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Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 3: Das XVIII. Jahrhundert. Braunschweig, 1897.

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Der Eisenhüttenbetrieb um die Mitte des 18. Jahrhunderts.
Schopp- und Wasserseite 5 Fuss 4 bis 5 Zoll (1,685 bis 1,688 m),
zwischen Brust- und Schussseite 5 Fuss 2 bis 3 Zoll (1,633 bis 1,660 m);
hier war also der letztere Durchmesser der kleinere. Dasselbe war
am "Eingang" der Fall, wo der Abstand zwischen Schopp- und Wasser-
seite 2 Fuss 6 Zoll (0,79 m), zwischen Brust- und Schussseite nur
2 Fuss 2 bis 3 Zoll (0,685 bis 0,711 m) 1) betrug. Der Bodenquer-
schnitt war demnach gegen den Querschnitt des Bauches und des
Eingangs verdreht. Dazu kam nun noch die Hintersässigkeit, wodurch
die Mittellinie um etwa 10 Zoll von der Lotlinie abwich.

Beim Aufstampfen des Krenns liess man in der Mitte desselben
eine dachförmige Öffnung für die Form frei. In diese Öffnung wurde
dann die Form, oder wie man in Steiermark sagte, die "Ferne" ein-
gesetzt. Sie bestand aus einer von grauem Lehm mittels des hölzernen
Formnagels ausgehöhlten, 18 Zoll langen Röhre, welche nach der
Beschaffenheit der Schmelzung gläge, eben oder scharf, d. h. nach
unten geneigt, horizontal oder oben gerichtet, eingeschlagen wurde.
Die ebene Lage war die normale, bei der "glägen" verbrannte zu viel
Eisen, bei der "scharfen" zu viel Kohlen. Das Gebläse eines solchen
Hochofens bestand aus zwei kleinen hölzernen Bälgen, die den Wind
ununterbrochen und gleichförmig in den Ofen führen mussten, wobei
darauf zu achten war, dass die Balgdüsen gut in die Lehmform ein-
passten, um möglichst wenig Windverlust durch seitliches Entweichen
zu erleiden.

Der Betrieb eines Flossofens war kurz folgender: Zunächst wurde
der fertig zugestellte Ofen durch Holzflamme gut getrocknet und
hierauf mit Kohlen gefüllt, und zwar bis zum Kranz, d. h. bis zum
oberen Rand des auf der Gicht aufgemauerten Fülltrichters e f c g. Der
Ofen bis zum Eingang fasste 30, bis zum Kranz 40 Fass Kohlen 2).
Hierauf wurden durch die Form einige glühende Kohlen eingelegt
und das Gebläse langsam angelassen, damit die Hitze im Anfang nur
ganz allmählich um sich griff; man nannte dies die "Glimmung".
War der Kranz bis zum Eingang leer geworden, so wurden noch ein-
oder mehreremal frische Kohlen und auf diese dann zuerst 1/2 Kübel 3)
Stein aufgegeben. Nachdem dieser Satz niedergegangen war, gab man
1/2 Kübel Erz mit 8 bis 10 Fass Kohlen, nachher aber wurde bei jeder

1) Siehe Schreber, a. a. O., S. 16, woselbst das Mass der Abstände der vier
Seiten von der Lotlinie von Fuss zu Fuss der Höhe in einer Tabelle zusammen-
gestellt ist.
2) Ein Fass Kohlen = 5 österr. Metzen.
3) 1 Kübel Erz wog netto 3 Ctr. 23 Pfd. (180 kg).

Der Eisenhüttenbetrieb um die Mitte des 18. Jahrhunderts.
Schopp- und Wasserseite 5 Fuſs 4 bis 5 Zoll (1,685 bis 1,688 m),
zwischen Brust- und Schuſsseite 5 Fuſs 2 bis 3 Zoll (1,633 bis 1,660 m);
hier war also der letztere Durchmesser der kleinere. Dasselbe war
am „Eingang“ der Fall, wo der Abstand zwischen Schopp- und Wasser-
seite 2 Fuſs 6 Zoll (0,79 m), zwischen Brust- und Schuſsseite nur
2 Fuſs 2 bis 3 Zoll (0,685 bis 0,711 m) 1) betrug. Der Bodenquer-
schnitt war demnach gegen den Querschnitt des Bauches und des
Eingangs verdreht. Dazu kam nun noch die Hintersäſsigkeit, wodurch
die Mittellinie um etwa 10 Zoll von der Lotlinie abwich.

Beim Aufstampfen des Krenns lieſs man in der Mitte desselben
eine dachförmige Öffnung für die Form frei. In diese Öffnung wurde
dann die Form, oder wie man in Steiermark sagte, die „Ferne“ ein-
gesetzt. Sie bestand aus einer von grauem Lehm mittels des hölzernen
Formnagels ausgehöhlten, 18 Zoll langen Röhre, welche nach der
Beschaffenheit der Schmelzung gläge, eben oder scharf, d. h. nach
unten geneigt, horizontal oder oben gerichtet, eingeschlagen wurde.
Die ebene Lage war die normale, bei der „glägen“ verbrannte zu viel
Eisen, bei der „scharfen“ zu viel Kohlen. Das Gebläse eines solchen
Hochofens bestand aus zwei kleinen hölzernen Bälgen, die den Wind
ununterbrochen und gleichförmig in den Ofen führen muſsten, wobei
darauf zu achten war, daſs die Balgdüsen gut in die Lehmform ein-
paſsten, um möglichst wenig Windverlust durch seitliches Entweichen
zu erleiden.

