in demselben wurde das graue Koksroheisen zur Reinigung einge- schmolzen und in ein hellweisses Eisen, gefeintes oder Feineisen (fine- metal) übergeführt, welches rascher im Frischherd ging und ein besseres Stabeisen gab.
Die Erfindung wird gewöhnlich auf John Cockshutt zurückgeführt, welcher am 2. Mai 1771 ein ziemlich weitläufiges Patent auf ver- schiedene Dinge erhielt: 1. Schmiedeeisen direkt aus den Erzen mit Steinkohlen in einem Frischfeuer zu machen; 2. Gusseisen mit Holz- kohle zu verfrischen; 3. erstreckte sich das Patent auf ein Frisch- oder Raffinierfeuer (finery or bloomery), um Eisen darzustellen und zu frischen. Den ersten Teil des Patentes übergehen wir hier, der zweite wird in folgender Weise erläutert: "Um Zeit und Holzkohle zu sparen, erhitze man Gusseisen bis nahe zu seinem Schmelzpunkte mit Stein- kohle oder anderem billigen Brennmaterial in einem Flammofen oder mit Blasebälgen; dieses schmilzt man dann mit Holzkohle in dem Frischherde (finery or bloomery) des Erfinders ein, bis es gar wird. Man fügt noch mehr Metall und Holzkohle hinzu, bis man eine grosse Luppe fertig hat. Diese Luppe wird sodann durch die erwähnte Maschine zerschnitten, die Stücke gezängt und zu Stabeisen ver- schmiedet."
Der dritte Teil bezieht sich auf den Schmelzherd selbst. Der Frischherd des Erfinders ist beinahe quadratisch und aus Gussplatten in einem Herdbau (ähnlich dem Herde eines Ankerschmiedes) kon- struiert, so dass er an zwei oder mehr Seiten offen ist, wo Leute daran arbeiten können. "In den Ecken sind Öffnungen, durch die Brechstangen (furgens) eingeführt werden können, um das Eisen auf- zubrechen. Statt einer Form (tuiron) hat man mehrere, die so ver- teilt sind, dass sie das Eisen an jeder Stelle des Frischherdes treffen. Die Formen befinden sich in Platten, so dass ohne Schwierigkeit eine entfernt werden kann. Die Grösse des Frischherdes muss im Verhält- nis stehen zu der Stärke der Bälge. Ein Windkessel mit Ventilen (air vessel with valves) kann zum Regulieren des Windes dienen, oder eine jede Form kann ihre eigenen Bälge haben."
Aus dieser Beschreibung ersehen wir, dass Cockshutts Herd ursprünglich nichts war als ein grosser Frischherd mit mehreren Formen, und dass dieser durchaus nicht für den Zweck erfunden war, für den er später verwendet wurde. Dennoch hat er zu dem Fein- eisenfeuer geführt, nachdem dieses Bedürfnis geworden war. Das graue mit Steinkohlen erblasene Roheisen von Südwales war unrein und puddelte sich langsam und beschwerlich. Ein oxydierendes Schmelzen,
Puddelprozeſs und Feineisenfeuer.
in demselben wurde das graue Koksroheisen zur Reinigung einge- schmolzen und in ein hellweiſses Eisen, gefeintes oder Feineisen (fine- metal) übergeführt, welches rascher im Frischherd ging und ein besseres Stabeisen gab.
