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Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 3: Das XVIII. Jahrhundert. Braunschweig, 1897.

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Hochöfen bis 1734.
die Erze schwer schmelzbar, so musste man Kalk zuschlagen, und
zwar gab man den Kalk in Schweden gebrannt auf. Zu diesem
Zwecke pflegte man Kalkstein über die Rösthaufen auszubreiten und
ihn beim Rösten mit zu brennen. Man gab den Kalk in der Mitte
unmittelbar über den Kohlen auf. Das Quantum war verschieden
nach den Erzen und betrug einen, zwei oder drei Kübel auf die
Erzgicht. Kieselige Erze brauchten mehr Kalk als andere. Der Kalk
wirkte als Fluss. Ohne denselben war die Schlacke schwerflüssig, es
gab viel Wascheisen und das Eisen war matt. Der Schmelzer hatte
seine Zeichen, aus denen er erkannte, ob er den Erzsatz erhöhen oder
erniedrigen musste. Im allgemeinen galt es als Regel, dass man beim
Erzsatz nicht bis zur Grenze ging, dass man also weniger Erz setzte,
als der Ofen zu schmelzen imstande war, und zwar geschah dies der
Güte des Eisens und der Sicherheit wegen. War die Schlacke
schwarz und führte sie Graphit (micae, Glimmer), besonders die,
welche zuletzt mit dem Eisen ausfloss, so musste man den Erz-
satz erhöhen. Die Schlacken hingen sich dann an den Spiess, mit
dem man im Gestell arbeitete. Ebenso setzte man mehr Erz, wenn
die Schlacken weiss waren, wie dies in den ersten Tagen nach dem
Anblasen der Fall zu sein pflegte. Wenn die Schlacke leicht floss
wie Wasser und langsam erstarrte, so war dies ein Zeichen von zu
grosser Hitze und man gab dann ebenfalls mehr Erz auf. Der Schmelzer
beobachtete ferner sorgfältig den Ofengang durch die Form. Fiel
das geschmolzene Erz in weissen, glänzenden Tropfen vor der Form
nieder, so gab man mehr Erz, waren die Tropfen schwarz und dunkel,
so war der Erzsatz zu hoch, bei dem richtigen Gang fielen helle und
dunkle Tropfen in ziemlich gleichem Verhältnis. War die Schlacke
vor der Form gelb und dunkel, so war der Ofen zu kalt, war sie
lebhaft weiss, so war er zu heiss; reine gleichmässige bläuliche Farbe
zeigte den richtigen Ofengang an.

War die Farbe des Eisens matt-weiss im Bruch, so deutete
dies auf zu viel Erz, war der Bruch "wie Eis", auf zu wenig Erz
zu den Kohlen; bei richtigem Verhältnis war das Eisen feinkörnig
weiss oder grau mit dunklen Körnern. Doch hatte hierauf die Art
der Erze grossen Einfluss. Waren die Schlacken, die mit dem Eisen
abgelassen wurden, blasig und von dunkler Eisenfarbe, so war das
Verhältnis richtig, waren sie aber fest und schwer von zu vielem
Eisen, so war es unrichtig.

Ein anderes Erkennungsmittel war die Gichtflamme, besonders
am Abend, wenn sie weithin leuchtete. Wenn sie leicht, scharf, hell

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Hochöfen bis 1734.
die Erze schwer schmelzbar, so muſste man Kalk zuschlagen, und
zwar gab man den Kalk in Schweden gebrannt auf. Zu diesem
Zwecke pflegte man Kalkstein über die Rösthaufen auszubreiten und
ihn beim Rösten mit zu brennen. Man gab den Kalk in der Mitte
unmittelbar über den Kohlen auf. Das Quantum war verschieden
nach den Erzen und betrug einen, zwei oder drei Kübel auf die
Erzgicht. Kieselige Erze brauchten mehr Kalk als andere. Der Kalk
wirkte als Fluſs. Ohne denselben war die Schlacke schwerflüssig, es
gab viel Wascheisen und das Eisen war matt. Der Schmelzer hatte
seine Zeichen, aus denen er erkannte, ob er den Erzsatz erhöhen oder
erniedrigen muſste. Im allgemeinen galt es als Regel, daſs man beim
Erzsatz nicht bis zur Grenze ging, daſs man also weniger Erz setzte,
als der Ofen zu schmelzen imstande war, und zwar geschah dies der
Güte des Eisens und der Sicherheit wegen. War die Schlacke
schwarz und führte sie Graphit (micae, Glimmer), besonders die,
welche zuletzt mit dem Eisen ausfloſs, so muſste man den Erz-
satz erhöhen. Die Schlacken hingen sich dann an den Spieſs, mit
dem man im Gestell arbeitete. Ebenso setzte man mehr Erz, wenn
die Schlacken weiſs waren, wie dies in den ersten Tagen nach dem
Anblasen der Fall zu sein pflegte. Wenn die Schlacke leicht floſs
wie Wasser und langsam erstarrte, so war dies ein Zeichen von zu
groſser Hitze und man gab dann ebenfalls mehr Erz auf. Der Schmelzer
beobachtete ferner sorgfältig den Ofengang durch die Form. Fiel
das geschmolzene Erz in weiſsen, glänzenden Tropfen vor der Form
nieder, so gab man mehr Erz, waren die Tropfen schwarz und dunkel,
so war der Erzsatz zu hoch, bei dem richtigen Gang fielen helle und
dunkle Tropfen in ziemlich gleichem Verhältnis. War die Schlacke
vor der Form gelb und dunkel, so war der Ofen zu kalt, war sie
lebhaft weiſs, so war er zu heiſs; reine gleichmäſsige bläuliche Farbe
zeigte den richtigen Ofengang an.

