Das Eisenfrischen um die Mitte des 18. Jahrhunderts.
Johann-Georgenstadt sagt er nur, dass es zu Dünneisen für Weiss- blech verschmiedet werde. Zu Heinrichsgrün verfrischte man graues Roheisen. Dasselbe musste fein- und schwarzkörnig sein. Aus weissem Eisen konnte man dort kein weiches Eisen machen. Die Arbeiter erkannten an der Brechstange, womit sie in das geschmolzene Eisen hineingingen, und an den Funken, die es von sich gab, ob es hinläng- lich ausgefrischt war. -- Aus dieser Bemerkung lässt sich schliessen, dass es die böhmische Anlaufschmiede war, welche, wie in Horzowiz, auch in Heinrichsgrün in Anwendung stand. Dies wird bestätigt durch von Stockenström und Rinman. Nach einer genauen Beschreibung der Anlaufschmiede von Johann-Georgenstadt von erste- rem hat Rinman dieselbe in seiner Geschichte des Eisens beschrieben. Jars erwähnt noch, dass sie sich auch nach der Menge und Beschaffen- heit der Schlacken, welche sie abstachen, richteten. Der Frischprozess dauerte ungefähr zwei Stunden. Das Stabeisen war grobkörnig und kaltbrüchig; in der Hitze aber jedenfalls sehr weich, weil es ebenfalls zu Weissblech verarbeitet wurde.
Die böhmische Anlaufschmiede gehört zu der deutschen Frisch- oder Aufbrechschmiede. Sie war in der zweiten Hälfte des vorigen und der ersten Hälfte dieses Jahrhunderts verbreitet in Böhmen, Sachsen, Schlesien und Mähren. Der Feuerbau war ganz derselbe wie bei dem gewöhnlichen deutschen Frischherd1). Er war aus drei Guss- zacken und dem Gussboden hergestellt, 211/2 x 23 Zoll. Der 23 Zoll lange Formzacken war in den Herd geneigt (s. Fig. 111). Die kupferne Form war fast viereckig, 11/2 Zoll breit, 1 1/10 Zoll hoch, ragte 3 Zoll in den Herd und hatte 10 Grad Neigung. Erst wurde ein Löscheboden besonders in den Ecken gemacht, darauf ein Schlackenboden, der an der Windseite stärker war. Auf das Schlackenbett wurde das ein- zuschmelzende Roheisen, 250 bis 260 Pfund, in einem regelmässigen Stoss aufgesetzt (siehe Fig. 113), der, um ihn vor dem Umfallen zu bewahren, mit einigen Schwallstücken verspreizt ward. Der Raum zwischen dem Stoss und der Formwand wurde mit Holzkohlen gefüllt und der Wind mit 6 bis 8 Zoll Wassersäule Druck angelassen. Der ganze Vorgang zerfiel in vier Perioden, das Ausheizen und gleich- zeitiges Roheiseneinschmelzen, das Garen, das Anlaufen und das Luppen- machen.
Beim Ausheizen wurde nur etwa die Hälfte des Eisens, gewöhn-
1) Siehe Rinman, Geschichte des Eisens, deutsch von Karsten, Bd. I, S. 577. Tunner, d. wohlunterrichtete Hammermeister, Bd. II, S. 191.
Das Eisenfrischen um die Mitte des 18. Jahrhunderts.
Johann-Georgenstadt sagt er nur, daſs es zu Dünneisen für Weiſs- blech verschmiedet werde. Zu Heinrichsgrün verfrischte man graues Roheisen. Dasselbe muſste fein- und schwarzkörnig sein. Aus weiſsem Eisen konnte man dort kein weiches Eisen machen. Die Arbeiter erkannten an der Brechstange, womit sie in das geschmolzene Eisen hineingingen, und an den Funken, die es von sich gab, ob es hinläng- lich ausgefrischt war. — Aus dieser Bemerkung läſst sich schlieſsen, daſs es die böhmische Anlaufschmiede war, welche, wie in Horzowiz, auch in Heinrichsgrün in Anwendung stand. Dies wird bestätigt durch von Stockenström und Rinman. Nach einer genauen Beschreibung der Anlaufschmiede von Johann-Georgenstadt von erste- rem hat Rinman dieselbe in seiner Geschichte des Eisens beschrieben. Jars erwähnt noch, daſs sie sich auch nach der Menge und Beschaffen- heit der Schlacken, welche sie abstachen, richteten. Der Frischprozeſs dauerte ungefähr zwei Stunden. Das Stabeisen war grobkörnig und kaltbrüchig; in der Hitze aber jedenfalls sehr weich, weil es ebenfalls zu Weiſsblech verarbeitet wurde.
