Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 3: Das XVIII. Jahrhundert. Braunschweig, 1897.

Bild:
<< vorherige Seite

Das Eisenfrischen um die Mitte des 18. Jahrhunderts.
fahren dagegen zulässig und da es ökonomisch vorteilhaft ist, hat es
sich auch in Deutschland in manchen Gegenden eingebürgert. Zuerst
geschah dies am Rhein, vermutlich im Wiedischen, weshalb das Kalt-
frischen in Deutschland meist als Rheinisches Frischen und die
Frischessen als rheinische Frischfeuer bezeichnet wurden.

In Schmalkalden war mit der Einführung der hohen Blauöfen
auch das rheinische oder Kaltfrischfeuer eingeführt worden.
Allerdings ging nebenher gleichzeitig mit dem Betrieb der niedrigen
Blauöfen auch noch der eigentliche Löschfeuerbetrieb. Bei diesem
wurden die "Stücke" von den "Gössen" der niedrigen Blauöfen (Stück-
öfen) mit Scheibeneisen im Löschherd eingeschmolzen und zu weichem
Eisen verfrischt (s. Bd. I, S. 828 u. Bd. II, S. 211).

Die grössere Menge des in den hohen Blauöfen erblasenen Roh-
eisens wurde aber im Kaltfrischfeuer zugute gemacht. Zu diesem
Zwecke führte man den Betrieb der Flossöfen, wie in Steiermark, auf
gares, "weiches", luckiges, d. h. weisses, feinstrahliges Roheisen voller
Löcher, die mit bunter, besonders stahlblauer Farbe angelaufen
waren, aus dem man weiches Eisen erhielt. -- Das Frischfeuer,
das mit gusseisernen Zacken, von denen die Formplatte in den Herd,
die Gichtplatte nach aussen geneigt waren, zugestellt war, hatte grosse
Ähnlichkeit mit dem (Bd. I, Fig. 69 u. 70, Seite 229, abgebildeten)
Siegerländer Frischherd. Auf der Schlackenplattenseite befand sich
kein Zacken, sondern nur die Essbank, die auf zwei Steinen ruhte.
Unter dem Frischboden befand sich eine Höhlung, der Tümpel, der
mit einer zu Tag ausgehenden Röhre in Verbindung stand, in wel-
cher, wenn der Frischboden zu warm war, Wasser zum Abkühlen
zugelassen wurde. Form- und Gichtzacken waren 2 Fuss 4 Zoll
(0,70 m), Rückenzacken und Schlackenplatte 2 Fuss 2 Zoll (0,65 m)
lang und 1 Fuss (0,30 m) hoch. Die kupferne Form, deren Mündung
0,037 x 0,025 m betrug, ragte 0,060 m in den Herd. Ihre Höhe vom
Boden war verschieden, je nachdem hartes oder weiches Roheisen
verfrischt wurde. Bei letzterem betrug die Höhe 0,30 m, bei ersterem
0,25 m. Die Neigung der Form betrug 5 bis 6 Grad, bei hartem Roh-
eisen mehr wie bei weichem. Die Bälge waren 2,70 m lang und
0,975 m breit. Die 1 m langen Düsen lagen 0,102 m von der Form-
mündung ab. Nachdem die Kohlen im Herd entzündet sind, giebt
der Frischer Kohlen und darüber Lech von der vorigen Arbeit auf.
Dann setzt er, wenn er hartes Eisen frischen will, 6 bis 10 kg Roh-
eisen ein, welche voraus garen und den sogenannten "Frischvogel"
bilden. Bei weichem Roheisen ist dies nicht nötig. Der Frischvogel

Das Eisenfrischen um die Mitte des 18. Jahrhunderts.
fahren dagegen zulässig und da es ökonomisch vorteilhaft ist, hat es
sich auch in Deutschland in manchen Gegenden eingebürgert. Zuerst
geschah dies am Rhein, vermutlich im Wiedischen, weshalb das Kalt-
frischen in Deutschland meist als Rheinisches Frischen und die
Frischessen als rheinische Frischfeuer bezeichnet wurden.

In Schmalkalden war mit der Einführung der hohen Blauöfen
auch das rheinische oder Kaltfrischfeuer eingeführt worden.
Allerdings ging nebenher gleichzeitig mit dem Betrieb der niedrigen
Blauöfen auch noch der eigentliche Löschfeuerbetrieb. Bei diesem
wurden die „Stücke“ von den „Gössen“ der niedrigen Blauöfen (Stück-
öfen) mit Scheibeneisen im Löschherd eingeschmolzen und zu weichem
Eisen verfrischt (s. Bd. I, S. 828 u. Bd. II, S. 211).

