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Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 3: Das XVIII. Jahrhundert. Braunschweig, 1897.

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Puddelprozess.

Es ist schwer erfindlich, in was eigentlich gegenüber dem von Cort
eingeführten Verfahren die Neuheit zu finden ist, welche es patent-
fähig machte. Das einzige dürfte das sein, dass ausdrücklich gesagt
ist, dass die Luppen in derselben Hitze gezängt und gewalzt werden.
Die ganze Aufeinanderfolge der Manipulationen entspricht Corts
Verfahren. Eine neue Entdeckung ist nicht darin enthalten und hat
Purnell wohl nur seiner früheren Verdienste um die Einführung
kannelierter Walzen wegen dieses Patent erhalten.

Aus dem oben angeführten raschen Anwachsen der Licenzgebühren,
welche Cort zu fordern gehabt hätte, wenn die Regierung ihn nicht
seines Patentes beraubt hätte, können wir schon ermessen, welchen
Aufschwung die Stabeisenbereitung mit Steinkohlen im Flammofen in
kurzer Zeit nahm. -- Sobald der Erfolg, welchen Cort mit seinem
neuen Verfahren erzielt hatte, ruchbar geworden war, bemühten sich
alle grösseren und intelligenten Eisenindustriellen Englands, das Ver-
fahren kennen zu lernen und einzuführen; unter diesen war William
Reynolds
von Coalbrookdale, der das Verfahren der Gebrüder
Cranage genau kannte, aber niemals behauptete, dass Corts Ver-
fahren mit diesem übereinstimme oder nur ähnlich sei. Reynolds
lud vielmehr Cort persönlich ein, um in Ketley einen Versuch mit
seinem Verfahren zu machen. Ein anderer war Samuel Homfray
von Pennydarran, den wir ebenfalls schon kennen gelernt haben. Er
verschaffte sich nicht nur von Cort die Zeichnungen für die Puddel-
öfen und Muster der Walzen, sondern lieh sogar Arbeiter von Cort,
um die seinigen in dem neuen Verfahren zu unterrichten, das dem
von Onions weit überlegen war und nach welchem er alsbald seinen
ganzen Betrieb einrichtete. Pennydarran wurde dadurch ein bedeutendes
Werk und Homfray ein reicher Mann; wie undankbar er aber gegen
Cort handelte, kann man in Percys Iron and Steel näher nachlesen.
Den gewaltigsten Erfolg hatte aber Richard Crawshay von Cyfartha
durch Corts Erfindung. Dieser machte im Jahre 1787 wöchentlich
nur zehn Tonnen Schmiedeeisen unter dem Hammer. Als er die
Überlegenheit des Puddelprozesses kennen gelernt hatte, schloss er
mit Cort einen Vertrag, um nach seinem Patent, gegen eine Licenz-
gebühr von 10 Schilling die Tonne, zu arbeiten. Crawshay ver-
leugnete auch nie, wie Homfray, dass er das Verfahren, das er in
so grossartigem Massstabe betrieb, Cort verdankte. In einem Briefe
an den Sekretär von Lord Sheffield, welcher 1812 im Parlamente
verlesen wurde, schrieb er: "Ich nahm es von Herrn Cort, welcher
eine kleine Walzmühle zu Fontley in Hampshire hatte. Ich habe Sie

Puddelprozeſs.

Es ist schwer erfindlich, in was eigentlich gegenüber dem von Cort
eingeführten Verfahren die Neuheit zu finden ist, welche es patent-
fähig machte. Das einzige dürfte das sein, daſs ausdrücklich gesagt
ist, daſs die Luppen in derselben Hitze gezängt und gewalzt werden.
Die ganze Aufeinanderfolge der Manipulationen entspricht Corts
Verfahren. Eine neue Entdeckung ist nicht darin enthalten und hat
Purnell wohl nur seiner früheren Verdienste um die Einführung
kannelierter Walzen wegen dieses Patent erhalten.

