als dass die Schlacken davon geschieden waren, an einige Platt- hämmer und Schwanzschmiede im Reich verkauft". Bei dem "unge- wählten" Osemund liess man die kleinen Luppen geradeso, wie sie aus dem Feuer kamen, bei dem "gewählten" wurden die grösseren Frischen mit Äxten in fünf Teile zerhauen, die noch mit den Enden zusammen- hingen. So wurde er in Fässer gepackt und verkauft. Um daraus ein besseres, dichteres Eisen zu bekommen, wurde der Osemund in Hammerschmiedessen nochmals eingeschmolzen, gereinigt und dann verarbeitet. Unter dem Osemund waren oft stahlartige Frischen, die als harter Osemund verkauft und zum Verstählen von Werkzeugen verwendet wurden. Guter Osemund sollte beim Umschmelzen nicht über 20 Prozent Verlust erleiden. Rinman spricht in seiner "Eisen- und Stahlveredlung" den Wunsch aus, dass dieses Verfahren, welches ein besseres Eisen gäbe als die anderen Frischschmieden, eher zu- als abnähme.
Von den übrigen Frischmethoden, welche Rinman in seiner Geschichte des Eisens (1782) noch aufgeführt hat, ist für uns nur die englische Stabeisenschmiede bemerkenswert, weil wir noch wenig über die in England üblichen Frischmethoden berichten konnten. Was Rinman darüber mitzuteilen weiss, ist auch nicht viel und hat seinen Wert fast mehr in dem, was er nicht sagt. Mit keiner Silbe erwähnt nämlich Rinman den später bei der englischen Frisch- arbeit gebräuchlichen Feinprozess (refining-process), das vorbereitende Schmelzen des Roheisens mit Koks in einem grossen Herdofen, durch welches das graue Roheisen gefeint oder geweisst wurde. Wir können daraus mit Sicherheit schliessen, dass diese für das spätere englische Frischen so charakteristische Vorarbeit damals noch nicht in Übung war. Diese wurde auch erst ein Bedürfnis, als die Holzkohlenöfen ein- gingen und man anfing, Koksroheisen zu verfrischen. Rinman, der das, was er über das englische Frischverfahren mitteilt, den Reise- bemerkungen eines Herrn Quist entnommen hat, schreibt: Eins der bedeutendsten Eisenwerke ist das bei Pontypool (Süd-Wales), woselbst man das Verfrischen, wie auch an anderen Orten in England, in Wallonherden vornimmt, nur mit dem Unterschiede, dass in England nicht soviel in derselben Zeit eingeschmolzen und bearbeitet wird, als wie in Schweden, weshalb man auf jenem Werke auch drei Schmelzherde gegen einen Reckherd haben soll. Auch wird die Luppe dort erst zu Kolben ausgeschmiedet, ehe man sie an den Reckherd zum Aus- recken abliefert. Das grösste Quantum, welches man mit diesen drei Schmelzherden und einem Reckherde wöchentlich produzieren kann,
Frischfeuer 1775 bis 1800.
als daſs die Schlacken davon geschieden waren, an einige Platt- hämmer und Schwanzschmiede im Reich verkauft“. Bei dem „unge- wählten“ Osemund lieſs man die kleinen Luppen geradeso, wie sie aus dem Feuer kamen, bei dem „gewählten“ wurden die gröſseren Frischen mit Äxten in fünf Teile zerhauen, die noch mit den Enden zusammen- hingen. So wurde er in Fässer gepackt und verkauft. Um daraus ein besseres, dichteres Eisen zu bekommen, wurde der Osemund in Hammerschmiedessen nochmals eingeschmolzen, gereinigt und dann verarbeitet. Unter dem Osemund waren oft stahlartige Frischen, die als harter Osemund verkauft und zum Verstählen von Werkzeugen verwendet wurden. Guter Osemund sollte beim Umschmelzen nicht über 20 Prozent Verlust erleiden. Rinman spricht in seiner „Eisen- und Stahlveredlung“ den Wunsch aus, daſs dieses Verfahren, welches ein besseres Eisen gäbe als die anderen Frischschmieden, eher zu- als abnähme.