Die gröſsere Menge des in den hohen Blauöfen erblasenen Roh-
eisens wurde aber im Kaltfrischfeuer zugute gemacht. Zu diesem
Zwecke führte man den Betrieb der Floſsöfen, wie in Steiermark, auf
gares, „weiches“, luckiges, d. h. weiſses, feinstrahliges Roheisen voller
Löcher, die mit bunter, besonders stahlblauer Farbe angelaufen
waren, aus dem man weiches Eisen erhielt. — Das Frischfeuer,
das mit guſseisernen Zacken, von denen die Formplatte in den Herd,
die Gichtplatte nach auſsen geneigt waren, zugestellt war, hatte groſse
Ähnlichkeit mit dem (Bd. I, Fig. 69 u. 70, Seite 229, abgebildeten)
Siegerländer Frischherd. Auf der Schlackenplattenseite befand sich
kein Zacken, sondern nur die Eſsbank, die auf zwei Steinen ruhte.
Unter dem Frischboden befand sich eine Höhlung, der Tümpel, der
mit einer zu Tag ausgehenden Röhre in Verbindung stand, in wel-
cher, wenn der Frischboden zu warm war, Wasser zum Abkühlen
zugelassen wurde. Form- und Gichtzacken waren 2 Fuſs 4 Zoll
(0,70 m), Rückenzacken und Schlackenplatte 2 Fuſs 2 Zoll (0,65 m)
lang und 1 Fuſs (0,30 m) hoch. Die kupferne Form, deren Mündung
0,037 × 0,025 m betrug, ragte 0,060 m in den Herd. Ihre Höhe vom
Boden war verschieden, je nachdem hartes oder weiches Roheisen
verfrischt wurde. Bei letzterem betrug die Höhe 0,30 m, bei ersterem
0,25 m. Die Neigung der Form betrug 5 bis 6 Grad, bei hartem Roh-
eisen mehr wie bei weichem. Die Bälge waren 2,70 m lang und
0,975 m breit. Die 1 m langen Düsen lagen 0,102 m von der Form-
mündung ab. Nachdem die Kohlen im Herd entzündet sind, giebt
der Frischer Kohlen und darüber Lech von der vorigen Arbeit auf.
Dann setzt er, wenn er hartes Eisen frischen will, 6 bis 10 kg Roh-
eisen ein, welche voraus garen und den sogenannten „Frischvogel“
bilden. Bei weichem Roheisen ist dies nicht nötig. Der Frischvogel