Aus dem oben angeführten raschen Anwachsen der Licenzgebühren,
welche Cort zu fordern gehabt hätte, wenn die Regierung ihn nicht
seines Patentes beraubt hätte, können wir schon ermessen, welchen
Aufschwung die Stabeisenbereitung mit Steinkohlen im Flammofen in
kurzer Zeit nahm. — Sobald der Erfolg, welchen Cort mit seinem
neuen Verfahren erzielt hatte, ruchbar geworden war, bemühten sich
alle gröſseren und intelligenten Eisenindustriellen Englands, das Ver-
fahren kennen zu lernen und einzuführen; unter diesen war William
Reynolds
von Coalbrookdale, der das Verfahren der Gebrüder
Cranage genau kannte, aber niemals behauptete, daſs Corts Ver-
fahren mit diesem übereinstimme oder nur ähnlich sei. Reynolds
lud vielmehr Cort persönlich ein, um in Ketley einen Versuch mit
seinem Verfahren zu machen. Ein anderer war Samuel Homfray
von Pennydarran, den wir ebenfalls schon kennen gelernt haben. Er
verschaffte sich nicht nur von Cort die Zeichnungen für die Puddel-
öfen und Muster der Walzen, sondern lieh sogar Arbeiter von Cort,
um die seinigen in dem neuen Verfahren zu unterrichten, das dem
von Onions weit überlegen war und nach welchem er alsbald seinen
ganzen Betrieb einrichtete. Pennydarran wurde dadurch ein bedeutendes
Werk und Homfray ein reicher Mann; wie undankbar er aber gegen
Cort handelte, kann man in Percys Iron and Steel näher nachlesen.
Den gewaltigsten Erfolg hatte aber Richard Crawshay von Cyfartha
durch Corts Erfindung. Dieser machte im Jahre 1787 wöchentlich
nur zehn Tonnen Schmiedeeisen unter dem Hammer. Als er die
Überlegenheit des Puddelprozesses kennen gelernt hatte, schloſs er
mit Cort einen Vertrag, um nach seinem Patent, gegen eine Licenz-
gebühr von 10 Schilling die Tonne, zu arbeiten. Crawshay ver-
leugnete auch nie, wie Homfray, daſs er das Verfahren, das er in
so groſsartigem Maſsstabe betrieb, Cort verdankte. In einem Briefe
an den Sekretär von Lord Sheffield, welcher 1812 im Parlamente
verlesen wurde, schrieb er: „Ich nahm es von Herrn Cort, welcher
eine kleine Walzmühle zu Fontley in Hampshire hatte. Ich habe Sie

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[698/0712] Puddelprozeſs. Es ist schwer erfindlich, in was eigentlich gegenüber dem von Cort eingeführten Verfahren die Neuheit zu finden ist, welche es patent- fähig machte. Das einzige dürfte das sein, daſs ausdrücklich gesagt ist, daſs die Luppen in derselben Hitze gezängt und gewalzt werden. Die ganze Aufeinanderfolge der Manipulationen entspricht Corts Verfahren. Eine neue Entdeckung ist nicht darin enthalten und hat Purnell wohl nur seiner früheren Verdienste um die Einführung kannelierter Walzen wegen dieses Patent erhalten. Aus dem oben angeführten raschen Anwachsen der Licenzgebühren, welche Cort zu fordern gehabt hätte, wenn die Regierung ihn nicht seines Patentes beraubt hätte, können wir schon ermessen, welchen Aufschwung die Stabeisenbereitung mit Steinkohlen im Flammofen in kurzer Zeit nahm. — Sobald der Erfolg, welchen Cort mit seinem neuen Verfahren erzielt hatte, ruchbar geworden war, bemühten sich alle gröſseren und intelligenten Eisenindustriellen Englands, das Ver- fahren kennen zu lernen und einzuführen; unter diesen war William Reynolds von Coalbrookdale, der das Verfahren der Gebrüder Cranage genau kannte, aber niemals behauptete, daſs Corts Ver- fahren mit diesem übereinstimme oder nur ähnlich sei. Reynolds lud vielmehr Cort persönlich ein, um in Ketley einen Versuch mit seinem Verfahren zu machen. Ein anderer war Samuel Homfray von Pennydarran, den wir ebenfalls schon kennen gelernt haben. Er verschaffte sich nicht nur von Cort die Zeichnungen für die Puddel- öfen und Muster der Walzen, sondern lieh sogar Arbeiter von Cort, um die seinigen in dem neuen Verfahren zu unterrichten, das dem von Onions weit überlegen war und nach welchem er alsbald seinen ganzen Betrieb einrichtete. Pennydarran wurde dadurch ein bedeutendes Werk und Homfray ein reicher Mann; wie undankbar er aber gegen Cort handelte, kann man in Percys Iron and Steel näher nachlesen. Den gewaltigsten Erfolg hatte aber Richard Crawshay von Cyfartha durch Corts Erfindung. Dieser machte im Jahre 1787 wöchentlich nur zehn Tonnen Schmiedeeisen unter dem Hammer. Als er die Überlegenheit des Puddelprozesses kennen gelernt hatte, schloſs er mit Cort einen Vertrag, um nach seinem Patent, gegen eine Licenz- gebühr von 10 Schilling die Tonne, zu arbeiten. Crawshay ver- leugnete auch nie, wie Homfray, daſs er das Verfahren, das er in so groſsartigem Maſsstabe betrieb, Cort verdankte. In einem Briefe an den Sekretär von Lord Sheffield, welcher 1812 im Parlamente verlesen wurde, schrieb er: „Ich nahm es von Herrn Cort, welcher eine kleine Walzmühle zu Fontley in Hampshire hatte. Ich habe Sie

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Zitationshilfe: Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 3: Das XVIII. Jahrhundert. Braunschweig, 1897, S. 698. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen03_1897/712>, abgerufen am 16.07.2024.