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Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 3: Das XVIII. Jahrhundert. Braunschweig, 1897.

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Wissenschaftliche Anstalten.
Scopoli wirkte bis 1779 und wurde dann Professor in Pavia. Durch
Statut vom 2. April 1770 wurde der Anstalt in Schemnitz der Rang
einer Akademie erteilt mit drei Lehrkanzeln und drei Jahrgängen.
Bergbaukunde trug Christoph Traugott Delius vor, welchem
1772 Peithner folgte, Chemie las Scopoli und für Mathematik
war ein Jesuit Pater Boda von Gratz berufen, welchem aber bald
Pater Carl Tierenberger folgte.

Die Anstalt war nur für Österreicher bestimmt. Sie nahm in den
ersten Jahrzehnten keinen rechten Fortgang, war auch in ihren
Mitteln beschränkt. Erst 1800 wurde beantragt, ein besonderes
Gebäude für dieselbe zu bauen. 1795 war sie zu einer öffent-
lichen Lehranstalt, zu welcher auch Ausländer Zutritt hatten, erklärt
worden.

Am Harze bestanden 1763 noch keine Bergschulen. Calvör
hatte zwar schon 1726, als er Rektor der Schule zu Clausthal war,
in höherem Auftrage die Jugend in den zum Bergwerk gehörigen
Wissenschaften unterrichtet, aber er beklagt es gerade in seinem
Werke über das Maschinenwesen am Oberharz 1763, dass keine der-
artigen Schulen beständen und spricht sich warm für die Errichtung
einer mathematischen Schule aus, in der die fähigsten Berg- und
Hüttenleute einige Stunden in der Woche in Mathematik, Mechanik und
Physik unterrichtet werden sollten. Er ist dabei für ein Zusammen-
wirken von Theorie und Praxis im Sinne unserer Fachschulen, "wie
in England, Holland und Russland dergleichen Schulen für die In-
genieurs, Architekten und Schiffer, in grossen Städten auch wohl für
die Tischler zur Erlernung der Säulenordnung und in Irland Werk-
schulen, darin man sich übt in allerlei, was zur Ökonomie und Hand-
lung gehört, sind".

In Deutschland war das wichtigste Ereignis auf diesem Gebiete
die Gründung der Bergakademie in Freiberg im Jahre 1765.
Schon vor dieser Zeit war hier in beschränktem Umfange Unterricht
für Bergleute erteilt worden. Seit 1702 bestand die sogenannte
Stipendienkasse zur Unterstützung solcher, die sich zu Bergbeamten
ausbilden wollten. Der Unterricht beschränkte sich auf Mark-
scheidekunst und Probierkunst, welche mehr zünftig betrieben
wurden. Aber schon Henkel hatte angefangen, in der Metallurgie
zu unterrichten. Ihm folgte Gellert mit seinen bedeutenden Vor-
lesungen über Hüttenkunde und metallurgische Chemie. Im Ganzen
aber blieb die Ausbildung Stückwerk. Das empfand besonders tief
Friedrich August, Freiherr von Heinitz (geboren am 24. Mai

Wissenschaftliche Anstalten.
Scopoli wirkte bis 1779 und wurde dann Professor in Pavia. Durch
Statut vom 2. April 1770 wurde der Anstalt in Schemnitz der Rang
einer Akademie erteilt mit drei Lehrkanzeln und drei Jahrgängen.
Bergbaukunde trug Christoph Traugott Delius vor, welchem
1772 Peithner folgte, Chemie las Scopoli und für Mathematik
war ein Jesuit Pater Boda von Gratz berufen, welchem aber bald
Pater Carl Tierenberger folgte.

Die Anstalt war nur für Österreicher bestimmt. Sie nahm in den
ersten Jahrzehnten keinen rechten Fortgang, war auch in ihren
Mitteln beschränkt. Erst 1800 wurde beantragt, ein besonderes
Gebäude für dieselbe zu bauen. 1795 war sie zu einer öffent-
lichen Lehranstalt, zu welcher auch Ausländer Zutritt hatten, erklärt
worden.

