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Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 3: Das XVIII. Jahrhundert. Braunschweig, 1897.

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Die Hochöfen in Frankreich.

Der Wall (dame), M Fig. 65, war nicht von einem Stein, sondern
von einem starken Gussblock von 8 bis 10 Zoll Höhe und 12 Zoll Breite
gebildet, welcher die Breite der Ofenseite nicht ganz ausfüllte und die
Abstichöffnung frei liess. Dieser Wall schloss die untere Öffnung der
Ofenbrust, die 15 bis 18 Zoll hoch und 17 bis 18 Zoll breit war, teil-
weise ab. Zu beiden Seiten des Walles standen gusseiserne Platten,
boustas genannt, welche oben das Tümpeleisen trugen, das gewöhnlich
einfach aus einer Gans hergerichtet war. Durch die so eingerahmte
Öffnung konnte man in das Innere des Ofens gelangen. Die Schlacken-
trift N wurde durch zwei eiserne Stangen (gentilhommes), die sich
an den Wall anlehnten, begrenzt. Das Weitere wird durch die Zeich-
nungen genügend erläutert.

Der Fluss (castine), den man in Berry und Nivernais anwendete,
war ein weisser Kalkstein. In Bourgogne und Franche-Comte schlug
man den feinkörnigen Bohnerzen einen leichtschmelzigen Lehm (terre
d'herbue genannt), der vorher gestossen wurde, zu. Erz, Zuschlag
und Kohlen wurden in Füllkörben (paniers) aufgegeben. Dieselben
waren von verschiedener Grösse, die für die Kohlen (rasses) waren
am grössten, die für das Erz (clous, couches) am kleinsten. Letztere
fassten 1/2 Scheffel Pariser Mass, erstere 1/4 Sack = 31 Pfd. Kohlen.

Eine Gicht (une charge) bestand zu Grossouvre in Berry aus
8 Kohlenkörben, 11 Erzkörben und 3 Flusskörben. Ebenso bestand
in der Franche-Comte die Erzgicht aus 11 bis 12 Körben zu 40 bis
50 Pfund. Die Chargen wurden in bestimmten Zeiträumen aufgegeben,
doch bediente sich der Aufgeber eines Massstabes (becasse), um damit
den Niedergang der Gicht zu messen, wie aus Fig. 61 zu ersehen ist,
um den richtigen Zeitpunkt zum Aufgeben zu bestimmen. Dieser
Massstab bestand aus einer Eisenstange, welche beweglich an einem
Stiel, ähnlich wie ein Dreschflegel, befestigt war. Die Eisenstange
hatte eine Länge von 21/2 Fuss, und es war Zeit, frisch zu laden, so-
bald sie ganz in den Ofenschacht hineinging.

Die heisseste Stelle im Ofen befindet sich nahe vor der Form,
indem der Windstrom ähnlich wirkt, wie die Flamme einer Glasbläser-
lampe. Die Düsen der Blasebälge nehmen nicht die ganze Form-
öffnung ein, so dass noch Raum bleibt, um die Schmelzung vor der
Form beobachten zu können. Der Niedergang der Erze und die
Schmelzung vor der Form darf nicht zu rasch erfolgen, damit das
Eisen aus dem Erz Zeit hat, die erforderliche fettige Materie aus den
Kohlen aufzunehmen. Gleichzeitig schmelzen die Asche der Kohlen,
die Erden des Flusses und die Unreinigkeiten der Erze zu Schlacke.

Die Hochöfen in Frankreich.

Der Wall (dame), M Fig. 65, war nicht von einem Stein, sondern
von einem starken Guſsblock von 8 bis 10 Zoll Höhe und 12 Zoll Breite
gebildet, welcher die Breite der Ofenseite nicht ganz ausfüllte und die
Abstichöffnung frei lieſs. Dieser Wall schloſs die untere Öffnung der
Ofenbrust, die 15 bis 18 Zoll hoch und 17 bis 18 Zoll breit war, teil-
weise ab. Zu beiden Seiten des Walles standen guſseiserne Platten,
boustas genannt, welche oben das Tümpeleisen trugen, das gewöhnlich
einfach aus einer Gans hergerichtet war. Durch die so eingerahmte
Öffnung konnte man in das Innere des Ofens gelangen. Die Schlacken-
trift N wurde durch zwei eiserne Stangen (gentilhommes), die sich
an den Wall anlehnten, begrenzt. Das Weitere wird durch die Zeich-
nungen genügend erläutert.

Der Fluſs (castine), den man in Berry und Nivernais anwendete,
war ein weiſser Kalkstein. In Bourgogne und Franche-Comté schlug
man den feinkörnigen Bohnerzen einen leichtschmelzigen Lehm (terre
d’herbue genannt), der vorher gestoſsen wurde, zu. Erz, Zuschlag
und Kohlen wurden in Füllkörben (paniers) aufgegeben. Dieselben
waren von verschiedener Gröſse, die für die Kohlen (rasses) waren
am gröſsten, die für das Erz (clous, couches) am kleinsten. Letztere
faſsten ½ Scheffel Pariser Maſs, erstere ¼ Sack = 31 Pfd. Kohlen.

