Die Eisengiesserei um die Mitte des 18. Jahrhunderts.
haut das Eisen vor dem Rost schütze und durch keinen Anstrich er- setzt werden könnte.
Da Maritz' Geschütze sich schlecht bewährten, häufig platzten und grosses Unglück anrichteten, musste er 1764 seine Entlassung nehmen, obgleich er sich grosse Verdienste um die Verbesserung des Kanonen- bohrwesens erworben hatte.
Schweden lieferte damals bereits sehr gute gusseiserne Kanonen. Jars hat einiges über die schwedischen Geschützgiessereien, welche er 1767 besucht hatte, mitgeteilt.
Er sah zwischen den beiden Städten Nyköping und Nordköping in der Provinz Südermannland eine Geschützgiesserei, welche dem Baron von Stakelberg gehörte. Sie lieferte etwa 300000 kg Guss- waren, bestehend in 24- und 12 pfündigen Kanonen, Kugeln und Bomben, welche meistens ausser Landes gingen. Sie hatten, wie die meisten Geschützgiessereien in Schweden, zu jener Zeit einen Doppel- ofen, d. h. zwei Hochöfen mit gemeinschaftlichem Rauhmauerwerk. Diese waren gewöhnlich 7 bis 8 Monate lang im Jahr im Gange. Die Erze, die verschmolzen wurden, waren Magneteisenstein, teils von Rosslagen, teils aus der Nähe von Nyköping. Dieselben wurden in Haufen, welche 32000 kg Erz fassten, geröstet, danach unter Häm- mern, von denen vier nebeneinander lagen, gepocht, dann wurden sie gattiert und mit Kalkstein beschickt. Um das für einen Guss ge- nügende Eisen zu haben, liess man die Öfen bis zu 21/2 Tag, ohne abzustechen, gehen. Natürlich musste der Herd den dafür ausreichen- den Fassungsraum haben.
Eine 24 pfündige Kanone wog 3200 kg. Sie wurde über einen Kern gegossen, so dass nur noch 2 bis 3 Linien nachgebohrt werden mussten. Das Bohren geschah ebenso wie auch auf der Eisenhütte zu Moss in Norwegen, stehend und zwar so, dass die Kanone, welche mit Hilfe von Hebeln und eisernen Ketten senkrecht gehalten wurde, indem sie auf dem Bohrer aufruhte, durch ihre eigene Schwere sich selbst bohrte. Der Bohrer wurde durch ein Vorgelege in Bewegung gesetzt, welches durch ein grosses Wasserrad getrieben wurde.
Die Schwierigkeit, die alten oder fehlerhaften Kanonen zum Um- giessen zu zerschlagen, hatte zur Konstruktion eines Sägewerkes, mit dem man eine Kanone je nach ihrer Stärke an einem Tage in drei bis vier Stücke zerschneiden konnte, geführt. Die Maschine bestand aus einem kleinen Stirnrad von geschmiedetem Eisen, welches einen Fuss im Durchmesser hatte und dessen Zähne von Stahl waren. Dieses Rad war an einer langen, dicken eisernen Welle befestigt, welche auf
Die Eisengieſserei um die Mitte des 18. Jahrhunderts.
haut das Eisen vor dem Rost schütze und durch keinen Anstrich er- setzt werden könnte.
Da Maritz’ Geschütze sich schlecht bewährten, häufig platzten und groſses Unglück anrichteten, muſste er 1764 seine Entlassung nehmen, obgleich er sich groſse Verdienste um die Verbesserung des Kanonen- bohrwesens erworben hatte.
Schweden lieferte damals bereits sehr gute guſseiserne Kanonen. Jars hat einiges über die schwedischen Geschützgieſsereien, welche er 1767 besucht hatte, mitgeteilt.
Er sah zwischen den beiden Städten Nyköping und Nordköping in der Provinz Südermannland eine Geschützgieſserei, welche dem Baron von Stakelberg gehörte. Sie lieferte etwa 300000 kg Guſs- waren, bestehend in 24- und 12 pfündigen Kanonen, Kugeln und Bomben, welche meistens auſser Landes gingen. Sie hatten, wie die meisten Geschützgieſsereien in Schweden, zu jener Zeit einen Doppel- ofen, d. h. zwei Hochöfen mit gemeinschaftlichem Rauhmauerwerk. Diese waren gewöhnlich 7 bis 8 Monate lang im Jahr im Gange. Die Erze, die verschmolzen wurden, waren Magneteisenstein, teils von Roſslagen, teils aus der Nähe von Nyköping. Dieselben wurden in Haufen, welche 32000 kg Erz faſsten, geröstet, danach unter Häm- mern, von denen vier nebeneinander lagen, gepocht, dann wurden sie gattiert und mit Kalkstein beschickt. Um das für einen Guſs ge- nügende Eisen zu haben, lieſs man die Öfen bis zu 2½ Tag, ohne abzustechen, gehen. Natürlich muſste der Herd den dafür ausreichen- den Fassungsraum haben.
