Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 3: Das XVIII. Jahrhundert. Braunschweig, 1897.

Bild:
<< vorherige Seite
James Watt und die Dampfmaschine.

Aber das Sprichwort, "wenn die Not am grössten, ist Gott am
nächsten", bestätigte sich an Watt. Sein Retter in der Not erschien
in der Person Matthew Boultons. Mit seiner Hülfe erst konnte
Watt das erreichen, was er erreicht hat. Matthew Boulton war
am 3. September 1728 in Birmingham geboren, als Sohn eines Fabri-
kanten von Birminghamer Metallwaren, besonders von Metallknöpfen.
Das Geschäft war ein aufblühendes, Matthew wuchs in ihm gross,
bethätigte eminentes technisches und kaufmännisches Geschick. Er
war seinem ganzen Wesen nach ein Geschäftsmann im grossen Stil.
Als ihm seine Werkstätten in Birmingham zu klein geworden waren,
gründete er die nachmals weltberühmte Fabrik zu Soho, zwei eng-
lische Meilen nördlich von Birmingham an der Strasse nach Wolver-
hampton. Hier erbaute er nach und nach Werkstätten für 1000 Arbeiter.

Er verfertigte kleinere Metallwaren aller Art, ausser Metallknöpfen
namentlich plattierte Waren zum Hausgebrauch wie zum Luxus, wobei
er auf Schönheit und Geschmack sah. Während Birminghamware
früher fast gleichbedeutend mit Schundware gewesen war, war es
Boultons eifrigstes Streben, nur Vollendetes auf den Markt zu bringen,
und es gelang ihm, den Namen Birmingham zu Ehren zu bringen.
Unter den vielen Artikeln, die er fabrizierte, gehörten auch Stand-
uhren, worin er erfolgreich mit der französischen Ware konkurrierte.
Hierzu hatte er eine mechanische Werkstätte nötig und dies führte
ihn zum Maschinenbau.

Matthew Boulton war ein Mann von rastloser Thätigkeit und
kühnem Unternehmungsgeist. Wo er einen Artikel fand, der zu seiner
Fabrikation passte und Gewinn versprach, griff er ihn auf, und wo
er ein Talent entdeckte, unterstützte er es und suchte es an sich zu
fesseln. Seine Fabrik wurde eine wahre Schule der Arbeit. Er
engagierte die besten Vorarbeiter und zog sich unter deren Anleitung
aus den Bauernjungen der Umgegend eine treffliche Arbeiterschar
gross. Soho hatte für die grossen Bedürfnisse der Fabrik keine
genügende Wasserkraft. Boulton beschäftigte sich deshalb schon seit
dem Jahre 1766 mit der Idee der Anlage einer Feuermaschine.
Watt besuchte Boulton in Soho und sah ihn da zum erstenmal im
Jahre 1769 auf der Rückreise von London, wo er seines Patentes
wegen gewesen war. Beide Männer schlossen sich sogleich aneinander
an und blieben von da an in Korrespondenz.

Watt fühlte, dass Boulton ihm mehr wie irgend ein anderer
behülflich sein könnte, seine Erfindung auszubeuten. Er suchte des-
halb Boulton zu veranlassen, sich mit Dr. Roebuck und ihm zu

James Watt und die Dampfmaschine.

Aber das Sprichwort, „wenn die Not am gröſsten, ist Gott am
nächsten“, bestätigte sich an Watt. Sein Retter in der Not erschien
in der Person Matthew Boultons. Mit seiner Hülfe erst konnte
Watt das erreichen, was er erreicht hat. Matthew Boulton war
am 3. September 1728 in Birmingham geboren, als Sohn eines Fabri-
kanten von Birminghamer Metallwaren, besonders von Metallknöpfen.
Das Geschäft war ein aufblühendes, Matthew wuchs in ihm groſs,
bethätigte eminentes technisches und kaufmännisches Geschick. Er
war seinem ganzen Wesen nach ein Geschäftsmann im groſsen Stil.
Als ihm seine Werkstätten in Birmingham zu klein geworden waren,
gründete er die nachmals weltberühmte Fabrik zu Soho, zwei eng-
lische Meilen nördlich von Birmingham an der Straſse nach Wolver-
hampton. Hier erbaute er nach und nach Werkstätten für 1000 Arbeiter.

Er verfertigte kleinere Metallwaren aller Art, auſser Metallknöpfen
namentlich plattierte Waren zum Hausgebrauch wie zum Luxus, wobei
er auf Schönheit und Geschmack sah. Während Birminghamware
früher fast gleichbedeutend mit Schundware gewesen war, war es
Boultons eifrigstes Streben, nur Vollendetes auf den Markt zu bringen,
und es gelang ihm, den Namen Birmingham zu Ehren zu bringen.
Unter den vielen Artikeln, die er fabrizierte, gehörten auch Stand-
uhren, worin er erfolgreich mit der französischen Ware konkurrierte.
Hierzu hatte er eine mechanische Werkstätte nötig und dies führte
ihn zum Maschinenbau.

