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Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 3: Das XVIII. Jahrhundert. Braunschweig, 1897.

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Die Cementstahlfabrikation in England.
warten, ehe der Stahl kalt wird, und wird er nicht früher heraus-
genommen. Der Stahlbrenner, welcher das Eisen eingesetzt hat,
kriecht alsdann in den Ofen und reicht die Stäbe einem anderen
Arbeiter durch die an den Enden befindlichen Öffnungen zu, welcher
ihm dieselben abnimmt. Für die ganze Arbeit sind nur zwei Per-
sonen erforderlich, deren jede für eine Tonne vier Schilling erhält.
Es gehen bei der Arbeit 16 bis 18 Fuder Steinkohlen auf, deren
jedes 16 Centner zu 112 Pfund Gewicht beträgt und vier Schilling
kostet -- also auf 1000 kg Stahl etwa 1220 kg Steinkohlen. Man
hatte beobachtet, dass das Gewicht des Eisens bei seiner Verwand-
lung in Stahl weder ab- noch zunahm. Die Gewichtsabnahme an
Kohlenstoff wurde ausgeglichen durch die Gewichtszunahme durch
Oxydation der Oberfläche.

Dieser Stahl, wie er aus dem Ofen kommt, heisst Blasenstahl
(blister steel) und wird, wenn auch selten, zum Preise von 26 bis
28 Schilling der Centner (50 Mk. für 100 kg) verkauft. -- Für den
gewöhnlichen Vertrieb wird erst noch eine sehr einfache Arbeit
mit ihm vorgenommen, indem er unter einem Hammer zu vierkantigen
Stäben von sieben bis acht Linien Stärke und beliebiger Länge
ausgeschmiedet wird. Diese lässt man, ohne sie im Wasser abzulöschen,
an der Luft erkalten. Dadurch wird das Gefüge des Stahls, das vor-
her locker und grossblätterig war, dicht und feinkörnig, so dass es
dem Korn des gemeinen deutschen Stahls gleicht. In diesem Zu-
stande wird es gemeiner Stahl (common steel) genannt und zur
Anfertigung von Feilen, Sägen, Scheren, Messern u. s. w. gebraucht.
Er wird nach den englischen Provinzen, namentlich aber nach Shef-
field und Birmingham, verschickt und der Centner zu 30 bis 32 Schil-
ling berechnet.

Da die Enden der Stäbe meist unrein sind und keinen guten
Stahl geben, so werden sie abgehauen und in Packeten verschmiedet.
Dieser Stahl heisst harter Stahl (hard steel) und wird gewöhnlich zur
Verfertigung von Ackergeräten verwendet.

Aus dem Cementstahl kann man durch eine zweite Arbeit, welche
den Namen deutsches Stahlmachen führt, eine noch bessere
Sorte erhalten, welche Benennung sie daher erhalten hat, weil das
Erzeugnis dem deutschen Stahl an Korn und Qualität völlig gleich
kommt."

Jars überzeugte sich davon durch Proben, und die betreffende
englische Gewerkschaft hatte dem echten deutschen Stahl bereits einen
beträchtlichen Absatz entzogen. Zu bemerken war nur, dass der

Die Cementstahlfabrikation in England.
warten, ehe der Stahl kalt wird, und wird er nicht früher heraus-
genommen. Der Stahlbrenner, welcher das Eisen eingesetzt hat,
kriecht alsdann in den Ofen und reicht die Stäbe einem anderen
Arbeiter durch die an den Enden befindlichen Öffnungen zu, welcher
ihm dieselben abnimmt. Für die ganze Arbeit sind nur zwei Per-
sonen erforderlich, deren jede für eine Tonne vier Schilling erhält.
Es gehen bei der Arbeit 16 bis 18 Fuder Steinkohlen auf, deren
jedes 16 Centner zu 112 Pfund Gewicht beträgt und vier Schilling
kostet — also auf 1000 kg Stahl etwa 1220 kg Steinkohlen. Man
hatte beobachtet, daſs das Gewicht des Eisens bei seiner Verwand-
lung in Stahl weder ab- noch zunahm. Die Gewichtsabnahme an
Kohlenstoff wurde ausgeglichen durch die Gewichtszunahme durch
Oxydation der Oberfläche.