Am Harze bestanden 1763 noch keine Bergschulen. Calvör
hatte zwar schon 1726, als er Rektor der Schule zu Clausthal war,
in höherem Auftrage die Jugend in den zum Bergwerk gehörigen
Wissenschaften unterrichtet, aber er beklagt es gerade in seinem
Werke über das Maschinenwesen am Oberharz 1763, daſs keine der-
artigen Schulen beständen und spricht sich warm für die Errichtung
einer mathematischen Schule aus, in der die fähigsten Berg- und
Hüttenleute einige Stunden in der Woche in Mathematik, Mechanik und
Physik unterrichtet werden sollten. Er ist dabei für ein Zusammen-
wirken von Theorie und Praxis im Sinne unserer Fachschulen, „wie
in England, Holland und Ruſsland dergleichen Schulen für die In-
genieurs, Architekten und Schiffer, in groſsen Städten auch wohl für
die Tischler zur Erlernung der Säulenordnung und in Irland Werk-
schulen, darin man sich übt in allerlei, was zur Ökonomie und Hand-
lung gehört, sind“.

In Deutschland war das wichtigste Ereignis auf diesem Gebiete
die Gründung der Bergakademie in Freiberg im Jahre 1765.
Schon vor dieser Zeit war hier in beschränktem Umfange Unterricht
für Bergleute erteilt worden. Seit 1702 bestand die sogenannte
Stipendienkasse zur Unterstützung solcher, die sich zu Bergbeamten
ausbilden wollten. Der Unterricht beschränkte sich auf Mark-
scheidekunst und Probierkunst, welche mehr zünftig betrieben
wurden. Aber schon Henkel hatte angefangen, in der Metallurgie
zu unterrichten. Ihm folgte Gellert mit seinen bedeutenden Vor-
lesungen über Hüttenkunde und metallurgische Chemie. Im Ganzen
aber blieb die Ausbildung Stückwerk. Das empfand besonders tief
Friedrich August, Freiherr von Heinitz (geboren am 24. Mai

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[60/0074] Wissenschaftliche Anstalten. Scopoli wirkte bis 1779 und wurde dann Professor in Pavia. Durch Statut vom 2. April 1770 wurde der Anstalt in Schemnitz der Rang einer Akademie erteilt mit drei Lehrkanzeln und drei Jahrgängen. Bergbaukunde trug Christoph Traugott Delius vor, welchem 1772 Peithner folgte, Chemie las Scopoli und für Mathematik war ein Jesuit Pater Boda von Gratz berufen, welchem aber bald Pater Carl Tierenberger folgte. Die Anstalt war nur für Österreicher bestimmt. Sie nahm in den ersten Jahrzehnten keinen rechten Fortgang, war auch in ihren Mitteln beschränkt. Erst 1800 wurde beantragt, ein besonderes Gebäude für dieselbe zu bauen. 1795 war sie zu einer öffent- lichen Lehranstalt, zu welcher auch Ausländer Zutritt hatten, erklärt worden. Am Harze bestanden 1763 noch keine Bergschulen. Calvör hatte zwar schon 1726, als er Rektor der Schule zu Clausthal war, in höherem Auftrage die Jugend in den zum Bergwerk gehörigen Wissenschaften unterrichtet, aber er beklagt es gerade in seinem Werke über das Maschinenwesen am Oberharz 1763, daſs keine der- artigen Schulen beständen und spricht sich warm für die Errichtung einer mathematischen Schule aus, in der die fähigsten Berg- und Hüttenleute einige Stunden in der Woche in Mathematik, Mechanik und Physik unterrichtet werden sollten. Er ist dabei für ein Zusammen- wirken von Theorie und Praxis im Sinne unserer Fachschulen, „wie in England, Holland und Ruſsland dergleichen Schulen für die In- genieurs, Architekten und Schiffer, in groſsen Städten auch wohl für die Tischler zur Erlernung der Säulenordnung und in Irland Werk- schulen, darin man sich übt in allerlei, was zur Ökonomie und Hand- lung gehört, sind“. In Deutschland war das wichtigste Ereignis auf diesem Gebiete die Gründung der Bergakademie in Freiberg im Jahre 1765. Schon vor dieser Zeit war hier in beschränktem Umfange Unterricht für Bergleute erteilt worden. Seit 1702 bestand die sogenannte Stipendienkasse zur Unterstützung solcher, die sich zu Bergbeamten ausbilden wollten. Der Unterricht beschränkte sich auf Mark- scheidekunst und Probierkunst, welche mehr zünftig betrieben wurden. Aber schon Henkel hatte angefangen, in der Metallurgie zu unterrichten. Ihm folgte Gellert mit seinen bedeutenden Vor- lesungen über Hüttenkunde und metallurgische Chemie. Im Ganzen aber blieb die Ausbildung Stückwerk. Das empfand besonders tief Friedrich August, Freiherr von Heinitz (geboren am 24. Mai

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Zitationshilfe: Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 3: Das XVIII. Jahrhundert. Braunschweig, 1897, S. 60. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen03_1897/74>, abgerufen am 26.11.2024.