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Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 3: Das XVIII. Jahrhundert. Braunschweig, 1897.

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Werkzeugmaschinen. Öfen.

Auf dem Eisenwerk Clyde bei Glasgow konnten vier Kanonen
auf einmal gebohrt und abgedreht werden. Das Abdrehen geschah
auch hier mit der Hand, oft durch Knaben und ebenso leicht, als
wenn man ein Stück Holz abdrehte.

Eine grossartige Kanonengiesserei war zu Petrowsadowsk in Russ-
land, welche der Krone gehörte. Dieselbe war von dem englischen
Ingenieur Gascoigne eingerichtet worden. Vor einem Wasserrad
konnten auf einmal die verlorenen Köpfe von fünf Kanonen abge-
schnitten werden und auf einem anderen wurden zugleich zehn
massiv gegossene eiserne Kanonen unter Aufsicht von nur zwei Mann
auf einmal gebohrt.

Als die vollkommenste Stückgiesserei galt aber schon damals die
von Woolwich in England, welche mit vorzüglichen Bohrmaschinen
ausgestattet war. Nach diesem Muster baute der hannöversche
Ingenieur-Oberstleutnant Müller, später Professor in Göttingen, die
Stückgiessereien in Hannover und Stockholm und 1795 berief ihn
König Friedrich Wilhelm II. nach Berlin zur Verbesserung der
preussischen Anstalten.

Wir ersehen hieraus, welche grosse Fortschritte die Metall-
bearbeitung zunächst bei den Werkzeugen des Krieges gemacht hatte.
Für die Bewaffnung scheute man eben keine Kosten, keine Versuche.
Dadurch wurde auch hierin der Krieg der Lehrmeister des Friedens.

Für friedliche Zwecke benutzte man aber ebenfalls bereits in
ausgedehntem Masse die Bohrmaschinen. Zunächst waren es Pumpen-
stiefel und Wasserröhren, welche ausgebohrt wurden, dann aber erwuchs
der Bohrkunst eine grosse und schwierige Aufgabe in Herstellung
grosser, ausgebohrter Cylinder, erst für die atmosphärischen Maschinen,
dann für die Dampfmaschinen und endlich für die Cylindergebläse.
Es waren keine geringen Schwierigkeiten zu überwinden, bis man
dahin kam, Cylinder von Durchmessern bis 70 Zoll (1,80 m) tadellos
auszubohren. Als die Feuermaschinen aufkamen, war man überhaupt
noch nicht im stande, eiserne Cylinder von einiger Weite aus-
zubohren. Deshalb hielt man an den Messing- oder Bronzecylindern
fest, so viele Nachteile diese auch sonst hatten. Um die Mitte des
Jahrhunderts wurde die Anwendung eiserner Cylinder zwar allgemein,
wie unvollkommen diese aber gebohrt waren, geht aus Watts Klagen
hervor, der die grössten Schwierigkeiten hatte, gut gebohrte Cylinder
zu bekommen. Der erste, der seinen Wünschen entsprechend lieferte,
war John Wilkinson. Es war ein 18 Zoll-Cylinder, für welchen
Wilkinson eine besondere Bohrmaschine von grosser Genauigkeit

Werkzeugmaschinen. Öfen.

Auf dem Eisenwerk Clyde bei Glasgow konnten vier Kanonen
auf einmal gebohrt und abgedreht werden. Das Abdrehen geschah
auch hier mit der Hand, oft durch Knaben und ebenso leicht, als
wenn man ein Stück Holz abdrehte.

Eine groſsartige Kanonengieſserei war zu Petrowsadowsk in Ruſs-
land, welche der Krone gehörte. Dieselbe war von dem englischen
Ingenieur Gascoigne eingerichtet worden. Vor einem Wasserrad
konnten auf einmal die verlorenen Köpfe von fünf Kanonen abge-
schnitten werden und auf einem anderen wurden zugleich zehn
massiv gegossene eiserne Kanonen unter Aufsicht von nur zwei Mann
auf einmal gebohrt.

Als die vollkommenste Stückgieſserei galt aber schon damals die
von Woolwich in England, welche mit vorzüglichen Bohrmaschinen
ausgestattet war. Nach diesem Muster baute der hannöversche
Ingenieur-Oberstleutnant Müller, später Professor in Göttingen, die
Stückgieſsereien in Hannover und Stockholm und 1795 berief ihn
König Friedrich Wilhelm II. nach Berlin zur Verbesserung der
preuſsischen Anstalten.

Wir ersehen hieraus, welche groſse Fortschritte die Metall-
bearbeitung zunächst bei den Werkzeugen des Krieges gemacht hatte.
Für die Bewaffnung scheute man eben keine Kosten, keine Versuche.
Dadurch wurde auch hierin der Krieg der Lehrmeister des Friedens.

