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Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 3: Das XVIII. Jahrhundert. Braunschweig, 1897.

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Eisengiesserei Ende des 18. Jahrhunderts.
brookdale und deren Leiter erworben. Dort wurden die ersten eisernen
Schienenbahnen und die erste gusseiserne Brücke gebaut.

Die Eisenbahnen hatten für die Kohlen- und Eisenindustrie in
England eine grosse Bedeutung erlangt, ehe man an Lokomotiven
dachte. Bei den zahlreichen Steinkohlenbergwerken bei Newcastle
machte sich zuerst das Bedürfnis geltend, gute und billige Abfuhr-
wege für die Kohlen nach den Verladungsplätzen am Wasser zu
schaffen. Förmliche Strassen hierfür zu bauen, wäre zu kostspielig
gewesen und war fast unmöglich, weil der Grunderwerb in England
sehr erschwert war. Dazu kam, dass eine solche Strasse nur so lange
Bedürfnis war, als aus dem betreffenden Schacht gefördert wurde.
Dies war aber bei dem oberflächlichen Abbau, wie man ihn damals
noch trieb, nie sehr lange der Fall. Der Schacht wurde auflässig und
die Strasse hätte keinen Zweck mehr gehabt; an einem neuen Schacht
hätte man eine neue Strasse anlegen müssen. Da kam man dann auf den
zweckmässigen Gedanken, Holzwege, welche auf Böcken standen, quer
über die Felder zu bauen. Hierzu war kein Grunderwerb nötig, indem
der fremde Besitzer den Übergang gegen eine jährliche Abgabe meist
gern gestattete. War der Weg nicht mehr notwendig, so brach man
ihn ab und konnte ihn an einer anderen Stelle wieder aufstellen.
Diese Holzstrassen hatten vielerlei Vorzüge; man konnte den kürzesten
Weg wählen, konnte ihnen ein gleichmässiges Gefälle geben u. s. w.
Bald fand man, dass man den Wagentransport sehr erleichtern konnte,
wenn man zugerichtete Holzschienen aufnagelte, welche der Wagen-
spur genau entsprachen. Dadurch wurde die Reibung so vermindert,
dass ein Pferd statt eines einzigen Wagens eine ganze Anzahl anein-
ander gekuppelter Wagen fortbewegen konnte. Diese Schienenwege
(tram roads) fanden bald in allen Bergwerks- und Hüttenbezirken
Verbreitung und boten dem Fremden einen ganz überraschenden
Anblick, wie dies Jars bereits beschreibt. Sie wurden noch dadurch
verbessert, dass man den hölzernen Spurweg mit Flacheisenschienen
belegte. Richard Reynolds von Coalbrookdale ersetzte zuerst die
Holzschienen durch gusseiserne Schienen. Die Holzschienen waren
da, wo sie stark in Anspruch genommen wurden, starkem Verschleiss
ausgesetzt, wodurch fortwährende Störungen eintraten und Repara-
turen notwendig wurden. Diese Übelstände machten sich auf der
Werksbahn zu Coalbrookdale sehr unangenehm fühlbar. Schon früher
waren Versuche gemacht worden, gusseiserne Schienen zu verwenden,
aber ohne Erfolg, so 1738 zu Whitehaven und etwas später zu Coal-
brookdale von Wilkinson sen. Als nun im Jahre 1767 der Absatz der

Eisengieſserei Ende des 18. Jahrhunderts.
brookdale und deren Leiter erworben. Dort wurden die ersten eisernen
Schienenbahnen und die erste guſseiserne Brücke gebaut.

