Die fürstlich anhalt-bernburgische Eisenhütte Mägde- sprung an der Selke bestand aus 1 Hoch- und 1 Blauofen, 4 Frisch- feuern, 2 Stahlfeuern, 1 Schwarzblechhammer, 1 Drahtzieherei, 1 Blank- schmiede und 1 Eisenschneidmühle, die aber 1785 schon stillstand. Die Erze kamen teils aus der Nähe, teils aus dem Gemeindewald bei Rotleberode. Letztere wurden für Giessereieisen benutzt, während man die Flinze (Eisenspate) von Neudorf auf Frischereiroheisen ver- blies. Zuschläge bedurfte man nicht. Die Erze wurden in Haufen geröstet. In dem 24 Fuss hohen Hochofen erzeugte man aus den Rotleberoder Erzen graues Roheisen, welches etwas heller war als das der zuvor beschriebenen Harzer Hütten, sich aber gut ver- giessen liess.
In dem Blauofen verschmolz man die Stahlerze. Derselbe war 19 Fuss hoch, rund, ausgenommen unten im Herd, der von der Wind- zur Formseite 2 Fuss, in der Länge 21/2 Fuss war. Er hatte keine Rast, sondern, wie alle Blauöfen, die Gestalt von zwei mit der Basis aufeinander gestellten abgestumpften Kegeln. Der Kohlensack lag 71/2 Fuss über dem Bodenstein, die Gicht war 2 Fuss weit, hatte aber noch einen 3 Fuss hohen, trichterförmigen Aufsatz. Die Holzbälge waren 11 Fuss lang. -- Die spatigen Erze waren meistens braun und verwittert. Man gab sehr kleine Gichten auf und schmolz 150 bis 180 Ctr. weissstrahliges Roheisen die Woche.
Das Frischen geschah nach dem am Harze üblichen Verfahren. Man schmolz 21/4 Ctr. Roheisen ein und erhielt 13/4 Ctr. Stabeisen. Dabei nahm man 2/3 Roheisen vom Hochofen und 1/3 vom Blauofen. Das Stab- eisen war von ausgezeichneter Festigkeit. Jedes Frischfeuer lieferte 40 bis 45 Ctr. die Woche. Da das Roheisen nicht leicht frischte, musste es öfter aufgebrochen werden. Der Hammerschmied erhielt 6 Groschen Schmiedelohn für den Centner. Die Stahlherde waren wie in Schmalkalden. Ein Stahlfeuer lieferte 16 bis 18 Ctr. Stahl in der Woche. Man brauchte dafür wöchentlich 2 Bodensteine. So- wohl die Steine für das Stahlfeuer als auch für den Hochofen wurden in der Nähe gebrochen. Form- und Gichtseite waren mit eisernen Zacken eingefasst; auch auf der Schlackenseite befand sich eine eiserne Platte mit einem 6 Zoll weiten Schlackenloch. Der Mägdesprunger Stahl wurde nicht raffiniert, sondern aus dem Feuer zu Stäben aus- geschmiedet; er war oft etwas weich. -- Das Drahtwerk hatte 6 Zangen und 2 Leiern. Das Eisen eignete sich sehr zur Drahtfabrikation und wurde der Draht bis zu Nr. 36 ausgezogen. Das Glühen des Drahtes geschah in einem besonderen, runden, gewölbten Glühofen, der mit
Der Harz.
Die fürstlich anhalt-bernburgische Eisenhütte Mägde- sprung an der Selke bestand aus 1 Hoch- und 1 Blauofen, 4 Frisch- feuern, 2 Stahlfeuern, 1 Schwarzblechhammer, 1 Drahtzieherei, 1 Blank- schmiede und 1 Eisenschneidmühle, die aber 1785 schon stillstand. Die Erze kamen teils aus der Nähe, teils aus dem Gemeindewald bei Rotleberode. Letztere wurden für Gieſsereieisen benutzt, während man die Flinze (Eisenspate) von Neudorf auf Frischereiroheisen ver- blies. Zuschläge bedurfte man nicht. Die Erze wurden in Haufen geröstet. In dem 24 Fuſs hohen Hochofen erzeugte man aus den Rotleberoder Erzen graues Roheisen, welches etwas heller war als das der zuvor beschriebenen Harzer Hütten, sich aber gut ver- gieſsen lieſs.
In dem Blauofen verschmolz man die Stahlerze. Derselbe war 19 Fuſs hoch, rund, ausgenommen unten im Herd, der von der Wind- zur Formseite 2 Fuſs, in der Länge 2½ Fuſs war. Er hatte keine Rast, sondern, wie alle Blauöfen, die Gestalt von zwei mit der Basis aufeinander gestellten abgestumpften Kegeln. Der Kohlensack lag 7½ Fuſs über dem Bodenstein, die Gicht war 2 Fuſs weit, hatte aber noch einen 3 Fuſs hohen, trichterförmigen Aufsatz. Die Holzbälge waren 11 Fuſs lang. — Die spatigen Erze waren meistens braun und verwittert. Man gab sehr kleine Gichten auf und schmolz 150 bis 180 Ctr. weiſsstrahliges Roheisen die Woche.
