trat der Hof seine Aktien an die Gewerkschaft ab. Statt dass aber nun die Interessenten hätten bedacht sein sollen, durch einen zweck- mässigen Gesellschaftsvertrag und wohlgeordnete Statuten sich eine Verfassung zu geben, wodurch die Leitung des ganzen Werkes in die Hände kenntnisreicher, gebildeter Männer gekommen wäre, wurde die Verwaltung ziemlich planlos unkundigen Gewerken überlassen. Man bestätigte die alte dreigliedrige Einrichtung der Verleger zu Steyr, der Hammermeister zu Weyer und der Radmeister zu Eisen- erz. Jedes Glied erhielt 13 stimmenführende Gewerke, Votanten genannt, wobei aber das Schlimmste war, dass man die anordnende Gewalt, welche die Principalität hiess, gerade dem unkundigsten Gliede, den Verlegern, übertrug. Jedes Glied hatte zwei Deputierte zu wählen, welche an den nach Erfordernis abzuhaltenden "Kon- gressen", die in der Stadt Steyr, wo sich die Direktion, bestehend aus dem Kanzleidirektor und dem Referenten, befand, abgehalten wurden, teilnahmen. Die Direktion legte die zu beschliessenden Vor- tragsgegenstände, worüber von den Votanten schriftlich abgestimmt wurde, vor. Dass hierbei viele Parteilichkeiten unterliefen und ein äusserst schleppender Geschäftsgang die Folge dieser Verfassung war, leuchtet ein. Dazu fehlte es an jeder Kontrolle. Die Auswahl der Beamten geschah ohne Umsicht. Es ist deshalb wohl begreiflich, dass diese Verwaltung nicht die beste war. Wenn trotzdem die Gewerkschaft Gewinn erzielte, so geschah dies nur infolge der unverwüstlichen Güte des Besitzes. Diese Selbstverwaltung der Hauptgewerkschaft dauerte denn auch nicht lange; bereits im Jahre 1798 wusste die kurz vorher entstandene Wiener Kanal- und Bergbaugesellschaft wichtige Einlagen der Gewerkschaft, namentlich den ganzen Anteil der Stadt Steyr an sich zu bringen und die Oberleitung in ihre Hände zu bekommen, welche sie alsbald nach Wien verlegte. Von der Regierung wurde wieder eine "Hofkommission" unter dem Vorsitz des sachkundigen Grafen von Wrbna ernannt, welche sich die Ver- besserung der Werke der Innerberger Hauptgewerkschaft angelegen sein liess. Nach Aufhebung des Oberkammergrafenamts 1783 war ein Berggericht in Eisenerz errichtet worden, welches aber schon zwei Jahre später nach Vordernberg verlegt wurde. 1785 war die Frohne für Eisenerz auf 311/4 Kreuzer und für Vordernberg auf 243/4 Kreuzer für jeden erzeugten Centner Roheisen herabgesetzt worden.
Während die Innerberger Gewerke ihr Eisen nordwärts nach Österreich verführen mussten, ging das Eisen der Vordernberger Gewerke, welche am südlichen Teil des Erzberges sassen, süd-
Österreich.
trat der Hof seine Aktien an die Gewerkschaft ab. Statt daſs aber nun die Interessenten hätten bedacht sein sollen, durch einen zweck- mäſsigen Gesellschaftsvertrag und wohlgeordnete Statuten sich eine Verfassung zu geben, wodurch die Leitung des ganzen Werkes in die Hände kenntnisreicher, gebildeter Männer gekommen wäre, wurde die Verwaltung ziemlich planlos unkundigen Gewerken überlassen. Man bestätigte die alte dreigliedrige Einrichtung der Verleger zu Steyr, der Hammermeister zu Weyer und der Radmeister zu Eisen- erz. Jedes Glied erhielt 13 stimmenführende Gewerke, Votanten genannt, wobei aber das Schlimmste war, daſs man die anordnende Gewalt, welche die Principalität hieſs, gerade dem unkundigsten Gliede, den Verlegern, übertrug. Jedes Glied hatte zwei Deputierte zu wählen, welche an den nach Erfordernis abzuhaltenden „Kon- gressen“, die in der Stadt Steyr, wo sich die Direktion, bestehend aus dem Kanzleidirektor und dem Referenten, befand, abgehalten wurden, teilnahmen. Die Direktion legte die zu beschlieſsenden Vor- tragsgegenstände, worüber von den Votanten schriftlich abgestimmt wurde, vor. Daſs hierbei viele Parteilichkeiten unterliefen und ein äuſserst schleppender Geschäftsgang die Folge dieser Verfassung war, leuchtet ein. Dazu fehlte es an jeder Kontrolle. Die Auswahl der Beamten geschah ohne Umsicht. Es ist deshalb wohl begreiflich, daſs diese Verwaltung nicht die beste war. Wenn trotzdem die Gewerkschaft Gewinn erzielte, so geschah dies nur infolge der unverwüstlichen Güte des Besitzes. Diese Selbstverwaltung der Hauptgewerkschaft dauerte denn auch nicht lange; bereits im Jahre 1798 wuſste die kurz vorher entstandene Wiener Kanal- und Bergbaugesellschaft wichtige Einlagen der Gewerkschaft, namentlich den ganzen Anteil der Stadt Steyr an sich zu bringen und die Oberleitung in ihre Hände zu bekommen, welche sie alsbald nach Wien verlegte. Von der Regierung wurde wieder eine „Hofkommission“ unter dem Vorsitz des sachkundigen Grafen von Wrbna ernannt, welche sich die Ver- besserung der Werke der Innerberger Hauptgewerkschaft angelegen sein lieſs. Nach Aufhebung des Oberkammergrafenamts 1783 war ein Berggericht in Eisenerz errichtet worden, welches aber schon zwei Jahre später nach Vordernberg verlegt wurde. 1785 war die Frohne für Eisenerz auf 31¼ Kreuzer und für Vordernberg auf 24¾ Kreuzer für jeden erzeugten Centner Roheisen herabgesetzt worden.
