Weit vollkommener als die schwedischen Osmund- und Bauernöfen waren die Stücköfen der österreichischen Alpenländer.
Zu Vordernberg in Steiermark schmolz man in den ersten Jahr- zehnten des 18. Jahrhunderts die vortrefflichen Erze des Eisenerzer Erzberges noch ausschliesslich in Stücköfen1); die Öfen und das Schmelzverfahren haben wir früher (Bd. II, S. 169) bereits ausführlich beschrieben.
Zu Vordernberg waren, zu Swedenborgs Zeit, 16 dieser Öfen im Betrieb. Ebenso bediente man sich in Eisenärz, sowie in dem übrigen Steiermark der Stücköfen, welche von verschiedener Grösse waren (Bd. II, S. 171).
Die grössten waren 18 Fuss hoch; die Form lag 11/2 Fuss über dem Bodenstein; die lichte Weite vor den Formen betrug bei den grossen Öfen 3 Fuss, bei den mittleren Öfen (von 14 Fuss Höhe) 2 Fuss im Quadrat. Von da erweiterte sich der Ofen und ging in der Höhe von 3 Ellen (ca. 1,80 m) über der Form in einen runden Querschnitt von 3 Ellen Durchmesser über. Dies war der Kohlensack. Von da verengerte sich der Ofen bis zur Gicht, welche 1 Elle (circa 0,60 m) Durchmesser hatte. 1 Fuss über dem Boden war in der Brust- seite ein starker Eisenstab eingemauert, über welchem die Brustwand von Lehm 1 Fuss dick hergestellt wurde. In dieser war das Form- loch konisch ausgespart. Die Bälge waren klein, nicht grösser als Schmiedebälge. Auch waren sie nicht auf einem festen Balggerüst gelagert, sondern beweglich, um sie bei jedem Aufbrechen leicht weg- nehmen zu können. Dies geschah bei den grossen Öfen jede 12 Stunden einmal. Die zwölfstündige Produktion betrug etwa 6 Ctr. Ein solcher Ofen hielt mehrere Jahre, sein Tiegel musste aber mindestens alle Vierteljahr erneuert werden. Wegen des Betriebes der Öfen verweisen wir auf das früher Gesagte.
Wir besitzen eine noch ältere Beschreibung der Stücköfen von Vordernberg als die von Swedenborg im Jahre 1734 veröffentlichte. Sie rührt von einem Ofenmeister Anthes her, welcher im Auftrage und auf Kosten des Prinzen von Orleans eine Informationsreise nach Steiermark unternahm. Der Bericht befand sich in den hinterlassenen Papieren Reaumurs2) und ist datirt vom 10. April 1719.
Die Masse der Öfen waren danach die folgenden: Die recht-
1)Swedenborg, a. a. O., S. 177.
2) Abgedruckt in der Abhandlung: Arts des forges et fourneaux a fer par M. le Marquis de Courtivron et M. Bouchu in den Descriptions des arts et metiers, II, p. 141.
Direkte Schmiedeeisengewinnung.
Weit vollkommener als die schwedischen Osmund- und Bauernöfen waren die Stücköfen der österreichischen Alpenländer.
Zu Vordernberg in Steiermark schmolz man in den ersten Jahr- zehnten des 18. Jahrhunderts die vortrefflichen Erze des Eisenerzer Erzberges noch ausschlieſslich in Stücköfen1); die Öfen und das Schmelzverfahren haben wir früher (Bd. II, S. 169) bereits ausführlich beschrieben.
Zu Vordernberg waren, zu Swedenborgs Zeit, 16 dieser Öfen im Betrieb. Ebenso bediente man sich in Eisenärz, sowie in dem übrigen Steiermark der Stücköfen, welche von verschiedener Gröſse waren (Bd. II, S. 171).
