Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 3: Das XVIII. Jahrhundert. Braunschweig, 1897.

Bild:
<< vorherige Seite

Das Eisenfrischen um die Mitte des 18. Jahrhunderts.
beschleunigt das Garen in hohem Masse. Das Roheisen wird wie ge-
wöhnlich in Form einer Ganz, die auf der Gichtplatte liegt und
allmählich vorgeschoben wird, aufgegeben. Man hält das Ende der-
selben in einem Abstand von etwa 0,10 m von der Form. Die Bälge
lässt man langsam angehen, verstärkt aber den Wind, sowie die ein-
geschmolzene Masse im Herd zunimmt. Während des Einschmelzens
findet das Ausheizen und Ausschmieden der Luppenstücke statt.
Schon 1/2 Stunde, nachdem das Einschmelzen begonnen hat, lässt man
Schlacke (Lech) laufen, indem der Frischer mit dem Handstachel
durch das Schlackenloch (die Lachthal) eine Öffnung macht, doch
muss er Sorge tragen, dass das Eisen noch von Schlacke bedeckt
ist, damit die Hitze saftig bleibt und nicht trocken wird. Letzteres
erkennt man leicht daran, dass helle Funken aus dem Feuer hervor-
brechen, die sich im Zickzack durchkreuzen. Der Frischer sagt dann
"es senget und lauset im Feuer" und giebt als Gegenmittel Hammer-
schlag auf. Das Ablassen des Lechs geschieht während des Ein-
schmelzens der Ganz und des Ausschmiedens drei- bis viermal. Bei
heissem oder Rohgang sieht der Lech rot aus (Heisslech), bei frischem
Gang weiss (Frischlech). Ist die Schlacke zu heiss oder zu roh und so
zähe, dass keine Scheidung erfolgt, so wirft der Frischer Schweisssand
auf, der sie dünnflüssig macht. Das Einschmelzen des Roheisens
wurde so lange fortgesetzt, bis 11/2 bis 2 Centner im Herd waren.
Es wurde aber kein bestimmtes Quantum eingewogen, sondern soviel
eingeschmolzen als der Herd fasste. War das Einschmelzen und das
Ausschmieden der vorigen Luppe beendet, und war das Eisen bereits
am Boden zu einem Frischklumpen zusammengegangen, so wurde das
Gebläse abgestellt, die Kohlen abgeräumt und der Frischklumpen
1/2 Stunde entblösst stehen gelassen, um abzukühlen, damit das fol-
gende Einschmelzen desto langsamer geschehe. Um das Erkalten des
Frischklumpens noch mehr zu befördern, wurde er mit Wasser
begossen
.

Nach einer halben Stunde wurde der Frischklumpen aufgebrochen,
in die Höhe gebracht und umgewendet, so dass die gare Seite, die
bisher unter der Form lag, gerade über dieselbe zu liegen kam.
Die gare Seite schmilzt jetzt zuerst nieder, kommt zu Boden und
bildet eine Luppe, woran sich das nachfolgende Frischeisen ansetzen
kann. Dies geschehe nicht, wenn die rohe Seite zuerst schmölze, auch
würde dann zu leicht die Form verbrennen. Beim Einschmelzen
der Luppe lässt man die Bälge rascher wechseln, da das gefrischte
Eisen grössere Hitze hierfür erfordert. Doch brauchte das harte,

26*

Das Eisenfrischen um die Mitte des 18. Jahrhunderts.
beschleunigt das Garen in hohem Maſse. Das Roheisen wird wie ge-
wöhnlich in Form einer Ganz, die auf der Gichtplatte liegt und
allmählich vorgeschoben wird, aufgegeben. Man hält das Ende der-
selben in einem Abstand von etwa 0,10 m von der Form. Die Bälge
läſst man langsam angehen, verstärkt aber den Wind, sowie die ein-
geschmolzene Masse im Herd zunimmt. Während des Einschmelzens
findet das Ausheizen und Ausschmieden der Luppenstücke statt.
Schon ½ Stunde, nachdem das Einschmelzen begonnen hat, läſst man
Schlacke (Lech) laufen, indem der Frischer mit dem Handstachel
durch das Schlackenloch (die Lachthal) eine Öffnung macht, doch
muſs er Sorge tragen, daſs das Eisen noch von Schlacke bedeckt
ist, damit die Hitze saftig bleibt und nicht trocken wird. Letzteres
erkennt man leicht daran, daſs helle Funken aus dem Feuer hervor-
brechen, die sich im Zickzack durchkreuzen. Der Frischer sagt dann
„es senget und lauset im Feuer“ und giebt als Gegenmittel Hammer-
schlag auf. Das Ablassen des Lechs geschieht während des Ein-
schmelzens der Ganz und des Ausschmiedens drei- bis viermal. Bei
heiſsem oder Rohgang sieht der Lech rot aus (Heiſslech), bei frischem
Gang weiſs (Frischlech). Ist die Schlacke zu heiſs oder zu roh und so
zähe, daſs keine Scheidung erfolgt, so wirft der Frischer Schweiſssand
auf, der sie dünnflüssig macht. Das Einschmelzen des Roheisens
wurde so lange fortgesetzt, bis 1½ bis 2 Centner im Herd waren.
Es wurde aber kein bestimmtes Quantum eingewogen, sondern soviel
eingeschmolzen als der Herd faſste. War das Einschmelzen und das
Ausschmieden der vorigen Luppe beendet, und war das Eisen bereits
am Boden zu einem Frischklumpen zusammengegangen, so wurde das
Gebläse abgestellt, die Kohlen abgeräumt und der Frischklumpen
½ Stunde entblöſst stehen gelassen, um abzukühlen, damit das fol-
gende Einschmelzen desto langsamer geschehe. Um das Erkalten des
Frischklumpens noch mehr zu befördern, wurde er mit Wasser
begossen
.

