boten oder mit Zöllen und Acciseabgaben belastet war. Man verbot sogar die Eiseneinfuhr aus einer eisenerzeugenden Provinz in eine andere desselben Landes.
Die Eisenhändler waren entweder Grosshändler, "ordentliche Kauf- leute" in den Seestädten, welche Eisen in Schiffsladungen verfrachteten, aber auch mit anderen überseeischen Artikeln handelten, oder es waren "Verleger" von grösseren Eisenwerken, welche auch mit Schiffsankern, Kanonen, Mörsern, Kugeln, Öfen, Draht u. s. w. handelten und grössere Lieferungsgeschäfte darin, z. B. mit den Landesmagazinen, abschlossen, oder es waren "Eisenhändler" (Eisenzeughändler), die in den Städten ganze Gewölbe voll von Eisenwaren, die sie teils von den Hütten und Hämmern, teils von Plattnern, Klein- und Grobschmieden gekauft hatten, feilhielten; oder es waren Eisenkrämer (Quincaillers), die nament- lich kleine Waren führten, daneben aber auch noch mit anderen Waren handelten; dann gab es noch Alteisenhändler, die man auch öfters als Eisenkrämer bezeichnete. In Württemberg hiessen die priviligierten Eisenhändler "Chalanten".
Grossartig war der Eisenhandel Englands, das zu Ende des vorigen Jahrhunderts bereits den Weltmarkt beherrschte. Seine zahl- reiche Handelsflotte besorgte den Transport, seine wohlhabenden Kolonieen waren seine Abnehmer. Obgleich die englische Produktion von Roheisen in der zweiten Hälfte des Jahrhunderts bedeutend zu- nahm, so genügte sie doch nicht für die gesamte Fabrikation. Ein wichtiger Teil der englischen Eisenindustrie basierte auf der Ver- edlung von eingeführtem Roh- und Stabeisen.
Die Zahl der Erfindungen erfuhr besonders seit Watts grossem Erfolge mit der Dampfmaschine eine ausserordentliche Steigerung. Der Nutzen, welchen Patente dem Erfinder wie dem Staat gewährten, führte auch in vielen Staaten des Kontinents zur Einführung von Patentgesetzen und Patentämtern. Frankreich gab durch sein Patent- gesetz vom 7. Januar 1790 hierzu das Vorbild. In den Vereinigten Staaten von Nordamerika wurde am 10. April 1790 das erste Patent (Nr. 1) ausgegeben. Bayern erliess 1791 ein Patentgesetz. Durch die Patent- gesetzgebung wurden die Erfindungen gefördert und England war hauptsächlich deshalb schon im vorigen Jahrhundert das Land, in dem die meisten neuen Erfindungen gemacht und auf den Markt gebracht wurden.
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Die gewerblichen Verhältnisse.
boten oder mit Zöllen und Acciseabgaben belastet war. Man verbot sogar die Eiseneinfuhr aus einer eisenerzeugenden Provinz in eine andere desselben Landes.
Die Eisenhändler waren entweder Groſshändler, „ordentliche Kauf- leute“ in den Seestädten, welche Eisen in Schiffsladungen verfrachteten, aber auch mit anderen überseeischen Artikeln handelten, oder es waren „Verleger“ von gröſseren Eisenwerken, welche auch mit Schiffsankern, Kanonen, Mörsern, Kugeln, Öfen, Draht u. s. w. handelten und gröſsere Lieferungsgeschäfte darin, z. B. mit den Landesmagazinen, abschlossen, oder es waren „Eisenhändler“ (Eisenzeughändler), die in den Städten ganze Gewölbe voll von Eisenwaren, die sie teils von den Hütten und Hämmern, teils von Plattnern, Klein- und Grobschmieden gekauft hatten, feilhielten; oder es waren Eisenkrämer (Quincaillers), die nament- lich kleine Waren führten, daneben aber auch noch mit anderen Waren handelten; dann gab es noch Alteisenhändler, die man auch öfters als Eisenkrämer bezeichnete. In Württemberg hieſsen die priviligierten Eisenhändler „Chalanten“.
