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Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 3: Das XVIII. Jahrhundert. Braunschweig, 1897.

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nügte den trotzigen Knappen noch nicht, und sie setzten den Aus-
stand bis in den September hinein, volle vier Monate, fort, bis er am
14. September durch einen Vergleich beigelegt wurde. 1720 kamen
die Knappen mit neuen Forderungen und verlangten Wiedereinführung
der abgeschafften Kindtage (s. Bd. II, S. 1044). Diesmal aber wurden
sie von der Regierung in Graz und durch direkten Erlass des
Kaisers Karl so scharf abgewiesen, dass sie für längere Zeit Ruhe
hielten. Diese Zeiten der Ruhe waren dem Gedeihen des Berg- und
Hüttenwesens am Erzberg sehr förderlich. 1755 begann aber die
Gärung von neuem und zwar aus ganz frevelhaftem Anlass. Die
Knappen hielten es mit den Schmugglern, die besonders Tabak
schwärzten. Ein Knappe, Kreig, der einen grossen Posten geschmug-
gelten Tabak gekauft hatte, wurde gefänglich eingezogen. Es fiel
der Verdacht auf einen anderen Knappen Grillitsch, den Kreig
verraten zu haben. Obgleich Grillitsch unschuldig war, verlangten
die Knappen dessen Entfernung. Aus diesem Anlass entsprang eine
ganze Kette von Aufständen und Tumulten, so dass endlich im No-
vember 1758 Militär einschreiten musste. Dies half jedoch nur vor-
übergehend. 1759 standen die Knappen von neuem auf. Ein grosser
Teil wurde gefangen, auf öffentlichem Markt zu Klagenfurt mit Stock-
streichen abgestraft und dann die Tauglichen als Soldaten unter das
Militär, die Untauglichen in das Zuchthaus gesteckt. Dies geschah
im April. Trotzdem versuchten bereits im Juli die "abgeschafften"
Knappen diejenigen, welche gehorsam geblieben waren, mit Gewalt
von der Arbeit zu vertreiben, worauf wieder Militär intervenierte,
scharfe Strafen erfolgten, gleichzeitig aber auch fremde Knappen an
den Erzberg herangezogen wurden, welche die Gewerke aufnehmen
mussten. Ende 1759 war die Belegschaft wieder vollständig und der
Trotz der Knappen gebrochen. Freilich dauerten blutige Raufhändel
zwischen den einheimischen und den fremden Knappen noch jahre-
lang fort. Unter diesen Umständen ist es nicht verwunderlich, dass
die Fortschritte der Eisenindustrie Kärntens bis zur Mitte des vorigen
Jahrhunderts nur sehr gering waren.

Die Kaiserin Maria Theresia wendete dem Berg- und Hütten-
wesen Österreichs und besonders auch dem des Hüttenberger Erz-
bergs grosse Aufmerksamkeit zu und suchte durch angemessene Ord-
nungen und Gesetze dasselbe zu fördern. Sie bestätigte auch 1742
von neuem die alten Freiheiten und Privilegien der Hüttenberger
Bergknappen nach dem Wortlaut der Bestätigung ihres Vaters, Kaiser
Karls VI., von Jahre 1714. Zu diesen gehörten auch die festlichen

Österreich.
nügte den trotzigen Knappen noch nicht, und sie setzten den Aus-
stand bis in den September hinein, volle vier Monate, fort, bis er am
14. September durch einen Vergleich beigelegt wurde. 1720 kamen
die Knappen mit neuen Forderungen und verlangten Wiedereinführung
der abgeschafften Kindtage (s. Bd. II, S. 1044). Diesmal aber wurden
sie von der Regierung in Graz und durch direkten Erlaſs des
Kaisers Karl so scharf abgewiesen, daſs sie für längere Zeit Ruhe
hielten. Diese Zeiten der Ruhe waren dem Gedeihen des Berg- und
Hüttenwesens am Erzberg sehr förderlich. 1755 begann aber die
Gärung von neuem und zwar aus ganz frevelhaftem Anlaſs. Die
Knappen hielten es mit den Schmugglern, die besonders Tabak
schwärzten. Ein Knappe, Kreig, der einen groſsen Posten geschmug-
gelten Tabak gekauft hatte, wurde gefänglich eingezogen. Es fiel
der Verdacht auf einen anderen Knappen Grillitsch, den Kreig
verraten zu haben. Obgleich Grillitsch unschuldig war, verlangten
die Knappen dessen Entfernung. Aus diesem Anlaſs entsprang eine
ganze Kette von Aufständen und Tumulten, so daſs endlich im No-
vember 1758 Militär einschreiten muſste. Dies half jedoch nur vor-
übergehend. 1759 standen die Knappen von neuem auf. Ein groſser
Teil wurde gefangen, auf öffentlichem Markt zu Klagenfurt mit Stock-
streichen abgestraft und dann die Tauglichen als Soldaten unter das
Militär, die Untauglichen in das Zuchthaus gesteckt. Dies geschah
im April. Trotzdem versuchten bereits im Juli die „abgeschafften“
Knappen diejenigen, welche gehorsam geblieben waren, mit Gewalt
von der Arbeit zu vertreiben, worauf wieder Militär intervenierte,
scharfe Strafen erfolgten, gleichzeitig aber auch fremde Knappen an
den Erzberg herangezogen wurden, welche die Gewerke aufnehmen
muſsten. Ende 1759 war die Belegschaft wieder vollständig und der
Trotz der Knappen gebrochen. Freilich dauerten blutige Raufhändel
zwischen den einheimischen und den fremden Knappen noch jahre-
lang fort. Unter diesen Umständen ist es nicht verwunderlich, daſs
die Fortschritte der Eisenindustrie Kärntens bis zur Mitte des vorigen
Jahrhunderts nur sehr gering waren.

