, 1 Lichtputzenmacher, 3 Hammerschmiede, 12 Vor- schläger. Für dieselben waren Arbeiterhäuser für je zwei Familien errichtet. Die Materialien wurden von dem Besitzer im grossen einge- kauft. Die Arbeitskosten beliefen sich auf 36000 Thlr. im Jahre. Die Arbeiten wurden von Schaumeistern geprüft. Die Arbeiter bildeten ein Gewerbe (Fabrik) und hatten ihre Kranken-, Sterbe- und Witwen- kasse. 1778 hatte eine Bereisung der Werke am Finowkanal durch den Minister von Heinitz stattgefunden, welcher fand, dass die Pächter vor 8 bis 9 Jahren Walzen und ein komplettes Gerüst zur Blechfabrikation aus England hatten kommen lassen; dasselbe war aber liegen geblieben, weil kein Baukapital vorhanden war. Auf den Bericht des Ministers hin wurde das Werk durch Kabinetsbefehl vom 5. Dezember 1779 der fiskalischen Verwaltung unterstellt.
Sein Hauptaugenmerk wendete aber Minister von Heinitz auf die Provinz Schlesien, wo die Eisenindustrie zurückgeblieben war. Im Jahre 1721 war dort der erste Hochofen erbaut worden. Vordem hatte man nur Luppenfeuer in Schlesien, die auch noch nach dieser Zeit hauptsächlich benutzt wurden. Das Eisenhüttenwesen war um die Mitte des vorigen Jahrhunderts ein unbedeutendes Gewerbe in Schlesien, welches nur zur Benutzung des sonst ganz wertlosen Holzes von den Grundbesitzern ausgeübt wurde und sich grösstenteils noch auf die Darstellung eines Stabeisens sehr geringer Qualität, welches un- mittelbar aus den Erzen gewonnen wurde, beschränkte 1). Die Einführung der Roheisengewinnung hatte zwar bereits um das Jahr 1720 mit Erbauung eines Hochofens zu Halemba im Beuthener Kreise statt- gefunden, dieselbe scheint jedoch nur geringe Fortschritte gemacht zu haben. Obgleich man um das Jahr 1750 in der Provinz bereits 14 Holzkohlenhochöfen und 40 Frischfeuer neben 21 Luppenfeuern zählte, so betrug die ganze Roheisenproduktion doch nicht über 25000 Ctr. jährlich. An Stabeisen wurden 32000 Ctr. erzeugt. Die Verwendung des Roheisens zu Gusswaren war fast noch unbekannt.
In diesem Zustande wurde durch die preussische Verwaltung ein bedeutender Umschwung herbeigeführt. Allerdings lag die Eisen- industrie innerhalb des dritten Viertels des Jahrhunderts noch so
1) A. Serlo, Beitrag zur Geschichte des schlesischen Bergbaues in den letzten 100 Jahren. 1859. S. 101.
Preuſsen.
fanden sich 119 fremde Familien mit 444 Köpfen daselbst, darunter 52 Messerschmiede, 8 Schlössermacher, 3 Scherenschmiede, 4 Bohr- und Zeugschmiede, 2 Ring- und Schnallenschmiede, 2 Feilenhauer, 2 Ortschmiede, 1 Lichtputzenmacher, 3 Hammerschmiede, 12 Vor- schläger. Für dieselben waren Arbeiterhäuser für je zwei Familien errichtet. Die Materialien wurden von dem Besitzer im groſsen einge- kauft. Die Arbeitskosten beliefen sich auf 36000 Thlr. im Jahre. Die Arbeiten wurden von Schaumeistern geprüft. Die Arbeiter bildeten ein Gewerbe (Fabrik) und hatten ihre Kranken-, Sterbe- und Witwen- kasse. 1778 hatte eine Bereisung der Werke am Finowkanal durch den Minister von Heinitz stattgefunden, welcher fand, daſs die Pächter vor 8 bis 9 Jahren Walzen und ein komplettes Gerüst zur Blechfabrikation aus England hatten kommen lassen; dasselbe war aber liegen geblieben, weil kein Baukapital vorhanden war. Auf den Bericht des Ministers hin wurde das Werk durch Kabinetsbefehl vom 5. Dezember 1779 der fiskalischen Verwaltung unterstellt.
