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Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 3: Das XVIII. Jahrhundert. Braunschweig, 1897.

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Hochöfen Ende des 18. Jahrhunderts.
öfen angelegt, im 17., mehr wie hundert Jahre später, kamen
Franzosen (Wallonen) in das Land, welche solche nach ihrer Weise
bauten. Lange Zeit hielten sich diese Methoden ganz getrennt.
Bau und Betrieb wurden nach Überlieferung und Zunftregeln aus-
geführt. Die Meister, welche den Hochofenbau besorgten, waren
streng geschieden von den Schmelzmeistern, welche den Betrieb
leiteten; die ersteren hiessen Stegresare, die letzteren Masmästare.
Da diese Trennung auch in Deutschland bestand, so scheint sie von
dorther übertragen worden zu sein. Jeder der Meister betrieb seine
"Kunst". Die Masmästare hiessen in Deutschland Massen- oder
Maschenbläser von dem Hochofen, der Massenofen (schwed. Massugn)
hiess. Zweifellos ist aus der deutschen Bezeichnung das schwedische
Wort entstanden. Anders war es mit dem ebenfalls sehr eigentüm-
lichen Wort Stegresare. Dieses war schwedischen Ursprungs, aus
steges upresande, was "Aufrichten der Leiter" heisst, gebildet, indem
von alters her der Ofenbaumeister sich einer Art Leiter, der Hochofen-
leiter (Masugns-stege) bediente, um das Profil des Ofeninnern zu
bestimmen und den Ofen danach zu erbauen. Wir fanden dies bereits
bei Swedenborg dargestellt (s. S. 139). Diese Ofenbaumeister wurden
früher in den einzelnen Bergrevieren von den Bergmeistern und Berg-
richtern angestellt. Sie waren aus den Hochofenarbeitern hervor-
gegangen, hatten ausser ihrer Erfahrung weiter keine Ausbildung und
hingen fest an dem Herkommen. Als man nun gegen Mitte des
17. Jahrhunderts Verbesserungen im Hochofenbau anstrebte, leisteten
sie entweder Widerstand oder machten die Sache verkehrt; ganz
ähnlich, wie in Deutschland. Die Hüttenbesitzer, meist verständige
Grundbesitzer, die zusammenhielten und unter sich eine Gesellschaft
-- Brucks-Societät -- zur Förderung des Eisenhüttenwesens gegründet
hatten, sahen ein, dass der alte Schlendrian nicht so fort gehen konnte
und beriefen theoretisch und praktisch gebildete Hüttenleute, welchen
sie die Förderung des Hüttenwesens, die Aufsicht über Neubauten,
Anlagen und Einrichtungen und den Betrieb übertrugen. Dies waren die
Oberhochofenmeister. Der erste war der berühmte Sven Rinman,
dem am 4. März 1751 dieses Amt übertragen wurde. Der Nutzen
dieser Einrichtung zeigte sich alsbald. Da die Arbeit für einen Mann
aber zu viel war, so stellte man noch einen zweiten, dritten und
zuletzt noch einen vierten Oberhochofenmeister an. Einer von diesen
war Garney, der in seinem berühmten Werke über die Hochöfen in
Schweden die Ergebnisse der Thätigkeit dieser Beamten und der
erzielten Fortschritte im schwedischen Hochofenwesen in der Zeit

Hochöfen Ende des 18. Jahrhunderts.
öfen angelegt, im 17., mehr wie hundert Jahre später, kamen
Franzosen (Wallonen) in das Land, welche solche nach ihrer Weise
bauten. Lange Zeit hielten sich diese Methoden ganz getrennt.
Bau und Betrieb wurden nach Überlieferung und Zunftregeln aus-
geführt. Die Meister, welche den Hochofenbau besorgten, waren
streng geschieden von den Schmelzmeistern, welche den Betrieb
leiteten; die ersteren hieſsen Stegresare, die letzteren Masmästare.
Da diese Trennung auch in Deutschland bestand, so scheint sie von
dorther übertragen worden zu sein. Jeder der Meister betrieb seine
„Kunst“. Die Masmästare hieſsen in Deutschland Massen- oder
Maschenbläser von dem Hochofen, der Massenofen (schwed. Massugn)
hieſs. Zweifellos ist aus der deutschen Bezeichnung das schwedische
Wort entstanden. Anders war es mit dem ebenfalls sehr eigentüm-
lichen Wort Stegresare. Dieses war schwedischen Ursprungs, aus
steges upresande, was „Aufrichten der Leiter“ heiſst, gebildet, indem
von alters her der Ofenbaumeister sich einer Art Leiter, der Hochofen-
leiter (Masugns-stege) bediente, um das Profil des Ofeninnern zu
bestimmen und den Ofen danach zu erbauen. Wir fanden dies bereits
bei Swedenborg dargestellt (s. S. 139). Diese Ofenbaumeister wurden
früher in den einzelnen Bergrevieren von den Bergmeistern und Berg-
richtern angestellt. Sie waren aus den Hochofenarbeitern hervor-
gegangen, hatten auſser ihrer Erfahrung weiter keine Ausbildung und
hingen fest an dem Herkommen. Als man nun gegen Mitte des
17. Jahrhunderts Verbesserungen im Hochofenbau anstrebte, leisteten
sie entweder Widerstand oder machten die Sache verkehrt; ganz
ähnlich, wie in Deutschland. Die Hüttenbesitzer, meist verständige
Grundbesitzer, die zusammenhielten und unter sich eine Gesellschaft
— Brucks-Societät — zur Förderung des Eisenhüttenwesens gegründet
hatten, sahen ein, daſs der alte Schlendrian nicht so fort gehen konnte
und beriefen theoretisch und praktisch gebildete Hüttenleute, welchen
sie die Förderung des Hüttenwesens, die Aufsicht über Neubauten,
Anlagen und Einrichtungen und den Betrieb übertrugen. Dies waren die
Oberhochofenmeister. Der erste war der berühmte Sven Rinman,
dem am 4. März 1751 dieses Amt übertragen wurde. Der Nutzen
dieser Einrichtung zeigte sich alsbald. Da die Arbeit für einen Mann
aber zu viel war, so stellte man noch einen zweiten, dritten und
zuletzt noch einen vierten Oberhochofenmeister an. Einer von diesen
war Garney, der in seinem berühmten Werke über die Hochöfen in
Schweden die Ergebnisse der Thätigkeit dieser Beamten und der
erzielten Fortschritte im schwedischen Hochofenwesen in der Zeit