Nach einer halben Stunde wurde der Frischklumpen aufgebrochen,
in die Höhe gebracht und umgewendet, so daſs die gare Seite, die
bisher unter der Form lag, gerade über dieselbe zu liegen kam.
Die gare Seite schmilzt jetzt zuerst nieder, kommt zu Boden und
bildet eine Luppe, woran sich das nachfolgende Frischeisen ansetzen
kann. Dies geschehe nicht, wenn die rohe Seite zuerst schmölze, auch
würde dann zu leicht die Form verbrennen. Beim Einschmelzen
der Luppe läſst man die Bälge rascher wechseln, da das gefrischte
Eisen gröſsere Hitze hierfür erfordert. Doch brauchte das harte,

26*
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <div n="5">
                <p><pb facs="#f0417" n="403"/><fw place="top" type="header">Das Eisenfrischen um die Mitte des 18. Jahrhunderts.</fw><lb/>
beschleunigt das Garen in hohem Ma&#x017F;se. Das Roheisen wird wie ge-<lb/>
wöhnlich in Form einer Ganz, die auf der Gichtplatte liegt und<lb/>
allmählich vorgeschoben wird, aufgegeben. Man hält das Ende der-<lb/>
selben in einem Abstand von etwa 0,10 m von der Form. Die Bälge<lb/>&#x017F;st man langsam angehen, verstärkt aber den Wind, sowie die ein-<lb/>
geschmolzene Masse im Herd zunimmt. Während des Einschmelzens<lb/>
findet das Ausheizen und Ausschmieden der Luppenstücke statt.<lb/>
Schon ½ Stunde, nachdem das Einschmelzen begonnen hat, lä&#x017F;st man<lb/>
Schlacke (Lech) laufen, indem der Frischer mit dem Handstachel<lb/>
durch das Schlackenloch (die Lachthal) eine Öffnung macht, doch<lb/>
mu&#x017F;s er Sorge tragen, da&#x017F;s das Eisen noch von Schlacke bedeckt<lb/>
ist, damit die Hitze saftig bleibt und nicht trocken wird. Letzteres<lb/>
erkennt man leicht daran, da&#x017F;s helle Funken aus dem Feuer hervor-<lb/>
brechen, die sich im Zickzack durchkreuzen. Der Frischer sagt dann<lb/>
&#x201E;es senget und lauset im Feuer&#x201C; und giebt als Gegenmittel Hammer-<lb/>
schlag auf. Das Ablassen des Lechs geschieht während des Ein-<lb/>
schmelzens der Ganz und des Ausschmiedens drei- bis viermal. Bei<lb/>
hei&#x017F;sem oder Rohgang sieht der Lech rot aus (Hei&#x017F;slech), bei frischem<lb/>
Gang wei&#x017F;s (Frischlech). Ist die Schlacke zu hei&#x017F;s oder zu roh und so<lb/>
zähe, da&#x017F;s keine Scheidung erfolgt, so wirft der Frischer Schwei&#x017F;ssand<lb/>
auf, der sie dünnflüssig macht. Das Einschmelzen des Roheisens<lb/>
wurde so lange fortgesetzt, bis 1½ bis 2 Centner im Herd waren.<lb/>
Es wurde aber kein bestimmtes Quantum eingewogen, sondern soviel<lb/>
eingeschmolzen als der Herd fa&#x017F;ste. War das Einschmelzen und das<lb/>
Ausschmieden der vorigen Luppe beendet, und war das Eisen bereits<lb/>
am Boden zu einem Frischklumpen zusammengegangen, so wurde das<lb/>
Gebläse abgestellt, die Kohlen abgeräumt und der Frischklumpen<lb/>
½ Stunde entblö&#x017F;st stehen gelassen, um abzukühlen, damit das fol-<lb/>
gende Einschmelzen desto langsamer geschehe. Um das Erkalten des<lb/>
Frischklumpens noch mehr zu befördern, wurde er <hi rendition="#g">mit Wasser<lb/>
begossen</hi>.</p><lb/>
                <p>Nach einer halben Stunde wurde der Frischklumpen aufgebrochen,<lb/>
in die Höhe gebracht und umgewendet, so da&#x017F;s die gare Seite, die<lb/>
bisher unter der Form lag, gerade über dieselbe zu liegen kam.<lb/>
Die gare Seite schmilzt jetzt zuerst nieder, kommt zu Boden und<lb/>
bildet eine Luppe, woran sich das nachfolgende Frischeisen ansetzen<lb/>