Die böhmische Anlaufschmiede gehört zu der deutschen Frisch- oder Aufbrechschmiede. Sie war in der zweiten Hälfte des vorigen und der ersten Hälfte dieses Jahrhunderts verbreitet in Böhmen, Sachsen, Schlesien und Mähren. Der Feuerbau war ganz derselbe wie bei dem gewöhnlichen deutschen Frischherd1). Er war aus drei Guſs- zacken und dem Guſsboden hergestellt, 21½ × 23 Zoll. Der 23 Zoll lange Formzacken war in den Herd geneigt (s. Fig. 111). Die kupferne Form war fast viereckig, 1½ Zoll breit, 1 1/10 Zoll hoch, ragte 3 Zoll in den Herd und hatte 10 Grad Neigung. Erst wurde ein Löscheboden besonders in den Ecken gemacht, darauf ein Schlackenboden, der an der Windseite stärker war. Auf das Schlackenbett wurde das ein- zuschmelzende Roheisen, 250 bis 260 Pfund, in einem regelmäſsigen Stoſs aufgesetzt (siehe Fig. 113), der, um ihn vor dem Umfallen zu bewahren, mit einigen Schwallstücken verspreizt ward. Der Raum zwischen dem Stoſs und der Formwand wurde mit Holzkohlen gefüllt und der Wind mit 6 bis 8 Zoll Wassersäule Druck angelassen. Der ganze Vorgang zerfiel in vier Perioden, das Ausheizen und gleich- zeitiges Roheiseneinschmelzen, das Garen, das Anlaufen und das Luppen- machen.
Beim Ausheizen wurde nur etwa die Hälfte des Eisens, gewöhn-
1) Siehe Rinman, Geschichte des Eisens, deutsch von Karsten, Bd. I, S. 577. Tunner, d. wohlunterrichtete Hammermeister, Bd. II, S. 191.
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><divn="4"><divn="5"><p><pbfacs="#f0408"n="394"/><fwplace="top"type="header">Das Eisenfrischen um die Mitte des 18. Jahrhunderts.</fw><lb/>
Johann-Georgenstadt sagt er nur, daſs es zu Dünneisen für Weiſs-<lb/>
blech verschmiedet werde. Zu Heinrichsgrün verfrischte man graues<lb/>
Roheisen. Dasselbe muſste fein- und schwarzkörnig sein. Aus weiſsem<lb/>
Eisen konnte man dort kein weiches Eisen machen. Die Arbeiter<lb/>
erkannten an der Brechstange, womit sie in das geschmolzene Eisen<lb/>
hineingingen, und an den Funken, die es von sich gab, ob es hinläng-<lb/>
lich ausgefrischt war. — Aus dieser Bemerkung läſst sich schlieſsen,<lb/>
daſs es die böhmische Anlaufschmiede war, welche, wie in Horzowiz,<lb/>
auch in Heinrichsgrün in Anwendung stand. Dies wird bestätigt<lb/>
durch <hirendition="#g">von Stockenström</hi> und <hirendition="#g">Rinman</hi>. Nach einer genauen<lb/>
Beschreibung der Anlaufschmiede von Johann-Georgenstadt von erste-<lb/>
rem hat <hirendition="#g">Rinman</hi> dieselbe in seiner Geschichte des Eisens beschrieben.<lb/><hirendition="#g">Jars</hi> erwähnt noch, daſs sie sich auch nach der Menge und Beschaffen-<lb/>
heit der Schlacken, welche sie abstachen, richteten. Der Frischprozeſs<lb/>
dauerte ungefähr zwei Stunden. Das Stabeisen war grobkörnig und<lb/>
kaltbrüchig; in der Hitze aber jedenfalls sehr weich, weil es ebenfalls<lb/>
zu Weiſsblech verarbeitet wurde.</p><lb/><p>Die <hirendition="#g">böhmische Anlaufschmiede</hi> gehört zu der deutschen Frisch-<lb/>
oder Aufbrechschmiede. Sie war in der zweiten Hälfte des vorigen<lb/>
und der ersten Hälfte dieses Jahrhunderts verbreitet in Böhmen,<lb/>
Sachsen, Schlesien und Mähren. Der Feuerbau war ganz derselbe wie<lb/>
bei dem gewöhnlichen deutschen Frischherd<noteplace="foot"n="1)">Siehe <hirendition="#g">Rinman</hi>, Geschichte des Eisens, deutsch von <hirendition="#g">Karsten</hi>, Bd. I, S. 577.<lb/><hirendition="#g">Tunner</hi>, d. wohlunterrichtete Hammermeister, Bd. II, S. 191.</note>. Er war aus drei Guſs-<lb/>
zacken und dem Guſsboden hergestellt, 21½ × 23 Zoll. Der 23 Zoll<lb/>
lange Formzacken war in den Herd geneigt (s. Fig. 111). Die kupferne<lb/>
Form war fast viereckig, 1½ Zoll breit, 1 1/10 Zoll hoch, ragte 3 Zoll in<lb/>
den Herd und hatte 10 Grad Neigung. Erst wurde ein Löscheboden<lb/>
besonders in den Ecken gemacht, darauf ein Schlackenboden, der an<lb/>
der Windseite stärker war. Auf das Schlackenbett wurde das ein-<lb/>
zuschmelzende Roheisen, 250 bis 260 Pfund, in einem regelmäſsigen<lb/>
Stoſs aufgesetzt (siehe Fig. 113), der, um ihn vor dem Umfallen zu<lb/>
bewahren, mit einigen Schwallstücken verspreizt ward. Der Raum<lb/>
zwischen dem Stoſs und der Formwand wurde mit Holzkohlen gefüllt<lb/>
und der Wind mit 6 bis 8 Zoll Wassersäule Druck angelassen. Der<lb/>
ganze Vorgang zerfiel in vier Perioden, das Ausheizen und gleich-<lb/>
zeitiges Roheiseneinschmelzen, das Garen, das Anlaufen und das Luppen-<lb/>
machen.</p><lb/><p>Beim <hirendition="#g">Ausheizen</hi> wurde nur etwa die Hälfte des Eisens, gewöhn-<lb/></p></div></div></div></div></div></body></text></TEI>
[394/0408]
Das Eisenfrischen um die Mitte des 18. Jahrhunderts.
