nach und schlug, um demselben abzuhelfen, in einem Aufsatz, den er 1702 bei dem Ministerium einreichte, ein anderes Verfahren vor. Er riet, die Kolben zu Flachstäben von 1 Zoll dick, 4 Zoll breit und 3 bis 4 Fuss lang auszuschmieden, diese ein- oder zweimal in Schweiss- hitze umzuschlagen und zusammenzuschweissen und daraus Keile zu schmieden und diese wie oben weiter zu verarbeiten. Auch dies war, wenn auch besser, doch nur ein Notbehelf, zu dem man nur seine Zuflucht nahm, weil man es für unmöglich hielt, unter einem Wasser- hammer die Ankerteile in derselben Weise zu schmieden, wie es mit der Hand geschah. Bei dem Schmieden mit Handhämmern hatte man Packete aus einer grossen Zahl von Stäben, welche alle schon annähernd die Länge der Rute oder eines andern Ankerteils hatten. Diese waren mit eisernen Bändern zusammengebunden und wurden in heftiger Weissglut mit zahlreichen Hammerschlägen, mit schweren Vorschlaghämmern zusammengeschweisst (Bd. II, Fig. 228). Dabei war der einzelne Schlag nicht so stark. Man war aber überzeugt, dass, wenn man dasselbe mit einem Wasserhammer versuchen wollte, die Bänder den Schlag nicht aushalten, zerspringen und die Stäbe nach allen Seiten auseinanderfahren würden. Herr Tresaguet, der dieses Vor- urteil geteilt hatte, kam nach und nach zu der Ansicht, dass die Sache doch nicht so unausführbar sein möchte. Trotz dem Wider- spruche seiner Werkmeister und Schmiede wagte er den Versuch und siehe da! er gelang gleich das erstemal viel besser, als er zu hoffen gewagt hatte. Seitdem ist dieses Verfahren eingeführt worden und hat alle andern verdrängt.
Die Vorteile, die Ankerteile aus Stäben von gut durchgearbeitetem zähen Schmiedeeisen, dessen Fasern in der Richtung des Stückes gelagert sind, herzustellen, liegen auf der Hand. Auch wirkt der Schlag eines Hammers von 800 Pfund, wie man ihn bei den grössten Ambossen verwendete 1), ganz anders, als ein Dutzend Handhämmer von 12 bis 15 Pfund. Die mit Handhämmern aus Stäben geschweissten schweren Ruten waren auch gar nicht bis in das Innerste ge- schweisst, sondern nur von einer geschweissten Hülle eingeschlossen. -- Für die Ankerschmiede in den Seestädten war dieser Erfolg der Hammerwerke ein empfindlicher Schlag, und sie versuchten dagegen anzukämpfen. Die Hammerwerke hatten auch noch den Vorteil, dass sie die einzelnen Stäbe schon der Form entsprechend vorschmieden
1)Duhamel bemerkt dazu, dass man zu Ankern von 6000 Pfund Hämmer von nur 500 bis 600 Pfund verwende.
Beck, Geschichte des Eisens. 17
Die Ankerschmieden.
nach und schlug, um demselben abzuhelfen, in einem Aufsatz, den er 1702 bei dem Ministerium einreichte, ein anderes Verfahren vor. Er riet, die Kolben zu Flachstäben von 1 Zoll dick, 4 Zoll breit und 3 bis 4 Fuſs lang auszuschmieden, diese ein- oder zweimal in Schweiſs- hitze umzuschlagen und zusammenzuschweiſsen und daraus Keile zu schmieden und diese wie oben weiter zu verarbeiten. Auch dies war, wenn auch besser, doch nur ein Notbehelf, zu dem man nur seine Zuflucht nahm, weil man es für unmöglich hielt, unter einem Wasser- hammer die Ankerteile in derselben Weise zu schmieden, wie es mit der Hand geschah. Bei dem Schmieden mit Handhämmern hatte man Packete aus einer groſsen Zahl von Stäben, welche alle schon annähernd die Länge der Rute oder eines andern Ankerteils hatten. Diese waren mit eisernen Bändern zusammengebunden und wurden in heftiger Weiſsglut mit zahlreichen Hammerschlägen, mit schweren Vorschlaghämmern zusammengeschweiſst (Bd. II, Fig. 228). Dabei war der einzelne Schlag nicht so stark. Man war aber überzeugt, daſs, wenn man dasselbe mit einem Wasserhammer versuchen wollte, die Bänder den Schlag nicht aushalten, zerspringen und die Stäbe nach allen Seiten auseinanderfahren würden. Herr Tresaguet, der dieses Vor- urteil geteilt hatte, kam nach und nach zu der Ansicht, daſs die Sache doch nicht so unausführbar sein möchte. Trotz dem Wider- spruche seiner Werkmeister und Schmiede wagte er den Versuch und siehe da! er gelang gleich das erstemal viel besser, als er zu hoffen gewagt hatte. Seitdem ist dieses Verfahren eingeführt worden und hat alle andern verdrängt.
