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Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 3: Das XVIII. Jahrhundert. Braunschweig, 1897.

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Physik.
Unter "Körper" versteht man den Widerstand, welchen der ge-
härtete Stahl gegen Schlag und Stoss bekundet.

Will man das Korn verschiedener Stahlsorten vergleichen, so
muss der Bruch unter den gleichen Umständen hervorgebracht,
namentlich muss die Härtung bei gleicher Hitze erfolgt sein. Das
Korn des Stahles wird bei der Härtung gröber, und zwar um so mehr,
je heisser er abgelöscht wird. Erhitzt man einen Stahlstab an einem
Ende und bricht ihn dann in kurzen gleichen Abständen, so kann
man deutlich die Verschiedenheit des Korns und die Zunahme der
Feinheit desselben mit dem Abstande von dem erhitzten Ende wahr-
nehmen. Da es aber ausserordentlich schwer ist, bei der Vergleichung
von zwei Stahlstücken die Bruchflächen von gleich erhitzten Stellen
zu erhalten, so ist es besser, die Stahlstücke ihrer ganzen Länge nach
zu brechen. Dies geschieht nach Reaumur am besten dadurch,
dass man die betreffenden Stahlstücke mit einem entsprechenden
Stück weichem Eisen zusammenschweisst. Nachdem man es gehärtet
hat, spaltet man das weiche Eisen der Länge nach durch, haut den
Stahl ein wenig ein und bricht ihn dann leicht in seiner ganzen
Länge. Der Bruch lässt die am stärksten erhitzte Stelle durch das
gröbere Korn erkennen und die Vergleichung ist weit sicherer. Ausser-
dem kann man das Korn mit dem Korn von Stahlstücken verschiedener
Härte, aus denen man sich eine Skala bildet, vergleichen. Man kann
nach der erhaltenen Hitze folgende Gruppen unterscheiden: 1. grobes
Korn, weiss und glänzend auf der ganzen Fläche; 2. gemischtes
Korn aus weissen glänzenden und aus dunklen Körnern, wobei die
glänzenden Körner nicht so gross sind wie bei 1.; 3. feines, dunkles,
nicht graues Korn; 4. groberes, dunkles Korn, dasselbe ist nicht so
dunkel wie bei 3. und mehr verschwommen. Dieser Bruch zeigt sich
besonders, wenn der Stahl bei der Härtung nicht genügend erhitzt
war; er kommt also eigentlich nicht in Betracht. Die Grenzen
zwischen diesen Gruppen sind nicht scharf. Zur Beobachtung bedient
man sich am besten einer Lupe.

Bei der Vergleichung in Bezug auf die Härte ist zu berücksichti-
gen, dass in der Regel der Stahl um so härter wird, je heisser er abge-
löscht wird. Auch hier müssen die gleichen Bedingungen, wie gleicher
Querschnitt und gleiche Hitze bei der Härtung vorausgesetzt werden.
Zur Ermittelung der Härte bedienen sich die Arbeiter der Feile und
unterscheiden einfach Stahl, der von der Feile angegriffen wird, und
solchen, der nicht angegriffen wird. Reaumur hebt mit Recht hervor,
dass dieses Mittel ganz ungenügend sei, weil die Feilen selbst von

Physik.
Unter „Körper“ versteht man den Widerstand, welchen der ge-
härtete Stahl gegen Schlag und Stoſs bekundet.

Will man das Korn verschiedener Stahlsorten vergleichen, so
muſs der Bruch unter den gleichen Umständen hervorgebracht,
namentlich muſs die Härtung bei gleicher Hitze erfolgt sein. Das
Korn des Stahles wird bei der Härtung gröber, und zwar um so mehr,
je heiſser er abgelöscht wird. Erhitzt man einen Stahlstab an einem
Ende und bricht ihn dann in kurzen gleichen Abständen, so kann
man deutlich die Verschiedenheit des Korns und die Zunahme der
Feinheit desselben mit dem Abstande von dem erhitzten Ende wahr-
nehmen. Da es aber auſserordentlich schwer ist, bei der Vergleichung
von zwei Stahlstücken die Bruchflächen von gleich erhitzten Stellen
zu erhalten, so ist es besser, die Stahlstücke ihrer ganzen Länge nach
zu brechen. Dies geschieht nach Reaumur am besten dadurch,
daſs man die betreffenden Stahlstücke mit einem entsprechenden
Stück weichem Eisen zusammenschweiſst. Nachdem man es gehärtet
hat, spaltet man das weiche Eisen der Länge nach durch, haut den
Stahl ein wenig ein und bricht ihn dann leicht in seiner ganzen
Länge. Der Bruch läſst die am stärksten erhitzte Stelle durch das
gröbere Korn erkennen und die Vergleichung ist weit sicherer. Auſser-
dem kann man das Korn mit dem Korn von Stahlstücken verschiedener
Härte, aus denen man sich eine Skala bildet, vergleichen. Man kann
nach der erhaltenen Hitze folgende Gruppen unterscheiden: 1. grobes
Korn, weiſs und glänzend auf der ganzen Fläche; 2. gemischtes
Korn aus weiſsen glänzenden und aus dunklen Körnern, wobei die
glänzenden Körner nicht so groſs sind wie bei 1.; 3. feines, dunkles,
nicht graues Korn; 4. groberes, dunkles Korn, dasselbe ist nicht so
dunkel wie bei 3. und mehr verschwommen. Dieser Bruch zeigt sich
besonders, wenn der Stahl bei der Härtung nicht genügend erhitzt
war; er kommt also eigentlich nicht in Betracht. Die Grenzen
zwischen diesen Gruppen sind nicht scharf. Zur Beobachtung bedient
man sich am besten einer Lupe.

