Über die Fortschritte der Eisen- und Stahlveredelung in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts verdanken wir Sven Rinman einen vortrefflichen Bericht. Das Testament Polhems, der seinen Landsleuten die Eisen- und Stahlveredelung zum Nutzen des Vater- landes an das Herz gelegt hatte, fand in Rinman seinen eifrigsten Vollstrecker. Er widmete seine ganze Kraft bis zu seinem Ende der Aufgabe, die Industrie seines Landes zu heben, zu fördern und zu verbessern. Er folgte Polhem auch darin, dass er gerade auf die Veredelung besonderen Wert legte. In diesem Sinne ist sein vortreff- liches Buch: Anleitung zur Kenntnis der gröberen Eisen- und Stahl- veredelung und deren Verbesserung, welches 1772 erschien 1), verfasst. Er beschreibt die gröberen Eisen- und Stahlveredelungsverfahren, wie sie in Schweden in Übung standen, und knüpft an jedes einzelne seine Verbesserungsvorschläge. Die Beschreibungen sind so klar und praktisch, wie sie nur jemand geben konnte, der mit dem Gegen- stande durch und durch vertraut war. Bei Rinman war dies in ungewöhnlichem Grade der Fall, denn er bekleidete bereits seit 1760 die von den Hammerwerksbesitzern eigens für ihn und für die Ver- besserung des Eisenhammerwesens geschaffene Stellung eines Direktors der Schwarz- und Grobschmieden. Das Buch ist also das Ergebnis seiner Berufsthätigkeit und schon dadurch von grösserer Zuverlässig- keit. Es ist auch der früheste ausführliche Bericht über diesen Gegen- stand. Aus diesen Gründen legen wir es unserer Betrachtung über die gröbere Eisen- und Stahlveredelung im allgemeinen zu grunde und fügen bei den einzelnen Abschnitten nur das hinzu, was wir aus anderen Berichten und von anderen Ländern noch Bemerkenswertes aus der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts wissen.
Unter der gröberen Eisen- und Stahlveredelung begreift Rinman die Fabrikation aller Zwischenprodukte zwischen Frischeisen und fertigem Gebrauchsgegenstand. Das ist also in erster Linie alles Materialeisen, welches in den Schwarzschmieden, im Gegensatz zur Frischschmiede, dargestellt wird. Rohmaterial war Frischeisen, ausnahmsweise in Schweden auch zuweilen noch Osmund, der aber nicht mehr direkt aus Erzen, sondern aus altem Eisen bereitet wurde.
1) Anledning till Stal- och Jernsförädlingen och dess förbättring. 8°. Stock- holm 1772. Eine deutsche Übersetzung erschien in Wien 1790.
Eisen- und Stahlveredelung.
Eisen- und Stahlveredelung.
Über die Fortschritte der Eisen- und Stahlveredelung in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts verdanken wir Sven Rinman einen vortrefflichen Bericht. Das Testament Polhems, der seinen Landsleuten die Eisen- und Stahlveredelung zum Nutzen des Vater- landes an das Herz gelegt hatte, fand in Rinman seinen eifrigsten Vollstrecker. Er widmete seine ganze Kraft bis zu seinem Ende der Aufgabe, die Industrie seines Landes zu heben, zu fördern und zu verbessern. Er folgte Polhem auch darin, daſs er gerade auf die Veredelung besonderen Wert legte. In diesem Sinne ist sein vortreff- liches Buch: Anleitung zur Kenntnis der gröberen Eisen- und Stahl- veredelung und deren Verbesserung, welches 1772 erschien 1), verfaſst. Er beschreibt die gröberen Eisen- und Stahlveredelungsverfahren, wie sie in Schweden in Übung standen, und knüpft an jedes einzelne seine Verbesserungsvorschläge. Die Beschreibungen sind so klar und praktisch, wie sie nur jemand geben konnte, der mit dem Gegen- stande durch und durch vertraut war. Bei Rinman war dies in ungewöhnlichem Grade der Fall, denn er bekleidete bereits seit 1760 die von den Hammerwerksbesitzern eigens für ihn und für die Ver- besserung des Eisenhammerwesens geschaffene Stellung eines Direktors der Schwarz- und Grobschmieden. Das Buch ist also das Ergebnis seiner Berufsthätigkeit und schon dadurch von gröſserer Zuverlässig- keit. Es ist auch der früheste ausführliche Bericht über diesen Gegen- stand. Aus diesen Gründen legen wir es unserer Betrachtung über die gröbere Eisen- und Stahlveredelung im allgemeinen zu grunde und fügen bei den einzelnen Abschnitten nur das hinzu, was wir aus anderen Berichten und von anderen Ländern noch Bemerkenswertes aus der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts wissen.