Die Vorteile, die Ankerteile aus Stäben von gut durchgearbeitetem zähen Schmiedeeisen, dessen Fasern in der Richtung des Stückes gelagert sind, herzustellen, liegen auf der Hand. Auch wirkt der Schlag eines Hammers von 800 Pfund, wie man ihn bei den gröſsten Ambossen verwendete 1), ganz anders, als ein Dutzend Handhämmer von 12 bis 15 Pfund. Die mit Handhämmern aus Stäben geschweiſsten schweren Ruten waren auch gar nicht bis in das Innerste ge- schweiſst, sondern nur von einer geschweiſsten Hülle eingeschlossen. — Für die Ankerschmiede in den Seestädten war dieser Erfolg der Hammerwerke ein empfindlicher Schlag, und sie versuchten dagegen anzukämpfen. Die Hammerwerke hatten auch noch den Vorteil, daſs sie die einzelnen Stäbe schon der Form entsprechend vorschmieden
1)Duhamel bemerkt dazu, daſs man zu Ankern von 6000 Pfund Hämmer von nur 500 bis 600 Pfund verwende.
Beck, Geschichte des Eisens. 17
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Die Ankerschmieden.
nach und schlug, um demselben abzuhelfen, in einem Aufsatz, den
er 1702 bei dem Ministerium einreichte, ein anderes Verfahren vor.
Er riet, die Kolben zu Flachstäben von 1 Zoll dick, 4 Zoll breit und
3 bis 4 Fuſs lang auszuschmieden, diese ein- oder zweimal in Schweiſs-
hitze umzuschlagen und zusammenzuschweiſsen und daraus Keile zu
schmieden und diese wie oben weiter zu verarbeiten. Auch dies war,
wenn auch besser, doch nur ein Notbehelf, zu dem man nur seine
Zuflucht nahm, weil man es für unmöglich hielt, unter einem Wasser-
hammer die Ankerteile in derselben Weise zu schmieden, wie es mit
der Hand geschah. Bei dem Schmieden mit Handhämmern hatte
man Packete aus einer groſsen Zahl von Stäben, welche alle schon
annähernd die Länge der Rute oder eines andern Ankerteils hatten.
Diese waren mit eisernen Bändern zusammengebunden und wurden
in heftiger Weiſsglut mit zahlreichen Hammerschlägen, mit schweren
Vorschlaghämmern zusammengeschweiſst (Bd. II, Fig. 228). Dabei war
der einzelne Schlag nicht so stark. Man war aber überzeugt, daſs, wenn
man dasselbe mit einem Wasserhammer versuchen wollte, die Bänder
den Schlag nicht aushalten, zerspringen und die Stäbe nach allen
Seiten auseinanderfahren würden. Herr Tresaguet, der dieses Vor-
urteil geteilt hatte, kam nach und nach zu der Ansicht, daſs die
Sache doch nicht so unausführbar sein möchte. Trotz dem Wider-
spruche seiner Werkmeister und Schmiede wagte er den Versuch
und siehe da! er gelang gleich das erstemal viel besser, als er zu
hoffen gewagt hatte. Seitdem ist dieses Verfahren eingeführt worden
und hat alle andern verdrängt.
Die Vorteile, die Ankerteile aus Stäben von gut durchgearbeitetem
zähen Schmiedeeisen, dessen Fasern in der Richtung des Stückes
gelagert sind, herzustellen, liegen auf der Hand. Auch wirkt der
Schlag eines Hammers von 800 Pfund, wie man ihn bei den gröſsten
Ambossen verwendete 1), ganz anders, als ein Dutzend Handhämmer
von 12 bis 15 Pfund. Die mit Handhämmern aus Stäben geschweiſsten
schweren Ruten waren auch gar nicht bis in das Innerste ge-
schweiſst, sondern nur von einer geschweiſsten Hülle eingeschlossen. —
Für die Ankerschmiede in den Seestädten war dieser Erfolg der
Hammerwerke ein empfindlicher Schlag, und sie versuchten dagegen
anzukämpfen. Die Hammerwerke hatten auch noch den Vorteil, daſs
sie die einzelnen Stäbe schon der Form entsprechend vorschmieden
1) Duhamel bemerkt dazu, daſs man zu Ankern von 6000 Pfund Hämmer
von nur 500 bis 600 Pfund verwende.
Beck, Geschichte des Eisens. 17
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Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 3: Das XVIII. Jahrhundert. Braunschweig, 1897, S. 257. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen03_1897/271>, abgerufen am 23.11.2024.
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