den Guss der Dampfmäntel für die Cylinder in einem Stück, statt aus zusammengeschraubten Segmenten. Murdock hatte in dem Drang, zu erfinden, viel Ähnlichkeit mit Watt. Die moderne Gasbeleuch- tung ist ebenfalls seine Erfindung. Dass man Leuchtgas aus Stein- kohlen herstellen konnte, war längst bekannt, aber die praktische Verwendung zeigte Murdock zuerst. Schon 1792 machte er Versuche damit zu Redruth und bald beleuchtete er sein Haus und seine Werk- stätte damit. In Soho wurde die ganze Front der Fabrik zur Feier des Friedens von Amiens im Jahre 1802 durch Murdock mit Gas beleuchtet. Dies fand solchen Beifall, dass man 1803 die ganze Fabrik mit Gas einrichtete, was dann von vielen Fabriken nachgeahmt wurde. Als Watt 1805 nach Glasgow kam, war auch dort das Gas schon in ziemlich allgemeiner Anwendung. Murdocks Verdienst wurde von der Royal Society in London anerkannt und mit der goldenen Medaille belohnt. Die Gasbeleuchtung der Städte kam erst in den folgenden Jahren durch einen Deutschen, Winzer (1809), und namentlich durch Clegg auf, der die Londoner Gasbeleuchtung einrichtete.
Murdocks Lieblingsidee war eine Druckluftmaschine. Er führte auch eine solche aus mit 12 Zoll Cylinder und 18 Zoll Hub, welche er mit der gepressten Luft des Kupolofengebläses der Sohogiesserei betrieb und damit eine Drehbank in der Modellierwerkstätte in Bewegung setzte. Er machte auch einen Aufzug mit Druckluft, welcher die Gussstücke von der Giesserei zu den Bohrmaschinen und von da auf die Kanalsoole hob. Auch zu den Schellenzügen in seinem Hause benutzte er sie bereits.
Der noch heute gebräuchliche Rostkitt für Gusseisen war gleich- falls eine Erfindung Murdocks. Er war darauf gekommen, weil durch ein Stückchen Salmiak, welches zufällig in seinen Werkzeug- kasten gefallen war, Eisenfeilspäne so fest an ein Sägeblatt gerostet waren, dass sie kaum entfernt werden konnten. Versuche ergaben, dass sein Rostkitt (cast iron cement) besser war als Watts Metallkitt.
Als im Jahre 1800 Watts Patent für die Dampfmaschine erlosch, löste sich auch die darauf begründete Handelsgesellschaft Watt und Boulton auf. Boulton war damals 72, Watt 64 Jahre alt. Watt fühlte sich erst jetzt ganz glücklich, als er alle Geschäftssorgen los war. Boulton blieb in seiner Thätigkeit. Die Münze war jetzt seine Hauptfreude. 1803, nach dem Frieden von Amiens, machte Watt die längste Reise seines Lebens. In Gesellschaft seiner Frau fuhr er durch Belgien, den Rhein herauf bis Frankfurt, von da nach Strass- burg und über Paris zurück.
James Watt und die Dampfmaschine.
den Guſs der Dampfmäntel für die Cylinder in einem Stück, statt aus zusammengeschraubten Segmenten. Murdock hatte in dem Drang, zu erfinden, viel Ähnlichkeit mit Watt. Die moderne Gasbeleuch- tung ist ebenfalls seine Erfindung. Daſs man Leuchtgas aus Stein- kohlen herstellen konnte, war längst bekannt, aber die praktische Verwendung zeigte Murdock zuerst. Schon 1792 machte er Versuche damit zu Redruth und bald beleuchtete er sein Haus und seine Werk- stätte damit. In Soho wurde die ganze Front der Fabrik zur Feier des Friedens von Amiens im Jahre 1802 durch Murdock mit Gas beleuchtet. Dies fand solchen Beifall, daſs man 1803 die ganze Fabrik mit Gas einrichtete, was dann von vielen Fabriken nachgeahmt wurde. Als Watt 1805 nach Glasgow kam, war auch dort das Gas schon in ziemlich allgemeiner Anwendung. Murdocks Verdienst wurde von der Royal Society in London anerkannt und mit der goldenen Medaille belohnt. Die Gasbeleuchtung der Städte kam erst in den folgenden Jahren durch einen Deutschen, Winzer (1809), und namentlich durch Clegg auf, der die Londoner Gasbeleuchtung einrichtete.
