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Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 3: Das XVIII. Jahrhundert. Braunschweig, 1897.

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James Watt und die Dampfmaschine.
ein Gewicht von 14 Pfund. Aber was nun? Bis dahin hatte Watt
die Sache mehr als eine physikalische Aufgabe betrachtet. Jetzt, da
der Nachweis erbracht war, dass seine Idee eine Verbesserung enthielt,
welche unschwer ausführbar war, musste die Sache im grossen aus-
geführt, eine Maschine, die wirklich Arbeit leisten konnte, gebaut
werden. Dazu fehlten Watt alle Mittel; aber das Glück war ihm
günstig. Dr. Roebuck, der Erbauer der grossartigen Eisenwerke bei
Carron, der kühne Unternehmer, war mit Dr. Black befreundet und
hörte von diesem gelegentlich von Watts Erfindung. Sofort nahm
er Interesse an der Sache und trat mit Watt in Korrespondenz.
Roebuck, unternehmend und rastlos thätig, war der richtige Mann,
Watt, der von Natur ängstlich und zaghaft war, zur Thätigkeit anzu-
spornen. Er ermahnte Watt, seine Erfindung zu betreiben, "einerlei,
ob als Physiker oder als Geschäftsmann", und erklärte sich bereit, ihm
bei Errichtung einer grösseren Maschine behülflich zu sein. Im
November 1765 schickte Watt Detailzeichnungen für einen Dampf-
cylinder und Kolben, welche in Carron gegossen werden sollten, an
Roebuck. Aber in der Kunst des Giessens und noch mehr in der
des Bohrens von Dampfcylindern war man damals in Carron noch
weit zurück. Trotz aller Mühe war der Cylinder so schlecht gebohrt,
dass er als unbrauchbar zur Seite gelegt werden musste.

Der Mangel guter Maschinenarbeiter bereitete Watt überhaupt
viele Mühe. Die Kolbenstange liess er in Glasgow unter seiner
persönlichen Aufsicht verfertigen und sie heimlich nach Kinneil, wo
die Maschine zusammengesetzt werden sollte, bringen. Watt besass
noch kein Patent, deshalb war Heimlichkeit geboten. Die Arbeit
rückte nur langsam voran. 1766 schrieb er an Roebuck, "meine
Hauptschwierigkeit beim Bau der Maschinen ist immer die Schmiede-
arbeit". Sein Geschäft in Glasgow ging zurück. Watt hatte nämlich,
um seine Verhältnisse zu verbessern, sich mit einem Kaufmann
associiert und ein Ladengeschäft in der Stadt angefangen. Sein Associe
starb aber bald und Watt sah sich gezwungen, das Geschäft auf-
zugeben. Durch den schlechten Gang des Geschäftes und seine Aus-
lagen für die Dampfmaschine hatte er sich in Schulden gestürzt. Um
seine Familie, die er inzwischen gegründet hatte, ernähren zu können,
übernahm er Vermessungsarbeiten; anfangs nur einfache Land-
vermessungen, bald aber wurden ihm grössere Arbeiten übertragen.
Es ist ein glänzender Beweis seiner Thätigkeit und der Wertschätzung,
in der er stand, dass ihm die Stadt Glasgow die Vermessungsarbeiten
für ein grosses Kanalprojekt übertrug. In dieser Angelegenheit kam

Beck, Geschichte des Eisens. 33

James Watt und die Dampfmaschine.
ein Gewicht von 14 Pfund. Aber was nun? Bis dahin hatte Watt
die Sache mehr als eine physikalische Aufgabe betrachtet. Jetzt, da
der Nachweis erbracht war, daſs seine Idee eine Verbesserung enthielt,
welche unschwer ausführbar war, muſste die Sache im groſsen aus-
geführt, eine Maschine, die wirklich Arbeit leisten konnte, gebaut
werden. Dazu fehlten Watt alle Mittel; aber das Glück war ihm
günstig. Dr. Roebuck, der Erbauer der groſsartigen Eisenwerke bei
Carron, der kühne Unternehmer, war mit Dr. Black befreundet und
hörte von diesem gelegentlich von Watts Erfindung. Sofort nahm
er Interesse an der Sache und trat mit Watt in Korrespondenz.
Roebuck, unternehmend und rastlos thätig, war der richtige Mann,
Watt, der von Natur ängstlich und zaghaft war, zur Thätigkeit anzu-
spornen. Er ermahnte Watt, seine Erfindung zu betreiben, „einerlei,
ob als Physiker oder als Geschäftsmann“, und erklärte sich bereit, ihm
bei Errichtung einer gröſseren Maschine behülflich zu sein. Im
November 1765 schickte Watt Detailzeichnungen für einen Dampf-
cylinder und Kolben, welche in Carron gegossen werden sollten, an
Roebuck. Aber in der Kunst des Gieſsens und noch mehr in der
des Bohrens von Dampfcylindern war man damals in Carron noch
weit zurück. Trotz aller Mühe war der Cylinder so schlecht gebohrt,
daſs er als unbrauchbar zur Seite gelegt werden muſste.