Johann-Georgenstadt sagt er nur, daſs es zu Dünneisen für Weiſs-
blech verschmiedet werde. Zu Heinrichsgrün verfrischte man graues
Roheisen. Dasselbe muſste fein- und schwarzkörnig sein. Aus weiſsem
Eisen konnte man dort kein weiches Eisen machen. Die Arbeiter
erkannten an der Brechstange, womit sie in das geschmolzene Eisen
hineingingen, und an den Funken, die es von sich gab, ob es hinläng-
lich ausgefrischt war. — Aus dieser Bemerkung läſst sich schlieſsen,
daſs es die böhmische Anlaufschmiede war, welche, wie in Horzowiz,
auch in Heinrichsgrün in Anwendung stand. Dies wird bestätigt
durch von Stockenström und Rinman. Nach einer genauen
Beschreibung der Anlaufschmiede von Johann-Georgenstadt von erste-
rem hat Rinman dieselbe in seiner Geschichte des Eisens beschrieben.
Jars erwähnt noch, daſs sie sich auch nach der Menge und Beschaffen-
heit der Schlacken, welche sie abstachen, richteten. Der Frischprozeſs
dauerte ungefähr zwei Stunden. Das Stabeisen war grobkörnig und
kaltbrüchig; in der Hitze aber jedenfalls sehr weich, weil es ebenfalls
zu Weiſsblech verarbeitet wurde.
Die böhmische Anlaufschmiede gehört zu der deutschen Frisch-
oder Aufbrechschmiede. Sie war in der zweiten Hälfte des vorigen
und der ersten Hälfte dieses Jahrhunderts verbreitet in Böhmen,
Sachsen, Schlesien und Mähren. Der Feuerbau war ganz derselbe wie
bei dem gewöhnlichen deutschen Frischherd 1). Er war aus drei Guſs-
zacken und dem Guſsboden hergestellt, 21½ × 23 Zoll. Der 23 Zoll
lange Formzacken war in den Herd geneigt (s. Fig. 111). Die kupferne
Form war fast viereckig, 1½ Zoll breit, 1 1/10 Zoll hoch, ragte 3 Zoll in
den Herd und hatte 10 Grad Neigung. Erst wurde ein Löscheboden
besonders in den Ecken gemacht, darauf ein Schlackenboden, der an
der Windseite stärker war. Auf das Schlackenbett wurde das ein-
zuschmelzende Roheisen, 250 bis 260 Pfund, in einem regelmäſsigen
Stoſs aufgesetzt (siehe Fig. 113), der, um ihn vor dem Umfallen zu
bewahren, mit einigen Schwallstücken verspreizt ward. Der Raum
zwischen dem Stoſs und der Formwand wurde mit Holzkohlen gefüllt
und der Wind mit 6 bis 8 Zoll Wassersäule Druck angelassen. Der
ganze Vorgang zerfiel in vier Perioden, das Ausheizen und gleich-
zeitiges Roheiseneinschmelzen, das Garen, das Anlaufen und das Luppen-
machen.
Beim Ausheizen wurde nur etwa die Hälfte des Eisens, gewöhn-
1) Siehe Rinman, Geschichte des Eisens, deutsch von Karsten, Bd. I, S. 577.
Tunner, d. wohlunterrichtete Hammermeister, Bd. II, S. 191.
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 3: Das XVIII. Jahrhundert. Braunschweig, 1897, S. 394. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen03_1897/408>, abgerufen am 22.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.