Murdocks Lieblingsidee war eine Druckluftmaschine. Er führte auch eine solche aus mit 12 Zoll Cylinder und 18 Zoll Hub, welche er mit der gepreſsten Luft des Kupolofengebläses der Sohogieſserei betrieb und damit eine Drehbank in der Modellierwerkstätte in Bewegung setzte. Er machte auch einen Aufzug mit Druckluft, welcher die Guſsstücke von der Gieſserei zu den Bohrmaschinen und von da auf die Kanalsoole hob. Auch zu den Schellenzügen in seinem Hause benutzte er sie bereits.
Der noch heute gebräuchliche Rostkitt für Guſseisen war gleich- falls eine Erfindung Murdocks. Er war darauf gekommen, weil durch ein Stückchen Salmiak, welches zufällig in seinen Werkzeug- kasten gefallen war, Eisenfeilspäne so fest an ein Sägeblatt gerostet waren, daſs sie kaum entfernt werden konnten. Versuche ergaben, daſs sein Rostkitt (cast iron cement) besser war als Watts Metallkitt.
Als im Jahre 1800 Watts Patent für die Dampfmaschine erlosch, löste sich auch die darauf begründete Handelsgesellschaft Watt und Boulton auf. Boulton war damals 72, Watt 64 Jahre alt. Watt fühlte sich erst jetzt ganz glücklich, als er alle Geschäftssorgen los war. Boulton blieb in seiner Thätigkeit. Die Münze war jetzt seine Hauptfreude. 1803, nach dem Frieden von Amiens, machte Watt die längste Reise seines Lebens. In Gesellschaft seiner Frau fuhr er durch Belgien, den Rhein herauf bis Frankfurt, von da nach Straſs- burg und über Paris zurück.
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><divn="4"><divn="5"><p><pbfacs="#f0549"n="535"/><fwplace="top"type="header">James Watt und die Dampfmaschine.</fw><lb/>
den Guſs der Dampfmäntel für die Cylinder in einem Stück, statt aus<lb/>
zusammengeschraubten Segmenten. <hirendition="#g">Murdock</hi> hatte in dem Drang,<lb/>
zu erfinden, viel Ähnlichkeit mit <hirendition="#g">Watt</hi>. Die moderne Gasbeleuch-<lb/>
tung ist ebenfalls seine Erfindung. Daſs man Leuchtgas aus Stein-<lb/>
kohlen herstellen konnte, war längst bekannt, aber die praktische<lb/>
Verwendung zeigte <hirendition="#g">Murdock</hi> zuerst. Schon 1792 machte er Versuche<lb/>
damit zu Redruth und bald beleuchtete er sein Haus und seine Werk-<lb/>
stätte damit. In Soho wurde die ganze Front der Fabrik zur Feier<lb/>
des Friedens von Amiens im Jahre 1802 durch <hirendition="#g">Murdock</hi> mit Gas<lb/>
beleuchtet. Dies fand solchen Beifall, daſs man 1803 die ganze Fabrik<lb/>
mit Gas einrichtete, was dann von vielen Fabriken nachgeahmt wurde.<lb/>
Als <hirendition="#g">Watt</hi> 1805 nach Glasgow kam, war auch dort das Gas schon in<lb/>
ziemlich allgemeiner Anwendung. <hirendition="#g">Murdocks</hi> Verdienst wurde von<lb/>
der Royal Society in London anerkannt und mit der goldenen Medaille<lb/>
belohnt. Die Gasbeleuchtung der Städte kam erst in den folgenden<lb/>
Jahren durch einen Deutschen, <hirendition="#g">Winzer</hi> (1809), und namentlich durch<lb/><hirendition="#g">Clegg</hi> auf, der die Londoner Gasbeleuchtung einrichtete.</p><lb/><p><hirendition="#g">Murdocks</hi> Lieblingsidee war eine Druckluftmaschine. Er führte<lb/>
auch eine solche aus mit 12 Zoll Cylinder und 18 Zoll Hub, welche<lb/>
er mit der gepreſsten Luft des Kupolofengebläses der Sohogieſserei<lb/>
betrieb und damit eine Drehbank in der Modellierwerkstätte in<lb/>
Bewegung setzte. Er machte auch einen Aufzug mit Druckluft,<lb/>
welcher die Guſsstücke von der Gieſserei zu den Bohrmaschinen und<lb/>
von da auf die Kanalsoole hob. Auch zu den Schellenzügen in seinem<lb/>
Hause benutzte er sie bereits.</p><lb/><p>Der noch heute gebräuchliche Rostkitt für Guſseisen war gleich-<lb/>
falls eine Erfindung <hirendition="#g">Murdocks</hi>. Er war darauf gekommen, weil<lb/>
durch ein Stückchen Salmiak, welches zufällig in seinen Werkzeug-<lb/>
kasten gefallen war, Eisenfeilspäne so fest an ein Sägeblatt gerostet<lb/>
waren, daſs sie kaum entfernt werden konnten. Versuche ergaben,<lb/>
daſs sein Rostkitt (cast iron cement) besser war als <hirendition="#g">Watts</hi> Metallkitt.</p><lb/><p>Als im Jahre 1800 <hirendition="#g">Watts</hi> Patent für die Dampfmaschine erlosch,<lb/>
löste sich auch die darauf begründete Handelsgesellschaft <hirendition="#g">Watt</hi> und<lb/><hirendition="#g">Boulton</hi> auf. <hirendition="#g">Boulton</hi> war damals 72, <hirendition="#g">Watt</hi> 64 Jahre alt. <hirendition="#g">Watt</hi><lb/>
fühlte sich erst jetzt ganz glücklich, als er alle Geschäftssorgen los<lb/>
war. <hirendition="#g">Boulton</hi> blieb in seiner Thätigkeit. Die Münze war jetzt seine<lb/>
Hauptfreude. 1803, nach dem Frieden von Amiens, machte <hirendition="#g">Watt</hi> die<lb/>
längste Reise seines Lebens. In Gesellschaft seiner Frau fuhr er<lb/>
durch Belgien, den Rhein herauf bis Frankfurt, von da nach Straſs-<lb/>
burg und über Paris zurück.</p><lb/></div></div></div></div></div></body></text></TEI>
[535/0549]
James Watt und die Dampfmaschine.
