klein für die massenhaft einlaufenden Bestellungen, und er errichtete 1794 die Stahlfabrik zu St. Egyd am Neuwald, welche sich immer mehr ausdehnte und eins der berühmtesten Werke Österreichs ge- worden ist.
Ebenso war die alte und ausgedehnte Kleineisenindustrie des gewerbereichen Bezirks Steyr von dem steirischen Eisenhandel ab- hängig, weil ein Hochofenbetrieb im Erzherzogtum Österreich nicht existierte und alles Roheisen von Steiermark bezogen wurde. Dagegen gab es dort zahlreiche Eisen- und Stahlraffinierhämmer, deren Pro- dukte von den zahllosen Kleineisenschmieden verarbeitet wurden. Von diesen erwähnen wir die Messerschmiede zu Trattenbach bei Ternberg, welche schon im 15. Jahrhundert hier ansässig waren, und die Sensenschmiede zu Michelsdorf. 1775 verlieh Kaiser Joseph II. der Michelsdorfer Sensengewerksgenossenschaft besonderen Markenschutz.
In Kärnten vollzog sich die Entwickelung der Eisen- industrie im grossen und ganzen ähnlich wie in Steiermark, auch hier verschwand in der zweiten Hälfte des Jahrhunderts der Stück- ofenbetrieb vor dem Hochofenbetrieb. Im einzelnen geschah dies aber bei den abweichenden, eigenartigen Verhältnissen in Kärnten doch in anderer Weise.
Die kärntnerische Eisenindustrie hatte eine gewerkschaftliche Organisation. Auch in diesem Jahrhundert spielten die Knappen- unruhen eine grosse und unheilvolle Rolle. Wir haben berichtet, dass gegen den Schluss des vorigen Jahrhunderts von 1686 an fried- lichere Zustände am Hüttenberger Erzberg geherrscht hatten. Die Knappen schienen sich endlich beruhigt zu haben, und dieser Zustand der Ruhe dauerte an bis 1712. Da erwachte von neuem der störrige Geist der Bergknappen, teils aus sachlichen Gründen, namentlich wegen zu grosser Lohnabzüge für gelieferte Naturalien, teils aus per- sönlichem Hass gegen den damaligen Bergrichter Franz Ferdinand Rauscher, der gleichzeitig ein Hauptgewerke war 1). Auch hatte man zur Zeit der ersten Anwendung des Sprengpulvers am Hütten- berger Erzberge, 1708 bis 1710, tiroler Knappen, welche des Schiessens kundig waren, kommen lassen. Gegen diese richtete sich der Zorn der kärntnischen Knappen, und sie verlangten deren Abschaffung zugleich mit der Absetzung des verhassten Bergrichters. Im Mai 1712 brach deshalb ein allgemeiner Ausstand aus. Die Regierung war nachgiebig und suspendierte am 25. Juni den Bergrichter. Das ge-
1) S. Münichsdorfer, Geschichte des Hüttenberger Erzberges, S. 97.
Österreich.
klein für die massenhaft einlaufenden Bestellungen, und er errichtete 1794 die Stahlfabrik zu St. Egyd am Neuwald, welche sich immer mehr ausdehnte und eins der berühmtesten Werke Österreichs ge- worden ist.
Ebenso war die alte und ausgedehnte Kleineisenindustrie des gewerbereichen Bezirks Steyr von dem steirischen Eisenhandel ab- hängig, weil ein Hochofenbetrieb im Erzherzogtum Österreich nicht existierte und alles Roheisen von Steiermark bezogen wurde. Dagegen gab es dort zahlreiche Eisen- und Stahlraffinierhämmer, deren Pro- dukte von den zahllosen Kleineisenschmieden verarbeitet wurden. Von diesen erwähnen wir die Messerschmiede zu Trattenbach bei Ternberg, welche schon im 15. Jahrhundert hier ansässig waren, und die Sensenschmiede zu Michelsdorf. 1775 verlieh Kaiser Joseph II. der Michelsdorfer Sensengewerksgenossenschaft besonderen Markenschutz.
In Kärnten vollzog sich die Entwickelung der Eisen- industrie im groſsen und ganzen ähnlich wie in Steiermark, auch hier verschwand in der zweiten Hälfte des Jahrhunderts der Stück- ofenbetrieb vor dem Hochofenbetrieb. Im einzelnen geschah dies aber bei den abweichenden, eigenartigen Verhältnissen in Kärnten doch in anderer Weise.