Für friedliche Zwecke benutzte man aber ebenfalls bereits in
ausgedehntem Maſse die Bohrmaschinen. Zunächst waren es Pumpen-
stiefel und Wasserröhren, welche ausgebohrt wurden, dann aber erwuchs
der Bohrkunst eine groſse und schwierige Aufgabe in Herstellung
groſser, ausgebohrter Cylinder, erst für die atmosphärischen Maschinen,
dann für die Dampfmaschinen und endlich für die Cylindergebläse.
Es waren keine geringen Schwierigkeiten zu überwinden, bis man
dahin kam, Cylinder von Durchmessern bis 70 Zoll (1,80 m) tadellos
auszubohren. Als die Feuermaschinen aufkamen, war man überhaupt
noch nicht im stande, eiserne Cylinder von einiger Weite aus-
zubohren. Deshalb hielt man an den Messing- oder Bronzecylindern
fest, so viele Nachteile diese auch sonst hatten. Um die Mitte des
Jahrhunderts wurde die Anwendung eiserner Cylinder zwar allgemein,
wie unvollkommen diese aber gebohrt waren, geht aus Watts Klagen
hervor, der die gröſsten Schwierigkeiten hatte, gut gebohrte Cylinder
zu bekommen. Der erste, der seinen Wünschen entsprechend lieferte,
war John Wilkinson. Es war ein 18 Zoll-Cylinder, für welchen
Wilkinson eine besondere Bohrmaschine von groſser Genauigkeit

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[607/0621] Werkzeugmaschinen. Öfen. Auf dem Eisenwerk Clyde bei Glasgow konnten vier Kanonen auf einmal gebohrt und abgedreht werden. Das Abdrehen geschah auch hier mit der Hand, oft durch Knaben und ebenso leicht, als wenn man ein Stück Holz abdrehte. Eine groſsartige Kanonengieſserei war zu Petrowsadowsk in Ruſs- land, welche der Krone gehörte. Dieselbe war von dem englischen Ingenieur Gascoigne eingerichtet worden. Vor einem Wasserrad konnten auf einmal die verlorenen Köpfe von fünf Kanonen abge- schnitten werden und auf einem anderen wurden zugleich zehn massiv gegossene eiserne Kanonen unter Aufsicht von nur zwei Mann auf einmal gebohrt. Als die vollkommenste Stückgieſserei galt aber schon damals die von Woolwich in England, welche mit vorzüglichen Bohrmaschinen ausgestattet war. Nach diesem Muster baute der hannöversche Ingenieur-Oberstleutnant Müller, später Professor in Göttingen, die Stückgieſsereien in Hannover und Stockholm und 1795 berief ihn König Friedrich Wilhelm II. nach Berlin zur Verbesserung der preuſsischen Anstalten. Wir ersehen hieraus, welche groſse Fortschritte die Metall- bearbeitung zunächst bei den Werkzeugen des Krieges gemacht hatte. Für die Bewaffnung scheute man eben keine Kosten, keine Versuche. Dadurch wurde auch hierin der Krieg der Lehrmeister des Friedens. Für friedliche Zwecke benutzte man aber ebenfalls bereits in ausgedehntem Maſse die Bohrmaschinen. Zunächst waren es Pumpen- stiefel und Wasserröhren, welche ausgebohrt wurden, dann aber erwuchs der Bohrkunst eine groſse und schwierige Aufgabe in Herstellung groſser, ausgebohrter Cylinder, erst für die atmosphärischen Maschinen, dann für die Dampfmaschinen und endlich für die Cylindergebläse. Es waren keine geringen Schwierigkeiten zu überwinden, bis man dahin kam, Cylinder von Durchmessern bis 70 Zoll (1,80 m) tadellos auszubohren. Als die Feuermaschinen aufkamen, war man überhaupt noch nicht im stande, eiserne Cylinder von einiger Weite aus- zubohren. Deshalb hielt man an den Messing- oder Bronzecylindern fest, so viele Nachteile diese auch sonst hatten. Um die Mitte des Jahrhunderts wurde die Anwendung eiserner Cylinder zwar allgemein, wie unvollkommen diese aber gebohrt waren, geht aus Watts Klagen hervor, der die gröſsten Schwierigkeiten hatte, gut gebohrte Cylinder zu bekommen. Der erste, der seinen Wünschen entsprechend lieferte, war John Wilkinson. Es war ein 18 Zoll-Cylinder, für welchen Wilkinson eine besondere Bohrmaschine von groſser Genauigkeit

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Zitationshilfe: Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 3: Das XVIII. Jahrhundert. Braunschweig, 1897, S. 607. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen03_1897/621>, abgerufen am 22.11.2024.