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Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 3: Das XVIII. Jahrhundert. Braunschweig, 1897.

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Eisen- und Stahlfrischen.
der Bälge lagen etwas weiter zurück. Das Verhältnis und die Masse
der Form, Düsen und Bälge war sehr wichtig. Man wendete nur
oberschlächtige Wasserräder an, weil diese mehr Gewalt hatten. Da
der Herdboden nur wenig durch Schlacken geschützt wurde, brannte
er rasch durch. Selten hielten die Bodenplatten länger als zwei bis
drei Wochen. Auch die Gichtzacken litten und mussten öfter aus-
gebessert oder erneuert werden.

Sollte die Arbeit beginnen, so wurden Schlacken aufgegeben, dann
Kohlen, mit etwas Kohlenpulver vermengt, und hierauf das Roheisen.
Dieses gab man am besten in kleinen Masseln oder in Stücken auf.
Über das Eisen wurden wieder Kohlen geworfen. Das Roheisen wurde
einer Vorbereitungsarbeit unterworfen, indem es in den Kohlen bis zur
hellen Glut (candescens), aber nicht bis zum Schmelzen erhitzt wurde
(Glühfrischen). Ehe dieses eintrat, stellte man den Wind ab und brachte
die glühenden Roheisenstücke unter einen Hammer von etwa 170 kg
Gewicht, der sie in kleinere Stücke von 3 bis 4 Pfund zerschlug.
Diese Eisenbrocken wurden nun nach und nach zum Einschmelzen
über die aufgehäuften Kohlen aufgegeben. Hierbei wurde langsamer
geblasen. Der Frischer arbeitete mit seiner Stange im Herd, damit
sich nichts ansetzte. War das Eisen eingeschmolzen, so dass es als
flüssige Masse den Boden des Herdes bedeckte, so wurde der Wind
verstärkt. Das Roheisen verwandelte sich nun in Stahl und der
Frischer musste genau auf alle Zeichen achten. Er untersuchte die
Masse mit der Stange, beobachtete die Schlacken- und Eisenfunken,
die ausgeworfen wurden, und die Flamme, welche anfangs dunkel,
immer heller und weisser wurde, besonders nach dem Ablassen der
Schlacke. Anfangs fühlte sich die Masse mit dem Spiesse weich an,
nach und nach erhärtete sie. Ein Durcharbeiten der Masse fand
nicht statt. Dann gab man wieder neue Eisenbrocken auf und wieder-
holte dies in vier Stunden etwa viermal. Dadurch wuchs die Luppe
im Herd, bis sie etwa 42 kg schwer war. Man brach sie nun mit der
durch das Schlackenloch eingeführten Brechstange aus. Sie bildete
eine unten runde, oben flache Masse. Man hob sie unter den Hammer,
breitete sie etwas aus und zerteilte sie dann mit der Schrothacke in
vier gleiche Teile. Die Stahlluppe hatte in der Glut eine rötere
Farbe als die entsprechende Eisenluppe. Wenn das Gebläse nicht
in Ordnung war, so bildete sich oft gar keine Schlacke. Die Schmelzung
ging dann nur langsam vor sich und der Stahl verbrannte leicht und
wurde schlecht. Um dies zu verhüten, warf man dann von Zeit zu
Zeit Flusssand auf. Die Bodenplatte hielt dies aber nicht lange aus,

Beck, Geschichte des Eisens. 13

Eisen- und Stahlfrischen.
der Bälge lagen etwas weiter zurück. Das Verhältnis und die Maſse
der Form, Düsen und Bälge war sehr wichtig. Man wendete nur
oberschlächtige Wasserräder an, weil diese mehr Gewalt hatten. Da
der Herdboden nur wenig durch Schlacken geschützt wurde, brannte
er rasch durch. Selten hielten die Bodenplatten länger als zwei bis
drei Wochen. Auch die Gichtzacken litten und muſsten öfter aus-
gebessert oder erneuert werden.

