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Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 3: Das XVIII. Jahrhundert. Braunschweig, 1897.

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Hochöfen Ende des 18. Jahrhunderts.
dass die grösseren Bälge von 8 bis 9 Ellen (4,6 bis 5,2 m) genügenden
Platz hatten. Das Gestell war länger, schmäler und tiefer unter der
Form und mit steiler aufgezogener Rast als bei den deutschen Öfen.
Die Form bestand nur in einem quadratischen Loch von 6 Zoll Seiten-
länge in der Gestellwand für die Balgdüsen, welches während des
Blasens, so weit es nötig schien, mit Thon zugeschmiert wurde. Tümpel
und Damm waren von Stein. In letzterem war kein Abstichloch ange-
bracht, sondern dieses wurde in dem freibleibenden Schlitz zwischen
Wallstein und Windbacken (blasväggen), der mit Thon ausgefüllt wurde,
ausgespart. Man erblies bei hohem Erzsatz weisses Eisen, wie es für
[Abbildung] Fig. 186.
die Wallonschmiede verlangt
wurde. Die Schlacken flos-
sen beständig frei ab.

Die Verbesserungen, wel-
che in dem schwedischen
Hochofenbetrieb eingeführt
wurden, bestanden nicht in
grossen Reformen oder
neuen Erfindungen, sondern
in der wissenschaftlichen
Grundlage, welche dem
Hochofenbau und -betrieb,
welche bis dahin von der
krassesten Empirie geleitet
worden waren, gegeben
wurde. Es war sogar das
eifrige Bestreben der Ober-
hochofenmeister, die über-
lieferten Einrichtungen mög-
lichst zu schonen und zu entwickeln. Die schwedischen Verhältnisse
verlangten das.

Die Hochofenbesitzer waren teils reiche Adlige, teils arme Bauern.
Diese konnten nicht mit demselben Mass gemessen werden. Die deutsche
Art des Hochofenbaues war bei dem ausserordentlich niedrigen Holz-
wert viel billiger und wurde deshalb von den Bauern vorgezogen. Die
Reichen konnten sich eher massive Öfen aus Stein bauen. Allmählich
verbanden sich aber benachbarte Bauern, um statt mehrerer kleiner
Öfen mit Holzumkleidung einen grösseren steinernen Ofen zu errichten,
und so verschwand nach und nach die erstere Art von Hochöfen. Die
genauen Vorschriften über die Fundamentierung, den Bau des Rauh-

Hochöfen Ende des 18. Jahrhunderts.
daſs die gröſseren Bälge von 8 bis 9 Ellen (4,6 bis 5,2 m) genügenden
Platz hatten. Das Gestell war länger, schmäler und tiefer unter der
Form und mit steiler aufgezogener Rast als bei den deutschen Öfen.
Die Form bestand nur in einem quadratischen Loch von 6 Zoll Seiten-
länge in der Gestellwand für die Balgdüsen, welches während des
Blasens, so weit es nötig schien, mit Thon zugeschmiert wurde. Tümpel
und Damm waren von Stein. In letzterem war kein Abstichloch ange-
bracht, sondern dieses wurde in dem freibleibenden Schlitz zwischen
Wallstein und Windbacken (blåsväggen), der mit Thon ausgefüllt wurde,
ausgespart. Man erblies bei hohem Erzsatz weiſses Eisen, wie es für
[Abbildung] Fig. 186.
die Wallonschmiede verlangt
wurde. Die Schlacken flos-
sen beständig frei ab.

Die Verbesserungen, wel-
che in dem schwedischen
Hochofenbetrieb eingeführt
wurden, bestanden nicht in
groſsen Reformen oder
neuen Erfindungen, sondern
in der wissenschaftlichen
Grundlage, welche dem
Hochofenbau und -betrieb,
welche bis dahin von der
krassesten Empirie geleitet
worden waren, gegeben
wurde. Es war sogar das
eifrige Bestreben der Ober-
hochofenmeister, die über-
lieferten Einrichtungen mög-
lichst zu schonen und zu entwickeln. Die schwedischen Verhältnisse
verlangten das.

Die Hochofenbesitzer waren teils reiche Adlige, teils arme Bauern.
Diese konnten nicht mit demselben Maſs gemessen werden. Die deutsche
Art des Hochofenbaues war bei dem auſserordentlich niedrigen Holz-
wert viel billiger und wurde deshalb von den Bauern vorgezogen. Die
Reichen konnten sich eher massive Öfen aus Stein bauen. Allmählich
verbanden sich aber benachbarte Bauern, um statt mehrerer kleiner
Öfen mit Holzumkleidung einen gröſseren steinernen Ofen zu errichten,
und so verschwand nach und nach die erstere Art von Hochöfen. Die
genauen Vorschriften über die Fundamentierung, den Bau des Rauh-

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[715/0729] Hochöfen Ende des 18. Jahrhunderts. daſs die gröſseren Bälge von 8 bis 9 Ellen (4,6 bis 5,2 m) genügenden Platz hatten. Das Gestell war länger, schmäler und tiefer unter der Form und mit steiler aufgezogener Rast als bei den deutschen Öfen. Die Form bestand nur in einem quadratischen Loch von 6 Zoll Seiten- länge in der Gestellwand für die Balgdüsen, welches während des Blasens, so weit es nötig schien, mit Thon zugeschmiert wurde. Tümpel und Damm waren von Stein. In letzterem war kein Abstichloch ange- bracht, sondern dieses wurde in dem freibleibenden Schlitz zwischen Wallstein und Windbacken (blåsväggen), der mit Thon ausgefüllt wurde, ausgespart. Man erblies bei hohem Erzsatz weiſses Eisen, wie es für [Abbildung Fig. 186.] die Wallonschmiede verlangt wurde. Die Schlacken flos- sen beständig frei ab. Die Verbesserungen, wel- che in dem schwedischen Hochofenbetrieb eingeführt wurden, bestanden nicht in groſsen Reformen oder neuen Erfindungen, sondern in der wissenschaftlichen Grundlage, welche dem Hochofenbau und -betrieb, welche bis dahin von der krassesten Empirie geleitet worden waren, gegeben wurde. Es war sogar das eifrige Bestreben der Ober- hochofenmeister, die über- lieferten Einrichtungen mög- lichst zu schonen und zu entwickeln. Die schwedischen Verhältnisse verlangten das. Die Hochofenbesitzer waren teils reiche Adlige, teils arme Bauern. Diese konnten nicht mit demselben Maſs gemessen werden. Die deutsche Art des Hochofenbaues war bei dem auſserordentlich niedrigen Holz- wert viel billiger und wurde deshalb von den Bauern vorgezogen. Die Reichen konnten sich eher massive Öfen aus Stein bauen. Allmählich verbanden sich aber benachbarte Bauern, um statt mehrerer kleiner Öfen mit Holzumkleidung einen gröſseren steinernen Ofen zu errichten, und so verschwand nach und nach die erstere Art von Hochöfen. Die genauen Vorschriften über die Fundamentierung, den Bau des Rauh-

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Zitationshilfe: Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 3: Das XVIII. Jahrhundert. Braunschweig, 1897, S. 715. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen03_1897/729>, abgerufen am 25.11.2024.