Eine Gicht (une charge) bestand zu Groſsouvre in Berry aus
8 Kohlenkörben, 11 Erzkörben und 3 Fluſskörben. Ebenso bestand
in der Franche-Comté die Erzgicht aus 11 bis 12 Körben zu 40 bis
50 Pfund. Die Chargen wurden in bestimmten Zeiträumen aufgegeben,
doch bediente sich der Aufgeber eines Maſsstabes (becasse), um damit
den Niedergang der Gicht zu messen, wie aus Fig. 61 zu ersehen ist,
um den richtigen Zeitpunkt zum Aufgeben zu bestimmen. Dieser
Maſsstab bestand aus einer Eisenstange, welche beweglich an einem
Stiel, ähnlich wie ein Dreschflegel, befestigt war. Die Eisenstange
hatte eine Länge von 2½ Fuſs, und es war Zeit, frisch zu laden, so-
bald sie ganz in den Ofenschacht hineinging.

Die heiſseste Stelle im Ofen befindet sich nahe vor der Form,
indem der Windstrom ähnlich wirkt, wie die Flamme einer Glasbläser-
lampe. Die Düsen der Blasebälge nehmen nicht die ganze Form-
öffnung ein, so daſs noch Raum bleibt, um die Schmelzung vor der
Form beobachten zu können. Der Niedergang der Erze und die
Schmelzung vor der Form darf nicht zu rasch erfolgen, damit das
Eisen aus dem Erz Zeit hat, die erforderliche fettige Materie aus den
Kohlen aufzunehmen. Gleichzeitig schmelzen die Asche der Kohlen,
die Erden des Flusses und die Unreinigkeiten der Erze zu Schlacke.

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[327/0341] Die Hochöfen in Frankreich. Der Wall (dame), M Fig. 65, war nicht von einem Stein, sondern von einem starken Guſsblock von 8 bis 10 Zoll Höhe und 12 Zoll Breite gebildet, welcher die Breite der Ofenseite nicht ganz ausfüllte und die Abstichöffnung frei lieſs. Dieser Wall schloſs die untere Öffnung der Ofenbrust, die 15 bis 18 Zoll hoch und 17 bis 18 Zoll breit war, teil- weise ab. Zu beiden Seiten des Walles standen guſseiserne Platten, boustas genannt, welche oben das Tümpeleisen trugen, das gewöhnlich einfach aus einer Gans hergerichtet war. Durch die so eingerahmte Öffnung konnte man in das Innere des Ofens gelangen. Die Schlacken- trift N wurde durch zwei eiserne Stangen (gentilhommes), die sich an den Wall anlehnten, begrenzt. Das Weitere wird durch die Zeich- nungen genügend erläutert. Der Fluſs (castine), den man in Berry und Nivernais anwendete, war ein weiſser Kalkstein. In Bourgogne und Franche-Comté schlug man den feinkörnigen Bohnerzen einen leichtschmelzigen Lehm (terre d’herbue genannt), der vorher gestoſsen wurde, zu. Erz, Zuschlag und Kohlen wurden in Füllkörben (paniers) aufgegeben. Dieselben waren von verschiedener Gröſse, die für die Kohlen (rasses) waren am gröſsten, die für das Erz (clous, couches) am kleinsten. Letztere faſsten ½ Scheffel Pariser Maſs, erstere ¼ Sack = 31 Pfd. Kohlen. Eine Gicht (une charge) bestand zu Groſsouvre in Berry aus 8 Kohlenkörben, 11 Erzkörben und 3 Fluſskörben. Ebenso bestand in der Franche-Comté die Erzgicht aus 11 bis 12 Körben zu 40 bis 50 Pfund. Die Chargen wurden in bestimmten Zeiträumen aufgegeben, doch bediente sich der Aufgeber eines Maſsstabes (becasse), um damit den Niedergang der Gicht zu messen, wie aus Fig. 61 zu ersehen ist, um den richtigen Zeitpunkt zum Aufgeben zu bestimmen. Dieser Maſsstab bestand aus einer Eisenstange, welche beweglich an einem Stiel, ähnlich wie ein Dreschflegel, befestigt war. Die Eisenstange hatte eine Länge von 2½ Fuſs, und es war Zeit, frisch zu laden, so- bald sie ganz in den Ofenschacht hineinging. Die heiſseste Stelle im Ofen befindet sich nahe vor der Form, indem der Windstrom ähnlich wirkt, wie die Flamme einer Glasbläser- lampe. Die Düsen der Blasebälge nehmen nicht die ganze Form- öffnung ein, so daſs noch Raum bleibt, um die Schmelzung vor der Form beobachten zu können. Der Niedergang der Erze und die Schmelzung vor der Form darf nicht zu rasch erfolgen, damit das Eisen aus dem Erz Zeit hat, die erforderliche fettige Materie aus den Kohlen aufzunehmen. Gleichzeitig schmelzen die Asche der Kohlen, die Erden des Flusses und die Unreinigkeiten der Erze zu Schlacke.

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Zitationshilfe: Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 3: Das XVIII. Jahrhundert. Braunschweig, 1897, S. 327. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen03_1897/341>, abgerufen am 23.11.2024.