Sein Hauptaugenmerk wendete aber Minister von Heinitz auf die Provinz Schlesien, wo die Eisenindustrie zurückgeblieben war. Im Jahre 1721 war dort der erste Hochofen erbaut worden. Vordem hatte man nur Luppenfeuer in Schlesien, die auch noch nach dieser Zeit hauptsächlich benutzt wurden. Das Eisenhüttenwesen war um die Mitte des vorigen Jahrhunderts ein unbedeutendes Gewerbe in Schlesien, welches nur zur Benutzung des sonst ganz wertlosen Holzes von den Grundbesitzern ausgeübt wurde und sich gröſstenteils noch auf die Darstellung eines Stabeisens sehr geringer Qualität, welches un- mittelbar aus den Erzen gewonnen wurde, beschränkte 1). Die Einführung der Roheisengewinnung hatte zwar bereits um das Jahr 1720 mit Erbauung eines Hochofens zu Halemba im Beuthener Kreise statt- gefunden, dieselbe scheint jedoch nur geringe Fortschritte gemacht zu haben. Obgleich man um das Jahr 1750 in der Provinz bereits 14 Holzkohlenhochöfen und 40 Frischfeuer neben 21 Luppenfeuern zählte, so betrug die ganze Roheisenproduktion doch nicht über 25000 Ctr. jährlich. An Stabeisen wurden 32000 Ctr. erzeugt. Die Verwendung des Roheisens zu Guſswaren war fast noch unbekannt.
In diesem Zustande wurde durch die preuſsische Verwaltung ein bedeutender Umschwung herbeigeführt. Allerdings lag die Eisen- industrie innerhalb des dritten Viertels des Jahrhunderts noch so
1) A. Serlo, Beitrag zur Geschichte des schlesischen Bergbaues in den letzten 100 Jahren. 1859. S. 101.
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><divn="4"><p><pbfacs="#f0933"n="919"/><fwplace="top"type="header">Preuſsen.</fw><lb/>
fanden sich 119 fremde Familien mit 444 Köpfen daselbst, darunter<lb/>
52 Messerschmiede, 8 Schlössermacher, 3 Scherenschmiede, 4 Bohr-<lb/>
und Zeugschmiede, 2 Ring- und Schnallenschmiede, 2 Feilenhauer,<lb/>
2 Ortschmiede, 1 Lichtputzenmacher, 3 Hammerschmiede, 12 Vor-<lb/>
schläger. Für dieselben waren Arbeiterhäuser <hirendition="#g">für</hi> je zwei Familien<lb/>
errichtet. Die Materialien wurden von dem Besitzer im groſsen einge-<lb/>
kauft. Die Arbeitskosten beliefen sich auf 36000 Thlr. im Jahre. Die<lb/>
Arbeiten wurden von Schaumeistern geprüft. Die Arbeiter bildeten<lb/>
ein Gewerbe (Fabrik) und hatten ihre Kranken-, Sterbe- und Witwen-<lb/>
kasse. 1778 hatte eine Bereisung der Werke am Finowkanal durch<lb/>
den Minister <hirendition="#g">von Heinitz</hi> stattgefunden, welcher fand, daſs die<lb/>
Pächter vor 8 bis 9 Jahren Walzen und ein komplettes Gerüst zur<lb/>
Blechfabrikation aus England hatten kommen lassen; dasselbe war<lb/>
aber liegen geblieben, weil kein Baukapital vorhanden war. Auf den<lb/>
Bericht des Ministers hin wurde das Werk durch Kabinetsbefehl vom<lb/>
5. Dezember 1779 der fiskalischen Verwaltung unterstellt.</p><lb/><p>Sein Hauptaugenmerk wendete aber Minister <hirendition="#g">von Heinitz</hi> auf<lb/>
die Provinz <hirendition="#g">Schlesien</hi>, wo die Eisenindustrie zurückgeblieben war.<lb/>
Im Jahre 1721 war dort der erste Hochofen erbaut worden. Vordem<lb/>
hatte man nur Luppenfeuer in Schlesien, die auch noch nach dieser Zeit<lb/>
hauptsächlich benutzt wurden. Das Eisenhüttenwesen war um die<lb/>
Mitte des vorigen Jahrhunderts ein unbedeutendes Gewerbe in<lb/>
Schlesien, welches nur zur Benutzung des sonst ganz wertlosen Holzes<lb/>
von den Grundbesitzern ausgeübt wurde und sich gröſstenteils noch<lb/>
auf die Darstellung eines Stabeisens sehr geringer Qualität, welches un-<lb/>
mittelbar aus den Erzen gewonnen wurde, beschränkte <noteplace="foot"n="1)">A. <hirendition="#g">Serlo</hi>, Beitrag zur Geschichte des schlesischen Bergbaues in den<lb/>
letzten 100 Jahren. 1859. S. 101.</note>. Die Einführung<lb/>
der Roheisengewinnung hatte zwar bereits um das Jahr 1720 mit<lb/>
Erbauung eines Hochofens zu Halemba im Beuthener Kreise statt-<lb/>
gefunden, dieselbe scheint jedoch nur geringe Fortschritte gemacht<lb/>
zu haben. Obgleich man um das Jahr 1750 in der Provinz bereits<lb/>
14 Holzkohlenhochöfen und 40 Frischfeuer neben 21 Luppenfeuern<lb/>
zählte, so betrug die ganze Roheisenproduktion doch nicht über<lb/>
25000 Ctr. jährlich. An Stabeisen wurden 32000 Ctr. erzeugt. Die<lb/>
Verwendung des Roheisens zu Guſswaren war fast noch unbekannt.</p><lb/><p>In diesem Zustande wurde durch die preuſsische Verwaltung ein<lb/>
bedeutender Umschwung herbeigeführt. Allerdings lag die Eisen-<lb/>
industrie innerhalb des dritten Viertels des Jahrhunderts noch so<lb/></p></div></div></div></div></body></text></TEI>
[919/0933]
Preuſsen.
