die Zustellung bereits zu Anfang des 18. Jahrhunderts eine sehr ver- schiedenartige war und dass sich in bestimmten Gegenden und Ländern auch bereits bestimmte Ofenformen, Profile oder Typen, ausgebildet hatten.
Vorherrschend war in Mittel- und Südeuropa der viereckige Querschnitt, wobei Schacht und Rast zwei umgekehrt aufeinander- gesetzte, abgestutzte Pyramiden mit gemeinschaftlicher Basis im Kohlen- sack bildeten. In Nordeuropa, d. h. in Schweden und England, herrschte dagegen bereits die Zustellung mit kreisförmigem Querschnitt vor, wobei Schacht und Rast nicht abgesetzt waren, sondern allmählich ineinander übergingen, so dass eine eiförmige Gestalt des Ofeninneren entstand. Wir haben dieses Profil bereits bei einem englischen Ofen
[Abbildung]
Fig. 17 a.
aus dem Jahre 1678 kennen gelernt. Es ist dies die älteste Zeich- nung eines Hochofens. Die zweitälteste dürfte die Zeichnung eines steierischen Flossenofens sein, welche sich in Reaumurs hinterlassenen Schriften befand und die in den Descriptions des arts et metiers ver- öffentlicht wurde. Nach Reaumurs eigener Angabe stammt dieselbe aus Aufsätzen über den Bau von Hochöfen, welche ein Herr Anger- villiers im Auftrag des Herzogs von Orleans gesammelt und am 10. April 1719 von Strassburg aus an Reaumur geschickt hat 1). Fig. 17 a, b, c stellen die Horizontal- und Vertikalschnitte durch die Windform der Flossöfen von Turrach ("Durach") in Steiermark und Gmind in Kärnten dar. Der Ofen von Turrach, nach kärntnerischer Art gebaut (s. Bd. II, S. 184), war damals noch der einzige Flossofen in Steiermark. Er war, wie die steierischen Blauöfen, mit einer Esse
1) Vergl. Schauplatz der Künste und Handwerke, Bd. III, 1764, S. 41.
Hochöfen bis 1734.
die Zustellung bereits zu Anfang des 18. Jahrhunderts eine sehr ver- schiedenartige war und daſs sich in bestimmten Gegenden und Ländern auch bereits bestimmte Ofenformen, Profile oder Typen, ausgebildet hatten.
Vorherrschend war in Mittel- und Südeuropa der viereckige Querschnitt, wobei Schacht und Rast zwei umgekehrt aufeinander- gesetzte, abgestutzte Pyramiden mit gemeinschaftlicher Basis im Kohlen- sack bildeten. In Nordeuropa, d. h. in Schweden und England, herrschte dagegen bereits die Zustellung mit kreisförmigem Querschnitt vor, wobei Schacht und Rast nicht abgesetzt waren, sondern allmählich ineinander übergingen, so daſs eine eiförmige Gestalt des Ofeninneren entstand. Wir haben dieses Profil bereits bei einem englischen Ofen
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Fig. 17 a.
aus dem Jahre 1678 kennen gelernt. Es ist dies die älteste Zeich- nung eines Hochofens. Die zweitälteste dürfte die Zeichnung eines steierischen Flossenofens sein, welche sich in Reaumurs hinterlassenen Schriften befand und die in den Descriptions des arts et metiers ver- öffentlicht wurde. Nach Reaumurs eigener Angabe stammt dieselbe aus Aufsätzen über den Bau von Hochöfen, welche ein Herr Anger- villiers im Auftrag des Herzogs von Orleans gesammelt und am 10. April 1719 von Straſsburg aus an Reaumur geschickt hat 1). Fig. 17 a, b, c stellen die Horizontal- und Vertikalschnitte durch die Windform der Floſsöfen von Turrach („Durach“) in Steiermark und Gmind in Kärnten dar. Der Ofen von Turrach, nach kärntnerischer Art gebaut (s. Bd. II, S. 184), war damals noch der einzige Floſsofen in Steiermark. Er war, wie die steierischen Blauöfen, mit einer Esse
1) Vergl. Schauplatz der Künste und Handwerke, Bd. III, 1764, S. 41.
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Hochöfen bis 1734.
die Zustellung bereits zu Anfang des 18. Jahrhunderts eine sehr ver-
schiedenartige war und daſs sich in bestimmten Gegenden und Ländern
auch bereits bestimmte Ofenformen, Profile oder Typen, ausgebildet
hatten.
Vorherrschend war in Mittel- und Südeuropa der viereckige
Querschnitt, wobei Schacht und Rast zwei umgekehrt aufeinander-
gesetzte, abgestutzte Pyramiden mit gemeinschaftlicher Basis im Kohlen-
sack bildeten. In Nordeuropa, d. h. in Schweden und England, herrschte
dagegen bereits die Zustellung mit kreisförmigem Querschnitt vor,
wobei Schacht und Rast nicht abgesetzt waren, sondern allmählich
ineinander übergingen, so daſs eine eiförmige Gestalt des Ofeninneren
entstand. Wir haben dieses Profil bereits bei einem englischen Ofen
[Abbildung Fig. 17 a.]
aus dem Jahre 1678 kennen gelernt. Es ist dies die älteste Zeich-
nung eines Hochofens. Die zweitälteste dürfte die Zeichnung eines
steierischen Flossenofens sein, welche sich in Reaumurs hinterlassenen
Schriften befand und die in den Descriptions des arts et metiers ver-
öffentlicht wurde. Nach Reaumurs eigener Angabe stammt dieselbe
aus Aufsätzen über den Bau von Hochöfen, welche ein Herr Anger-
villiers im Auftrag des Herzogs von Orleans gesammelt und am
10. April 1719 von Straſsburg aus an Reaumur geschickt hat 1).
Fig. 17 a, b, c stellen die Horizontal- und Vertikalschnitte durch die
Windform der Floſsöfen von Turrach („Durach“) in Steiermark und
Gmind in Kärnten dar. Der Ofen von Turrach, nach kärntnerischer
Art gebaut (s. Bd. II, S. 184), war damals noch der einzige Floſsofen
in Steiermark. Er war, wie die steierischen Blauöfen, mit einer Esse
1) Vergl. Schauplatz der Künste und Handwerke, Bd. III, 1764, S. 41.
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Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 3: Das XVIII. Jahrhundert. Braunschweig, 1897, S. 132. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen03_1897/146>, abgerufen am 24.11.2024.
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