Während die Innerberger Gewerke ihr Eisen nordwärts nach Österreich verführen muſsten, ging das Eisen der Vordernberger Gewerke, welche am südlichen Teil des Erzberges saſsen, süd-
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Österreich.
trat der Hof seine Aktien an die Gewerkschaft ab. Statt daſs aber
nun die Interessenten hätten bedacht sein sollen, durch einen zweck-
mäſsigen Gesellschaftsvertrag und wohlgeordnete Statuten sich eine
Verfassung zu geben, wodurch die Leitung des ganzen Werkes in die
Hände kenntnisreicher, gebildeter Männer gekommen wäre, wurde
die Verwaltung ziemlich planlos unkundigen Gewerken überlassen.
Man bestätigte die alte dreigliedrige Einrichtung der Verleger zu
Steyr, der Hammermeister zu Weyer und der Radmeister zu Eisen-
erz. Jedes Glied erhielt 13 stimmenführende Gewerke, Votanten
genannt, wobei aber das Schlimmste war, daſs man die anordnende
Gewalt, welche die Principalität hieſs, gerade dem unkundigsten
Gliede, den Verlegern, übertrug. Jedes Glied hatte zwei Deputierte
zu wählen, welche an den nach Erfordernis abzuhaltenden „Kon-
gressen“, die in der Stadt Steyr, wo sich die Direktion, bestehend
aus dem Kanzleidirektor und dem Referenten, befand, abgehalten
wurden, teilnahmen. Die Direktion legte die zu beschlieſsenden Vor-
tragsgegenstände, worüber von den Votanten schriftlich abgestimmt
wurde, vor. Daſs hierbei viele Parteilichkeiten unterliefen und ein äuſserst
schleppender Geschäftsgang die Folge dieser Verfassung war, leuchtet
ein. Dazu fehlte es an jeder Kontrolle. Die Auswahl der Beamten
geschah ohne Umsicht. Es ist deshalb wohl begreiflich, daſs diese
Verwaltung nicht die beste war. Wenn trotzdem die Gewerkschaft
Gewinn erzielte, so geschah dies nur infolge der unverwüstlichen
Güte des Besitzes. Diese Selbstverwaltung der Hauptgewerkschaft
dauerte denn auch nicht lange; bereits im Jahre 1798 wuſste die
kurz vorher entstandene Wiener Kanal- und Bergbaugesellschaft
wichtige Einlagen der Gewerkschaft, namentlich den ganzen Anteil
der Stadt Steyr an sich zu bringen und die Oberleitung in ihre
Hände zu bekommen, welche sie alsbald nach Wien verlegte. Von
der Regierung wurde wieder eine „Hofkommission“ unter dem Vorsitz
des sachkundigen Grafen von Wrbna ernannt, welche sich die Ver-
besserung der Werke der Innerberger Hauptgewerkschaft angelegen
sein lieſs. Nach Aufhebung des Oberkammergrafenamts 1783 war ein
Berggericht in Eisenerz errichtet worden, welches aber schon zwei Jahre
später nach Vordernberg verlegt wurde. 1785 war die Frohne für
Eisenerz auf 31¼ Kreuzer und für Vordernberg auf 24¾ Kreuzer
für jeden erzeugten Centner Roheisen herabgesetzt worden.
Während die Innerberger Gewerke ihr Eisen nordwärts nach
Österreich verführen muſsten, ging das Eisen der Vordernberger
Gewerke, welche am südlichen Teil des Erzberges saſsen, süd-
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Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 3: Das XVIII. Jahrhundert. Braunschweig, 1897, S. 790. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen03_1897/804>, abgerufen am 22.11.2024.
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