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Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 3: Das XVIII. Jahrhundert. Braunschweig, 1897.

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Der Harz.
gewerkschaften überlassen, 400 Ctr. zu Gewehrläufen, Ladestock- und
anderem Modelleisen in der Gewehrfabrik verbraucht. Von Bandeisen
zum Beschlagen der Bergtonnen wurden jährlich 350 Ctr. verlangt.

Das Drahtwerk hatte 5 Zangen und 2 Rollen (Leyre). Der starke
Grubenseildraht war 3 bis 5 Linien dick. Vormals zog man 27, gegen
Ende der Periode 35 Drahtsorten.

Für das Rohstahlfeuer bezog man das Roheisen von Gittelde.
Das Frischverfahren war wie in der Mark. Das Rohstahlfeuer war mit drei,
das Raffinierfeuer mit zwei Mann belegt. In ersterem wurden wöchent-
lich im Durchschnitt 15 Ctr. Stahl verfertigt, der teils raffiniert, teils
als Rohstahl verkauft wurde. Der Boden des Rohstahlfeuers bestand
aus einem 21/2 Zoll dicken, 24 Zoll breiten, 30 Zoll langen Sandstein,
deren jährlich 30 bis 50 erforderlich waren. Das gesamte Personal
der Königshütte belief sich auf 71 Mann; es waren etwa 60 Pferde
beschäftigt, welche Privatfuhrleuten gehörten.

Die Steinrenner Hütte an der Sieber, 1/4 Stunde von Andreas-
berg, bezog ihre Erze aus den nahegelegenen Gruben Königs- und
Eisensteinsberg. 1741 war hier die rheinische Schmelzarbeit ein-
geführt, 1765 ein Blauofen angelegt, 1773 Granuliereisen erzeugt worden,
1788 wurde sie von dem Berghauptmann von Reden ganz neu auf-
gebaut. Sie bestand nur aus einem Hochofen, welcher der Fracht-
ersparnis wegen mitten in dem Erz- und Kohlengebiet errichtet worden
war. Während die Erze nahe lagen, machte aber die Beschaffung des
Kalks, der als Zuschlag nicht zu entbehren war, Schwierigkeiten.
Man wendete abwechselnd Flussspat, Braunspat und Kalkspat aus
den Erzgängen und kalkhaltige Erze aus dem Lerbacher Revier an;
auch setzte man Frischschlacken von der Königshütte mit durch.
Die zugesetzten Elbingeroder und Lerbacher Eisenerze wurden geröstet
und gepocht. Der Hochofen war 30 Fuss hoch mit viereckigem
Schacht. Das Gebläse bestand aus drei starken Bälgen und einem
Wasserregulator, der aus zwei ineinandergehenden Fässern bestand.
Die Hochofenform war von Kupfer mit 23/4 auf 1 7/8 Zoll Mündung.
Man verwendete hauptsächlich Fichtenkohlen und erblies ein sehr
gares graues Roheisen, welches für feinere Gusswaren zu dickflüssig
war. Es wurde deshalb auf der Königshütte verfrischt. Die Formen
versetzten sich leicht mit zähflüssiger Schlacke und mussten des-
halb häufig gereinigt werden, was die Arbeit am Ofen beschwer-
lich machte. Man produzierte 200 bis 230 Ctr. die Woche. Ein
Blasewerk (Campagne) dauerte nicht länger als 2 bis 3 Jahre; doch
geschah das Ausblasen aus ökonomischen Gründen und würde der

Der Harz.
gewerkschaften überlassen, 400 Ctr. zu Gewehrläufen, Ladestock- und
anderem Modelleisen in der Gewehrfabrik verbraucht. Von Bandeisen
zum Beschlagen der Bergtonnen wurden jährlich 350 Ctr. verlangt.

Das Drahtwerk hatte 5 Zangen und 2 Rollen (Leyre). Der starke
Grubenseildraht war 3 bis 5 Linien dick. Vormals zog man 27, gegen
Ende der Periode 35 Drahtsorten.

Für das Rohstahlfeuer bezog man das Roheisen von Gittelde.
Das Frischverfahren war wie in der Mark. Das Rohstahlfeuer war mit drei,
das Raffinierfeuer mit zwei Mann belegt. In ersterem wurden wöchent-
lich im Durchschnitt 15 Ctr. Stahl verfertigt, der teils raffiniert, teils
als Rohstahl verkauft wurde. Der Boden des Rohstahlfeuers bestand
aus einem 2½ Zoll dicken, 24 Zoll breiten, 30 Zoll langen Sandstein,
deren jährlich 30 bis 50 erforderlich waren. Das gesamte Personal
der Königshütte belief sich auf 71 Mann; es waren etwa 60 Pferde
beschäftigt, welche Privatfuhrleuten gehörten.

