Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 3: Das XVIII. Jahrhundert. Braunschweig, 1897.

Bild:
<< vorherige Seite

Einleitung.
hunderts und giebt ihm seine Signatur. Die Anfänge derselben
fallen zwar, wie wir gesehen haben, schon in das vorhergehende Jahr-
hundert. Savarys sogenannte Dampfmaschine war aber kein Motor
im modernen Sinne, es war ein Apparat, der nur zum Wasserheben
eine beschränkte Anwendung finden konnte.

Viel näher dem Ziele kam schon die atmosphärische Maschine
von Newkomen, die gewöhnlich als Feuermaschine bezeichnet wurde.
Hier übten wirklich ein Kolben und eine Kolbenstange, welche durch
den Luftdruck in einem luftverdünnten Raume niedergedrückt wurden,
eine motorische Kraft aus. Bei der Unregelmässigkeit dieser Be-
wegung war aber eine andere Verwendung als zur Bewegung von
Pumpen, namentlich die Umsetzung in eine Kreisbewegung fast un-
möglich und alle in dieser Richtung gemachten Versuche blieben er-
folglos. Einen vollkommenen Motor schuf erst das Genie von James
Watt
in seiner Dampfmaschine. Durch diese wurde der grosse
Schatz von Kraft, welcher in dem Schosse der Erde in den Kohlen-
flötzen abgelagert ist, erst verwertbar gemacht und erschlossen.
Mühevoll und lang war der Weg, den Watt wandern musste, bis er
zu seinem Ziele kam; die eigene grosse Kraft des genialen Mannes
hätte dazu fast nicht ausgereicht. Aber ein gütiges Geschick, dem
wir heute noch danken, hat ihn geleitet und die grössten Schwierig-
keiten hinweggeräumt.

Nicht gleich war die Dampfmaschine Watts, so geistvoll sie er-
dacht, so sinnreich alle Teile erwogen, so sorgfältig sie ausgeführt
war, das siegreiche Werkzeug, wie es in seiner Vollendung vor uns
steht. Allmählich nur entwickelte sie sich zu dieser Vollkommenheit
und die Umsetzung der Kraft in die mannigfaltigen Bewegungen, die
Anpassung an alle Arten von Arbeiten, welche wir sie heute leisten
sehen, hat noch viele Mühe, Nachdenken, Versuche und Zeit gekostet.
Aber schon bald nach ihrer Geburt wurde sie begrüsst als das, was
sie geworden ist, das hoffnungsvolle Kraftwerkzeug einer besseren
Zukunft, um den trägen Schritt und die mühselige Arbeit des
Menschen zu beschleunigen und zu erleichtern. Diese Hoffnung fand
den treffendsten Ausdruck in einem Gedicht, welches Erasmus
Darwin
, der Grossvater des berühmten Charles Darwin, selbst
ein vortrefflicher Naturforscher und ein Freund von James Watt
im Jahre 1788 verfasst hat. Es lautet 1):


1) Das Original befindet sich in E. Darwin, The botanic garden, die Über-
setzung von Dr. Ernst Engel, in dessen "Das Zeitalter des Dampfes". Berlin 1880.

Einleitung.
hunderts und giebt ihm seine Signatur. Die Anfänge derselben
fallen zwar, wie wir gesehen haben, schon in das vorhergehende Jahr-
hundert. Savarys sogenannte Dampfmaschine war aber kein Motor
im modernen Sinne, es war ein Apparat, der nur zum Wasserheben
eine beschränkte Anwendung finden konnte.

Viel näher dem Ziele kam schon die atmosphärische Maschine
von Newkomen, die gewöhnlich als Feuermaschine bezeichnet wurde.
Hier übten wirklich ein Kolben und eine Kolbenstange, welche durch
den Luftdruck in einem luftverdünnten Raume niedergedrückt wurden,
eine motorische Kraft aus. Bei der Unregelmäſsigkeit dieser Be-
wegung war aber eine andere Verwendung als zur Bewegung von
Pumpen, namentlich die Umsetzung in eine Kreisbewegung fast un-
möglich und alle in dieser Richtung gemachten Versuche blieben er-
folglos. Einen vollkommenen Motor schuf erst das Genie von James
Watt
in seiner Dampfmaschine. Durch diese wurde der groſse
Schatz von Kraft, welcher in dem Schoſse der Erde in den Kohlen-
flötzen abgelagert ist, erst verwertbar gemacht und erschlossen.
Mühevoll und lang war der Weg, den Watt wandern muſste, bis er
zu seinem Ziele kam; die eigene groſse Kraft des genialen Mannes
hätte dazu fast nicht ausgereicht. Aber ein gütiges Geschick, dem
wir heute noch danken, hat ihn geleitet und die gröſsten Schwierig-
keiten hinweggeräumt.