Die gröſsten waren 18 Fuſs hoch; die Form lag 1½ Fuſs über dem Bodenstein; die lichte Weite vor den Formen betrug bei den groſsen Öfen 3 Fuſs, bei den mittleren Öfen (von 14 Fuſs Höhe) 2 Fuſs im Quadrat. Von da erweiterte sich der Ofen und ging in der Höhe von 3 Ellen (ca. 1,80 m) über der Form in einen runden Querschnitt von 3 Ellen Durchmesser über. Dies war der Kohlensack. Von da verengerte sich der Ofen bis zur Gicht, welche 1 Elle (circa 0,60 m) Durchmesser hatte. 1 Fuſs über dem Boden war in der Brust- seite ein starker Eisenstab eingemauert, über welchem die Brustwand von Lehm 1 Fuſs dick hergestellt wurde. In dieser war das Form- loch konisch ausgespart. Die Bälge waren klein, nicht gröſser als Schmiedebälge. Auch waren sie nicht auf einem festen Balggerüst gelagert, sondern beweglich, um sie bei jedem Aufbrechen leicht weg- nehmen zu können. Dies geschah bei den groſsen Öfen jede 12 Stunden einmal. Die zwölfstündige Produktion betrug etwa 6 Ctr. Ein solcher Ofen hielt mehrere Jahre, sein Tiegel muſste aber mindestens alle Vierteljahr erneuert werden. Wegen des Betriebes der Öfen verweisen wir auf das früher Gesagte.
Wir besitzen eine noch ältere Beschreibung der Stücköfen von Vordernberg als die von Swedenborg im Jahre 1734 veröffentlichte. Sie rührt von einem Ofenmeister Anthes her, welcher im Auftrage und auf Kosten des Prinzen von Orleans eine Informationsreise nach Steiermark unternahm. Der Bericht befand sich in den hinterlassenen Papieren Reaumurs2) und ist datirt vom 10. April 1719.
Die Maſse der Öfen waren danach die folgenden: Die recht-
1)Swedenborg, a. a. O., S. 177.
2) Abgedruckt in der Abhandlung: Arts des forges et fourneaux à fer par M. le Marquis de Courtivron et M. Bouchu in den Descriptions des arts et métiers, II, p. 141.
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><pbfacs="#f0137"n="123"/><fwplace="top"type="header">Direkte Schmiedeeisengewinnung.</fw><lb/><p>Weit vollkommener als die schwedischen Osmund- und Bauernöfen<lb/>
waren die <hirendition="#g">Stücköfen</hi> der österreichischen Alpenländer.</p><lb/><p>Zu <hirendition="#g">Vordernberg</hi> in Steiermark schmolz man in den ersten Jahr-<lb/>
zehnten des 18. Jahrhunderts die vortrefflichen Erze des Eisenerzer<lb/>
Erzberges noch ausschlieſslich in <hirendition="#g">Stücköfen</hi><noteplace="foot"n="1)"><hirendition="#g">Swedenborg</hi>, a. a. O., S. 177.</note>; die Öfen und das<lb/>
Schmelzverfahren haben wir früher (Bd. II, S. 169) bereits ausführlich<lb/>
beschrieben.</p><lb/><p>Zu Vordernberg waren, zu <hirendition="#g">Swedenborgs</hi> Zeit, 16 dieser Öfen im<lb/>
Betrieb. Ebenso bediente man sich in <hirendition="#g">Eisenärz</hi>, sowie in dem übrigen<lb/>
Steiermark der Stücköfen, welche von verschiedener Gröſse waren<lb/>
(Bd. II, S. 171).</p><lb/><p>Die gröſsten waren 18 Fuſs hoch; die Form lag 1½ Fuſs über<lb/>
dem Bodenstein; die lichte Weite vor den Formen betrug bei den<lb/>
groſsen Öfen 3 Fuſs, bei den mittleren Öfen (von 14 Fuſs Höhe)<lb/>
2 Fuſs im Quadrat. Von da erweiterte sich der Ofen und ging in<lb/>
der Höhe von 3 Ellen (ca. 1,80 m) über der Form in einen runden<lb/>
Querschnitt von 3 Ellen Durchmesser über. Dies war der Kohlensack.<lb/>
Von da verengerte sich der Ofen bis zur Gicht, welche 1 Elle (circa<lb/>
0,60 m) Durchmesser hatte. 1 Fuſs über dem Boden war in der Brust-<lb/>
seite ein starker Eisenstab eingemauert, über welchem die Brustwand<lb/>
von Lehm 1 Fuſs dick hergestellt wurde. In dieser war das Form-<lb/>
loch konisch ausgespart. Die Bälge waren klein, nicht gröſser als<lb/>
Schmiedebälge. Auch waren sie nicht auf einem festen Balggerüst<lb/>
gelagert, sondern beweglich, um sie bei jedem Aufbrechen leicht weg-<lb/>
nehmen zu können. Dies geschah bei den groſsen Öfen jede 12 Stunden<lb/>
einmal. Die zwölfstündige Produktion betrug etwa 6 Ctr. Ein solcher<lb/>
Ofen hielt mehrere Jahre, sein Tiegel muſste aber mindestens alle<lb/>
Vierteljahr erneuert werden. Wegen des Betriebes der Öfen verweisen<lb/>
wir auf das früher Gesagte.</p><lb/><p>Wir besitzen eine noch ältere Beschreibung der Stücköfen von<lb/>
Vordernberg als die von <hirendition="#g">Swedenborg</hi> im Jahre 1734 veröffentlichte.<lb/>
Sie rührt von einem Ofenmeister <hirendition="#g">Anthes</hi> her, welcher im Auftrage<lb/>
und auf Kosten des Prinzen von Orleans eine Informationsreise nach<lb/>
Steiermark unternahm. Der Bericht befand sich in den hinterlassenen<lb/>
Papieren <hirendition="#g">Reaumurs</hi><noteplace="foot"n="2)">Abgedruckt in der Abhandlung: Arts des forges et fourneaux à fer par<lb/>
M. le Marquis de Courtivron et M. Bouchu in den Descriptions des arts et métiers,<lb/>
II, p. 141.</note> und ist datirt vom 10. April 1719.</p><lb/><p>Die Maſse der Öfen waren danach die folgenden: Die recht-<lb/></p></div></div></div></body></text></TEI>
[123/0137]
Direkte Schmiedeeisengewinnung.