Sollte die Arbeit beginnen, so wurden Schlacken aufgegeben, dann
Kohlen, mit etwas Kohlenpulver vermengt, und hierauf das Roheisen.
Dieses gab man am besten in kleinen Masseln oder in Stücken auf.
Über das Eisen wurden wieder Kohlen geworfen. Das Roheisen wurde
einer Vorbereitungsarbeit unterworfen, indem es in den Kohlen bis zur
hellen Glut (candescens), aber nicht bis zum Schmelzen erhitzt wurde
(Glühfrischen). Ehe dieses eintrat, stellte man den Wind ab und brachte
die glühenden Roheisenstücke unter einen Hammer von etwa 170 kg
Gewicht, der sie in kleinere Stücke von 3 bis 4 Pfund zerschlug.
Diese Eisenbrocken wurden nun nach und nach zum Einschmelzen
über die aufgehäuften Kohlen aufgegeben. Hierbei wurde langsamer
geblasen. Der Frischer arbeitete mit seiner Stange im Herd, damit
sich nichts ansetzte. War das Eisen eingeschmolzen, so daſs es als
flüssige Masse den Boden des Herdes bedeckte, so wurde der Wind
verstärkt. Das Roheisen verwandelte sich nun in Stahl und der
Frischer muſste genau auf alle Zeichen achten. Er untersuchte die
Masse mit der Stange, beobachtete die Schlacken- und Eisenfunken,
die ausgeworfen wurden, und die Flamme, welche anfangs dunkel,
immer heller und weiſser wurde, besonders nach dem Ablassen der
Schlacke. Anfangs fühlte sich die Masse mit dem Spieſse weich an,
nach und nach erhärtete sie. Ein Durcharbeiten der Masse fand
nicht statt. Dann gab man wieder neue Eisenbrocken auf und wieder-
holte dies in vier Stunden etwa viermal. Dadurch wuchs die Luppe
im Herd, bis sie etwa 42 kg schwer war. Man brach sie nun mit der
durch das Schlackenloch eingeführten Brechstange aus. Sie bildete
eine unten runde, oben flache Masse. Man hob sie unter den Hammer,
breitete sie etwas aus und zerteilte sie dann mit der Schrothacke in
vier gleiche Teile. Die Stahlluppe hatte in der Glut eine rötere
Farbe als die entsprechende Eisenluppe. Wenn das Gebläse nicht
in Ordnung war, so bildete sich oft gar keine Schlacke. Die Schmelzung
ging dann nur langsam vor sich und der Stahl verbrannte leicht und
wurde schlecht. Um dies zu verhüten, warf man dann von Zeit zu
Zeit Fluſssand auf. Die Bodenplatte hielt dies aber nicht lange aus,

Beck, Geschichte des Eisens. 13
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[193/0207] Eisen- und Stahlfrischen. der Bälge lagen etwas weiter zurück. Das Verhältnis und die Maſse der Form, Düsen und Bälge war sehr wichtig. Man wendete nur oberschlächtige Wasserräder an, weil diese mehr Gewalt hatten. Da der Herdboden nur wenig durch Schlacken geschützt wurde, brannte er rasch durch. Selten hielten die Bodenplatten länger als zwei bis drei Wochen. Auch die Gichtzacken litten und muſsten öfter aus- gebessert oder erneuert werden. Sollte die Arbeit beginnen, so wurden Schlacken aufgegeben, dann Kohlen, mit etwas Kohlenpulver vermengt, und hierauf das Roheisen. Dieses gab man am besten in kleinen Masseln oder in Stücken auf. Über das Eisen wurden wieder Kohlen geworfen. Das Roheisen wurde einer Vorbereitungsarbeit unterworfen, indem es in den Kohlen bis zur hellen Glut (candescens), aber nicht bis zum Schmelzen erhitzt wurde (Glühfrischen). Ehe dieses eintrat, stellte man den Wind ab und brachte die glühenden Roheisenstücke unter einen Hammer von etwa 170 kg Gewicht, der sie in kleinere Stücke von 3 bis 4 Pfund zerschlug. Diese Eisenbrocken wurden nun nach und nach zum Einschmelzen über die aufgehäuften Kohlen aufgegeben. Hierbei wurde langsamer geblasen. Der Frischer arbeitete mit seiner Stange im Herd, damit sich nichts ansetzte. War das Eisen eingeschmolzen, so daſs es als flüssige Masse den Boden des Herdes bedeckte, so wurde der Wind verstärkt. Das Roheisen verwandelte sich nun in Stahl und der Frischer muſste genau auf alle Zeichen achten. Er untersuchte die Masse mit der Stange, beobachtete die Schlacken- und Eisenfunken, die ausgeworfen wurden, und die Flamme, welche anfangs dunkel, immer heller und weiſser wurde, besonders nach dem Ablassen der Schlacke. Anfangs fühlte sich die Masse mit dem Spieſse weich an, nach und nach erhärtete sie. Ein Durcharbeiten der Masse fand nicht statt. Dann gab man wieder neue Eisenbrocken auf und wieder- holte dies in vier Stunden etwa viermal. Dadurch wuchs die Luppe im Herd, bis sie etwa 42 kg schwer war. Man brach sie nun mit der durch das Schlackenloch eingeführten Brechstange aus. Sie bildete eine unten runde, oben flache Masse. Man hob sie unter den Hammer, breitete sie etwas aus und zerteilte sie dann mit der Schrothacke in vier gleiche Teile. Die Stahlluppe hatte in der Glut eine rötere Farbe als die entsprechende Eisenluppe. Wenn das Gebläse nicht in Ordnung war, so bildete sich oft gar keine Schlacke. Die Schmelzung ging dann nur langsam vor sich und der Stahl verbrannte leicht und wurde schlecht. Um dies zu verhüten, warf man dann von Zeit zu Zeit Fluſssand auf. Die Bodenplatte hielt dies aber nicht lange aus, Beck, Geschichte des Eisens. 13

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Zitationshilfe: Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 3: Das XVIII. Jahrhundert. Braunschweig, 1897, S. 193. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen03_1897/207>, abgerufen am 24.11.2024.