den Guſs der Dampfmäntel für die Cylinder in einem Stück, statt aus
zusammengeschraubten Segmenten. Murdock hatte in dem Drang,
zu erfinden, viel Ähnlichkeit mit Watt. Die moderne Gasbeleuch-
tung ist ebenfalls seine Erfindung. Daſs man Leuchtgas aus Stein-
kohlen herstellen konnte, war längst bekannt, aber die praktische
Verwendung zeigte Murdock zuerst. Schon 1792 machte er Versuche
damit zu Redruth und bald beleuchtete er sein Haus und seine Werk-
stätte damit. In Soho wurde die ganze Front der Fabrik zur Feier
des Friedens von Amiens im Jahre 1802 durch Murdock mit Gas
beleuchtet. Dies fand solchen Beifall, daſs man 1803 die ganze Fabrik
mit Gas einrichtete, was dann von vielen Fabriken nachgeahmt wurde.
Als Watt 1805 nach Glasgow kam, war auch dort das Gas schon in
ziemlich allgemeiner Anwendung. Murdocks Verdienst wurde von
der Royal Society in London anerkannt und mit der goldenen Medaille
belohnt. Die Gasbeleuchtung der Städte kam erst in den folgenden
Jahren durch einen Deutschen, Winzer (1809), und namentlich durch
Clegg auf, der die Londoner Gasbeleuchtung einrichtete.
Murdocks Lieblingsidee war eine Druckluftmaschine. Er führte
auch eine solche aus mit 12 Zoll Cylinder und 18 Zoll Hub, welche
er mit der gepreſsten Luft des Kupolofengebläses der Sohogieſserei
betrieb und damit eine Drehbank in der Modellierwerkstätte in
Bewegung setzte. Er machte auch einen Aufzug mit Druckluft,
welcher die Guſsstücke von der Gieſserei zu den Bohrmaschinen und
von da auf die Kanalsoole hob. Auch zu den Schellenzügen in seinem
Hause benutzte er sie bereits.
Der noch heute gebräuchliche Rostkitt für Guſseisen war gleich-
falls eine Erfindung Murdocks. Er war darauf gekommen, weil
durch ein Stückchen Salmiak, welches zufällig in seinen Werkzeug-
kasten gefallen war, Eisenfeilspäne so fest an ein Sägeblatt gerostet
waren, daſs sie kaum entfernt werden konnten. Versuche ergaben,
daſs sein Rostkitt (cast iron cement) besser war als Watts Metallkitt.
Als im Jahre 1800 Watts Patent für die Dampfmaschine erlosch,
löste sich auch die darauf begründete Handelsgesellschaft Watt und
Boulton auf. Boulton war damals 72, Watt 64 Jahre alt. Watt
fühlte sich erst jetzt ganz glücklich, als er alle Geschäftssorgen los
war. Boulton blieb in seiner Thätigkeit. Die Münze war jetzt seine
Hauptfreude. 1803, nach dem Frieden von Amiens, machte Watt die
längste Reise seines Lebens. In Gesellschaft seiner Frau fuhr er
durch Belgien, den Rhein herauf bis Frankfurt, von da nach Straſs-
burg und über Paris zurück.
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 3: Das XVIII. Jahrhundert. Braunschweig, 1897, S. 535. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen03_1897/549>, abgerufen am 22.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.