Bei der Vergleichung in Bezug auf die Härte ist zu berücksichti-
gen, daſs in der Regel der Stahl um so härter wird, je heiſser er abge-
löscht wird. Auch hier müssen die gleichen Bedingungen, wie gleicher
Querschnitt und gleiche Hitze bei der Härtung vorausgesetzt werden.
Zur Ermittelung der Härte bedienen sich die Arbeiter der Feile und
unterscheiden einfach Stahl, der von der Feile angegriffen wird, und
solchen, der nicht angegriffen wird. Reaumur hebt mit Recht hervor,
daſs dieses Mittel ganz ungenügend sei, weil die Feilen selbst von

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[77/0091] Physik. Unter „Körper“ versteht man den Widerstand, welchen der ge- härtete Stahl gegen Schlag und Stoſs bekundet. Will man das Korn verschiedener Stahlsorten vergleichen, so muſs der Bruch unter den gleichen Umständen hervorgebracht, namentlich muſs die Härtung bei gleicher Hitze erfolgt sein. Das Korn des Stahles wird bei der Härtung gröber, und zwar um so mehr, je heiſser er abgelöscht wird. Erhitzt man einen Stahlstab an einem Ende und bricht ihn dann in kurzen gleichen Abständen, so kann man deutlich die Verschiedenheit des Korns und die Zunahme der Feinheit desselben mit dem Abstande von dem erhitzten Ende wahr- nehmen. Da es aber auſserordentlich schwer ist, bei der Vergleichung von zwei Stahlstücken die Bruchflächen von gleich erhitzten Stellen zu erhalten, so ist es besser, die Stahlstücke ihrer ganzen Länge nach zu brechen. Dies geschieht nach Reaumur am besten dadurch, daſs man die betreffenden Stahlstücke mit einem entsprechenden Stück weichem Eisen zusammenschweiſst. Nachdem man es gehärtet hat, spaltet man das weiche Eisen der Länge nach durch, haut den Stahl ein wenig ein und bricht ihn dann leicht in seiner ganzen Länge. Der Bruch läſst die am stärksten erhitzte Stelle durch das gröbere Korn erkennen und die Vergleichung ist weit sicherer. Auſser- dem kann man das Korn mit dem Korn von Stahlstücken verschiedener Härte, aus denen man sich eine Skala bildet, vergleichen. Man kann nach der erhaltenen Hitze folgende Gruppen unterscheiden: 1. grobes Korn, weiſs und glänzend auf der ganzen Fläche; 2. gemischtes Korn aus weiſsen glänzenden und aus dunklen Körnern, wobei die glänzenden Körner nicht so groſs sind wie bei 1.; 3. feines, dunkles, nicht graues Korn; 4. groberes, dunkles Korn, dasselbe ist nicht so dunkel wie bei 3. und mehr verschwommen. Dieser Bruch zeigt sich besonders, wenn der Stahl bei der Härtung nicht genügend erhitzt war; er kommt also eigentlich nicht in Betracht. Die Grenzen zwischen diesen Gruppen sind nicht scharf. Zur Beobachtung bedient man sich am besten einer Lupe. Bei der Vergleichung in Bezug auf die Härte ist zu berücksichti- gen, daſs in der Regel der Stahl um so härter wird, je heiſser er abge- löscht wird. Auch hier müssen die gleichen Bedingungen, wie gleicher Querschnitt und gleiche Hitze bei der Härtung vorausgesetzt werden. Zur Ermittelung der Härte bedienen sich die Arbeiter der Feile und unterscheiden einfach Stahl, der von der Feile angegriffen wird, und solchen, der nicht angegriffen wird. Reaumur hebt mit Recht hervor, daſs dieses Mittel ganz ungenügend sei, weil die Feilen selbst von

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Zitationshilfe: Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 3: Das XVIII. Jahrhundert. Braunschweig, 1897, S. 77. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen03_1897/91>, abgerufen am 28.11.2024.