Der Mangel guter Maschinenarbeiter bereitete Watt überhaupt
viele Mühe. Die Kolbenstange lieſs er in Glasgow unter seiner
persönlichen Aufsicht verfertigen und sie heimlich nach Kinneil, wo
die Maschine zusammengesetzt werden sollte, bringen. Watt besaſs
noch kein Patent, deshalb war Heimlichkeit geboten. Die Arbeit
rückte nur langsam voran. 1766 schrieb er an Roebuck, „meine
Hauptschwierigkeit beim Bau der Maschinen ist immer die Schmiede-
arbeit“. Sein Geschäft in Glasgow ging zurück. Watt hatte nämlich,
um seine Verhältnisse zu verbessern, sich mit einem Kaufmann
associiert und ein Ladengeschäft in der Stadt angefangen. Sein Associé
starb aber bald und Watt sah sich gezwungen, das Geschäft auf-
zugeben. Durch den schlechten Gang des Geschäftes und seine Aus-
lagen für die Dampfmaschine hatte er sich in Schulden gestürzt. Um
seine Familie, die er inzwischen gegründet hatte, ernähren zu können,
übernahm er Vermessungsarbeiten; anfangs nur einfache Land-
vermessungen, bald aber wurden ihm gröſsere Arbeiten übertragen.
Es ist ein glänzender Beweis seiner Thätigkeit und der Wertschätzung,
in der er stand, daſs ihm die Stadt Glasgow die Vermessungsarbeiten
für ein groſses Kanalprojekt übertrug. In dieser Angelegenheit kam

Beck, Geschichte des Eisens. 33
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[513/0527] James Watt und die Dampfmaschine. ein Gewicht von 14 Pfund. Aber was nun? Bis dahin hatte Watt die Sache mehr als eine physikalische Aufgabe betrachtet. Jetzt, da der Nachweis erbracht war, daſs seine Idee eine Verbesserung enthielt, welche unschwer ausführbar war, muſste die Sache im groſsen aus- geführt, eine Maschine, die wirklich Arbeit leisten konnte, gebaut werden. Dazu fehlten Watt alle Mittel; aber das Glück war ihm günstig. Dr. Roebuck, der Erbauer der groſsartigen Eisenwerke bei Carron, der kühne Unternehmer, war mit Dr. Black befreundet und hörte von diesem gelegentlich von Watts Erfindung. Sofort nahm er Interesse an der Sache und trat mit Watt in Korrespondenz. Roebuck, unternehmend und rastlos thätig, war der richtige Mann, Watt, der von Natur ängstlich und zaghaft war, zur Thätigkeit anzu- spornen. Er ermahnte Watt, seine Erfindung zu betreiben, „einerlei, ob als Physiker oder als Geschäftsmann“, und erklärte sich bereit, ihm bei Errichtung einer gröſseren Maschine behülflich zu sein. Im November 1765 schickte Watt Detailzeichnungen für einen Dampf- cylinder und Kolben, welche in Carron gegossen werden sollten, an Roebuck. Aber in der Kunst des Gieſsens und noch mehr in der des Bohrens von Dampfcylindern war man damals in Carron noch weit zurück. Trotz aller Mühe war der Cylinder so schlecht gebohrt, daſs er als unbrauchbar zur Seite gelegt werden muſste. Der Mangel guter Maschinenarbeiter bereitete Watt überhaupt viele Mühe. Die Kolbenstange lieſs er in Glasgow unter seiner persönlichen Aufsicht verfertigen und sie heimlich nach Kinneil, wo die Maschine zusammengesetzt werden sollte, bringen. Watt besaſs noch kein Patent, deshalb war Heimlichkeit geboten. Die Arbeit rückte nur langsam voran. 1766 schrieb er an Roebuck, „meine Hauptschwierigkeit beim Bau der Maschinen ist immer die Schmiede- arbeit“. Sein Geschäft in Glasgow ging zurück. Watt hatte nämlich, um seine Verhältnisse zu verbessern, sich mit einem Kaufmann associiert und ein Ladengeschäft in der Stadt angefangen. Sein Associé starb aber bald und Watt sah sich gezwungen, das Geschäft auf- zugeben. Durch den schlechten Gang des Geschäftes und seine Aus- lagen für die Dampfmaschine hatte er sich in Schulden gestürzt. Um seine Familie, die er inzwischen gegründet hatte, ernähren zu können, übernahm er Vermessungsarbeiten; anfangs nur einfache Land- vermessungen, bald aber wurden ihm gröſsere Arbeiten übertragen. Es ist ein glänzender Beweis seiner Thätigkeit und der Wertschätzung, in der er stand, daſs ihm die Stadt Glasgow die Vermessungsarbeiten für ein groſses Kanalprojekt übertrug. In dieser Angelegenheit kam Beck, Geschichte des Eisens. 33

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Zitationshilfe: Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 3: Das XVIII. Jahrhundert. Braunschweig, 1897, S. 513. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen03_1897/527>, abgerufen am 16.07.2024.