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Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 3: Das XVIII. Jahrhundert. Braunschweig, 1897.

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Der Harz.
artig. Man liess den Ofen gar gehen, weil immer Gusswaren gemacht
wurden. Von 9000 bis 12000 Ctr. Roheisen, welche der Hochofen lieferte,
wurden 4000 bis 5000 Ctr. vergossen 1), 5000 bis 7000 Ctr. zu Stab-
eisen verfrischt.

Eigentümlich war das Zugutemachen der Frischschlacken in
einem Zerrennfeuer auf der Königshütte. Der Herd war wie bei
einem Frischfeuer. Man füllte den 10 Zoll tiefen Herd gehäuft mit
Kohlen (geringer Quandelkohle) und streute Frischschlacken auf.
Sobald die Masse etwas niedergegangen war, gab man wieder Kohlen
und Frischschlacken, und fuhr so fort, bis sich 1 bis 11/2 Ctr. Eisen
im Herd gesammelt hatten. Die erhaltene sehr ungleichartige Luppe
wurde in 3 bis 4 Stücke zerschroten und diese dann gewöhnlich dem
Roheisen im gewöhnlichen Frischherd zugesetzt und mit diesem ver-
frischt. Während der Arbeit wurde langsam geblasen und von Zeit
zu Zeit Schlacke abgelassen. In diesem Zerrennfeuer wurden jährlich
6000 Ctr. Zerrennluppen erhalten. Von den fünf Frischfeuern gingen
vier auf Stabeisen, das fünfte auf Seil- und Platineneisen. Sie liefer-
ten im Jahre 13520 Ctr. Schmiedeeisen und waren dazu 18600 Ctr.
Roheisen erforderlich, es mussten also noch 12600 Ctr. Eisen an-
gekauft werden. Das meiste davon, etwa 10000 Ctr., kam von der
Steinernen Hütte, welche ihre ganze Produktion an die Königs-
hütte abgab. Man hatte hier die alte Einrichtung, wonach jedem
Hammerschmied sein vorgeschriebenes Quantum Eisen und Kohle
zugewogen wurde und die Ersparnisse daran ihm zu Nutz kamen,
nicht beibehalten, sondern die Hammerschmiede erhielten 7 Marien-
groschen Arbeitslohn für den Centner und Kohlen und Eisen
nach Bedarf. Man hoffte dadurch bessere Qualität zu erzielen. Für
die 11644 Ctr. Stabeisen wurden 3493 Karren und für die 1872 Ctr.
Seileisen 900 Karren Kohlen verbrannt. Von dem Stabeisen
wurden 3300 zu Kraus-, Seil-, Band- und Gittereisen, zu Platinen-
und Modelleisen für die Gewehrfabrik in Herzberg, welche eine Meile
von der Königshütte entfernt lag, verarbeitet. Von den 1800 Ctr.
Krauseisen wurden 430 zu Draht gezogen, das übrige verkauft. --
Das Seileisen, welches in einem besonderen Feuer aus gutem Stein-
renner Roheisen mit besonderer Sorgfalt gefrischt wurde, bestand aus
1/2 bis 3/4 Zoll starken, an den Kanten abgerundeten Stäben von
10 Fuss Länge. 400 Ctr. Drahtseileisen wurden jährlich den Metall-

1) Ein Verzeichnis der Gusswaren der Königshütte giebt Stünkel, a. a. O.,
S. 168.

Der Harz.
artig. Man lieſs den Ofen gar gehen, weil immer Guſswaren gemacht
wurden. Von 9000 bis 12000 Ctr. Roheisen, welche der Hochofen lieferte,
wurden 4000 bis 5000 Ctr. vergossen 1), 5000 bis 7000 Ctr. zu Stab-
eisen verfrischt.