Dieser Stahl, wie er aus dem Ofen kommt, heiſst Blasenstahl
(blister steel) und wird, wenn auch selten, zum Preise von 26 bis
28 Schilling der Centner (50 Mk. für 100 kg) verkauft. — Für den
gewöhnlichen Vertrieb wird erst noch eine sehr einfache Arbeit
mit ihm vorgenommen, indem er unter einem Hammer zu vierkantigen
Stäben von sieben bis acht Linien Stärke und beliebiger Länge
ausgeschmiedet wird. Diese läſst man, ohne sie im Wasser abzulöschen,
an der Luft erkalten. Dadurch wird das Gefüge des Stahls, das vor-
her locker und groſsblätterig war, dicht und feinkörnig, so daſs es
dem Korn des gemeinen deutschen Stahls gleicht. In diesem Zu-
stande wird es gemeiner Stahl (common steel) genannt und zur
Anfertigung von Feilen, Sägen, Scheren, Messern u. s. w. gebraucht.
Er wird nach den englischen Provinzen, namentlich aber nach Shef-
field und Birmingham, verschickt und der Centner zu 30 bis 32 Schil-
ling berechnet.

Da die Enden der Stäbe meist unrein sind und keinen guten
Stahl geben, so werden sie abgehauen und in Packeten verschmiedet.
Dieser Stahl heiſst harter Stahl (hard steel) und wird gewöhnlich zur
Verfertigung von Ackergeräten verwendet.

Aus dem Cementstahl kann man durch eine zweite Arbeit, welche
den Namen deutsches Stahlmachen führt, eine noch bessere
Sorte erhalten, welche Benennung sie daher erhalten hat, weil das
Erzeugnis dem deutschen Stahl an Korn und Qualität völlig gleich
kommt.“

Jars überzeugte sich davon durch Proben, und die betreffende
englische Gewerkschaft hatte dem echten deutschen Stahl bereits einen
beträchtlichen Absatz entzogen. Zu bemerken war nur, daſs der

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[286/0300] Die Cementstahlfabrikation in England. warten, ehe der Stahl kalt wird, und wird er nicht früher heraus- genommen. Der Stahlbrenner, welcher das Eisen eingesetzt hat, kriecht alsdann in den Ofen und reicht die Stäbe einem anderen Arbeiter durch die an den Enden befindlichen Öffnungen zu, welcher ihm dieselben abnimmt. Für die ganze Arbeit sind nur zwei Per- sonen erforderlich, deren jede für eine Tonne vier Schilling erhält. Es gehen bei der Arbeit 16 bis 18 Fuder Steinkohlen auf, deren jedes 16 Centner zu 112 Pfund Gewicht beträgt und vier Schilling kostet — also auf 1000 kg Stahl etwa 1220 kg Steinkohlen. Man hatte beobachtet, daſs das Gewicht des Eisens bei seiner Verwand- lung in Stahl weder ab- noch zunahm. Die Gewichtsabnahme an Kohlenstoff wurde ausgeglichen durch die Gewichtszunahme durch Oxydation der Oberfläche. Dieser Stahl, wie er aus dem Ofen kommt, heiſst Blasenstahl (blister steel) und wird, wenn auch selten, zum Preise von 26 bis 28 Schilling der Centner (50 Mk. für 100 kg) verkauft. — Für den gewöhnlichen Vertrieb wird erst noch eine sehr einfache Arbeit mit ihm vorgenommen, indem er unter einem Hammer zu vierkantigen Stäben von sieben bis acht Linien Stärke und beliebiger Länge ausgeschmiedet wird. Diese läſst man, ohne sie im Wasser abzulöschen, an der Luft erkalten. Dadurch wird das Gefüge des Stahls, das vor- her locker und groſsblätterig war, dicht und feinkörnig, so daſs es dem Korn des gemeinen deutschen Stahls gleicht. In diesem Zu- stande wird es gemeiner Stahl (common steel) genannt und zur Anfertigung von Feilen, Sägen, Scheren, Messern u. s. w. gebraucht. Er wird nach den englischen Provinzen, namentlich aber nach Shef- field und Birmingham, verschickt und der Centner zu 30 bis 32 Schil- ling berechnet. Da die Enden der Stäbe meist unrein sind und keinen guten Stahl geben, so werden sie abgehauen und in Packeten verschmiedet. Dieser Stahl heiſst harter Stahl (hard steel) und wird gewöhnlich zur Verfertigung von Ackergeräten verwendet. Aus dem Cementstahl kann man durch eine zweite Arbeit, welche den Namen deutsches Stahlmachen führt, eine noch bessere Sorte erhalten, welche Benennung sie daher erhalten hat, weil das Erzeugnis dem deutschen Stahl an Korn und Qualität völlig gleich kommt.“ Jars überzeugte sich davon durch Proben, und die betreffende englische Gewerkschaft hatte dem echten deutschen Stahl bereits einen beträchtlichen Absatz entzogen. Zu bemerken war nur, daſs der

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Zitationshilfe: Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 3: Das XVIII. Jahrhundert. Braunschweig, 1897, S. 286. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen03_1897/300>, abgerufen am 23.11.2024.