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[713/0727] Hochöfen Ende des 18. Jahrhunderts. öfen angelegt, im 17., mehr wie hundert Jahre später, kamen Franzosen (Wallonen) in das Land, welche solche nach ihrer Weise bauten. Lange Zeit hielten sich diese Methoden ganz getrennt. Bau und Betrieb wurden nach Überlieferung und Zunftregeln aus- geführt. Die Meister, welche den Hochofenbau besorgten, waren streng geschieden von den Schmelzmeistern, welche den Betrieb leiteten; die ersteren hieſsen Stegresare, die letzteren Masmästare. Da diese Trennung auch in Deutschland bestand, so scheint sie von dorther übertragen worden zu sein. Jeder der Meister betrieb seine „Kunst“. Die Masmästare hieſsen in Deutschland Massen- oder Maschenbläser von dem Hochofen, der Massenofen (schwed. Massugn) hieſs. Zweifellos ist aus der deutschen Bezeichnung das schwedische Wort entstanden. Anders war es mit dem ebenfalls sehr eigentüm- lichen Wort Stegresare. Dieses war schwedischen Ursprungs, aus steges upresande, was „Aufrichten der Leiter“ heiſst, gebildet, indem von alters her der Ofenbaumeister sich einer Art Leiter, der Hochofen- leiter (Masugns-stege) bediente, um das Profil des Ofeninnern zu bestimmen und den Ofen danach zu erbauen. Wir fanden dies bereits bei Swedenborg dargestellt (s. S. 139). Diese Ofenbaumeister wurden früher in den einzelnen Bergrevieren von den Bergmeistern und Berg- richtern angestellt. Sie waren aus den Hochofenarbeitern hervor- gegangen, hatten auſser ihrer Erfahrung weiter keine Ausbildung und hingen fest an dem Herkommen. Als man nun gegen Mitte des 17. Jahrhunderts Verbesserungen im Hochofenbau anstrebte, leisteten sie entweder Widerstand oder machten die Sache verkehrt; ganz ähnlich, wie in Deutschland. Die Hüttenbesitzer, meist verständige Grundbesitzer, die zusammenhielten und unter sich eine Gesellschaft — Brucks-Societät — zur Förderung des Eisenhüttenwesens gegründet hatten, sahen ein, daſs der alte Schlendrian nicht so fort gehen konnte und beriefen theoretisch und praktisch gebildete Hüttenleute, welchen sie die Förderung des Hüttenwesens, die Aufsicht über Neubauten, Anlagen und Einrichtungen und den Betrieb übertrugen. Dies waren die Oberhochofenmeister. Der erste war der berühmte Sven Rinman, dem am 4. März 1751 dieses Amt übertragen wurde. Der Nutzen dieser Einrichtung zeigte sich alsbald. Da die Arbeit für einen Mann aber zu viel war, so stellte man noch einen zweiten, dritten und zuletzt noch einen vierten Oberhochofenmeister an. Einer von diesen war Garney, der in seinem berühmten Werke über die Hochöfen in Schweden die Ergebnisse der Thätigkeit dieser Beamten und der erzielten Fortschritte im schwedischen Hochofenwesen in der Zeit

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Zitationshilfe: Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 3: Das XVIII. Jahrhundert. Braunschweig, 1897, S. 713. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen03_1897/727>, abgerufen am 25.11.2024.