Unter der gröberen Eisen- und Stahlveredelung begreift Rinman die Fabrikation aller Zwischenprodukte zwischen Frischeisen und fertigem Gebrauchsgegenstand. Das ist also in erster Linie alles Materialeisen, welches in den Schwarzschmieden, im Gegensatz zur Frischschmiede, dargestellt wird. Rohmaterial war Frischeisen, ausnahmsweise in Schweden auch zuweilen noch Osmund, der aber nicht mehr direkt aus Erzen, sondern aus altem Eisen bereitet wurde.
1) Anledning till Stål- och Jernsförädlingen och dess förbättring. 8°. Stock- holm 1772. Eine deutsche Übersetzung erschien in Wien 1790.
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><divn="4"><pbfacs="#f0446"n="432"/><fwplace="top"type="header">Eisen- und Stahlveredelung.</fw><lb/><divn="5"><head><hirendition="#b">Eisen- und Stahlveredelung.</hi></head><lb/><p>Über die Fortschritte der <hirendition="#g">Eisen</hi>- und <hirendition="#g">Stahlveredelung</hi> in<lb/>
der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts verdanken wir <hirendition="#g">Sven Rinman</hi><lb/>
einen vortrefflichen Bericht. Das Testament <hirendition="#g">Polhems</hi>, der seinen<lb/>
Landsleuten die Eisen- und Stahlveredelung zum Nutzen des Vater-<lb/>
landes an das Herz gelegt hatte, fand in <hirendition="#g">Rinman</hi> seinen eifrigsten<lb/>
Vollstrecker. Er widmete seine ganze Kraft bis zu seinem Ende der<lb/>
Aufgabe, die Industrie seines Landes zu heben, zu fördern und zu<lb/>
verbessern. Er folgte <hirendition="#g">Polhem</hi> auch darin, daſs er gerade auf die<lb/>
Veredelung besonderen Wert legte. In diesem Sinne ist sein vortreff-<lb/>
liches Buch: Anleitung zur Kenntnis der gröberen Eisen- und Stahl-<lb/>
veredelung und deren Verbesserung, welches 1772 erschien <noteplace="foot"n="1)">Anledning till Stål- och Jernsförädlingen och dess förbättring. 8°. Stock-<lb/>
holm 1772. Eine deutsche Übersetzung erschien in Wien 1790.</note>, verfaſst.<lb/>
Er beschreibt die gröberen Eisen- und Stahlveredelungsverfahren, wie<lb/>
sie in Schweden in Übung standen, und knüpft an jedes einzelne<lb/>
seine Verbesserungsvorschläge. Die Beschreibungen sind so klar und<lb/>
praktisch, wie sie nur jemand geben konnte, der mit dem Gegen-<lb/>
stande durch und durch vertraut war. Bei <hirendition="#g">Rinman</hi> war dies in<lb/>
ungewöhnlichem Grade der Fall, denn er bekleidete bereits seit 1760<lb/>
die von den Hammerwerksbesitzern eigens für ihn und für die Ver-<lb/>
besserung des Eisenhammerwesens geschaffene Stellung eines Direktors<lb/>
der Schwarz- und Grobschmieden. Das Buch ist also das Ergebnis<lb/>
seiner Berufsthätigkeit und schon dadurch von gröſserer Zuverlässig-<lb/>
keit. Es ist auch der früheste ausführliche Bericht über diesen Gegen-<lb/>
stand. Aus diesen Gründen legen wir es unserer Betrachtung über<lb/>
die gröbere Eisen- und Stahlveredelung im allgemeinen zu grunde<lb/>
und fügen bei den einzelnen Abschnitten nur das hinzu, was wir aus<lb/>
anderen Berichten und von anderen Ländern noch Bemerkenswertes<lb/>
aus der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts wissen.</p><lb/><p>Unter der <hirendition="#g">gröberen</hi> Eisen- und Stahlveredelung begreift<lb/><hirendition="#g">Rinman</hi> die Fabrikation aller Zwischenprodukte zwischen Frischeisen<lb/>
und fertigem Gebrauchsgegenstand. Das ist also in erster Linie alles<lb/>
Materialeisen, welches in den <hirendition="#g">Schwarzschmieden</hi>, im Gegensatz<lb/>
zur Frischschmiede, dargestellt wird. Rohmaterial war Frischeisen,<lb/>
ausnahmsweise in Schweden auch zuweilen noch Osmund, der aber<lb/>
nicht mehr direkt aus Erzen, sondern aus altem Eisen bereitet wurde.</p><lb/></div></div></div></div></div></body></text></TEI>
[432/0446]
Eisen- und Stahlveredelung.
