weil man das Eisen in jeder Art von Gebläseöfen einschmelzen könne. Dagegen weist Reaumur bereits ganz bestimmt auf unsere Kupol- öfen hin, indem er sagt 1): Öfen, welche nach demselben Prinzip kon- struiert wären, wie unsere Erzschmelzöfen, nur kleiner, und deren Hitze noch grösser wäre, würden sich sehr gut eignen, um grosse Massen von Eisen auf einmal zur Schmelzung zu bringen. Um ihre Wirkung noch grösser zu machen als die der Erzschmelzöfen, käme es nur darauf an, eine noch grössere Menge von Wind ununterbrochen einzublasen. Obgleich nun, fährt er fort, alle Kupferschmelzer heut- zutage wohl imstande wären, in ihren Schmelzöfen auch Eisen zu schmelzen, so geschieht dies doch nicht, weil Rohgussstücke dieser Art nur wenig verlangt werden. Dagegen giebt es eine Sorte von Schmelzern, welche täglich Eisen und kaum je ein anderes Metall giessen. Ihre Zahl ist nicht gross und ich weiss nicht, ob mehr als zwei bis drei gleichzeitig in Paris waren; gegenwärtig giebt es, so viel ich weiss, nur einen. Diese Art von Giesser ziehen im Lande umher, von einer Provinz zur anderen, sie machen Gewichte, allerhand Plättchen, manchmal giessen sie Kochtöpfe mit Füssen (marmites), manchmal flicken sie sie nur: hat ein Topf einen Fuss verloren, so giessen sie einen neuen daran. Weil nun diese Art des Eisengusses weniger verbreitet und weniger bekannt ist, und sie doch für die Folge von grossem Nutzen sein kann, so habe ich mir vorgenommen, sie in dieser Denkschrift genau zu beschreiben, wie sie heute betrieben wird, damit man sie anwenden kann, wie sie jetzt ist oder sich bemüht, sie zu vervollkommnen.
Das alte Gusseisen ist nicht teuer; um es aber noch billiger zu haben, ziehen Leute auf den Dörfern herum, um die Bruchstücke zu kaufen und sie dann den Schmelzern zu verkaufen. Auf dem Lande wird dieser Handel kaum mit barem Gelde betrieben; so kauft man in der Umgegend von Paris das alte Eisen gegen Äpfel ein: ein Mann mit einer Wage in der Hand führt ein Pferd, welches mit recht geringem Obst beladen ist, und wiegt für das Eisen Äpfel hin. In Paris haben die Lumpensammler, welche hier dieses Geschäft be- treiben, auch ihr besonderes Zahlmittel, sie geben nämlich den Parisern Nadeln dafür. In Paris giebt es Vorrat genug davon, als alte Koch- töpfe, Kaminplatten und besonders Wasserleitungsröhren. Ich habe nie gesehen, dass man mehr als einen Sou für das Pfund bezahlt hätte und oft bekommt man es für weniger als zwei Heller (liards).
1)Reaumur, l'Art d'adoucir le fer fondu (1722), p. 415.
Die Eisengieſserei bis 1750.
weil man das Eisen in jeder Art von Gebläseöfen einschmelzen könne. Dagegen weist Reaumur bereits ganz bestimmt auf unsere Kupol- öfen hin, indem er sagt 1): Öfen, welche nach demselben Prinzip kon- struiert wären, wie unsere Erzschmelzöfen, nur kleiner, und deren Hitze noch gröſser wäre, würden sich sehr gut eignen, um groſse Massen von Eisen auf einmal zur Schmelzung zu bringen. Um ihre Wirkung noch gröſser zu machen als die der Erzschmelzöfen, käme es nur darauf an, eine noch gröſsere Menge von Wind ununterbrochen einzublasen. Obgleich nun, fährt er fort, alle Kupferschmelzer heut- zutage wohl imstande wären, in ihren Schmelzöfen auch Eisen zu schmelzen, so geschieht dies doch nicht, weil Rohguſsstücke dieser Art nur wenig verlangt werden. Dagegen giebt es eine Sorte von Schmelzern, welche täglich Eisen und kaum je ein anderes Metall gieſsen. Ihre Zahl ist nicht groſs und ich weiſs nicht, ob mehr als zwei bis drei gleichzeitig in Paris waren; gegenwärtig giebt es, so viel ich weiſs, nur einen. Diese Art von Gieſser ziehen im Lande umher, von einer Provinz zur anderen, sie machen Gewichte, allerhand Plättchen, manchmal gieſsen sie Kochtöpfe mit Füſsen (marmites), manchmal flicken sie sie nur: hat ein Topf einen Fuſs verloren, so gieſsen sie einen neuen daran. Weil nun diese Art des Eisengusses weniger verbreitet und weniger bekannt ist, und sie doch für die Folge von groſsem Nutzen sein kann, so habe ich mir vorgenommen, sie in dieser Denkschrift genau zu beschreiben, wie sie heute betrieben wird, damit man sie anwenden kann, wie sie jetzt ist oder sich bemüht, sie zu vervollkommnen.