Groſsartig war der Eisenhandel Englands, das zu Ende des vorigen Jahrhunderts bereits den Weltmarkt beherrschte. Seine zahl- reiche Handelsflotte besorgte den Transport, seine wohlhabenden Kolonieen waren seine Abnehmer. Obgleich die englische Produktion von Roheisen in der zweiten Hälfte des Jahrhunderts bedeutend zu- nahm, so genügte sie doch nicht für die gesamte Fabrikation. Ein wichtiger Teil der englischen Eisenindustrie basierte auf der Ver- edlung von eingeführtem Roh- und Stabeisen.
Die Zahl der Erfindungen erfuhr besonders seit Watts groſsem Erfolge mit der Dampfmaschine eine auſserordentliche Steigerung. Der Nutzen, welchen Patente dem Erfinder wie dem Staat gewährten, führte auch in vielen Staaten des Kontinents zur Einführung von Patentgesetzen und Patentämtern. Frankreich gab durch sein Patent- gesetz vom 7. Januar 1790 hierzu das Vorbild. In den Vereinigten Staaten von Nordamerika wurde am 10. April 1790 das erste Patent (Nr. 1) ausgegeben. Bayern erlieſs 1791 ein Patentgesetz. Durch die Patent- gesetzgebung wurden die Erfindungen gefördert und England war hauptsächlich deshalb schon im vorigen Jahrhundert das Land, in dem die meisten neuen Erfindungen gemacht und auf den Markt gebracht wurden.
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Die gewerblichen Verhältnisse.
boten oder mit Zöllen und Acciseabgaben belastet war. Man verbot
sogar die Eiseneinfuhr aus einer eisenerzeugenden Provinz in eine
andere desselben Landes.
Die Eisenhändler waren entweder Groſshändler, „ordentliche Kauf-
leute“ in den Seestädten, welche Eisen in Schiffsladungen verfrachteten,
aber auch mit anderen überseeischen Artikeln handelten, oder es waren
„Verleger“ von gröſseren Eisenwerken, welche auch mit Schiffsankern,
Kanonen, Mörsern, Kugeln, Öfen, Draht u. s. w. handelten und gröſsere
Lieferungsgeschäfte darin, z. B. mit den Landesmagazinen, abschlossen,
oder es waren „Eisenhändler“ (Eisenzeughändler), die in den Städten
ganze Gewölbe voll von Eisenwaren, die sie teils von den Hütten und
Hämmern, teils von Plattnern, Klein- und Grobschmieden gekauft
hatten, feilhielten; oder es waren Eisenkrämer (Quincaillers), die nament-
lich kleine Waren führten, daneben aber auch noch mit anderen
Waren handelten; dann gab es noch Alteisenhändler, die man auch
öfters als Eisenkrämer bezeichnete. In Württemberg hieſsen die
priviligierten Eisenhändler „Chalanten“.
Groſsartig war der Eisenhandel Englands, das zu Ende des
vorigen Jahrhunderts bereits den Weltmarkt beherrschte. Seine zahl-
reiche Handelsflotte besorgte den Transport, seine wohlhabenden
Kolonieen waren seine Abnehmer. Obgleich die englische Produktion
von Roheisen in der zweiten Hälfte des Jahrhunderts bedeutend zu-
nahm, so genügte sie doch nicht für die gesamte Fabrikation. Ein
wichtiger Teil der englischen Eisenindustrie basierte auf der Ver-
edlung von eingeführtem Roh- und Stabeisen.
Die Zahl der Erfindungen erfuhr besonders seit Watts groſsem
Erfolge mit der Dampfmaschine eine auſserordentliche Steigerung.
Der Nutzen, welchen Patente dem Erfinder wie dem Staat gewährten,
führte auch in vielen Staaten des Kontinents zur Einführung von
Patentgesetzen und Patentämtern. Frankreich gab durch sein Patent-
gesetz vom 7. Januar 1790 hierzu das Vorbild. In den Vereinigten Staaten
von Nordamerika wurde am 10. April 1790 das erste Patent (Nr. 1)
ausgegeben. Bayern erlieſs 1791 ein Patentgesetz. Durch die Patent-
gesetzgebung wurden die Erfindungen gefördert und England war
hauptsächlich deshalb schon im vorigen Jahrhundert das Land, in dem
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Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 3: Das XVIII. Jahrhundert. Braunschweig, 1897, S. 787. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen03_1897/801>, abgerufen am 25.11.2024.
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