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Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 3: Das XVIII. Jahrhundert. Braunschweig, 1897.

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Frischfeuer 1775 bis 1800.
Luppenbrocken und nur wenig Schlacken zu. -- In Uza kostete dieses
Frischverfahren 1/6 mehr an Kohlen und gab 1/15 weniger Abbrand
als früher. Es hatte den Vorteil, dass man das hierbei erhaltene
Eisen sofort zu kleinen Waren verschmieden und dass man Roheisen
verarbeiten konnte, das sich sonst nur schwer frischen liess. Das
Eisen von Uza wurde in Bordeaux mit 18 bis 20 Lire der Centner
verkauft und konkurrierte mit dem spanischen.

Die zahlreichen Versuche, welche man in England gemacht hatte,
Eisen mit Steinkohlen zu verfrischen, hatten bis 1780 nur wenig
Erfolg gehabt. Rinman beschreibt ein eigentümliches Verfahren,
wie folgt:

Die Engländer versuchten auf jedem Wege das Ziel, Stabeisen
mit Steinkohle zu frischen, zu erreichen. Nachdem sie sich über-
zeugt hatten, dass bei direkter Berührung des Eisens mit Steinkohle
oder Koks niemals ein gutes Eisen zu erzielen sei, probierten sie es
auf andere Weise. Das Frischen in Tiegeln vorzunehmen, wurde
von vielen versucht, und gelangte man endlich auch zu befriedigenden
Ergebnissen. Herr Quist, dessen Bericht Rinman benutzte, meldet
hierüber folgendes.

Das Hauptverdienst hiervon komme einem Mr. Bacon zu, welcher
das erste Werk zum Tiegelfrischen zu Lowermill, vier engl. Meilen
von Whitehaven, nicht weit von Egremont, angelegt habe. Er hätte
dieses Werk mit allen seinen Privilegien Herrn Wood überlassen,
der die Anlage erweitert und auch auf dem Eisenwerk zu Merthyr-
Tydwill sechs solcher Öfen gebaut habe.

Dass ein Mr. Bacon ein solches Patent erworben habe, darüber
konnte ich nichts auffinden, wohl aber nahm John Wood am 5. Fe-
bruar 1761 ein Patent auf einen Prozess, dessen Beschreibung annähernd
mit dem von Quist beschriebenen übereinstimmt.

Das Verfrischen oder die Umwandlung in geschmeidiges Eisen
geschah danach statt in offenen Herden in geschlossenen Gefässen
oder Tiegeln, um die schädliche Einwirkung der Steinkohlen auf das
Eisen zu verhindern. Die Tiegel wurden aus feuerfestem Thon in
verschiedener Grösse angefertigt. Die grössten waren 2 Fuss hoch,
1 Fuss weit und 4 Zoll stark, die kleinsten 9 bis 11 Zoll hoch, 5 Zoll
weit und 3 Zoll stark. Die Frischöfen -- "flourishing furnaces" --,
d. h. Flammöfen, in welche die Tiegel eingesetzt wurden, waren den
Giessereiflammöfen ähnlich. Ausser diesen hatte man noch kleinere,
"ball furnaces" genannt, die nur dazu dienten, die Eisenkörner, die beim
ersten Schmelzen nicht frischen wollten, noch einmal umzuschmelzen.


Frischfeuer 1775 bis 1800.
Luppenbrocken und nur wenig Schlacken zu. — In Uza kostete dieses
Frischverfahren ⅙ mehr an Kohlen und gab 1/15 weniger Abbrand
als früher. Es hatte den Vorteil, daſs man das hierbei erhaltene
Eisen sofort zu kleinen Waren verschmieden und daſs man Roheisen
verarbeiten konnte, das sich sonst nur schwer frischen lieſs. Das
Eisen von Uza wurde in Bordeaux mit 18 bis 20 Lire der Centner
verkauft und konkurrierte mit dem spanischen.

Die zahlreichen Versuche, welche man in England gemacht hatte,
Eisen mit Steinkohlen zu verfrischen, hatten bis 1780 nur wenig
Erfolg gehabt. Rinman beschreibt ein eigentümliches Verfahren,
wie folgt:

Die Engländer versuchten auf jedem Wege das Ziel, Stabeisen
mit Steinkohle zu frischen, zu erreichen. Nachdem sie sich über-
zeugt hatten, daſs bei direkter Berührung des Eisens mit Steinkohle
oder Koks niemals ein gutes Eisen zu erzielen sei, probierten sie es
auf andere Weise. Das Frischen in Tiegeln vorzunehmen, wurde
von vielen versucht, und gelangte man endlich auch zu befriedigenden
Ergebnissen. Herr Quist, dessen Bericht Rinman benutzte, meldet
hierüber folgendes.

