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Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 3: Das XVIII. Jahrhundert. Braunschweig, 1897.

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Die Cementstahlfabrikation.
der Natur des Eisens wählt man die geeignete Zusammensetzung.
Manche Eisensorten verlangen eine langsame Einwirkung. Die ange-
gebenen Stoffe sind gleichzeitig die, welche am leichtesten überall zu
beschaffen sind und welche sich deshalb für den Betrieb im grossen
am besten eignen.

Das Seesalz (Kochsalz), welches auch als Pulver angewendet werden
muss, lässt man am besten dekrepitieren. Die Holzkohle wird man
beim Grossbetrieb unter dem Pochwerke zerkleinern; die Siebe werden
am besten durch ein Wasserrad bewegt, und das Mischen, worauf
viel ankommt, wird man am besten durch Maschinen bewerk-
stelligen. Versuche, das Salz als Lösung aufzugiessen und dann die
Mischung zu trocknen, haben sich nicht als vorteilhaft erwiesen.
Überhaupt eignen sich die eingerührten und in Form von Kuchen
getrockneten Gemenge, wie sie bei der Einsatzhärtung öfter ange-
wendet werden, für diese Fabrikation nicht. Wie es ein Verhältnis
der Bestandteile in der Mischung geben muss, so muss ein Verhältnis
sein zwischen der Menge des Cementierpulvers und dem Eiseneinsatz.
2 Unzen 3 Quentchen auf ein Pfund Eisen, also 1/6 bis 1/7, ist der
beste Satz, oder im Grossen 7 Pfund Russ, 31/2 Pfd. Kohle, 31/2 Pfd.
Asche und 21/2 bis 3 Pfd. Salz auf einen Centner Eisen. Hat man
ein Eisen, was leicht einen guten Stahl giebt, so kann man mehr
Pulver geben --, bei Eisen, das nicht leicht und keinen guten Stahl
giebt, vermindert man dasselbe. Jedenfalls soll man an dem Cementier-
pulver, weder an der Mischung, noch an der Menge zu sparen suchen,
da durch besseren Stahl die Mehrkosten reichlich gedeckt werden.

Ebenso wichtig wie die Mischung ist der Grad und die Dauer
der Hitze beim Brennen
. Mit dieser Frage beschäftigt sich die
zweite Abhandlung. Das Feuer darf nie unmittelbar auf das Eisen
oder die Mischung wirken, sondern diese müssen durch die Wände
eines ringsum geschlossenen Gefässes geschützt sein. Wo ein Riss
oder eine Öffnung der Flamme oder der äusseren Luft Zutritt ge-
stattet, findet keine Stahlbildung statt. Wo man einen Deckel an-
wendet, muss derselbe deshalb auf das sorgfältigste mit feuerfestem
Material verdichtet werden. Wegen der Ausdehnung der Masse beim
Erhitzen empfiehlt es sich, zwischen Deckel und Füllung einen kleinen
Zwischenraum zu lassen.

Ausser der richtigen Mischung des Cements ist für die Stahl-
bildung nichts so wichtig, als das Brennen. Man muss das Fortschreiten
der Verstählung durch Proben feststellen, wobei man sich nicht bei
der Umwandlung des sehnigen Gefüges in ein körniges begnügen

Die Cementstahlfabrikation.
der Natur des Eisens wählt man die geeignete Zusammensetzung.
Manche Eisensorten verlangen eine langsame Einwirkung. Die ange-
gebenen Stoffe sind gleichzeitig die, welche am leichtesten überall zu
beschaffen sind und welche sich deshalb für den Betrieb im groſsen
am besten eignen.

Das Seesalz (Kochsalz), welches auch als Pulver angewendet werden
muſs, läſst man am besten dekrepitieren. Die Holzkohle wird man
beim Groſsbetrieb unter dem Pochwerke zerkleinern; die Siebe werden
am besten durch ein Wasserrad bewegt, und das Mischen, worauf
viel ankommt, wird man am besten durch Maschinen bewerk-
stelligen. Versuche, das Salz als Lösung aufzugieſsen und dann die
Mischung zu trocknen, haben sich nicht als vorteilhaft erwiesen.
Überhaupt eignen sich die eingerührten und in Form von Kuchen
getrockneten Gemenge, wie sie bei der Einsatzhärtung öfter ange-
wendet werden, für diese Fabrikation nicht. Wie es ein Verhältnis
der Bestandteile in der Mischung geben muſs, so muſs ein Verhältnis
sein zwischen der Menge des Cementierpulvers und dem Eiseneinsatz.
2 Unzen 3 Quentchen auf ein Pfund Eisen, also ⅙ bis 1/7, ist der
beste Satz, oder im Groſsen 7 Pfund Ruſs, 3½ Pfd. Kohle, 3½ Pfd.
Asche und 2½ bis 3 Pfd. Salz auf einen Centner Eisen. Hat man
ein Eisen, was leicht einen guten Stahl giebt, so kann man mehr
Pulver geben —, bei Eisen, das nicht leicht und keinen guten Stahl
giebt, vermindert man dasselbe. Jedenfalls soll man an dem Cementier-
pulver, weder an der Mischung, noch an der Menge zu sparen suchen,
da durch besseren Stahl die Mehrkosten reichlich gedeckt werden.