Der Betrieb eines Floſsofens war kurz folgender: Zunächst wurde
der fertig zugestellte Ofen durch Holzflamme gut getrocknet und
hierauf mit Kohlen gefüllt, und zwar bis zum Kranz, d. h. bis zum
oberen Rand des auf der Gicht aufgemauerten Fülltrichters e f c g. Der
Ofen bis zum Eingang faſste 30, bis zum Kranz 40 Faſs Kohlen 2).
Hierauf wurden durch die Form einige glühende Kohlen eingelegt
und das Gebläse langsam angelassen, damit die Hitze im Anfang nur
ganz allmählich um sich griff; man nannte dies die „Glimmung“.
War der Kranz bis zum Eingang leer geworden, so wurden noch ein-
oder mehreremal frische Kohlen und auf diese dann zuerst ½ Kübel 3)
Stein aufgegeben. Nachdem dieser Satz niedergegangen war, gab man
½ Kübel Erz mit 8 bis 10 Faſs Kohlen, nachher aber wurde bei jeder

1) Siehe Schreber, a. a. O., S. 16, woselbst das Maſs der Abstände der vier
Seiten von der Lotlinie von Fuſs zu Fuſs der Höhe in einer Tabelle zusammen-
gestellt ist.
2) Ein Faſs Kohlen = 5 österr. Metzen.
3) 1 Kübel Erz wog netto 3 Ctr. 23 Pfd. (180 kg).
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[344/0358] Der Eisenhüttenbetrieb um die Mitte des 18. Jahrhunderts. Schopp- und Wasserseite 5 Fuſs 4 bis 5 Zoll (1,685 bis 1,688 m), zwischen Brust- und Schuſsseite 5 Fuſs 2 bis 3 Zoll (1,633 bis 1,660 m); hier war also der letztere Durchmesser der kleinere. Dasselbe war am „Eingang“ der Fall, wo der Abstand zwischen Schopp- und Wasser- seite 2 Fuſs 6 Zoll (0,79 m), zwischen Brust- und Schuſsseite nur 2 Fuſs 2 bis 3 Zoll (0,685 bis 0,711 m) 1) betrug. Der Bodenquer- schnitt war demnach gegen den Querschnitt des Bauches und des Eingangs verdreht. Dazu kam nun noch die Hintersäſsigkeit, wodurch die Mittellinie um etwa 10 Zoll von der Lotlinie abwich. Beim Aufstampfen des Krenns lieſs man in der Mitte desselben eine dachförmige Öffnung für die Form frei. In diese Öffnung wurde dann die Form, oder wie man in Steiermark sagte, die „Ferne“ ein- gesetzt. Sie bestand aus einer von grauem Lehm mittels des hölzernen Formnagels ausgehöhlten, 18 Zoll langen Röhre, welche nach der Beschaffenheit der Schmelzung gläge, eben oder scharf, d. h. nach unten geneigt, horizontal oder oben gerichtet, eingeschlagen wurde. Die ebene Lage war die normale, bei der „glägen“ verbrannte zu viel Eisen, bei der „scharfen“ zu viel Kohlen. Das Gebläse eines solchen Hochofens bestand aus zwei kleinen hölzernen Bälgen, die den Wind ununterbrochen und gleichförmig in den Ofen führen muſsten, wobei darauf zu achten war, daſs die Balgdüsen gut in die Lehmform ein- paſsten, um möglichst wenig Windverlust durch seitliches Entweichen zu erleiden. Der Betrieb eines Floſsofens war kurz folgender: Zunächst wurde der fertig zugestellte Ofen durch Holzflamme gut getrocknet und hierauf mit Kohlen gefüllt, und zwar bis zum Kranz, d. h. bis zum oberen Rand des auf der Gicht aufgemauerten Fülltrichters e f c g. Der Ofen bis zum Eingang faſste 30, bis zum Kranz 40 Faſs Kohlen 2). Hierauf wurden durch die Form einige glühende Kohlen eingelegt und das Gebläse langsam angelassen, damit die Hitze im Anfang nur ganz allmählich um sich griff; man nannte dies die „Glimmung“. War der Kranz bis zum Eingang leer geworden, so wurden noch ein- oder mehreremal frische Kohlen und auf diese dann zuerst ½ Kübel 3) Stein aufgegeben. Nachdem dieser Satz niedergegangen war, gab man ½ Kübel Erz mit 8 bis 10 Faſs Kohlen, nachher aber wurde bei jeder 1) Siehe Schreber, a. a. O., S. 16, woselbst das Maſs der Abstände der vier Seiten von der Lotlinie von Fuſs zu Fuſs der Höhe in einer Tabelle zusammen- gestellt ist. 2) Ein Faſs Kohlen = 5 österr. Metzen. 3) 1 Kübel Erz wog netto 3 Ctr. 23 Pfd. (180 kg).

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Zitationshilfe: Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 3: Das XVIII. Jahrhundert. Braunschweig, 1897, S. 344. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen03_1897/358>, abgerufen am 23.11.2024.