Das Hauptverdienst hiervon komme einem Mr. Bacon zu, welcher
das erste Werk zum Tiegelfrischen zu Lowermill, vier engl. Meilen
von Whitehaven, nicht weit von Egremont, angelegt habe. Er hätte
dieses Werk mit allen seinen Privilegien Herrn Wood überlassen,
der die Anlage erweitert und auch auf dem Eisenwerk zu Merthyr-
Tydwill sechs solcher Öfen gebaut habe.

Daſs ein Mr. Bacon ein solches Patent erworben habe, darüber
konnte ich nichts auffinden, wohl aber nahm John Wood am 5. Fe-
bruar 1761 ein Patent auf einen Prozeſs, dessen Beschreibung annähernd
mit dem von Quist beschriebenen übereinstimmt.

Das Verfrischen oder die Umwandlung in geschmeidiges Eisen
geschah danach statt in offenen Herden in geschlossenen Gefäſsen
oder Tiegeln, um die schädliche Einwirkung der Steinkohlen auf das
Eisen zu verhindern. Die Tiegel wurden aus feuerfestem Thon in
verschiedener Gröſse angefertigt. Die gröſsten waren 2 Fuſs hoch,
1 Fuſs weit und 4 Zoll stark, die kleinsten 9 bis 11 Zoll hoch, 5 Zoll
weit und 3 Zoll stark. Die Frischöfen — „flourishing furnaces“ —,
d. h. Flammöfen, in welche die Tiegel eingesetzt wurden, waren den
Gieſsereiflammöfen ähnlich. Auſser diesen hatte man noch kleinere,
„ball furnaces“ genannt, die nur dazu dienten, die Eisenkörner, die beim
ersten Schmelzen nicht frischen wollten, noch einmal umzuschmelzen.


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[668/0682] Frischfeuer 1775 bis 1800. Luppenbrocken und nur wenig Schlacken zu. — In Uza kostete dieses Frischverfahren ⅙ mehr an Kohlen und gab 1/15 weniger Abbrand als früher. Es hatte den Vorteil, daſs man das hierbei erhaltene Eisen sofort zu kleinen Waren verschmieden und daſs man Roheisen verarbeiten konnte, das sich sonst nur schwer frischen lieſs. Das Eisen von Uza wurde in Bordeaux mit 18 bis 20 Lire der Centner verkauft und konkurrierte mit dem spanischen. Die zahlreichen Versuche, welche man in England gemacht hatte, Eisen mit Steinkohlen zu verfrischen, hatten bis 1780 nur wenig Erfolg gehabt. Rinman beschreibt ein eigentümliches Verfahren, wie folgt: Die Engländer versuchten auf jedem Wege das Ziel, Stabeisen mit Steinkohle zu frischen, zu erreichen. Nachdem sie sich über- zeugt hatten, daſs bei direkter Berührung des Eisens mit Steinkohle oder Koks niemals ein gutes Eisen zu erzielen sei, probierten sie es auf andere Weise. Das Frischen in Tiegeln vorzunehmen, wurde von vielen versucht, und gelangte man endlich auch zu befriedigenden Ergebnissen. Herr Quist, dessen Bericht Rinman benutzte, meldet hierüber folgendes. Das Hauptverdienst hiervon komme einem Mr. Bacon zu, welcher das erste Werk zum Tiegelfrischen zu Lowermill, vier engl. Meilen von Whitehaven, nicht weit von Egremont, angelegt habe. Er hätte dieses Werk mit allen seinen Privilegien Herrn Wood überlassen, der die Anlage erweitert und auch auf dem Eisenwerk zu Merthyr- Tydwill sechs solcher Öfen gebaut habe. Daſs ein Mr. Bacon ein solches Patent erworben habe, darüber konnte ich nichts auffinden, wohl aber nahm John Wood am 5. Fe- bruar 1761 ein Patent auf einen Prozeſs, dessen Beschreibung annähernd mit dem von Quist beschriebenen übereinstimmt. Das Verfrischen oder die Umwandlung in geschmeidiges Eisen geschah danach statt in offenen Herden in geschlossenen Gefäſsen oder Tiegeln, um die schädliche Einwirkung der Steinkohlen auf das Eisen zu verhindern. Die Tiegel wurden aus feuerfestem Thon in verschiedener Gröſse angefertigt. Die gröſsten waren 2 Fuſs hoch, 1 Fuſs weit und 4 Zoll stark, die kleinsten 9 bis 11 Zoll hoch, 5 Zoll weit und 3 Zoll stark. Die Frischöfen — „flourishing furnaces“ —, d. h. Flammöfen, in welche die Tiegel eingesetzt wurden, waren den Gieſsereiflammöfen ähnlich. Auſser diesen hatte man noch kleinere, „ball furnaces“ genannt, die nur dazu dienten, die Eisenkörner, die beim ersten Schmelzen nicht frischen wollten, noch einmal umzuschmelzen.

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Zitationshilfe: Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 3: Das XVIII. Jahrhundert. Braunschweig, 1897, S. 668. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen03_1897/682>, abgerufen am 16.07.2024.