Weit vollkommener als die schwedischen Osmund- und Bauernöfen
waren die Stücköfen der österreichischen Alpenländer.
Zu Vordernberg in Steiermark schmolz man in den ersten Jahr-
zehnten des 18. Jahrhunderts die vortrefflichen Erze des Eisenerzer
Erzberges noch ausschlieſslich in Stücköfen 1); die Öfen und das
Schmelzverfahren haben wir früher (Bd. II, S. 169) bereits ausführlich
beschrieben.
Zu Vordernberg waren, zu Swedenborgs Zeit, 16 dieser Öfen im
Betrieb. Ebenso bediente man sich in Eisenärz, sowie in dem übrigen
Steiermark der Stücköfen, welche von verschiedener Gröſse waren
(Bd. II, S. 171).
Die gröſsten waren 18 Fuſs hoch; die Form lag 1½ Fuſs über
dem Bodenstein; die lichte Weite vor den Formen betrug bei den
groſsen Öfen 3 Fuſs, bei den mittleren Öfen (von 14 Fuſs Höhe)
2 Fuſs im Quadrat. Von da erweiterte sich der Ofen und ging in
der Höhe von 3 Ellen (ca. 1,80 m) über der Form in einen runden
Querschnitt von 3 Ellen Durchmesser über. Dies war der Kohlensack.
Von da verengerte sich der Ofen bis zur Gicht, welche 1 Elle (circa
0,60 m) Durchmesser hatte. 1 Fuſs über dem Boden war in der Brust-
seite ein starker Eisenstab eingemauert, über welchem die Brustwand
von Lehm 1 Fuſs dick hergestellt wurde. In dieser war das Form-
loch konisch ausgespart. Die Bälge waren klein, nicht gröſser als
Schmiedebälge. Auch waren sie nicht auf einem festen Balggerüst
gelagert, sondern beweglich, um sie bei jedem Aufbrechen leicht weg-
nehmen zu können. Dies geschah bei den groſsen Öfen jede 12 Stunden
einmal. Die zwölfstündige Produktion betrug etwa 6 Ctr. Ein solcher
Ofen hielt mehrere Jahre, sein Tiegel muſste aber mindestens alle
Vierteljahr erneuert werden. Wegen des Betriebes der Öfen verweisen
wir auf das früher Gesagte.
Wir besitzen eine noch ältere Beschreibung der Stücköfen von
Vordernberg als die von Swedenborg im Jahre 1734 veröffentlichte.
Sie rührt von einem Ofenmeister Anthes her, welcher im Auftrage
und auf Kosten des Prinzen von Orleans eine Informationsreise nach
Steiermark unternahm. Der Bericht befand sich in den hinterlassenen
Papieren Reaumurs 2) und ist datirt vom 10. April 1719.
Die Maſse der Öfen waren danach die folgenden: Die recht-
1) Swedenborg, a. a. O., S. 177.
2) Abgedruckt in der Abhandlung: Arts des forges et fourneaux à fer par
M. le Marquis de Courtivron et M. Bouchu in den Descriptions des arts et métiers,
II, p. 141.
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 3: Das XVIII. Jahrhundert. Braunschweig, 1897, S. 123. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen03_1897/137>, abgerufen am 25.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.