Ebenso wichtig wie die Mischung ist der Grad und die Dauer
der Hitze beim Brennen
. Mit dieser Frage beschäftigt sich die
zweite Abhandlung. Das Feuer darf nie unmittelbar auf das Eisen
oder die Mischung wirken, sondern diese müssen durch die Wände
eines ringsum geschlossenen Gefäſses geschützt sein. Wo ein Riſs
oder eine Öffnung der Flamme oder der äuſseren Luft Zutritt ge-
stattet, findet keine Stahlbildung statt. Wo man einen Deckel an-
wendet, muſs derselbe deshalb auf das sorgfältigste mit feuerfestem
Material verdichtet werden. Wegen der Ausdehnung der Masse beim
Erhitzen empfiehlt es sich, zwischen Deckel und Füllung einen kleinen
Zwischenraum zu lassen.

Auſser der richtigen Mischung des Cements ist für die Stahl-
bildung nichts so wichtig, als das Brennen. Man muſs das Fortschreiten
der Verstählung durch Proben feststellen, wobei man sich nicht bei
der Umwandlung des sehnigen Gefüges in ein körniges begnügen

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[208/0222] Die Cementstahlfabrikation. der Natur des Eisens wählt man die geeignete Zusammensetzung. Manche Eisensorten verlangen eine langsame Einwirkung. Die ange- gebenen Stoffe sind gleichzeitig die, welche am leichtesten überall zu beschaffen sind und welche sich deshalb für den Betrieb im groſsen am besten eignen. Das Seesalz (Kochsalz), welches auch als Pulver angewendet werden muſs, läſst man am besten dekrepitieren. Die Holzkohle wird man beim Groſsbetrieb unter dem Pochwerke zerkleinern; die Siebe werden am besten durch ein Wasserrad bewegt, und das Mischen, worauf viel ankommt, wird man am besten durch Maschinen bewerk- stelligen. Versuche, das Salz als Lösung aufzugieſsen und dann die Mischung zu trocknen, haben sich nicht als vorteilhaft erwiesen. Überhaupt eignen sich die eingerührten und in Form von Kuchen getrockneten Gemenge, wie sie bei der Einsatzhärtung öfter ange- wendet werden, für diese Fabrikation nicht. Wie es ein Verhältnis der Bestandteile in der Mischung geben muſs, so muſs ein Verhältnis sein zwischen der Menge des Cementierpulvers und dem Eiseneinsatz. 2 Unzen 3 Quentchen auf ein Pfund Eisen, also ⅙ bis 1/7, ist der beste Satz, oder im Groſsen 7 Pfund Ruſs, 3½ Pfd. Kohle, 3½ Pfd. Asche und 2½ bis 3 Pfd. Salz auf einen Centner Eisen. Hat man ein Eisen, was leicht einen guten Stahl giebt, so kann man mehr Pulver geben —, bei Eisen, das nicht leicht und keinen guten Stahl giebt, vermindert man dasselbe. Jedenfalls soll man an dem Cementier- pulver, weder an der Mischung, noch an der Menge zu sparen suchen, da durch besseren Stahl die Mehrkosten reichlich gedeckt werden. Ebenso wichtig wie die Mischung ist der Grad und die Dauer der Hitze beim Brennen. Mit dieser Frage beschäftigt sich die zweite Abhandlung. Das Feuer darf nie unmittelbar auf das Eisen oder die Mischung wirken, sondern diese müssen durch die Wände eines ringsum geschlossenen Gefäſses geschützt sein. Wo ein Riſs oder eine Öffnung der Flamme oder der äuſseren Luft Zutritt ge- stattet, findet keine Stahlbildung statt. Wo man einen Deckel an- wendet, muſs derselbe deshalb auf das sorgfältigste mit feuerfestem Material verdichtet werden. Wegen der Ausdehnung der Masse beim Erhitzen empfiehlt es sich, zwischen Deckel und Füllung einen kleinen Zwischenraum zu lassen. Auſser der richtigen Mischung des Cements ist für die Stahl- bildung nichts so wichtig, als das Brennen. Man muſs das Fortschreiten der Verstählung durch Proben feststellen, wobei man sich nicht bei der Umwandlung des sehnigen Gefüges in ein körniges begnügen

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Zitationshilfe: Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 3: Das XVIII. Jahrhundert. Braunschweig, 1897, S. 208. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen03_1897/222>, abgerufen am 25.11.2024.