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Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 3: Das XVIII. Jahrhundert. Braunschweig, 1897.

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Luppenfeuer.
Luppe (Fig. 181) mussten alle zusammen helfen. In 24 Stunden
konnten 4, in der Woche 24 Chargen geschmolzen werden, die
gewöhnlich 90 Ctr. Stahl ergaben. Zu einer Charge von 6 Ctr.
geröstetem Erz verbrannte man einschliesslich des Röstens 14 Sack
Kohlen 1). Dies entsprach einem Kohlenverbrauch von 280 auf 100 Eisen.

Ein bemerkenswerter Umstand war es, dass mit dem weichen Eisen
(fer doux) auch öfter hartes Eisen (fer fort) und Stahl (fer cedat, acier
naturel) fielen. Es war dies aber durchaus vom Zufall abhängig und
weder die Praktiker noch die Theoretiker fanden dafür eine aus-
reichende Erklärung. Die Schmelzer hatten es nicht in der Hand,

[Abbildung] Fig. 181.
absichtlich Stahl oder weiches Eisen zu machen, wenn auch manche
Eskolas darin mehr Glück hatten, als andere. Swedenborg schreibt
die Stahlbildung besonderen Stahlerzen zu; Reaumur dem Umstand,
dass neben dem weichen Eisen auch etwas Roheisen gebildet werde.
Da dieses flüssiger sei als die Hauptmasse, fliesse es nach dem Rande
hin und bewirke in seiner Berührung mit dem weichen Eisen die
Stahlbildung in derselben Weise, wie dies bei der alten Stahlerzeugung,
welche schon Vanuccio Biringuccio beschrieben hat, der Fall war.
Dadurch erklärte sich die Thatsache, dass der Stahl sich immer am
Rande der Luppe fand. Du Coudray, Baron Dietrich und Marquis
de la Peyrouse bestritten zwar sämtlich diese Erklärung Reaumurs,

1) Ein Sack Kohlen = 5 Kubikfuss = 70 Pfund.

Luppenfeuer.
Luppe (Fig. 181) muſsten alle zusammen helfen. In 24 Stunden
konnten 4, in der Woche 24 Chargen geschmolzen werden, die
gewöhnlich 90 Ctr. Stahl ergaben. Zu einer Charge von 6 Ctr.
geröstetem Erz verbrannte man einschlieſslich des Röstens 14 Sack
Kohlen 1). Dies entsprach einem Kohlenverbrauch von 280 auf 100 Eisen.

Ein bemerkenswerter Umstand war es, daſs mit dem weichen Eisen
(fer doux) auch öfter hartes Eisen (fer fort) und Stahl (fer cedat, acier
naturel) fielen. Es war dies aber durchaus vom Zufall abhängig und
weder die Praktiker noch die Theoretiker fanden dafür eine aus-
reichende Erklärung. Die Schmelzer hatten es nicht in der Hand,

[Abbildung] Fig. 181.
absichtlich Stahl oder weiches Eisen zu machen, wenn auch manche
Eskolas darin mehr Glück hatten, als andere. Swedenborg schreibt
die Stahlbildung besonderen Stahlerzen zu; Reaumur dem Umstand,
daſs neben dem weichen Eisen auch etwas Roheisen gebildet werde.
Da dieses flüssiger sei als die Hauptmasse, flieſse es nach dem Rande
hin und bewirke in seiner Berührung mit dem weichen Eisen die
Stahlbildung in derselben Weise, wie dies bei der alten Stahlerzeugung,
welche schon Vanuccio Biringuccio beschrieben hat, der Fall war.
Dadurch erklärte sich die Thatsache, daſs der Stahl sich immer am
Rande der Luppe fand. Du Coudray, Baron Dietrich und Marquis
de la Peyrouse bestritten zwar sämtlich diese Erklärung Reaumurs,

1) Ein Sack Kohlen = 5 Kubikfuſs = 70 Pfund.
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[658/0672] Luppenfeuer. Luppe (Fig. 181) muſsten alle zusammen helfen. In 24 Stunden konnten 4, in der Woche 24 Chargen geschmolzen werden, die gewöhnlich 90 Ctr. Stahl ergaben. Zu einer Charge von 6 Ctr. geröstetem Erz verbrannte man einschlieſslich des Röstens 14 Sack Kohlen 1). Dies entsprach einem Kohlenverbrauch von 280 auf 100 Eisen. Ein bemerkenswerter Umstand war es, daſs mit dem weichen Eisen (fer doux) auch öfter hartes Eisen (fer fort) und Stahl (fer cedat, acier naturel) fielen. Es war dies aber durchaus vom Zufall abhängig und weder die Praktiker noch die Theoretiker fanden dafür eine aus- reichende Erklärung. Die Schmelzer hatten es nicht in der Hand, [Abbildung Fig. 181.] absichtlich Stahl oder weiches Eisen zu machen, wenn auch manche Eskolas darin mehr Glück hatten, als andere. Swedenborg schreibt die Stahlbildung besonderen Stahlerzen zu; Reaumur dem Umstand, daſs neben dem weichen Eisen auch etwas Roheisen gebildet werde. Da dieses flüssiger sei als die Hauptmasse, flieſse es nach dem Rande hin und bewirke in seiner Berührung mit dem weichen Eisen die Stahlbildung in derselben Weise, wie dies bei der alten Stahlerzeugung, welche schon Vanuccio Biringuccio beschrieben hat, der Fall war. Dadurch erklärte sich die Thatsache, daſs der Stahl sich immer am Rande der Luppe fand. Du Coudray, Baron Dietrich und Marquis de la Peyrouse bestritten zwar sämtlich diese Erklärung Reaumurs, 1) Ein Sack Kohlen = 5 Kubikfuſs = 70 Pfund.

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Zitationshilfe: Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 3: Das XVIII. Jahrhundert. Braunschweig, 1897, S. 658. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen03_1897/672>, abgerufen am 25.11.2024.