Von den übrigen Frischmethoden, welche Rinman in seiner Geschichte des Eisens (1782) noch aufgeführt hat, ist für uns nur die englische Stabeisenschmiede bemerkenswert, weil wir noch wenig über die in England üblichen Frischmethoden berichten konnten. Was Rinman darüber mitzuteilen weiſs, ist auch nicht viel und hat seinen Wert fast mehr in dem, was er nicht sagt. Mit keiner Silbe erwähnt nämlich Rinman den später bei der englischen Frisch- arbeit gebräuchlichen Feinprozeſs (refining-process), das vorbereitende Schmelzen des Roheisens mit Koks in einem groſsen Herdofen, durch welches das graue Roheisen gefeint oder geweiſst wurde. Wir können daraus mit Sicherheit schlieſsen, daſs diese für das spätere englische Frischen so charakteristische Vorarbeit damals noch nicht in Übung war. Diese wurde auch erst ein Bedürfnis, als die Holzkohlenöfen ein- gingen und man anfing, Koksroheisen zu verfrischen. Rinman, der das, was er über das englische Frischverfahren mitteilt, den Reise- bemerkungen eines Herrn Quist entnommen hat, schreibt: Eins der bedeutendsten Eisenwerke ist das bei Pontypool (Süd-Wales), woselbst man das Verfrischen, wie auch an anderen Orten in England, in Wallonherden vornimmt, nur mit dem Unterschiede, daſs in England nicht soviel in derselben Zeit eingeschmolzen und bearbeitet wird, als wie in Schweden, weshalb man auf jenem Werke auch drei Schmelzherde gegen einen Reckherd haben soll. Auch wird die Luppe dort erst zu Kolben ausgeschmiedet, ehe man sie an den Reckherd zum Aus- recken abliefert. Das gröſste Quantum, welches man mit diesen drei Schmelzherden und einem Reckherde wöchentlich produzieren kann,
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Frischfeuer 1775 bis 1800.
als daſs die Schlacken davon geschieden waren, an einige Platt-
hämmer und Schwanzschmiede im Reich verkauft“. Bei dem „unge-
wählten“ Osemund lieſs man die kleinen Luppen geradeso, wie sie aus
dem Feuer kamen, bei dem „gewählten“ wurden die gröſseren Frischen
mit Äxten in fünf Teile zerhauen, die noch mit den Enden zusammen-
hingen. So wurde er in Fässer gepackt und verkauft. Um daraus
ein besseres, dichteres Eisen zu bekommen, wurde der Osemund in
Hammerschmiedessen nochmals eingeschmolzen, gereinigt und dann
verarbeitet. Unter dem Osemund waren oft stahlartige Frischen, die
als harter Osemund verkauft und zum Verstählen von Werkzeugen
verwendet wurden. Guter Osemund sollte beim Umschmelzen nicht
über 20 Prozent Verlust erleiden. Rinman spricht in seiner „Eisen-
und Stahlveredlung“ den Wunsch aus, daſs dieses Verfahren, welches
ein besseres Eisen gäbe als die anderen Frischschmieden, eher zu-
als abnähme.
Von den übrigen Frischmethoden, welche Rinman in seiner
Geschichte des Eisens (1782) noch aufgeführt hat, ist für uns nur
die englische Stabeisenschmiede bemerkenswert, weil wir noch
wenig über die in England üblichen Frischmethoden berichten
konnten. Was Rinman darüber mitzuteilen weiſs, ist auch nicht viel
und hat seinen Wert fast mehr in dem, was er nicht sagt. Mit keiner
Silbe erwähnt nämlich Rinman den später bei der englischen Frisch-
arbeit gebräuchlichen Feinprozeſs (refining-process), das vorbereitende
Schmelzen des Roheisens mit Koks in einem groſsen Herdofen, durch
welches das graue Roheisen gefeint oder geweiſst wurde. Wir können
daraus mit Sicherheit schlieſsen, daſs diese für das spätere englische
Frischen so charakteristische Vorarbeit damals noch nicht in Übung
war. Diese wurde auch erst ein Bedürfnis, als die Holzkohlenöfen ein-
gingen und man anfing, Koksroheisen zu verfrischen. Rinman, der
das, was er über das englische Frischverfahren mitteilt, den Reise-
bemerkungen eines Herrn Quist entnommen hat, schreibt: Eins der
bedeutendsten Eisenwerke ist das bei Pontypool (Süd-Wales), woselbst
man das Verfrischen, wie auch an anderen Orten in England, in
Wallonherden vornimmt, nur mit dem Unterschiede, daſs in England
nicht soviel in derselben Zeit eingeschmolzen und bearbeitet wird, als
wie in Schweden, weshalb man auf jenem Werke auch drei Schmelzherde
gegen einen Reckherd haben soll. Auch wird die Luppe dort erst
zu Kolben ausgeschmiedet, ehe man sie an den Reckherd zum Aus-
recken abliefert. Das gröſste Quantum, welches man mit diesen drei
Schmelzherden und einem Reckherde wöchentlich produzieren kann,
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Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 3: Das XVIII. Jahrhundert. Braunschweig, 1897, S. 665. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen03_1897/679>, abgerufen am 25.11.2024.
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