Die Walzen, durch die sie nun gingen, sind die in Fig. 185 b dar- gestellten Vorbereitungs- oder Grobwalzen (preparateurs) und Fig. 185 c Streck- oder Fertigwalzen (etireurs). Sie waren viel sorgfältiger als die Vorwalzen gearbeitet, und hatten kleinere Öffnungen, in der Grösse des kleinsten Kalibers der Vorwalze beginnend bis zu dem Querschnitt des fertigen Stabeisens, wie man es in den Handel brachte.
Diese Arbeit war mit unbedeutendem Koks- und Kohlenaufwand verbunden, denn das Eisen ging schon sehr rein in dieselbe. Die Kolben brauchten nur geglüht zu werden und der Ofen war beständig ein Feuer. Wäre diese Arbeit nicht soviel schneller als das Puddeln gegangen, so würde man die Kolben vom Hammer oder den Vorwalzen weg unmittelbar und noch glühend in den Schweissofen bringen können, wo sie nach wenig Augenblicken die richtige Hitze zum Auswalzen erlangt haben würden. Kolben von 50 Pfd. Gewicht und 18 bis 20 Zoll Länge brauchten nur siebenmal durch die verschiedenen Furchen des Walzwerks zu gehen, um zu Stangen von 11 bis 12 Fuss Länge gestreckt zu werden; alles geschah in etwa 40 Sekunden. Sobald die Massel aus der ersten Walze gekommen war, wurde mit einer neuen fortgefahren, so dass in jeder Minute zwei Stangen fertig wurden. Zwei Walzwerke, die vier Stunden ruhten und 300 Tage jährlich umgingen, sollten 18000 Tonnen Eisen geben. Mehrere Hütten brach- ten es fast auf die Hälfte dieser Produktion. Gerade Stangen wurden gleich noch heiss gestempelt und an beiden Enden mit der Schrot- schere abgeschnitten. Oft aber waren sie verzogen und mussten erst unter dem Hammer gerichtet und dann zum Abschneiden an den Enden nochmals erhitzt werden.
Um Roheisen zu erzeugen, waren 5 Pfd. Steinkohlen oder 3 Pfd. Koks auf 1 Pfd. Eisen erforderlich; durch die drei folgenden Arbeiten stieg der Brennstoffbedarf in allem auf 10 Pfd. Steinkohlen auf 1 Pfd. fertiges Eisen. -- Der Eisenabgang betrug bei den drei Arbeiten zusammen nicht viel über 1/4 des Roheisengewichts, während in Frank- reich das Frischen allein 1/3 Abgang erforderte. In der Teilung der Manipulationen lag eine Ersparnis.
Das auf diese Weise erzeugte Eisen war zu grober Ware gut verwendbar, zu feiner dagegen nicht, da es etwas rot- und kaltbrüchig war; für letztere verwendete man in England schwedisches und russisches Eisen.
Bonnards Theorie des Puddelprozesses war eine durchaus un- richtige. Er behauptete, der Kohlenstoff des Roheisens werde schon
Puddelprozeſs und Feineisenfeuer.
Die Walzen, durch die sie nun gingen, sind die in Fig. 185 b dar- gestellten Vorbereitungs- oder Grobwalzen (preparateurs) und Fig. 185 c Streck- oder Fertigwalzen (étireurs). Sie waren viel sorgfältiger als die Vorwalzen gearbeitet, und hatten kleinere Öffnungen, in der Gröſse des kleinsten Kalibers der Vorwalze beginnend bis zu dem Querschnitt des fertigen Stabeisens, wie man es in den Handel brachte.
Diese Arbeit war mit unbedeutendem Koks- und Kohlenaufwand verbunden, denn das Eisen ging schon sehr rein in dieselbe. Die Kolben brauchten nur geglüht zu werden und der Ofen war beständig ein Feuer. Wäre diese Arbeit nicht soviel schneller als das Puddeln gegangen, so würde man die Kolben vom Hammer oder den Vorwalzen weg unmittelbar und noch glühend in den Schweiſsofen bringen können, wo sie nach wenig Augenblicken die richtige Hitze zum Auswalzen erlangt haben würden. Kolben von 50 Pfd. Gewicht und 18 bis 20 Zoll Länge brauchten nur siebenmal durch die verschiedenen Furchen des Walzwerks zu gehen, um zu Stangen von 11 bis 12 Fuſs Länge gestreckt zu werden; alles geschah in etwa 40 Sekunden. Sobald die Massel aus der ersten Walze gekommen war, wurde mit einer neuen fortgefahren, so daſs in jeder Minute zwei Stangen fertig wurden. Zwei Walzwerke, die vier Stunden ruhten und 300 Tage jährlich umgingen, sollten 18000 Tonnen Eisen geben. Mehrere Hütten brach- ten es fast auf die Hälfte dieser Produktion. Gerade Stangen wurden gleich noch heiſs gestempelt und an beiden Enden mit der Schrot- schere abgeschnitten. Oft aber waren sie verzogen und muſsten erst unter dem Hammer gerichtet und dann zum Abschneiden an den Enden nochmals erhitzt werden.