Die Steinrenner Hütte an der Sieber, ¼ Stunde von Andreas-
berg, bezog ihre Erze aus den nahegelegenen Gruben Königs- und
Eisensteinsberg. 1741 war hier die rheinische Schmelzarbeit ein-
geführt, 1765 ein Blauofen angelegt, 1773 Granuliereisen erzeugt worden,
1788 wurde sie von dem Berghauptmann von Reden ganz neu auf-
gebaut. Sie bestand nur aus einem Hochofen, welcher der Fracht-
ersparnis wegen mitten in dem Erz- und Kohlengebiet errichtet worden
war. Während die Erze nahe lagen, machte aber die Beschaffung des
Kalks, der als Zuschlag nicht zu entbehren war, Schwierigkeiten.
Man wendete abwechselnd Fluſsspat, Braunspat und Kalkspat aus
den Erzgängen und kalkhaltige Erze aus dem Lerbacher Revier an;
auch setzte man Frischschlacken von der Königshütte mit durch.
Die zugesetzten Elbingeroder und Lerbacher Eisenerze wurden geröstet
und gepocht. Der Hochofen war 30 Fuſs hoch mit viereckigem
Schacht. Das Gebläse bestand aus drei starken Bälgen und einem
Wasserregulator, der aus zwei ineinandergehenden Fässern bestand.
Die Hochofenform war von Kupfer mit 2¾ auf 1⅞ Zoll Mündung.
Man verwendete hauptsächlich Fichtenkohlen und erblies ein sehr
gares graues Roheisen, welches für feinere Guſswaren zu dickflüssig
war. Es wurde deshalb auf der Königshütte verfrischt. Die Formen
versetzten sich leicht mit zähflüssiger Schlacke und muſsten des-
halb häufig gereinigt werden, was die Arbeit am Ofen beschwer-
lich machte. Man produzierte 200 bis 230 Ctr. die Woche. Ein
Blasewerk (Campagne) dauerte nicht länger als 2 bis 3 Jahre; doch
geschah das Ausblasen aus ökonomischen Gründen und würde der

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[886/0900] Der Harz. gewerkschaften überlassen, 400 Ctr. zu Gewehrläufen, Ladestock- und anderem Modelleisen in der Gewehrfabrik verbraucht. Von Bandeisen zum Beschlagen der Bergtonnen wurden jährlich 350 Ctr. verlangt. Das Drahtwerk hatte 5 Zangen und 2 Rollen (Leyre). Der starke Grubenseildraht war 3 bis 5 Linien dick. Vormals zog man 27, gegen Ende der Periode 35 Drahtsorten. Für das Rohstahlfeuer bezog man das Roheisen von Gittelde. Das Frischverfahren war wie in der Mark. Das Rohstahlfeuer war mit drei, das Raffinierfeuer mit zwei Mann belegt. In ersterem wurden wöchent- lich im Durchschnitt 15 Ctr. Stahl verfertigt, der teils raffiniert, teils als Rohstahl verkauft wurde. Der Boden des Rohstahlfeuers bestand aus einem 2½ Zoll dicken, 24 Zoll breiten, 30 Zoll langen Sandstein, deren jährlich 30 bis 50 erforderlich waren. Das gesamte Personal der Königshütte belief sich auf 71 Mann; es waren etwa 60 Pferde beschäftigt, welche Privatfuhrleuten gehörten. Die Steinrenner Hütte an der Sieber, ¼ Stunde von Andreas- berg, bezog ihre Erze aus den nahegelegenen Gruben Königs- und Eisensteinsberg. 1741 war hier die rheinische Schmelzarbeit ein- geführt, 1765 ein Blauofen angelegt, 1773 Granuliereisen erzeugt worden, 1788 wurde sie von dem Berghauptmann von Reden ganz neu auf- gebaut. Sie bestand nur aus einem Hochofen, welcher der Fracht- ersparnis wegen mitten in dem Erz- und Kohlengebiet errichtet worden war. Während die Erze nahe lagen, machte aber die Beschaffung des Kalks, der als Zuschlag nicht zu entbehren war, Schwierigkeiten. Man wendete abwechselnd Fluſsspat, Braunspat und Kalkspat aus den Erzgängen und kalkhaltige Erze aus dem Lerbacher Revier an; auch setzte man Frischschlacken von der Königshütte mit durch. Die zugesetzten Elbingeroder und Lerbacher Eisenerze wurden geröstet und gepocht. Der Hochofen war 30 Fuſs hoch mit viereckigem Schacht. Das Gebläse bestand aus drei starken Bälgen und einem Wasserregulator, der aus zwei ineinandergehenden Fässern bestand. Die Hochofenform war von Kupfer mit 2¾ auf 1⅞ Zoll Mündung. Man verwendete hauptsächlich Fichtenkohlen und erblies ein sehr gares graues Roheisen, welches für feinere Guſswaren zu dickflüssig war. Es wurde deshalb auf der Königshütte verfrischt. Die Formen versetzten sich leicht mit zähflüssiger Schlacke und muſsten des- halb häufig gereinigt werden, was die Arbeit am Ofen beschwer- lich machte. Man produzierte 200 bis 230 Ctr. die Woche. Ein Blasewerk (Campagne) dauerte nicht länger als 2 bis 3 Jahre; doch geschah das Ausblasen aus ökonomischen Gründen und würde der

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Zitationshilfe: Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 3: Das XVIII. Jahrhundert. Braunschweig, 1897, S. 886. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen03_1897/900>, abgerufen am 22.11.2024.