War die Farbe des Eisens matt-weiſs im Bruch, so deutete
dies auf zu viel Erz, war der Bruch „wie Eis“, auf zu wenig Erz
zu den Kohlen; bei richtigem Verhältnis war das Eisen feinkörnig
weiſs oder grau mit dunklen Körnern. Doch hatte hierauf die Art
der Erze groſsen Einfluſs. Waren die Schlacken, die mit dem Eisen
abgelassen wurden, blasig und von dunkler Eisenfarbe, so war das
Verhältnis richtig, waren sie aber fest und schwer von zu vielem
Eisen, so war es unrichtig.

Ein anderes Erkennungsmittel war die Gichtflamme, besonders
am Abend, wenn sie weithin leuchtete. Wenn sie leicht, scharf, hell

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[147/0161] Hochöfen bis 1734. die Erze schwer schmelzbar, so muſste man Kalk zuschlagen, und zwar gab man den Kalk in Schweden gebrannt auf. Zu diesem Zwecke pflegte man Kalkstein über die Rösthaufen auszubreiten und ihn beim Rösten mit zu brennen. Man gab den Kalk in der Mitte unmittelbar über den Kohlen auf. Das Quantum war verschieden nach den Erzen und betrug einen, zwei oder drei Kübel auf die Erzgicht. Kieselige Erze brauchten mehr Kalk als andere. Der Kalk wirkte als Fluſs. Ohne denselben war die Schlacke schwerflüssig, es gab viel Wascheisen und das Eisen war matt. Der Schmelzer hatte seine Zeichen, aus denen er erkannte, ob er den Erzsatz erhöhen oder erniedrigen muſste. Im allgemeinen galt es als Regel, daſs man beim Erzsatz nicht bis zur Grenze ging, daſs man also weniger Erz setzte, als der Ofen zu schmelzen imstande war, und zwar geschah dies der Güte des Eisens und der Sicherheit wegen. War die Schlacke schwarz und führte sie Graphit (micae, Glimmer), besonders die, welche zuletzt mit dem Eisen ausfloſs, so muſste man den Erz- satz erhöhen. Die Schlacken hingen sich dann an den Spieſs, mit dem man im Gestell arbeitete. Ebenso setzte man mehr Erz, wenn die Schlacken weiſs waren, wie dies in den ersten Tagen nach dem Anblasen der Fall zu sein pflegte. Wenn die Schlacke leicht floſs wie Wasser und langsam erstarrte, so war dies ein Zeichen von zu groſser Hitze und man gab dann ebenfalls mehr Erz auf. Der Schmelzer beobachtete ferner sorgfältig den Ofengang durch die Form. Fiel das geschmolzene Erz in weiſsen, glänzenden Tropfen vor der Form nieder, so gab man mehr Erz, waren die Tropfen schwarz und dunkel, so war der Erzsatz zu hoch, bei dem richtigen Gang fielen helle und dunkle Tropfen in ziemlich gleichem Verhältnis. War die Schlacke vor der Form gelb und dunkel, so war der Ofen zu kalt, war sie lebhaft weiſs, so war er zu heiſs; reine gleichmäſsige bläuliche Farbe zeigte den richtigen Ofengang an. War die Farbe des Eisens matt-weiſs im Bruch, so deutete dies auf zu viel Erz, war der Bruch „wie Eis“, auf zu wenig Erz zu den Kohlen; bei richtigem Verhältnis war das Eisen feinkörnig weiſs oder grau mit dunklen Körnern. Doch hatte hierauf die Art der Erze groſsen Einfluſs. Waren die Schlacken, die mit dem Eisen abgelassen wurden, blasig und von dunkler Eisenfarbe, so war das Verhältnis richtig, waren sie aber fest und schwer von zu vielem Eisen, so war es unrichtig. Ein anderes Erkennungsmittel war die Gichtflamme, besonders am Abend, wenn sie weithin leuchtete. Wenn sie leicht, scharf, hell 10*

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Zitationshilfe: Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 3: Das XVIII. Jahrhundert. Braunschweig, 1897, S. 147. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen03_1897/161>, abgerufen am 23.11.2024.