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Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 3: Das XVIII. Jahrhundert. Braunschweig, 1897.

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Lavoisier und die antiphlogistische Chemie.
Wärme und Leben verleiht und den man doch erst so spät
erkannt hat!

Die Entdeckung, dass ein verschiedener Gehalt an Kohlenstoff die
Verschiedenheit der Eisenarten, des Gusseisens, Stahls und Schmiede-
eisens bedingt, war die unmittelbare Folge der Lehre und der Unter-
suchungsweise Lavoisiers. War sie doch, wie wir gesehen haben,
durch bedeutende Chemiker, namentlich durch Reaumur, Bergman
und Rinman so vorbereitet, dass uns für die Erklärung ihrer chemi-
schen Untersuchungen und Beobachtungen oft nur das eine erlösende
Wort gefehlt hat.

Dem ungeachtet ist die vortreffliche Arbeit, in welcher die drei
Naturforscher Monge, Vandermonde und Berthollet im Jahre
1786 zuerst den Nachweis geliefert haben, dass es der Kohlenstoff
sei, welcher die Verschiedenheit der Eisensorten, die Umwandlung des
Schmiedeeisens in Stahl durch die Cementation u. s. w. bedinge, ein
Ereignis für die Geschichte des Eisens. Sie ermittelten, dass in allen
Eisensorten Kohlenstoff enthalten ist, dass davon aber das Schmiedeeisen
nur sehr wenig, der Stahl mehr und das Gusseisen am meisten enthält.

Bergman hatte bereits auf die Wichtigkeit der längst bekannten
Thatsache, dass man durch Zusammenschmelzen von Schmiedeeisen mit
Kohle unter verschiedenen Bedingungen die verschiedenen Modifikationen
des Eisens darstellen könne, hingewiesen. Da er aber eine unrichtige
Vorstellung von dem Wesen der Kohle hatte, fand er die richtige
Erklärung nicht. Er nannte das Reissblei (Garschaum, Kies) im Eisen
"eine Verbindung des in einem gewissen Grade gestärkten Eisens mit
dem gröberen Brennbaren desselben". Scheele hatte schon 1779 die
kohlenartige Natur des Graphits im Roheisen nachgewiesen und man
fing bereits an, demselben eine wesentliche Rolle in der Zusammen-
setzung des grauen Roheisens zuzuschreiben; so namentlich auch
Monge in Frankreich 1786.

Der Sturz der Phlogistontheorie durch Lavoisier, der Nachweis,
dass Luft und Wasser zusammengesetzte Körper, sowie dass alle
chemischen Stoffe wägbar sind, die Erklärung der Verbrennung und
Verkalkung, die grosse Rolle, welche der Sauerstoff bei den wich-
tigsten chemischen Prozessen spielt, führten in ihren weiteren Folgen
auch zu einer richtigen Erklärung der Konstitution des Eisens und
der Ursache der Verschiedenheit seiner verschiedenen Modifikationen
als Schmiedeeisen, Stahl und Gusseisen. Bis dahin hatte man diese Ver-
schiedenheit durch das brennbare Wesen oder das Phlogiston erklärt.
Nachdem die neue, sogenannte "antiphlogistische" Schule nachgewiesen

Lavoisier und die antiphlogistische Chemie.
Wärme und Leben verleiht und den man doch erst so spät
erkannt hat!

Die Entdeckung, daſs ein verschiedener Gehalt an Kohlenstoff die
Verschiedenheit der Eisenarten, des Guſseisens, Stahls und Schmiede-
eisens bedingt, war die unmittelbare Folge der Lehre und der Unter-
suchungsweise Lavoisiers. War sie doch, wie wir gesehen haben,
durch bedeutende Chemiker, namentlich durch Reaumur, Bergman
und Rinman so vorbereitet, daſs uns für die Erklärung ihrer chemi-
schen Untersuchungen und Beobachtungen oft nur das eine erlösende
Wort gefehlt hat.

Dem ungeachtet ist die vortreffliche Arbeit, in welcher die drei
Naturforscher Monge, Vandermonde und Berthollet im Jahre
1786 zuerst den Nachweis geliefert haben, daſs es der Kohlenstoff
sei, welcher die Verschiedenheit der Eisensorten, die Umwandlung des
Schmiedeeisens in Stahl durch die Cementation u. s. w. bedinge, ein
Ereignis für die Geschichte des Eisens. Sie ermittelten, daſs in allen
Eisensorten Kohlenstoff enthalten ist, daſs davon aber das Schmiedeeisen
nur sehr wenig, der Stahl mehr und das Guſseisen am meisten enthält.