Nicht gleich war die Dampfmaschine Watts, so geistvoll sie er-
dacht, so sinnreich alle Teile erwogen, so sorgfältig sie ausgeführt
war, das siegreiche Werkzeug, wie es in seiner Vollendung vor uns
steht. Allmählich nur entwickelte sie sich zu dieser Vollkommenheit
und die Umsetzung der Kraft in die mannigfaltigen Bewegungen, die
Anpassung an alle Arten von Arbeiten, welche wir sie heute leisten
sehen, hat noch viele Mühe, Nachdenken, Versuche und Zeit gekostet.
Aber schon bald nach ihrer Geburt wurde sie begrüſst als das, was
sie geworden ist, das hoffnungsvolle Kraftwerkzeug einer besseren
Zukunft, um den trägen Schritt und die mühselige Arbeit des
Menschen zu beschleunigen und zu erleichtern. Diese Hoffnung fand
den treffendsten Ausdruck in einem Gedicht, welches Erasmus
Darwin
, der Groſsvater des berühmten Charles Darwin, selbst
ein vortrefflicher Naturforscher und ein Freund von James Watt
im Jahre 1788 verfaſst hat. Es lautet 1):


1) Das Original befindet sich in E. Darwin, The botanic garden, die Über-
setzung von Dr. Ernst Engel, in dessen „Das Zeitalter des Dampfes“. Berlin 1880.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0023" n="9"/><fw place="top" type="header">Einleitung.</fw><lb/>
hunderts und giebt ihm seine Signatur. Die Anfänge derselben<lb/>
fallen zwar, wie wir gesehen haben, schon in das vorhergehende Jahr-<lb/>
hundert. <hi rendition="#g">Savarys</hi> sogenannte Dampfmaschine war aber kein Motor<lb/>
im modernen Sinne, es war ein Apparat, der nur zum Wasserheben<lb/>
eine beschränkte Anwendung finden konnte.</p><lb/>
            <p>Viel näher dem Ziele kam schon die atmosphärische Maschine<lb/>
von <hi rendition="#g">Newkomen</hi>, die gewöhnlich als Feuermaschine bezeichnet wurde.<lb/>
Hier übten wirklich ein Kolben und eine Kolbenstange, welche durch<lb/>
den Luftdruck in einem luftverdünnten Raume niedergedrückt wurden,<lb/>
eine motorische Kraft aus. Bei der Unregelmä&#x017F;sigkeit dieser Be-<lb/>
wegung war aber eine andere Verwendung als zur Bewegung von<lb/>
Pumpen, namentlich die Umsetzung in eine Kreisbewegung fast un-<lb/>
möglich und alle in dieser Richtung gemachten Versuche blieben er-<lb/>
folglos. Einen vollkommenen Motor schuf erst das Genie von <hi rendition="#g">James<lb/>
Watt</hi> in seiner Dampfmaschine. Durch diese wurde der gro&#x017F;se<lb/>
Schatz von Kraft, welcher in dem Scho&#x017F;se der Erde in den Kohlen-<lb/>
flötzen abgelagert ist, erst verwertbar gemacht und erschlossen.<lb/>
Mühevoll und lang war der Weg, den <hi rendition="#g">Watt</hi> wandern mu&#x017F;ste, bis er<lb/>
zu seinem Ziele kam; die eigene gro&#x017F;se Kraft des genialen Mannes<lb/>
hätte dazu fast nicht ausgereicht. Aber ein gütiges Geschick, dem<lb/>
wir heute noch danken, hat ihn geleitet und die grö&#x017F;sten Schwierig-<lb/>
keiten hinweggeräumt.</p><lb/>
            <p>Nicht gleich war die Dampfmaschine <hi rendition="#g">Watts</hi>, so geistvoll sie er-<lb/>
dacht, so sinnreich alle Teile erwogen, so sorgfältig sie ausgeführt<lb/>
war, das siegreiche Werkzeug, wie es in seiner Vollendung vor uns<lb/>
steht. Allmählich nur entwickelte sie sich zu dieser Vollkommenheit<lb/>
und die Umsetzung der Kraft in die mannigfaltigen Bewegungen, die<lb/>
Anpassung an alle Arten von Arbeiten, welche wir sie heute leisten<lb/>
sehen, hat noch viele Mühe, Nachdenken, Versuche und Zeit gekostet.<lb/>
Aber schon bald nach ihrer Geburt wurde sie begrü&#x017F;st als das, was<lb/>
sie geworden ist, das hoffnungsvolle Kraftwerkzeug einer besseren<lb/>