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <div n="5">
                <p><pb facs="#f0416" n="402"/><fw place="top" type="header">Das Eisenfrischen um die Mitte des 18. Jahrhunderts.</fw><lb/>
fahren dagegen zulässig und da es ökonomisch vorteilhaft ist, hat es<lb/>
sich auch in Deutschland in manchen Gegenden eingebürgert. Zuerst<lb/>
geschah dies am Rhein, vermutlich im Wiedischen, weshalb das Kalt-<lb/>
frischen in Deutschland meist als <hi rendition="#g">Rheinisches Frischen</hi> und die<lb/>
Frischessen als rheinische Frischfeuer bezeichnet wurden.</p><lb/>
                <p>In <hi rendition="#g">Schmalkalden</hi> war mit der Einführung der hohen Blauöfen<lb/>
auch das <hi rendition="#g">rheinische</hi> oder <hi rendition="#g">Kaltfrischfeuer</hi> eingeführt worden.<lb/>
Allerdings ging nebenher gleichzeitig mit dem Betrieb der niedrigen<lb/>
Blauöfen auch noch der eigentliche Löschfeuerbetrieb. Bei diesem<lb/>
wurden die &#x201E;Stücke&#x201C; von den &#x201E;Gössen&#x201C; der niedrigen Blauöfen (Stück-<lb/>
öfen) mit Scheibeneisen im Löschherd eingeschmolzen und zu weichem<lb/>
Eisen verfrischt (s. Bd. I, S. 828 u. Bd. II, S. 211).</p><lb/>
                <p>Die grö&#x017F;sere Menge des in den hohen Blauöfen erblasenen Roh-<lb/>
eisens wurde aber im Kaltfrischfeuer zugute gemacht. Zu diesem<lb/>
Zwecke führte man den Betrieb der Flo&#x017F;söfen, wie in Steiermark, auf<lb/>
gares, &#x201E;weiches&#x201C;, luckiges, d. h. wei&#x017F;ses, feinstrahliges Roheisen voller<lb/>
Löcher, die mit bunter, besonders stahlblauer Farbe angelaufen<lb/>
waren, aus dem man weiches Eisen erhielt. &#x2014; Das Frischfeuer,<lb/>
das mit gu&#x017F;seisernen Zacken, von denen die Formplatte in den Herd,<lb/>
die Gichtplatte nach au&#x017F;sen geneigt waren, zugestellt war, hatte gro&#x017F;se<lb/>
Ähnlichkeit mit dem (Bd. I, Fig. 69 u. 70, Seite 229, abgebildeten)<lb/>
Siegerländer Frischherd. Auf der Schlackenplattenseite befand sich<lb/>
kein Zacken, sondern nur die E&#x017F;sbank, die auf zwei Steinen ruhte.<lb/>
Unter dem Frischboden befand sich eine Höhlung, der Tümpel, der<lb/>
mit einer zu Tag ausgehenden Röhre in Verbindung stand, in wel-<lb/>
cher, wenn der Frischboden zu warm war, Wasser zum Abkühlen<lb/>
zugelassen wurde. Form- und Gichtzacken waren 2 Fu&#x017F;s 4 Zoll<lb/>
(0,70 m), Rückenzacken und Schlackenplatte 2 Fu&#x017F;s 2 Zoll (0,65 m)<lb/>
lang und 1 Fu&#x017F;s (0,30 m) hoch. Die kupferne Form, deren Mündung<lb/>
0,037 × 0,025 m betrug, ragte 0,060 m in den Herd. Ihre Höhe vom<lb/>
Boden war verschieden, je nachdem hartes oder weiches Roheisen<lb/>
verfrischt wurde. Bei letzterem betrug die Höhe 0,30 m, bei ersterem<lb/>
0,25 m. Die Neigung der Form betrug 5 bis 6 Grad, bei hartem Roh-<lb/>
eisen mehr wie bei weichem. Die Bälge waren 2,70 m lang und<lb/>
0,975 m breit. Die 1 m langen Düsen lagen 0,102 m von der Form-<lb/>
mündung ab. Nachdem die Kohlen im Herd entzündet sind, giebt<lb/>
der Frischer Kohlen und darüber Lech von der vorigen Arbeit auf.<lb/>
Dann setzt er, wenn er hartes Eisen frischen will, 6 bis 10 kg Roh-<lb/>
eisen ein, welche voraus garen und den sogenannten &#x201E;Frischvogel&#x201C;<lb/>
bilden. Bei weichem Roheisen ist dies nicht nötig. Der Frischvogel<lb/></p>
              </div>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[402/0416] Das Eisenfrischen um die Mitte des 18. Jahrhunderts. fahren dagegen zulässig und da es ökonomisch vorteilhaft ist, hat es sich auch in Deutschland in manchen Gegenden eingebürgert. Zuerst geschah dies am Rhein, vermutlich im Wiedischen, weshalb das Kalt- frischen in Deutschland meist als Rheinisches Frischen und die Frischessen als rheinische Frischfeuer bezeichnet wurden. In Schmalkalden war mit der Einführung der hohen Blauöfen auch das rheinische oder Kaltfrischfeuer eingeführt worden. Allerdings ging nebenher gleichzeitig mit dem Betrieb der niedrigen Blauöfen auch noch der eigentliche Löschfeuerbetrieb. Bei diesem wurden die „Stücke“ von den „Gössen“ der niedrigen Blauöfen (Stück- öfen) mit Scheibeneisen im Löschherd eingeschmolzen und zu weichem Eisen verfrischt (s. Bd. I, S. 828 u. Bd. II, S. 211). Die gröſsere Menge des in den hohen Blauöfen erblasenen Roh- eisens wurde aber im Kaltfrischfeuer zugute gemacht. Zu diesem Zwecke führte man den Betrieb der Floſsöfen, wie in Steiermark, auf gares, „weiches“, luckiges, d. h. weiſses, feinstrahliges Roheisen voller Löcher, die mit bunter, besonders stahlblauer Farbe angelaufen waren, aus dem man weiches Eisen erhielt. — Das Frischfeuer, das mit guſseisernen Zacken, von denen die Formplatte in den Herd, die Gichtplatte nach auſsen geneigt waren, zugestellt war, hatte groſse Ähnlichkeit mit dem (Bd. I, Fig. 69 u. 70, Seite 229, abgebildeten) Siegerländer Frischherd. Auf der Schlackenplattenseite befand sich kein Zacken, sondern nur die Eſsbank, die auf zwei Steinen ruhte. Unter dem Frischboden befand sich eine Höhlung, der Tümpel, der mit einer zu Tag ausgehenden Röhre in Verbindung stand, in wel- cher, wenn der Frischboden zu warm war, Wasser zum Abkühlen zugelassen wurde. Form- und Gichtzacken waren 2 Fuſs 4 Zoll (0,70 m), Rückenzacken und Schlackenplatte 2 Fuſs 2 Zoll (0,65 m) lang und 1 Fuſs (0,30 m) hoch. Die kupferne Form, deren Mündung 0,037 × 0,025 m betrug, ragte 0,060 m in den Herd. Ihre Höhe vom Boden war verschieden, je nachdem hartes oder weiches Roheisen verfrischt wurde. Bei letzterem betrug die Höhe 0,30 m, bei ersterem 0,25 m. Die Neigung der Form betrug 5 bis 6 Grad, bei hartem Roh- eisen mehr wie bei weichem. Die Bälge waren 2,70 m lang und 0,975 m breit. Die 1 m langen Düsen lagen 0,102 m von der Form- mündung ab. Nachdem die Kohlen im Herd entzündet sind, giebt der Frischer Kohlen und darüber Lech von der vorigen Arbeit auf. Dann setzt er, wenn er hartes Eisen frischen will, 6 bis 10 kg Roh- eisen ein, welche voraus garen und den sogenannten „Frischvogel“ bilden. Bei weichem Roheisen ist dies nicht nötig. Der Frischvogel

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen03_1897
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen03_1897/416
Zitationshilfe: Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 3: Das XVIII. Jahrhundert. Braunschweig, 1897, S. 402. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen03_1897/416>, abgerufen am 19.07.2024.