Das Frischen geschah nach dem am Harze üblichen Verfahren. Man schmolz 2¼ Ctr. Roheisen ein und erhielt 1¾ Ctr. Stabeisen. Dabei nahm man ⅔ Roheisen vom Hochofen und ⅓ vom Blauofen. Das Stab- eisen war von ausgezeichneter Festigkeit. Jedes Frischfeuer lieferte 40 bis 45 Ctr. die Woche. Da das Roheisen nicht leicht frischte, muſste es öfter aufgebrochen werden. Der Hammerschmied erhielt 6 Groschen Schmiedelohn für den Centner. Die Stahlherde waren wie in Schmalkalden. Ein Stahlfeuer lieferte 16 bis 18 Ctr. Stahl in der Woche. Man brauchte dafür wöchentlich 2 Bodensteine. So- wohl die Steine für das Stahlfeuer als auch für den Hochofen wurden in der Nähe gebrochen. Form- und Gichtseite waren mit eisernen Zacken eingefaſst; auch auf der Schlackenseite befand sich eine eiserne Platte mit einem 6 Zoll weiten Schlackenloch. Der Mägdesprunger Stahl wurde nicht raffiniert, sondern aus dem Feuer zu Stäben aus- geschmiedet; er war oft etwas weich. — Das Drahtwerk hatte 6 Zangen und 2 Leiern. Das Eisen eignete sich sehr zur Drahtfabrikation und wurde der Draht bis zu Nr. 36 ausgezogen. Das Glühen des Drahtes geschah in einem besonderen, runden, gewölbten Glühofen, der mit
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><divn="4"><pbfacs="#f0907"n="893"/><fwplace="top"type="header">Der Harz.</fw><lb/><p>Die <hirendition="#g">fürstlich anhalt-bernburgische</hi> Eisenhütte <hirendition="#g">Mägde-<lb/>
sprung</hi> an der Selke bestand aus 1 Hoch- und 1 Blauofen, 4 Frisch-<lb/>
feuern, 2 Stahlfeuern, 1 Schwarzblechhammer, 1 Drahtzieherei, 1 Blank-<lb/>
schmiede und 1 Eisenschneidmühle, die aber 1785 schon stillstand.<lb/>
Die Erze kamen teils aus der Nähe, teils aus dem Gemeindewald bei<lb/>
Rotleberode. Letztere wurden für Gieſsereieisen benutzt, während<lb/>
man die Flinze (Eisenspate) von Neudorf auf Frischereiroheisen ver-<lb/>
blies. Zuschläge bedurfte man nicht. Die Erze wurden in Haufen<lb/>
geröstet. In dem 24 Fuſs hohen Hochofen erzeugte man aus den<lb/>
Rotleberoder Erzen graues Roheisen, welches etwas heller war als<lb/>
das der zuvor beschriebenen Harzer Hütten, sich aber gut ver-<lb/>
gieſsen lieſs.</p><lb/><p>In dem Blauofen verschmolz man die Stahlerze. Derselbe war<lb/>
19 Fuſs hoch, rund, ausgenommen unten im Herd, der von der Wind-<lb/>
zur Formseite 2 Fuſs, in der Länge 2½ Fuſs war. Er hatte keine<lb/>
Rast, sondern, wie alle Blauöfen, die Gestalt von zwei mit der Basis<lb/>
aufeinander gestellten abgestumpften Kegeln. Der Kohlensack lag<lb/>
7½ Fuſs über dem Bodenstein, die Gicht war 2 Fuſs weit, hatte aber<lb/>
noch einen 3 Fuſs hohen, trichterförmigen Aufsatz. Die Holzbälge<lb/>
waren 11 Fuſs lang. — Die spatigen Erze waren meistens braun<lb/>
und verwittert. Man gab sehr kleine Gichten auf und schmolz 150<lb/>
bis 180 Ctr. weiſsstrahliges Roheisen die Woche.</p><lb/><p>Das Frischen geschah nach dem am Harze üblichen Verfahren. Man<lb/>
schmolz 2¼ Ctr. Roheisen ein und erhielt 1¾ Ctr. Stabeisen. Dabei nahm<lb/>
man ⅔ Roheisen vom Hochofen und ⅓ vom Blauofen. Das Stab-<lb/>
eisen war von ausgezeichneter Festigkeit. Jedes Frischfeuer lieferte<lb/>
40 bis 45 Ctr. die Woche. Da das Roheisen nicht leicht frischte,<lb/>
muſste es öfter aufgebrochen werden. Der Hammerschmied erhielt<lb/>
6 Groschen Schmiedelohn für den Centner. Die Stahlherde waren<lb/>
wie in Schmalkalden. Ein Stahlfeuer lieferte 16 bis 18 Ctr. Stahl<lb/>
in der Woche. Man brauchte dafür wöchentlich 2 Bodensteine. So-<lb/>
wohl die Steine für das Stahlfeuer als auch für den Hochofen wurden<lb/>
in der Nähe gebrochen. Form- und Gichtseite waren mit eisernen<lb/>
Zacken eingefaſst; auch auf der Schlackenseite befand sich eine eiserne<lb/>
Platte mit einem 6 Zoll weiten Schlackenloch. Der Mägdesprunger<lb/>
Stahl wurde nicht raffiniert, sondern aus dem Feuer zu Stäben aus-<lb/>
geschmiedet; er war oft etwas weich. — Das Drahtwerk hatte 6 Zangen<lb/>
und 2 Leiern. Das Eisen eignete sich sehr zur Drahtfabrikation und<lb/>
wurde der Draht bis zu Nr. 36 ausgezogen. Das Glühen des Drahtes<lb/>
geschah in einem besonderen, runden, gewölbten Glühofen, der mit<lb/></p></div></div></div></div></body></text></TEI>
[893/0907]
Der Harz.