Die Kaiserin Maria Theresia wendete dem Berg- und Hütten-
wesen Österreichs und besonders auch dem des Hüttenberger Erz-
bergs groſse Aufmerksamkeit zu und suchte durch angemessene Ord-
nungen und Gesetze dasselbe zu fördern. Sie bestätigte auch 1742
von neuem die alten Freiheiten und Privilegien der Hüttenberger
Bergknappen nach dem Wortlaut der Bestätigung ihres Vaters, Kaiser
Karls VI., von Jahre 1714. Zu diesen gehörten auch die festlichen

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[798/0812] Österreich. nügte den trotzigen Knappen noch nicht, und sie setzten den Aus- stand bis in den September hinein, volle vier Monate, fort, bis er am 14. September durch einen Vergleich beigelegt wurde. 1720 kamen die Knappen mit neuen Forderungen und verlangten Wiedereinführung der abgeschafften Kindtage (s. Bd. II, S. 1044). Diesmal aber wurden sie von der Regierung in Graz und durch direkten Erlaſs des Kaisers Karl so scharf abgewiesen, daſs sie für längere Zeit Ruhe hielten. Diese Zeiten der Ruhe waren dem Gedeihen des Berg- und Hüttenwesens am Erzberg sehr förderlich. 1755 begann aber die Gärung von neuem und zwar aus ganz frevelhaftem Anlaſs. Die Knappen hielten es mit den Schmugglern, die besonders Tabak schwärzten. Ein Knappe, Kreig, der einen groſsen Posten geschmug- gelten Tabak gekauft hatte, wurde gefänglich eingezogen. Es fiel der Verdacht auf einen anderen Knappen Grillitsch, den Kreig verraten zu haben. Obgleich Grillitsch unschuldig war, verlangten die Knappen dessen Entfernung. Aus diesem Anlaſs entsprang eine ganze Kette von Aufständen und Tumulten, so daſs endlich im No- vember 1758 Militär einschreiten muſste. Dies half jedoch nur vor- übergehend. 1759 standen die Knappen von neuem auf. Ein groſser Teil wurde gefangen, auf öffentlichem Markt zu Klagenfurt mit Stock- streichen abgestraft und dann die Tauglichen als Soldaten unter das Militär, die Untauglichen in das Zuchthaus gesteckt. Dies geschah im April. Trotzdem versuchten bereits im Juli die „abgeschafften“ Knappen diejenigen, welche gehorsam geblieben waren, mit Gewalt von der Arbeit zu vertreiben, worauf wieder Militär intervenierte, scharfe Strafen erfolgten, gleichzeitig aber auch fremde Knappen an den Erzberg herangezogen wurden, welche die Gewerke aufnehmen muſsten. Ende 1759 war die Belegschaft wieder vollständig und der Trotz der Knappen gebrochen. Freilich dauerten blutige Raufhändel zwischen den einheimischen und den fremden Knappen noch jahre- lang fort. Unter diesen Umständen ist es nicht verwunderlich, daſs die Fortschritte der Eisenindustrie Kärntens bis zur Mitte des vorigen Jahrhunderts nur sehr gering waren. Die Kaiserin Maria Theresia wendete dem Berg- und Hütten- wesen Österreichs und besonders auch dem des Hüttenberger Erz- bergs groſse Aufmerksamkeit zu und suchte durch angemessene Ord- nungen und Gesetze dasselbe zu fördern. Sie bestätigte auch 1742 von neuem die alten Freiheiten und Privilegien der Hüttenberger Bergknappen nach dem Wortlaut der Bestätigung ihres Vaters, Kaiser Karls VI., von Jahre 1714. Zu diesen gehörten auch die festlichen

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Zitationshilfe: Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 3: Das XVIII. Jahrhundert. Braunschweig, 1897, S. 798. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen03_1897/812>, abgerufen am 22.11.2024.