Die Erfindung wird gewöhnlich auf John Cockshutt zurückgeführt, welcher am 2. Mai 1771 ein ziemlich weitläufiges Patent auf ver- schiedene Dinge erhielt: 1. Schmiedeeisen direkt aus den Erzen mit Steinkohlen in einem Frischfeuer zu machen; 2. Guſseisen mit Holz- kohle zu verfrischen; 3. erstreckte sich das Patent auf ein Frisch- oder Raffinierfeuer (finery or bloomery), um Eisen darzustellen und zu frischen. Den ersten Teil des Patentes übergehen wir hier, der zweite wird in folgender Weise erläutert: „Um Zeit und Holzkohle zu sparen, erhitze man Guſseisen bis nahe zu seinem Schmelzpunkte mit Stein- kohle oder anderem billigen Brennmaterial in einem Flammofen oder mit Blasebälgen; dieses schmilzt man dann mit Holzkohle in dem Frischherde (finery or bloomery) des Erfinders ein, bis es gar wird. Man fügt noch mehr Metall und Holzkohle hinzu, bis man eine groſse Luppe fertig hat. Diese Luppe wird sodann durch die erwähnte Maschine zerschnitten, die Stücke gezängt und zu Stabeisen ver- schmiedet.“
Der dritte Teil bezieht sich auf den Schmelzherd selbst. Der Frischherd des Erfinders ist beinahe quadratisch und aus Guſsplatten in einem Herdbau (ähnlich dem Herde eines Ankerschmiedes) kon- struiert, so daſs er an zwei oder mehr Seiten offen ist, wo Leute daran arbeiten können. „In den Ecken sind Öffnungen, durch die Brechstangen (furgens) eingeführt werden können, um das Eisen auf- zubrechen. Statt einer Form (tuiron) hat man mehrere, die so ver- teilt sind, daſs sie das Eisen an jeder Stelle des Frischherdes treffen. Die Formen befinden sich in Platten, so daſs ohne Schwierigkeit eine entfernt werden kann. Die Gröſse des Frischherdes muſs im Verhält- nis stehen zu der Stärke der Bälge. Ein Windkessel mit Ventilen (air vessel with valves) kann zum Regulieren des Windes dienen, oder eine jede Form kann ihre eigenen Bälge haben.“
Aus dieser Beschreibung ersehen wir, daſs Cockshutts Herd ursprünglich nichts war als ein groſser Frischherd mit mehreren Formen, und daſs dieser durchaus nicht für den Zweck erfunden war, für den er später verwendet wurde. Dennoch hat er zu dem Fein- eisenfeuer geführt, nachdem dieses Bedürfnis geworden war. Das graue mit Steinkohlen erblasene Roheisen von Südwales war unrein und puddelte sich langsam und beschwerlich. Ein oxydierendes Schmelzen,
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Puddelprozeſs und Feineisenfeuer.
in demselben wurde das graue Koksroheisen zur Reinigung einge-
schmolzen und in ein hellweiſses Eisen, gefeintes oder Feineisen (fine-
metal) übergeführt, welches rascher im Frischherd ging und ein
besseres Stabeisen gab.
Die Erfindung wird gewöhnlich auf John Cockshutt zurückgeführt,
welcher am 2. Mai 1771 ein ziemlich weitläufiges Patent auf ver-
schiedene Dinge erhielt: 1. Schmiedeeisen direkt aus den Erzen mit
Steinkohlen in einem Frischfeuer zu machen; 2. Guſseisen mit Holz-
kohle zu verfrischen; 3. erstreckte sich das Patent auf ein Frisch-
oder Raffinierfeuer (finery or bloomery), um Eisen darzustellen und zu
frischen. Den ersten Teil des Patentes übergehen wir hier, der zweite
wird in folgender Weise erläutert: „Um Zeit und Holzkohle zu sparen,
erhitze man Guſseisen bis nahe zu seinem Schmelzpunkte mit Stein-
kohle oder anderem billigen Brennmaterial in einem Flammofen oder
mit Blasebälgen; dieses schmilzt man dann mit Holzkohle in dem
Frischherde (finery or bloomery) des Erfinders ein, bis es gar wird.
Man fügt noch mehr Metall und Holzkohle hinzu, bis man eine groſse
Luppe fertig hat. Diese Luppe wird sodann durch die erwähnte
Maschine zerschnitten, die Stücke gezängt und zu Stabeisen ver-
schmiedet.“
Der dritte Teil bezieht sich auf den Schmelzherd selbst. Der
Frischherd des Erfinders ist beinahe quadratisch und aus Guſsplatten
in einem Herdbau (ähnlich dem Herde eines Ankerschmiedes) kon-
struiert, so daſs er an zwei oder mehr Seiten offen ist, wo Leute
daran arbeiten können. „In den Ecken sind Öffnungen, durch die
Brechstangen (furgens) eingeführt werden können, um das Eisen auf-
zubrechen. Statt einer Form (tuiron) hat man mehrere, die so ver-
teilt sind, daſs sie das Eisen an jeder Stelle des Frischherdes treffen.
Die Formen befinden sich in Platten, so daſs ohne Schwierigkeit eine
entfernt werden kann. Die Gröſse des Frischherdes muſs im Verhält-
nis stehen zu der Stärke der Bälge. Ein Windkessel mit Ventilen
(air vessel with valves) kann zum Regulieren des Windes dienen, oder
eine jede Form kann ihre eigenen Bälge haben.“
Aus dieser Beschreibung ersehen wir, daſs Cockshutts Herd
ursprünglich nichts war als ein groſser Frischherd mit mehreren
Formen, und daſs dieser durchaus nicht für den Zweck erfunden war,
für den er später verwendet wurde. Dennoch hat er zu dem Fein-
eisenfeuer geführt, nachdem dieses Bedürfnis geworden war. Das graue
mit Steinkohlen erblasene Roheisen von Südwales war unrein und
puddelte sich langsam und beschwerlich. Ein oxydierendes Schmelzen,
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Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 3: Das XVIII. Jahrhundert. Braunschweig, 1897, S. 700. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen03_1897/714>, abgerufen am 25.11.2024.
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