Matthew Boulton war ein Mann von rastloser Thätigkeit und
kühnem Unternehmungsgeist. Wo er einen Artikel fand, der zu seiner
Fabrikation paſste und Gewinn versprach, griff er ihn auf, und wo
er ein Talent entdeckte, unterstützte er es und suchte es an sich zu
fesseln. Seine Fabrik wurde eine wahre Schule der Arbeit. Er
engagierte die besten Vorarbeiter und zog sich unter deren Anleitung
aus den Bauernjungen der Umgegend eine treffliche Arbeiterschar
groſs. Soho hatte für die groſsen Bedürfnisse der Fabrik keine
genügende Wasserkraft. Boulton beschäftigte sich deshalb schon seit
dem Jahre 1766 mit der Idee der Anlage einer Feuermaschine.
Watt besuchte Boulton in Soho und sah ihn da zum erstenmal im
Jahre 1769 auf der Rückreise von London, wo er seines Patentes
wegen gewesen war. Beide Männer schlossen sich sogleich aneinander
an und blieben von da an in Korrespondenz.

Watt fühlte, daſs Boulton ihm mehr wie irgend ein anderer
behülflich sein könnte, seine Erfindung auszubeuten. Er suchte des-
halb Boulton zu veranlassen, sich mit Dr. Roebuck und ihm zu