Die fürstlich anhalt-bernburgische Eisenhütte Mägde-
sprung an der Selke bestand aus 1 Hoch- und 1 Blauofen, 4 Frisch-
feuern, 2 Stahlfeuern, 1 Schwarzblechhammer, 1 Drahtzieherei, 1 Blank-
schmiede und 1 Eisenschneidmühle, die aber 1785 schon stillstand.
Die Erze kamen teils aus der Nähe, teils aus dem Gemeindewald bei
Rotleberode. Letztere wurden für Gieſsereieisen benutzt, während
man die Flinze (Eisenspate) von Neudorf auf Frischereiroheisen ver-
blies. Zuschläge bedurfte man nicht. Die Erze wurden in Haufen
geröstet. In dem 24 Fuſs hohen Hochofen erzeugte man aus den
Rotleberoder Erzen graues Roheisen, welches etwas heller war als
das der zuvor beschriebenen Harzer Hütten, sich aber gut ver-
gieſsen lieſs.
In dem Blauofen verschmolz man die Stahlerze. Derselbe war
19 Fuſs hoch, rund, ausgenommen unten im Herd, der von der Wind-
zur Formseite 2 Fuſs, in der Länge 2½ Fuſs war. Er hatte keine
Rast, sondern, wie alle Blauöfen, die Gestalt von zwei mit der Basis
aufeinander gestellten abgestumpften Kegeln. Der Kohlensack lag
7½ Fuſs über dem Bodenstein, die Gicht war 2 Fuſs weit, hatte aber
noch einen 3 Fuſs hohen, trichterförmigen Aufsatz. Die Holzbälge
waren 11 Fuſs lang. — Die spatigen Erze waren meistens braun
und verwittert. Man gab sehr kleine Gichten auf und schmolz 150
bis 180 Ctr. weiſsstrahliges Roheisen die Woche.
Das Frischen geschah nach dem am Harze üblichen Verfahren. Man
schmolz 2¼ Ctr. Roheisen ein und erhielt 1¾ Ctr. Stabeisen. Dabei nahm
man ⅔ Roheisen vom Hochofen und ⅓ vom Blauofen. Das Stab-
eisen war von ausgezeichneter Festigkeit. Jedes Frischfeuer lieferte
40 bis 45 Ctr. die Woche. Da das Roheisen nicht leicht frischte,
muſste es öfter aufgebrochen werden. Der Hammerschmied erhielt
6 Groschen Schmiedelohn für den Centner. Die Stahlherde waren
wie in Schmalkalden. Ein Stahlfeuer lieferte 16 bis 18 Ctr. Stahl
in der Woche. Man brauchte dafür wöchentlich 2 Bodensteine. So-
wohl die Steine für das Stahlfeuer als auch für den Hochofen wurden
in der Nähe gebrochen. Form- und Gichtseite waren mit eisernen
Zacken eingefaſst; auch auf der Schlackenseite befand sich eine eiserne
Platte mit einem 6 Zoll weiten Schlackenloch. Der Mägdesprunger
Stahl wurde nicht raffiniert, sondern aus dem Feuer zu Stäben aus-
geschmiedet; er war oft etwas weich. — Das Drahtwerk hatte 6 Zangen
und 2 Leiern. Das Eisen eignete sich sehr zur Drahtfabrikation und
wurde der Draht bis zu Nr. 36 ausgezogen. Das Glühen des Drahtes
geschah in einem besonderen, runden, gewölbten Glühofen, der mit
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 3: Das XVIII. Jahrhundert. Braunschweig, 1897, S. 893. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen03_1897/907>, abgerufen am 25.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.