Die kärntnerische Eisenindustrie hatte eine gewerkschaftliche Organisation. Auch in diesem Jahrhundert spielten die Knappen- unruhen eine groſse und unheilvolle Rolle. Wir haben berichtet, daſs gegen den Schluſs des vorigen Jahrhunderts von 1686 an fried- lichere Zustände am Hüttenberger Erzberg geherrscht hatten. Die Knappen schienen sich endlich beruhigt zu haben, und dieser Zustand der Ruhe dauerte an bis 1712. Da erwachte von neuem der störrige Geist der Bergknappen, teils aus sachlichen Gründen, namentlich wegen zu groſser Lohnabzüge für gelieferte Naturalien, teils aus per- sönlichem Haſs gegen den damaligen Bergrichter Franz Ferdinand Rauscher, der gleichzeitig ein Hauptgewerke war 1). Auch hatte man zur Zeit der ersten Anwendung des Sprengpulvers am Hütten- berger Erzberge, 1708 bis 1710, tiroler Knappen, welche des Schieſsens kundig waren, kommen lassen. Gegen diese richtete sich der Zorn der kärntnischen Knappen, und sie verlangten deren Abschaffung zugleich mit der Absetzung des verhaſsten Bergrichters. Im Mai 1712 brach deshalb ein allgemeiner Ausstand aus. Die Regierung war nachgiebig und suspendierte am 25. Juni den Bergrichter. Das ge-
1) S. Münichsdorfer, Geschichte des Hüttenberger Erzberges, S. 97.
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Österreich.
klein für die massenhaft einlaufenden Bestellungen, und er errichtete
1794 die Stahlfabrik zu St. Egyd am Neuwald, welche sich immer
mehr ausdehnte und eins der berühmtesten Werke Österreichs ge-
worden ist.
Ebenso war die alte und ausgedehnte Kleineisenindustrie des
gewerbereichen Bezirks Steyr von dem steirischen Eisenhandel ab-
hängig, weil ein Hochofenbetrieb im Erzherzogtum Österreich nicht
existierte und alles Roheisen von Steiermark bezogen wurde. Dagegen
gab es dort zahlreiche Eisen- und Stahlraffinierhämmer, deren Pro-
dukte von den zahllosen Kleineisenschmieden verarbeitet wurden.
Von diesen erwähnen wir die Messerschmiede zu Trattenbach bei
Ternberg, welche schon im 15. Jahrhundert hier ansässig waren, und
die Sensenschmiede zu Michelsdorf. 1775 verlieh Kaiser Joseph II. der
Michelsdorfer Sensengewerksgenossenschaft besonderen Markenschutz.
In Kärnten vollzog sich die Entwickelung der Eisen-
industrie im groſsen und ganzen ähnlich wie in Steiermark, auch
hier verschwand in der zweiten Hälfte des Jahrhunderts der Stück-
ofenbetrieb vor dem Hochofenbetrieb. Im einzelnen geschah dies
aber bei den abweichenden, eigenartigen Verhältnissen in Kärnten
doch in anderer Weise.
Die kärntnerische Eisenindustrie hatte eine gewerkschaftliche
Organisation. Auch in diesem Jahrhundert spielten die Knappen-
unruhen eine groſse und unheilvolle Rolle. Wir haben berichtet,
daſs gegen den Schluſs des vorigen Jahrhunderts von 1686 an fried-
lichere Zustände am Hüttenberger Erzberg geherrscht hatten. Die
Knappen schienen sich endlich beruhigt zu haben, und dieser Zustand
der Ruhe dauerte an bis 1712. Da erwachte von neuem der störrige
Geist der Bergknappen, teils aus sachlichen Gründen, namentlich
wegen zu groſser Lohnabzüge für gelieferte Naturalien, teils aus per-
sönlichem Haſs gegen den damaligen Bergrichter Franz Ferdinand
Rauscher, der gleichzeitig ein Hauptgewerke war 1). Auch hatte
man zur Zeit der ersten Anwendung des Sprengpulvers am Hütten-
berger Erzberge, 1708 bis 1710, tiroler Knappen, welche des Schieſsens
kundig waren, kommen lassen. Gegen diese richtete sich der Zorn
der kärntnischen Knappen, und sie verlangten deren Abschaffung
zugleich mit der Absetzung des verhaſsten Bergrichters. Im Mai 1712
brach deshalb ein allgemeiner Ausstand aus. Die Regierung war
nachgiebig und suspendierte am 25. Juni den Bergrichter. Das ge-
1) S. Münichsdorfer, Geschichte des Hüttenberger Erzberges, S. 97.
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Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 3: Das XVIII. Jahrhundert. Braunschweig, 1897, S. 797. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen03_1897/811>, abgerufen am 22.11.2024.
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