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <div n="5">
                <pb facs="#f0531" n="517"/>
                <fw place="top" type="header">James Watt und die Dampfmaschine.</fw><lb/>
                <p>Aber das Sprichwort, &#x201E;wenn die Not am grö&#x017F;sten, ist Gott am<lb/>
nächsten&#x201C;, bestätigte sich an <hi rendition="#g">Watt</hi>. Sein Retter in der Not erschien<lb/>
in der Person <hi rendition="#g">Matthew Boultons</hi>. Mit seiner Hülfe erst konnte<lb/><hi rendition="#g">Watt</hi> das erreichen, was er erreicht hat. <hi rendition="#g">Matthew Boulton</hi> war<lb/>
am 3. September 1728 in Birmingham geboren, als Sohn eines Fabri-<lb/>
kanten von Birminghamer Metallwaren, besonders von Metallknöpfen.<lb/>
Das Geschäft war ein aufblühendes, <hi rendition="#g">Matthew</hi> wuchs in ihm gro&#x017F;s,<lb/>
bethätigte eminentes technisches und kaufmännisches Geschick. Er<lb/>
war seinem ganzen Wesen nach ein Geschäftsmann im gro&#x017F;sen Stil.<lb/>
Als ihm seine Werkstätten in Birmingham zu klein geworden waren,<lb/>
gründete er die nachmals weltberühmte Fabrik zu Soho, zwei eng-<lb/>
lische Meilen nördlich von Birmingham an der Stra&#x017F;se nach Wolver-<lb/>
hampton. Hier erbaute er nach und nach Werkstätten für 1000 Arbeiter.</p><lb/>
                <p>Er verfertigte kleinere Metallwaren aller Art, au&#x017F;ser Metallknöpfen<lb/>
namentlich plattierte Waren zum Hausgebrauch wie zum Luxus, wobei<lb/>
er auf Schönheit und Geschmack sah. Während Birminghamware<lb/>
früher fast gleichbedeutend mit Schundware gewesen war, war es<lb/><hi rendition="#g">Boultons</hi> eifrigstes Streben, nur Vollendetes auf den Markt zu bringen,<lb/>
und es gelang ihm, den Namen Birmingham zu Ehren zu bringen.<lb/>
Unter den vielen Artikeln, die er fabrizierte, gehörten auch Stand-<lb/>
uhren, worin er erfolgreich mit der französischen Ware konkurrierte.<lb/>
Hierzu hatte er eine mechanische Werkstätte nötig und dies führte<lb/>
ihn zum Maschinenbau.</p><lb/>
                <p><hi rendition="#g">Matthew Boulton</hi> war ein Mann von rastloser Thätigkeit und<lb/>
kühnem Unternehmungsgeist. Wo er einen Artikel fand, der zu seiner<lb/>
Fabrikation pa&#x017F;ste und Gewinn versprach, griff er ihn auf, und wo<lb/>
er ein Talent entdeckte, unterstützte er es und suchte es an sich zu<lb/>
fesseln. Seine Fabrik wurde eine wahre Schule der Arbeit. Er<lb/>
engagierte die besten Vorarbeiter und zog sich unter deren Anleitung<lb/>
aus den Bauernjungen der Umgegend eine treffliche Arbeiterschar<lb/>
gro&#x017F;s. Soho hatte für die gro&#x017F;sen Bedürfnisse der Fabrik keine<lb/>
genügende Wasserkraft. <hi rendition="#g">Boulton</hi> beschäftigte sich deshalb schon seit<lb/>
dem Jahre 1766 mit der Idee der Anlage einer Feuermaschine.<lb/><hi rendition="#g">Watt</hi> besuchte <hi rendition="#g">Boulton</hi> in Soho und sah ihn da zum erstenmal im<lb/>
Jahre 1769 auf der Rückreise von London, wo er seines Patentes<lb/>
wegen gewesen war. Beide Männer schlossen sich sogleich aneinander<lb/>
an und blieben von da an in Korrespondenz.</p><lb/>
                <p><hi rendition="#g">Watt</hi> fühlte, da&#x017F;s <hi rendition="#g">Boulton</hi> ihm mehr wie irgend ein anderer<lb/>
behülflich sein könnte, seine Erfindung auszubeuten. Er suchte des-<lb/>
halb <hi rendition="#g">Boulton</hi> zu veranlassen, sich mit Dr. <hi rendition="#g">Roebuck</hi> und ihm zu<lb/></p>
              </div>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[517/0531] James Watt und die Dampfmaschine. Aber das Sprichwort, „wenn die Not am gröſsten, ist Gott am nächsten“, bestätigte sich an Watt. Sein Retter in der Not erschien in der Person Matthew Boultons. Mit seiner Hülfe erst konnte Watt das erreichen, was er erreicht hat. Matthew Boulton war am 3. September 1728 in Birmingham geboren, als Sohn eines Fabri- kanten von Birminghamer Metallwaren, besonders von Metallknöpfen. Das Geschäft war ein aufblühendes, Matthew wuchs in ihm groſs, bethätigte eminentes technisches und kaufmännisches Geschick. Er war seinem ganzen Wesen nach ein Geschäftsmann im groſsen Stil. Als ihm seine Werkstätten in Birmingham zu klein geworden waren, gründete er die nachmals weltberühmte Fabrik zu Soho, zwei eng- lische Meilen nördlich von Birmingham an der Straſse nach Wolver- hampton. Hier erbaute er nach und nach Werkstätten für 1000 Arbeiter. Er verfertigte kleinere Metallwaren aller Art, auſser Metallknöpfen namentlich plattierte Waren zum Hausgebrauch wie zum Luxus, wobei er auf Schönheit und Geschmack sah. Während Birminghamware früher fast gleichbedeutend mit Schundware gewesen war, war es Boultons eifrigstes Streben, nur Vollendetes auf den Markt zu bringen, und es gelang ihm, den Namen Birmingham zu Ehren zu bringen. Unter den vielen Artikeln, die er fabrizierte, gehörten auch Stand- uhren, worin er erfolgreich mit der französischen Ware konkurrierte. Hierzu hatte er eine mechanische Werkstätte nötig und dies führte ihn zum Maschinenbau. Matthew Boulton war ein Mann von rastloser Thätigkeit und kühnem Unternehmungsgeist. Wo er einen Artikel fand, der zu seiner Fabrikation paſste und Gewinn versprach, griff er ihn auf, und wo er ein Talent entdeckte, unterstützte er es und suchte es an sich zu fesseln. Seine Fabrik wurde eine wahre Schule der Arbeit. Er engagierte die besten Vorarbeiter und zog sich unter deren Anleitung aus den Bauernjungen der Umgegend eine treffliche Arbeiterschar groſs. Soho hatte für die groſsen Bedürfnisse der Fabrik keine genügende Wasserkraft. Boulton beschäftigte sich deshalb schon seit dem Jahre 1766 mit der Idee der Anlage einer Feuermaschine. Watt besuchte Boulton in Soho und sah ihn da zum erstenmal im Jahre 1769 auf der Rückreise von London, wo er seines Patentes wegen gewesen war. Beide Männer schlossen sich sogleich aneinander an und blieben von da an in Korrespondenz. Watt fühlte, daſs Boulton ihm mehr wie irgend ein anderer behülflich sein könnte, seine Erfindung auszubeuten. Er suchte des- halb Boulton zu veranlassen, sich mit Dr. Roebuck und ihm zu

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen03_1897
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen03_1897/531
Zitationshilfe: Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 3: Das XVIII. Jahrhundert. Braunschweig, 1897, S. 517. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen03_1897/531>, abgerufen am 16.07.2024.