Das alte Guſseisen ist nicht teuer; um es aber noch billiger zu haben, ziehen Leute auf den Dörfern herum, um die Bruchstücke zu kaufen und sie dann den Schmelzern zu verkaufen. Auf dem Lande wird dieser Handel kaum mit barem Gelde betrieben; so kauft man in der Umgegend von Paris das alte Eisen gegen Äpfel ein: ein Mann mit einer Wage in der Hand führt ein Pferd, welches mit recht geringem Obst beladen ist, und wiegt für das Eisen Äpfel hin. In Paris haben die Lumpensammler, welche hier dieses Geschäft be- treiben, auch ihr besonderes Zahlmittel, sie geben nämlich den Parisern Nadeln dafür. In Paris giebt es Vorrat genug davon, als alte Koch- töpfe, Kaminplatten und besonders Wasserleitungsröhren. Ich habe nie gesehen, daſs man mehr als einen Sou für das Pfund bezahlt hätte und oft bekommt man es für weniger als zwei Heller (liards).
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[169/0183]
Die Eisengieſserei bis 1750.
weil man das Eisen in jeder Art von Gebläseöfen einschmelzen könne.
Dagegen weist Reaumur bereits ganz bestimmt auf unsere Kupol-
öfen hin, indem er sagt 1): Öfen, welche nach demselben Prinzip kon-
struiert wären, wie unsere Erzschmelzöfen, nur kleiner, und deren
Hitze noch gröſser wäre, würden sich sehr gut eignen, um groſse
Massen von Eisen auf einmal zur Schmelzung zu bringen. Um ihre
Wirkung noch gröſser zu machen als die der Erzschmelzöfen, käme
es nur darauf an, eine noch gröſsere Menge von Wind ununterbrochen
einzublasen. Obgleich nun, fährt er fort, alle Kupferschmelzer heut-
zutage wohl imstande wären, in ihren Schmelzöfen auch Eisen zu
schmelzen, so geschieht dies doch nicht, weil Rohguſsstücke dieser
Art nur wenig verlangt werden. Dagegen giebt es eine Sorte von
Schmelzern, welche täglich Eisen und kaum je ein anderes Metall
gieſsen. Ihre Zahl ist nicht groſs und ich weiſs nicht, ob mehr als
zwei bis drei gleichzeitig in Paris waren; gegenwärtig giebt es, so
viel ich weiſs, nur einen. Diese Art von Gieſser ziehen im Lande
umher, von einer Provinz zur anderen, sie machen Gewichte, allerhand
Plättchen, manchmal gieſsen sie Kochtöpfe mit Füſsen (marmites),
manchmal flicken sie sie nur: hat ein Topf einen Fuſs verloren, so
gieſsen sie einen neuen daran. Weil nun diese Art des Eisengusses
weniger verbreitet und weniger bekannt ist, und sie doch für die
Folge von groſsem Nutzen sein kann, so habe ich mir vorgenommen,
sie in dieser Denkschrift genau zu beschreiben, wie sie heute betrieben
wird, damit man sie anwenden kann, wie sie jetzt ist oder sich bemüht,
sie zu vervollkommnen.
Das alte Guſseisen ist nicht teuer; um es aber noch billiger zu
haben, ziehen Leute auf den Dörfern herum, um die Bruchstücke zu
kaufen und sie dann den Schmelzern zu verkaufen. Auf dem Lande
wird dieser Handel kaum mit barem Gelde betrieben; so kauft man
in der Umgegend von Paris das alte Eisen gegen Äpfel ein: ein
Mann mit einer Wage in der Hand führt ein Pferd, welches mit
recht geringem Obst beladen ist, und wiegt für das Eisen Äpfel hin.
In Paris haben die Lumpensammler, welche hier dieses Geschäft be-
treiben, auch ihr besonderes Zahlmittel, sie geben nämlich den Parisern
Nadeln dafür. In Paris giebt es Vorrat genug davon, als alte Koch-
töpfe, Kaminplatten und besonders Wasserleitungsröhren. Ich habe
nie gesehen, daſs man mehr als einen Sou für das Pfund bezahlt
hätte und oft bekommt man es für weniger als zwei Heller (liards).
1) Reaumur, l’Art d’adoucir le fer fondu (1722), p. 415.
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Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 3: Das XVIII. Jahrhundert. Braunschweig, 1897, S. 169. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen03_1897/183>, abgerufen am 23.11.2024.
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