Eine 24 pfündige Kanone wog 3200 kg. Sie wurde über einen Kern gegossen, so daſs nur noch 2 bis 3 Linien nachgebohrt werden muſsten. Das Bohren geschah ebenso wie auch auf der Eisenhütte zu Moss in Norwegen, stehend und zwar so, daſs die Kanone, welche mit Hilfe von Hebeln und eisernen Ketten senkrecht gehalten wurde, indem sie auf dem Bohrer aufruhte, durch ihre eigene Schwere sich selbst bohrte. Der Bohrer wurde durch ein Vorgelege in Bewegung gesetzt, welches durch ein groſses Wasserrad getrieben wurde.
Die Schwierigkeit, die alten oder fehlerhaften Kanonen zum Um- gieſsen zu zerschlagen, hatte zur Konstruktion eines Sägewerkes, mit dem man eine Kanone je nach ihrer Stärke an einem Tage in drei bis vier Stücke zerschneiden konnte, geführt. Die Maschine bestand aus einem kleinen Stirnrad von geschmiedetem Eisen, welches einen Fuſs im Durchmesser hatte und dessen Zähne von Stahl waren. Dieses Rad war an einer langen, dicken eisernen Welle befestigt, welche auf
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Die Eisengieſserei um die Mitte des 18. Jahrhunderts.
haut das Eisen vor dem Rost schütze und durch keinen Anstrich er-
setzt werden könnte.
Da Maritz’ Geschütze sich schlecht bewährten, häufig platzten und
groſses Unglück anrichteten, muſste er 1764 seine Entlassung nehmen,
obgleich er sich groſse Verdienste um die Verbesserung des Kanonen-
bohrwesens erworben hatte.
Schweden lieferte damals bereits sehr gute guſseiserne Kanonen.
Jars hat einiges über die schwedischen Geschützgieſsereien, welche
er 1767 besucht hatte, mitgeteilt.
Er sah zwischen den beiden Städten Nyköping und Nordköping
in der Provinz Südermannland eine Geschützgieſserei, welche dem
Baron von Stakelberg gehörte. Sie lieferte etwa 300000 kg Guſs-
waren, bestehend in 24- und 12 pfündigen Kanonen, Kugeln und
Bomben, welche meistens auſser Landes gingen. Sie hatten, wie die
meisten Geschützgieſsereien in Schweden, zu jener Zeit einen Doppel-
ofen, d. h. zwei Hochöfen mit gemeinschaftlichem Rauhmauerwerk.
Diese waren gewöhnlich 7 bis 8 Monate lang im Jahr im Gange. Die
Erze, die verschmolzen wurden, waren Magneteisenstein, teils von
Roſslagen, teils aus der Nähe von Nyköping. Dieselben wurden in
Haufen, welche 32000 kg Erz faſsten, geröstet, danach unter Häm-
mern, von denen vier nebeneinander lagen, gepocht, dann wurden sie
gattiert und mit Kalkstein beschickt. Um das für einen Guſs ge-
nügende Eisen zu haben, lieſs man die Öfen bis zu 2½ Tag, ohne
abzustechen, gehen. Natürlich muſste der Herd den dafür ausreichen-
den Fassungsraum haben.
Eine 24 pfündige Kanone wog 3200 kg. Sie wurde über einen
Kern gegossen, so daſs nur noch 2 bis 3 Linien nachgebohrt werden
muſsten. Das Bohren geschah ebenso wie auch auf der Eisenhütte
zu Moss in Norwegen, stehend und zwar so, daſs die Kanone, welche
mit Hilfe von Hebeln und eisernen Ketten senkrecht gehalten wurde,
indem sie auf dem Bohrer aufruhte, durch ihre eigene Schwere sich
selbst bohrte. Der Bohrer wurde durch ein Vorgelege in Bewegung
gesetzt, welches durch ein groſses Wasserrad getrieben wurde.
Die Schwierigkeit, die alten oder fehlerhaften Kanonen zum Um-
gieſsen zu zerschlagen, hatte zur Konstruktion eines Sägewerkes, mit
dem man eine Kanone je nach ihrer Stärke an einem Tage in drei
bis vier Stücke zerschneiden konnte, geführt. Die Maschine bestand
aus einem kleinen Stirnrad von geschmiedetem Eisen, welches einen
Fuſs im Durchmesser hatte und dessen Zähne von Stahl waren. Dieses
Rad war an einer langen, dicken eisernen Welle befestigt, welche auf
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Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 3: Das XVIII. Jahrhundert. Braunschweig, 1897, S. 379. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen03_1897/393>, abgerufen am 23.11.2024.
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