Die Eisenbahnen hatten für die Kohlen- und Eisenindustrie in
England eine groſse Bedeutung erlangt, ehe man an Lokomotiven
dachte. Bei den zahlreichen Steinkohlenbergwerken bei Newcastle
machte sich zuerst das Bedürfnis geltend, gute und billige Abfuhr-
wege für die Kohlen nach den Verladungsplätzen am Wasser zu
schaffen. Förmliche Straſsen hierfür zu bauen, wäre zu kostspielig
gewesen und war fast unmöglich, weil der Grunderwerb in England
sehr erschwert war. Dazu kam, daſs eine solche Straſse nur so lange
Bedürfnis war, als aus dem betreffenden Schacht gefördert wurde.
Dies war aber bei dem oberflächlichen Abbau, wie man ihn damals
noch trieb, nie sehr lange der Fall. Der Schacht wurde auflässig und
die Straſse hätte keinen Zweck mehr gehabt; an einem neuen Schacht
hätte man eine neue Straſse anlegen müssen. Da kam man dann auf den
zweckmäſsigen Gedanken, Holzwege, welche auf Böcken standen, quer
über die Felder zu bauen. Hierzu war kein Grunderwerb nötig, indem
der fremde Besitzer den Übergang gegen eine jährliche Abgabe meist
gern gestattete. War der Weg nicht mehr notwendig, so brach man
ihn ab und konnte ihn an einer anderen Stelle wieder aufstellen.
Diese Holzstraſsen hatten vielerlei Vorzüge; man konnte den kürzesten
Weg wählen, konnte ihnen ein gleichmäſsiges Gefälle geben u. s. w.
Bald fand man, daſs man den Wagentransport sehr erleichtern konnte,
wenn man zugerichtete Holzschienen aufnagelte, welche der Wagen-
spur genau entsprachen. Dadurch wurde die Reibung so vermindert,
daſs ein Pferd statt eines einzigen Wagens eine ganze Anzahl anein-
ander gekuppelter Wagen fortbewegen konnte. Diese Schienenwege
(tram roads) fanden bald in allen Bergwerks- und Hüttenbezirken
Verbreitung und boten dem Fremden einen ganz überraschenden
Anblick, wie dies Jars bereits beschreibt. Sie wurden noch dadurch
verbessert, daſs man den hölzernen Spurweg mit Flacheisenschienen
belegte. Richard Reynolds von Coalbrookdale ersetzte zuerst die
Holzschienen durch guſseiserne Schienen. Die Holzschienen waren
da, wo sie stark in Anspruch genommen wurden, starkem Verschleiſs
ausgesetzt, wodurch fortwährende Störungen eintraten und Repara-
turen notwendig wurden. Diese Übelstände machten sich auf der
Werksbahn zu Coalbrookdale sehr unangenehm fühlbar. Schon früher
waren Versuche gemacht worden, guſseiserne Schienen zu verwenden,
aber ohne Erfolg, so 1738 zu Whitehaven und etwas später zu Coal-
brookdale von Wilkinson sen. Als nun im Jahre 1767 der Absatz der

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[756/0770] Eisengieſserei Ende des 18. Jahrhunderts. brookdale und deren Leiter erworben. Dort wurden die ersten eisernen Schienenbahnen und die erste guſseiserne Brücke gebaut. Die Eisenbahnen hatten für die Kohlen- und Eisenindustrie in England eine groſse Bedeutung erlangt, ehe man an Lokomotiven dachte. Bei den zahlreichen Steinkohlenbergwerken bei Newcastle machte sich zuerst das Bedürfnis geltend, gute und billige Abfuhr- wege für die Kohlen nach den Verladungsplätzen am Wasser zu schaffen. Förmliche Straſsen hierfür zu bauen, wäre zu kostspielig gewesen und war fast unmöglich, weil der Grunderwerb in England sehr erschwert war. Dazu kam, daſs eine solche Straſse nur so lange Bedürfnis war, als aus dem betreffenden Schacht gefördert wurde. Dies war aber bei dem oberflächlichen Abbau, wie man ihn damals noch trieb, nie sehr lange der Fall. Der Schacht wurde auflässig und die Straſse hätte keinen Zweck mehr gehabt; an einem neuen Schacht hätte man eine neue Straſse anlegen müssen. Da kam man dann auf den zweckmäſsigen Gedanken, Holzwege, welche auf Böcken standen, quer über die Felder zu bauen. Hierzu war kein Grunderwerb nötig, indem der fremde Besitzer den Übergang gegen eine jährliche Abgabe meist gern gestattete. War der Weg nicht mehr notwendig, so brach man ihn ab und konnte ihn an einer anderen Stelle wieder aufstellen. Diese Holzstraſsen hatten vielerlei Vorzüge; man konnte den kürzesten Weg wählen, konnte ihnen ein gleichmäſsiges Gefälle geben u. s. w. Bald fand man, daſs man den Wagentransport sehr erleichtern konnte, wenn man zugerichtete Holzschienen aufnagelte, welche der Wagen- spur genau entsprachen. Dadurch wurde die Reibung so vermindert, daſs ein Pferd statt eines einzigen Wagens eine ganze Anzahl anein- ander gekuppelter Wagen fortbewegen konnte. Diese Schienenwege (tram roads) fanden bald in allen Bergwerks- und Hüttenbezirken Verbreitung und boten dem Fremden einen ganz überraschenden Anblick, wie dies Jars bereits beschreibt. Sie wurden noch dadurch verbessert, daſs man den hölzernen Spurweg mit Flacheisenschienen belegte. Richard Reynolds von Coalbrookdale ersetzte zuerst die Holzschienen durch guſseiserne Schienen. Die Holzschienen waren da, wo sie stark in Anspruch genommen wurden, starkem Verschleiſs ausgesetzt, wodurch fortwährende Störungen eintraten und Repara- turen notwendig wurden. Diese Übelstände machten sich auf der Werksbahn zu Coalbrookdale sehr unangenehm fühlbar. Schon früher waren Versuche gemacht worden, guſseiserne Schienen zu verwenden, aber ohne Erfolg, so 1738 zu Whitehaven und etwas später zu Coal- brookdale von Wilkinson sen. Als nun im Jahre 1767 der Absatz der

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Zitationshilfe: Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 3: Das XVIII. Jahrhundert. Braunschweig, 1897, S. 756. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen03_1897/770>, abgerufen am 22.11.2024.