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Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 3: Das XVIII. Jahrhundert. Braunschweig, 1897.

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Werkzeugmaschinen. Öfen.
35 und 40), desto vorteilhafter ist er auch, vorausgesetzt, dass alle
übrigen Erfordernisse damit übereinstimmen, desto mehr bringt er in
einerlei Zeit Roheisen aus und desto weniger braucht er Kohlen."

Die Flammöfen waren zwar längst bekannt und in der Metall-
industrie im Gebrauch, bei der Eisenindustrie hatten sie aber vor
dem 18. Jahrhundert eine nennenswerte Anwendung nicht gefunden.
Sie erlangten hierfür erst eine Bedeutung, als man in England ernst-
lich versuchte, die Holzkohlen durch Steinkohlen zu ersetzen. Nach-
dem man sich überzeugt hatte, dass bei direkter Berührung von Eisen
mit Steinkohlen gutes Eisen nicht zu erzielen war, versuchte man es
damit, dass man in einem überwölbten Flammofen das Brennmaterial
getrennt von dem Schmelzmaterial auf einem besonderen Rost ver-
brannte und die Flamme über das Schmelzgut im Herd des Ofens
leitete. Der erste, der dieses in der Metallindustrie bereits ange-
wendete Verfahren auf die Eisenindustrie zu übertragen versuchte,
war Dr. Blewstone gegen Ende des 17. Jahrhunderts, doch scheint
er damit keinen Erfolg gehabt zu haben. Mit wirklichem Nutzen
wurde dieses Verfahren dagegen im 18. Jahrhundert zum Umschmelzen
des Giessereiroheisens in England angewendet, was, wie wir gezeigt
haben, für die Entwickelung der Eisengiesserei von grosser Bedeutung
war. Die hierbei angewendeten Flammöfen glichen den in den eng-
lischen Metallhütten angewendeten. Dieser Ofen, den wir bereits
S. 383, Fig. 108 abgebildet haben, war mit einem kuppelförmigen
Gewölbe überspannt und wurde deshalb Kupolofen genannt. Als
"englischen Kupoloofen" hat ihn auch v. Justi 1766 in einer beson-
deren Schrift beschrieben, in welcher erwähnt wird, dass solche Öfen
schon seit 50 Jahren zum Kupferschmelzen in England im Betriebe
seien. Dass dieser Name ohne jede Berechtigung später auf die
niedrigen Schachtöfen in den Giessereien übertragen wurde, lässt
sich nur daraus erklären, dass letztere ebenfalls zum Umschmelzen
des Roheisens dienten und dadurch die eigentlichen Kupolöfen zum
Teil verdrängten. Die Namensübertragung fand aber schon früh in
England selbst statt, denn Svedenstjerna beschreibt in dem Bericht
über seine englische Reise von 1802/3 die Schachtöfen der Eisen-
giessereien bereits unter diesem Namen neben den "Reverberier-
öfen
". Letzteres war die auf dem Kontinent gebräuchliche Bezeich-
nung für die Flammöfen, während die Engländer sie für gewöhnlich
einfach Zugöfen (air furnaces) nannten, weil die Verbrennung ohne
Gebläse durch den Luftzug vor sich ging.

Eine noch grössere Bedeutung erlangten die Flammöfen für

Werkzeugmaschinen. Öfen.
35 und 40), desto vorteilhafter ist er auch, vorausgesetzt, daſs alle
übrigen Erfordernisse damit übereinstimmen, desto mehr bringt er in
einerlei Zeit Roheisen aus und desto weniger braucht er Kohlen.“