kann. Dies geschehe nicht, wenn die rohe Seite zuerst schmölze, auch<lb/>
würde dann zu leicht die Form verbrennen. Beim Einschmelzen<lb/>
der Luppe lä&#x017F;st man die Bälge rascher wechseln, da das gefrischte<lb/>
Eisen grö&#x017F;sere Hitze hierfür erfordert. Doch brauchte das harte,<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">26*</fw><lb/></p>
              </div>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[403/0417] Das Eisenfrischen um die Mitte des 18. Jahrhunderts. beschleunigt das Garen in hohem Maſse. Das Roheisen wird wie ge- wöhnlich in Form einer Ganz, die auf der Gichtplatte liegt und allmählich vorgeschoben wird, aufgegeben. Man hält das Ende der- selben in einem Abstand von etwa 0,10 m von der Form. Die Bälge läſst man langsam angehen, verstärkt aber den Wind, sowie die ein- geschmolzene Masse im Herd zunimmt. Während des Einschmelzens findet das Ausheizen und Ausschmieden der Luppenstücke statt. Schon ½ Stunde, nachdem das Einschmelzen begonnen hat, läſst man Schlacke (Lech) laufen, indem der Frischer mit dem Handstachel durch das Schlackenloch (die Lachthal) eine Öffnung macht, doch muſs er Sorge tragen, daſs das Eisen noch von Schlacke bedeckt ist, damit die Hitze saftig bleibt und nicht trocken wird. Letzteres erkennt man leicht daran, daſs helle Funken aus dem Feuer hervor- brechen, die sich im Zickzack durchkreuzen. Der Frischer sagt dann „es senget und lauset im Feuer“ und giebt als Gegenmittel Hammer- schlag auf. Das Ablassen des Lechs geschieht während des Ein- schmelzens der Ganz und des Ausschmiedens drei- bis viermal. Bei heiſsem oder Rohgang sieht der Lech rot aus (Heiſslech), bei frischem Gang weiſs (Frischlech). Ist die Schlacke zu heiſs oder zu roh und so zähe, daſs keine Scheidung erfolgt, so wirft der Frischer Schweiſssand auf, der sie dünnflüssig macht. Das Einschmelzen des Roheisens wurde so lange fortgesetzt, bis 1½ bis 2 Centner im Herd waren. Es wurde aber kein bestimmtes Quantum eingewogen, sondern soviel eingeschmolzen als der Herd faſste. War das Einschmelzen und das Ausschmieden der vorigen Luppe beendet, und war das Eisen bereits am Boden zu einem Frischklumpen zusammengegangen, so wurde das Gebläse abgestellt, die Kohlen abgeräumt und der Frischklumpen ½ Stunde entblöſst stehen gelassen, um abzukühlen, damit das fol- gende Einschmelzen desto langsamer geschehe. Um das Erkalten des Frischklumpens noch mehr zu befördern, wurde er mit Wasser begossen. Nach einer halben Stunde wurde der Frischklumpen aufgebrochen, in die Höhe gebracht und umgewendet, so daſs die gare Seite, die bisher unter der Form lag, gerade über dieselbe zu liegen kam. Die gare Seite schmilzt jetzt zuerst nieder, kommt zu Boden und bildet eine Luppe, woran sich das nachfolgende Frischeisen ansetzen kann. Dies geschehe nicht, wenn die rohe Seite zuerst schmölze, auch würde dann zu leicht die Form verbrennen. Beim Einschmelzen der Luppe läſst man die Bälge rascher wechseln, da das gefrischte Eisen gröſsere Hitze hierfür erfordert. Doch brauchte das harte, 26*

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen03_1897
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen03_1897/417
Zitationshilfe: Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 3: Das XVIII. Jahrhundert. Braunschweig, 1897, S. 403. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen03_1897/417>, abgerufen am 22.11.2024.