Um Roheisen zu erzeugen, waren 5 Pfd. Steinkohlen oder 3 Pfd. Koks auf 1 Pfd. Eisen erforderlich; durch die drei folgenden Arbeiten stieg der Brennstoffbedarf in allem auf 10 Pfd. Steinkohlen auf 1 Pfd. fertiges Eisen. — Der Eisenabgang betrug bei den drei Arbeiten zusammen nicht viel über ¼ des Roheisengewichts, während in Frank- reich das Frischen allein ⅓ Abgang erforderte. In der Teilung der Manipulationen lag eine Ersparnis.
Das auf diese Weise erzeugte Eisen war zu grober Ware gut verwendbar, zu feiner dagegen nicht, da es etwas rot- und kaltbrüchig war; für letztere verwendete man in England schwedisches und russisches Eisen.
Bonnards Theorie des Puddelprozesses war eine durchaus un- richtige. Er behauptete, der Kohlenstoff des Roheisens werde schon
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Puddelprozeſs und Feineisenfeuer.
Die Walzen, durch die sie nun gingen, sind die in Fig. 185 b dar-
gestellten Vorbereitungs- oder Grobwalzen (preparateurs) und Fig. 185 c
Streck- oder Fertigwalzen (étireurs). Sie waren viel sorgfältiger als
die Vorwalzen gearbeitet, und hatten kleinere Öffnungen, in der
Gröſse des kleinsten Kalibers der Vorwalze beginnend bis zu dem
Querschnitt des fertigen Stabeisens, wie man es in den Handel
brachte.
Diese Arbeit war mit unbedeutendem Koks- und Kohlenaufwand
verbunden, denn das Eisen ging schon sehr rein in dieselbe. Die
Kolben brauchten nur geglüht zu werden und der Ofen war beständig
ein Feuer. Wäre diese Arbeit nicht soviel schneller als das Puddeln
gegangen, so würde man die Kolben vom Hammer oder den Vorwalzen
weg unmittelbar und noch glühend in den Schweiſsofen bringen können,
wo sie nach wenig Augenblicken die richtige Hitze zum Auswalzen
erlangt haben würden. Kolben von 50 Pfd. Gewicht und 18 bis 20 Zoll
Länge brauchten nur siebenmal durch die verschiedenen Furchen des
Walzwerks zu gehen, um zu Stangen von 11 bis 12 Fuſs Länge
gestreckt zu werden; alles geschah in etwa 40 Sekunden. Sobald die
Massel aus der ersten Walze gekommen war, wurde mit einer neuen
fortgefahren, so daſs in jeder Minute zwei Stangen fertig wurden.
Zwei Walzwerke, die vier Stunden ruhten und 300 Tage jährlich
umgingen, sollten 18000 Tonnen Eisen geben. Mehrere Hütten brach-
ten es fast auf die Hälfte dieser Produktion. Gerade Stangen wurden
gleich noch heiſs gestempelt und an beiden Enden mit der Schrot-
schere abgeschnitten. Oft aber waren sie verzogen und muſsten
erst unter dem Hammer gerichtet und dann zum Abschneiden an
den Enden nochmals erhitzt werden.
Um Roheisen zu erzeugen, waren 5 Pfd. Steinkohlen oder 3 Pfd.
Koks auf 1 Pfd. Eisen erforderlich; durch die drei folgenden Arbeiten
stieg der Brennstoffbedarf in allem auf 10 Pfd. Steinkohlen auf 1 Pfd.
fertiges Eisen. — Der Eisenabgang betrug bei den drei Arbeiten
zusammen nicht viel über ¼ des Roheisengewichts, während in Frank-
reich das Frischen allein ⅓ Abgang erforderte. In der Teilung der
Manipulationen lag eine Ersparnis.
Das auf diese Weise erzeugte Eisen war zu grober Ware gut
verwendbar, zu feiner dagegen nicht, da es etwas rot- und kaltbrüchig
war; für letztere verwendete man in England schwedisches und
russisches Eisen.
Bonnards Theorie des Puddelprozesses war eine durchaus un-
richtige. Er behauptete, der Kohlenstoff des Roheisens werde schon
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Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 3: Das XVIII. Jahrhundert. Braunschweig, 1897, S. 708. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen03_1897/722>, abgerufen am 28.11.2024.
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