Die Flammöfen waren zwar längst bekannt und in der Metall-
industrie im Gebrauch, bei der Eisenindustrie hatten sie aber vor
dem 18. Jahrhundert eine nennenswerte Anwendung nicht gefunden.
Sie erlangten hierfür erst eine Bedeutung, als man in England ernst-
lich versuchte, die Holzkohlen durch Steinkohlen zu ersetzen. Nach-
dem man sich überzeugt hatte, daſs bei direkter Berührung von Eisen
mit Steinkohlen gutes Eisen nicht zu erzielen war, versuchte man es
damit, daſs man in einem überwölbten Flammofen das Brennmaterial
getrennt von dem Schmelzmaterial auf einem besonderen Rost ver-
brannte und die Flamme über das Schmelzgut im Herd des Ofens
leitete. Der erste, der dieses in der Metallindustrie bereits ange-
wendete Verfahren auf die Eisenindustrie zu übertragen versuchte,
war Dr. Blewstone gegen Ende des 17. Jahrhunderts, doch scheint
er damit keinen Erfolg gehabt zu haben. Mit wirklichem Nutzen
wurde dieses Verfahren dagegen im 18. Jahrhundert zum Umschmelzen
des Gieſsereiroheisens in England angewendet, was, wie wir gezeigt
haben, für die Entwickelung der Eisengieſserei von groſser Bedeutung
war. Die hierbei angewendeten Flammöfen glichen den in den eng-
lischen Metallhütten angewendeten. Dieser Ofen, den wir bereits
S. 383, Fig. 108 abgebildet haben, war mit einem kuppelförmigen
Gewölbe überspannt und wurde deshalb Kupolofen genannt. Als
„englischen Kupoloofen“ hat ihn auch v. Justi 1766 in einer beson-
deren Schrift beschrieben, in welcher erwähnt wird, daſs solche Öfen
schon seit 50 Jahren zum Kupferschmelzen in England im Betriebe
seien. Daſs dieser Name ohne jede Berechtigung später auf die
niedrigen Schachtöfen in den Gieſsereien übertragen wurde, läſst
sich nur daraus erklären, daſs letztere ebenfalls zum Umschmelzen
des Roheisens dienten und dadurch die eigentlichen Kupolöfen zum
Teil verdrängten. Die Namensübertragung fand aber schon früh in
England selbst statt, denn Svedenstjerna beschreibt in dem Bericht
über seine englische Reise von 1802/3 die Schachtöfen der Eisen-
gieſsereien bereits unter diesem Namen neben den „Reverberier-
öfen
“. Letzteres war die auf dem Kontinent gebräuchliche Bezeich-
nung für die Flammöfen, während die Engländer sie für gewöhnlich
einfach Zugöfen (air furnaces) nannten, weil die Verbrennung ohne
Gebläse durch den Luftzug vor sich ging.

Eine noch gröſsere Bedeutung erlangten die Flammöfen für

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[617/0631] Werkzeugmaschinen. Öfen. 35 und 40), desto vorteilhafter ist er auch, vorausgesetzt, daſs alle übrigen Erfordernisse damit übereinstimmen, desto mehr bringt er in einerlei Zeit Roheisen aus und desto weniger braucht er Kohlen.“ Die Flammöfen waren zwar längst bekannt und in der Metall- industrie im Gebrauch, bei der Eisenindustrie hatten sie aber vor dem 18. Jahrhundert eine nennenswerte Anwendung nicht gefunden. Sie erlangten hierfür erst eine Bedeutung, als man in England ernst- lich versuchte, die Holzkohlen durch Steinkohlen zu ersetzen. Nach- dem man sich überzeugt hatte, daſs bei direkter Berührung von Eisen mit Steinkohlen gutes Eisen nicht zu erzielen war, versuchte man es damit, daſs man in einem überwölbten Flammofen das Brennmaterial getrennt von dem Schmelzmaterial auf einem besonderen Rost ver- brannte und die Flamme über das Schmelzgut im Herd des Ofens leitete. Der erste, der dieses in der Metallindustrie bereits ange- wendete Verfahren auf die Eisenindustrie zu übertragen versuchte, war Dr. Blewstone gegen Ende des 17. Jahrhunderts, doch scheint er damit keinen Erfolg gehabt zu haben. Mit wirklichem Nutzen wurde dieses Verfahren dagegen im 18. Jahrhundert zum Umschmelzen des Gieſsereiroheisens in England angewendet, was, wie wir gezeigt haben, für die Entwickelung der Eisengieſserei von groſser Bedeutung war. Die hierbei angewendeten Flammöfen glichen den in den eng- lischen Metallhütten angewendeten. Dieser Ofen, den wir bereits S. 383, Fig. 108 abgebildet haben, war mit einem kuppelförmigen Gewölbe überspannt und wurde deshalb Kupolofen genannt. Als „englischen Kupoloofen“ hat ihn auch v. Justi 1766 in einer beson- deren Schrift beschrieben, in welcher erwähnt wird, daſs solche Öfen schon seit 50 Jahren zum Kupferschmelzen in England im Betriebe seien. Daſs dieser Name ohne jede Berechtigung später auf die niedrigen Schachtöfen in den Gieſsereien übertragen wurde, läſst sich nur daraus erklären, daſs letztere ebenfalls zum Umschmelzen des Roheisens dienten und dadurch die eigentlichen Kupolöfen zum Teil verdrängten. Die Namensübertragung fand aber schon früh in England selbst statt, denn Svedenstjerna beschreibt in dem Bericht über seine englische Reise von 1802/3 die Schachtöfen der Eisen- gieſsereien bereits unter diesem Namen neben den „Reverberier- öfen“. Letzteres war die auf dem Kontinent gebräuchliche Bezeich- nung für die Flammöfen, während die Engländer sie für gewöhnlich einfach Zugöfen (air furnaces) nannten, weil die Verbrennung ohne Gebläse durch den Luftzug vor sich ging. Eine noch gröſsere Bedeutung erlangten die Flammöfen für

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Zitationshilfe: Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 3: Das XVIII. Jahrhundert. Braunschweig, 1897, S. 617. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen03_1897/631>, abgerufen am 22.11.2024.