Bergman hatte bereits auf die Wichtigkeit der längst bekannten
Thatsache, daſs man durch Zusammenschmelzen von Schmiedeeisen mit
Kohle unter verschiedenen Bedingungen die verschiedenen Modifikationen
des Eisens darstellen könne, hingewiesen. Da er aber eine unrichtige
Vorstellung von dem Wesen der Kohle hatte, fand er die richtige
Erklärung nicht. Er nannte das Reiſsblei (Garschaum, Kies) im Eisen
„eine Verbindung des in einem gewissen Grade gestärkten Eisens mit
dem gröberen Brennbaren desſelben“. Scheele hatte schon 1779 die
kohlenartige Natur des Graphits im Roheisen nachgewiesen und man
fing bereits an, demselben eine wesentliche Rolle in der Zusammen-
setzung des grauen Roheisens zuzuschreiben; so namentlich auch
Monge in Frankreich 1786.

Der Sturz der Phlogistontheorie durch Lavoisier, der Nachweis,
daſs Luft und Wasser zusammengesetzte Körper, sowie daſs alle
chemischen Stoffe wägbar sind, die Erklärung der Verbrennung und
Verkalkung, die groſse Rolle, welche der Sauerstoff bei den wich-
tigsten chemischen Prozessen spielt, führten in ihren weiteren Folgen
auch zu einer richtigen Erklärung der Konstitution des Eisens und
der Ursache der Verschiedenheit seiner verschiedenen Modifikationen
als Schmiedeeisen, Stahl und Guſseisen. Bis dahin hatte man diese Ver-
schiedenheit durch das brennbare Wesen oder das Phlogiston erklärt.
Nachdem die neue, sogenannte „antiphlogistische“ Schule nachgewiesen

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[636/0650] Lavoisier und die antiphlogistische Chemie. Wärme und Leben verleiht und den man doch erst so spät erkannt hat! Die Entdeckung, daſs ein verschiedener Gehalt an Kohlenstoff die Verschiedenheit der Eisenarten, des Guſseisens, Stahls und Schmiede- eisens bedingt, war die unmittelbare Folge der Lehre und der Unter- suchungsweise Lavoisiers. War sie doch, wie wir gesehen haben, durch bedeutende Chemiker, namentlich durch Reaumur, Bergman und Rinman so vorbereitet, daſs uns für die Erklärung ihrer chemi- schen Untersuchungen und Beobachtungen oft nur das eine erlösende Wort gefehlt hat. Dem ungeachtet ist die vortreffliche Arbeit, in welcher die drei Naturforscher Monge, Vandermonde und Berthollet im Jahre 1786 zuerst den Nachweis geliefert haben, daſs es der Kohlenstoff sei, welcher die Verschiedenheit der Eisensorten, die Umwandlung des Schmiedeeisens in Stahl durch die Cementation u. s. w. bedinge, ein Ereignis für die Geschichte des Eisens. Sie ermittelten, daſs in allen Eisensorten Kohlenstoff enthalten ist, daſs davon aber das Schmiedeeisen nur sehr wenig, der Stahl mehr und das Guſseisen am meisten enthält. Bergman hatte bereits auf die Wichtigkeit der längst bekannten Thatsache, daſs man durch Zusammenschmelzen von Schmiedeeisen mit Kohle unter verschiedenen Bedingungen die verschiedenen Modifikationen des Eisens darstellen könne, hingewiesen. Da er aber eine unrichtige Vorstellung von dem Wesen der Kohle hatte, fand er die richtige Erklärung nicht. Er nannte das Reiſsblei (Garschaum, Kies) im Eisen „eine Verbindung des in einem gewissen Grade gestärkten Eisens mit dem gröberen Brennbaren desſelben“. Scheele hatte schon 1779 die kohlenartige Natur des Graphits im Roheisen nachgewiesen und man fing bereits an, demselben eine wesentliche Rolle in der Zusammen- setzung des grauen Roheisens zuzuschreiben; so namentlich auch Monge in Frankreich 1786. Der Sturz der Phlogistontheorie durch Lavoisier, der Nachweis, daſs Luft und Wasser zusammengesetzte Körper, sowie daſs alle chemischen Stoffe wägbar sind, die Erklärung der Verbrennung und Verkalkung, die groſse Rolle, welche der Sauerstoff bei den wich- tigsten chemischen Prozessen spielt, führten in ihren weiteren Folgen auch zu einer richtigen Erklärung der Konstitution des Eisens und der Ursache der Verschiedenheit seiner verschiedenen Modifikationen als Schmiedeeisen, Stahl und Guſseisen. Bis dahin hatte man diese Ver- schiedenheit durch das brennbare Wesen oder das Phlogiston erklärt. Nachdem die neue, sogenannte „antiphlogistische“ Schule nachgewiesen

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Zitationshilfe: Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 3: Das XVIII. Jahrhundert. Braunschweig, 1897, S. 636. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen03_1897/650>, abgerufen am 26.11.2024.