fanden sich 119 fremde Familien mit 444 Köpfen daselbst, darunter
52 Messerschmiede, 8 Schlössermacher, 3 Scherenschmiede, 4 Bohr-
und Zeugschmiede, 2 Ring- und Schnallenschmiede, 2 Feilenhauer,
2 Ortschmiede, 1 Lichtputzenmacher, 3 Hammerschmiede, 12 Vor-
schläger. Für dieselben waren Arbeiterhäuser für je zwei Familien
errichtet. Die Materialien wurden von dem Besitzer im groſsen einge-
kauft. Die Arbeitskosten beliefen sich auf 36000 Thlr. im Jahre. Die
Arbeiten wurden von Schaumeistern geprüft. Die Arbeiter bildeten
ein Gewerbe (Fabrik) und hatten ihre Kranken-, Sterbe- und Witwen-
kasse. 1778 hatte eine Bereisung der Werke am Finowkanal durch
den Minister von Heinitz stattgefunden, welcher fand, daſs die
Pächter vor 8 bis 9 Jahren Walzen und ein komplettes Gerüst zur
Blechfabrikation aus England hatten kommen lassen; dasselbe war
aber liegen geblieben, weil kein Baukapital vorhanden war. Auf den
Bericht des Ministers hin wurde das Werk durch Kabinetsbefehl vom
5. Dezember 1779 der fiskalischen Verwaltung unterstellt.
Sein Hauptaugenmerk wendete aber Minister von Heinitz auf
die Provinz Schlesien, wo die Eisenindustrie zurückgeblieben war.
Im Jahre 1721 war dort der erste Hochofen erbaut worden. Vordem
hatte man nur Luppenfeuer in Schlesien, die auch noch nach dieser Zeit
hauptsächlich benutzt wurden. Das Eisenhüttenwesen war um die
Mitte des vorigen Jahrhunderts ein unbedeutendes Gewerbe in
Schlesien, welches nur zur Benutzung des sonst ganz wertlosen Holzes
von den Grundbesitzern ausgeübt wurde und sich gröſstenteils noch
auf die Darstellung eines Stabeisens sehr geringer Qualität, welches un-
mittelbar aus den Erzen gewonnen wurde, beschränkte 1). Die Einführung
der Roheisengewinnung hatte zwar bereits um das Jahr 1720 mit
Erbauung eines Hochofens zu Halemba im Beuthener Kreise statt-
gefunden, dieselbe scheint jedoch nur geringe Fortschritte gemacht
zu haben. Obgleich man um das Jahr 1750 in der Provinz bereits
14 Holzkohlenhochöfen und 40 Frischfeuer neben 21 Luppenfeuern
zählte, so betrug die ganze Roheisenproduktion doch nicht über
25000 Ctr. jährlich. An Stabeisen wurden 32000 Ctr. erzeugt. Die
Verwendung des Roheisens zu Guſswaren war fast noch unbekannt.
In diesem Zustande wurde durch die preuſsische Verwaltung ein
bedeutender Umschwung herbeigeführt. Allerdings lag die Eisen-
industrie innerhalb des dritten Viertels des Jahrhunderts noch so
1) A. Serlo, Beitrag zur Geschichte des schlesischen Bergbaues in den
letzten 100 Jahren. 1859. S. 101.
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 3: Das XVIII. Jahrhundert. Braunschweig, 1897, S. 919. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen03_1897/933>, abgerufen am 25.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.