Eigentümlich war das Zugutemachen der Frischschlacken in
einem Zerrennfeuer auf der Königshütte. Der Herd war wie bei
einem Frischfeuer. Man füllte den 10 Zoll tiefen Herd gehäuft mit
Kohlen (geringer Quandelkohle) und streute Frischschlacken auf.
Sobald die Masse etwas niedergegangen war, gab man wieder Kohlen
und Frischschlacken, und fuhr so fort, bis sich 1 bis 1½ Ctr. Eisen
im Herd gesammelt hatten. Die erhaltene sehr ungleichartige Luppe
wurde in 3 bis 4 Stücke zerschroten und diese dann gewöhnlich dem
Roheisen im gewöhnlichen Frischherd zugesetzt und mit diesem ver-
frischt. Während der Arbeit wurde langsam geblasen und von Zeit
zu Zeit Schlacke abgelassen. In diesem Zerrennfeuer wurden jährlich
6000 Ctr. Zerrennluppen erhalten. Von den fünf Frischfeuern gingen
vier auf Stabeisen, das fünfte auf Seil- und Platineneisen. Sie liefer-
ten im Jahre 13520 Ctr. Schmiedeeisen und waren dazu 18600 Ctr.
Roheisen erforderlich, es muſsten also noch 12600 Ctr. Eisen an-
gekauft werden. Das meiste davon, etwa 10000 Ctr., kam von der
Steinernen Hütte, welche ihre ganze Produktion an die Königs-
hütte abgab. Man hatte hier die alte Einrichtung, wonach jedem
Hammerschmied sein vorgeschriebenes Quantum Eisen und Kohle
zugewogen wurde und die Ersparnisse daran ihm zu Nutz kamen,
nicht beibehalten, sondern die Hammerschmiede erhielten 7 Marien-
groschen Arbeitslohn für den Centner und Kohlen und Eisen
nach Bedarf. Man hoffte dadurch bessere Qualität zu erzielen. Für
die 11644 Ctr. Stabeisen wurden 3493 Karren und für die 1872 Ctr.
Seileisen 900 Karren Kohlen verbrannt. Von dem Stabeisen
wurden 3300 zu Kraus-, Seil-, Band- und Gittereisen, zu Platinen-
und Modelleisen für die Gewehrfabrik in Herzberg, welche eine Meile
von der Königshütte entfernt lag, verarbeitet. Von den 1800 Ctr.
Krauseisen wurden 430 zu Draht gezogen, das übrige verkauft. —
Das Seileisen, welches in einem besonderen Feuer aus gutem Stein-
renner Roheisen mit besonderer Sorgfalt gefrischt wurde, bestand aus
½ bis ¾ Zoll starken, an den Kanten abgerundeten Stäben von
10 Fuſs Länge. 400 Ctr. Drahtseileisen wurden jährlich den Metall-

1) Ein Verzeichnis der Guſswaren der Königshütte giebt Stünkel, a. a. O.,
S. 168.
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[885/0899] Der Harz. artig. Man lieſs den Ofen gar gehen, weil immer Guſswaren gemacht wurden. Von 9000 bis 12000 Ctr. Roheisen, welche der Hochofen lieferte, wurden 4000 bis 5000 Ctr. vergossen 1), 5000 bis 7000 Ctr. zu Stab- eisen verfrischt. Eigentümlich war das Zugutemachen der Frischschlacken in einem Zerrennfeuer auf der Königshütte. Der Herd war wie bei einem Frischfeuer. Man füllte den 10 Zoll tiefen Herd gehäuft mit Kohlen (geringer Quandelkohle) und streute Frischschlacken auf. Sobald die Masse etwas niedergegangen war, gab man wieder Kohlen und Frischschlacken, und fuhr so fort, bis sich 1 bis 1½ Ctr. Eisen im Herd gesammelt hatten. Die erhaltene sehr ungleichartige Luppe wurde in 3 bis 4 Stücke zerschroten und diese dann gewöhnlich dem Roheisen im gewöhnlichen Frischherd zugesetzt und mit diesem ver- frischt. Während der Arbeit wurde langsam geblasen und von Zeit zu Zeit Schlacke abgelassen. In diesem Zerrennfeuer wurden jährlich 6000 Ctr. Zerrennluppen erhalten. Von den fünf Frischfeuern gingen vier auf Stabeisen, das fünfte auf Seil- und Platineneisen. Sie liefer- ten im Jahre 13520 Ctr. Schmiedeeisen und waren dazu 18600 Ctr. Roheisen erforderlich, es muſsten also noch 12600 Ctr. Eisen an- gekauft werden. Das meiste davon, etwa 10000 Ctr., kam von der Steinernen Hütte, welche ihre ganze Produktion an die Königs- hütte abgab. Man hatte hier die alte Einrichtung, wonach jedem Hammerschmied sein vorgeschriebenes Quantum Eisen und Kohle zugewogen wurde und die Ersparnisse daran ihm zu Nutz kamen, nicht beibehalten, sondern die Hammerschmiede erhielten 7 Marien- groschen Arbeitslohn für den Centner und Kohlen und Eisen nach Bedarf. Man hoffte dadurch bessere Qualität zu erzielen. Für die 11644 Ctr. Stabeisen wurden 3493 Karren und für die 1872 Ctr. Seileisen 900 Karren Kohlen verbrannt. Von dem Stabeisen wurden 3300 zu Kraus-, Seil-, Band- und Gittereisen, zu Platinen- und Modelleisen für die Gewehrfabrik in Herzberg, welche eine Meile von der Königshütte entfernt lag, verarbeitet. Von den 1800 Ctr. Krauseisen wurden 430 zu Draht gezogen, das übrige verkauft. — Das Seileisen, welches in einem besonderen Feuer aus gutem Stein- renner Roheisen mit besonderer Sorgfalt gefrischt wurde, bestand aus ½ bis ¾ Zoll starken, an den Kanten abgerundeten Stäben von 10 Fuſs Länge. 400 Ctr. Drahtseileisen wurden jährlich den Metall- 1) Ein Verzeichnis der Guſswaren der Königshütte giebt Stünkel, a. a. O., S. 168.

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Zitationshilfe: Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 3: Das XVIII. Jahrhundert. Braunschweig, 1897, S. 885. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen03_1897/899>, abgerufen am 25.11.2024.