Eisen- und Stahlveredelung.
Über die Fortschritte der Eisen- und Stahlveredelung in
der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts verdanken wir Sven Rinman
einen vortrefflichen Bericht. Das Testament Polhems, der seinen
Landsleuten die Eisen- und Stahlveredelung zum Nutzen des Vater-
landes an das Herz gelegt hatte, fand in Rinman seinen eifrigsten
Vollstrecker. Er widmete seine ganze Kraft bis zu seinem Ende der
Aufgabe, die Industrie seines Landes zu heben, zu fördern und zu
verbessern. Er folgte Polhem auch darin, daſs er gerade auf die
Veredelung besonderen Wert legte. In diesem Sinne ist sein vortreff-
liches Buch: Anleitung zur Kenntnis der gröberen Eisen- und Stahl-
veredelung und deren Verbesserung, welches 1772 erschien 1), verfaſst.
Er beschreibt die gröberen Eisen- und Stahlveredelungsverfahren, wie
sie in Schweden in Übung standen, und knüpft an jedes einzelne
seine Verbesserungsvorschläge. Die Beschreibungen sind so klar und
praktisch, wie sie nur jemand geben konnte, der mit dem Gegen-
stande durch und durch vertraut war. Bei Rinman war dies in
ungewöhnlichem Grade der Fall, denn er bekleidete bereits seit 1760
die von den Hammerwerksbesitzern eigens für ihn und für die Ver-
besserung des Eisenhammerwesens geschaffene Stellung eines Direktors
der Schwarz- und Grobschmieden. Das Buch ist also das Ergebnis
seiner Berufsthätigkeit und schon dadurch von gröſserer Zuverlässig-
keit. Es ist auch der früheste ausführliche Bericht über diesen Gegen-
stand. Aus diesen Gründen legen wir es unserer Betrachtung über
die gröbere Eisen- und Stahlveredelung im allgemeinen zu grunde
und fügen bei den einzelnen Abschnitten nur das hinzu, was wir aus
anderen Berichten und von anderen Ländern noch Bemerkenswertes
aus der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts wissen.
Unter der gröberen Eisen- und Stahlveredelung begreift
Rinman die Fabrikation aller Zwischenprodukte zwischen Frischeisen
und fertigem Gebrauchsgegenstand. Das ist also in erster Linie alles
Materialeisen, welches in den Schwarzschmieden, im Gegensatz
zur Frischschmiede, dargestellt wird. Rohmaterial war Frischeisen,
ausnahmsweise in Schweden auch zuweilen noch Osmund, der aber
nicht mehr direkt aus Erzen, sondern aus altem Eisen bereitet wurde.
1) Anledning till Stål- och Jernsförädlingen och dess förbättring. 8°. Stock-
holm 1772. Eine deutsche Übersetzung erschien in Wien 1790.
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 3: Das XVIII. Jahrhundert. Braunschweig, 1897, S. 432. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen03_1897/446>, abgerufen am 22.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.