Zukunft, um den trägen Schritt und die mühselige Arbeit des<lb/>
Menschen zu beschleunigen und zu erleichtern. Diese Hoffnung fand<lb/>
den treffendsten Ausdruck in einem Gedicht, welches <hi rendition="#g">Erasmus<lb/>
Darwin</hi>, der Gro&#x017F;svater des berühmten <hi rendition="#g">Charles Darwin</hi>, selbst<lb/>
ein vortrefflicher Naturforscher und ein Freund von <hi rendition="#g">James Watt</hi><lb/>
im Jahre 1788 verfa&#x017F;st hat. Es lautet <note place="foot" n="1)">Das Original befindet sich in E. <hi rendition="#g">Darwin</hi>, The botanic garden, die Über-<lb/>
setzung von Dr. <hi rendition="#g">Ernst Engel</hi>, in dessen &#x201E;Das Zeitalter des Dampfes&#x201C;. Berlin 1880.</note>:</p><lb/>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[9/0023] Einleitung. hunderts und giebt ihm seine Signatur. Die Anfänge derselben fallen zwar, wie wir gesehen haben, schon in das vorhergehende Jahr- hundert. Savarys sogenannte Dampfmaschine war aber kein Motor im modernen Sinne, es war ein Apparat, der nur zum Wasserheben eine beschränkte Anwendung finden konnte. Viel näher dem Ziele kam schon die atmosphärische Maschine von Newkomen, die gewöhnlich als Feuermaschine bezeichnet wurde. Hier übten wirklich ein Kolben und eine Kolbenstange, welche durch den Luftdruck in einem luftverdünnten Raume niedergedrückt wurden, eine motorische Kraft aus. Bei der Unregelmäſsigkeit dieser Be- wegung war aber eine andere Verwendung als zur Bewegung von Pumpen, namentlich die Umsetzung in eine Kreisbewegung fast un- möglich und alle in dieser Richtung gemachten Versuche blieben er- folglos. Einen vollkommenen Motor schuf erst das Genie von James Watt in seiner Dampfmaschine. Durch diese wurde der groſse Schatz von Kraft, welcher in dem Schoſse der Erde in den Kohlen- flötzen abgelagert ist, erst verwertbar gemacht und erschlossen. Mühevoll und lang war der Weg, den Watt wandern muſste, bis er zu seinem Ziele kam; die eigene groſse Kraft des genialen Mannes hätte dazu fast nicht ausgereicht. Aber ein gütiges Geschick, dem wir heute noch danken, hat ihn geleitet und die gröſsten Schwierig- keiten hinweggeräumt. Nicht gleich war die Dampfmaschine Watts, so geistvoll sie er- dacht, so sinnreich alle Teile erwogen, so sorgfältig sie ausgeführt war, das siegreiche Werkzeug, wie es in seiner Vollendung vor uns steht. Allmählich nur entwickelte sie sich zu dieser Vollkommenheit und die Umsetzung der Kraft in die mannigfaltigen Bewegungen, die Anpassung an alle Arten von Arbeiten, welche wir sie heute leisten sehen, hat noch viele Mühe, Nachdenken, Versuche und Zeit gekostet. Aber schon bald nach ihrer Geburt wurde sie begrüſst als das, was sie geworden ist, das hoffnungsvolle Kraftwerkzeug einer besseren Zukunft, um den trägen Schritt und die mühselige Arbeit des Menschen zu beschleunigen und zu erleichtern. Diese Hoffnung fand den treffendsten Ausdruck in einem Gedicht, welches Erasmus Darwin, der Groſsvater des berühmten Charles Darwin, selbst ein vortrefflicher Naturforscher und ein Freund von James Watt im Jahre 1788 verfaſst hat. Es lautet 1): 1) Das Original befindet sich in E. Darwin, The botanic garden, die Über- setzung von Dr. Ernst Engel, in dessen „Das Zeitalter des Dampfes“. Berlin 1880.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen03_1897
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen03_1897/23
Zitationshilfe: Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 3: Das XVIII. Jahrhundert. Braunschweig, 1897, S. 9. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen03_1897/23>, abgerufen am 24.11.2024.