es allmählich durch stärkeres Blasen. Eine Schmelzung dauerte fünf bis sechs Stunden, wobei fortwährend Kohle und Erz nachgegeben wurden, bis der Herd mit Eisen gefüllt war. Man zog nun die Kohlen von dem Schmelzgute ab, liess die Schlacke durch das Schlackenloch abfliessen, bis die noch sehr rohe Luppe freilag. Diese wurde von zwei Arbeitern unter den Wasserhammer gebracht, wo sie in die Form eines runden Brotlaibes "von der Grösse eines Hutes und der Dicke einer Hand (palma)" ausgebreitet wurde. Durch die vielen Hammer- schläge wurden die Eisenteile zusammengeschweisst und die ein- geschlossenen Schlacken ausgepresst und entfernt. Dieser Kuchen wurde dann mit dem Setzeisen unter dem Hammer in längliche Stücke, "Daulinge" genannt, zerteilt, die wieder in denselben Herd eingesetzt, bis zur Schweisshitze erhitzt und unter dem Hammer zu Stäben ausgereckt wurden. Wenn das Erz gut war, brauchte man zu einer Luppe 18 Breslauer Mass Erz und erhielt daraus 2 Ctr. Stab- eisen.
Die amerikanischen Luppenfeuer in Maryland und Pennsyl- vanien, über welche Swedenborg gleichfalls einige Mitteilungen macht, waren nach deutscher Art zugerichtet. Sie hiessen bloomeries 1). Eine Charge bestand aus drei Pecks oder ein Bushel geröstetem und zu Nussgrösse zerkleinertem Eisenerz (Raseneisenstein). Die Luppe, die 60 bis 70 Pfd. (Wights) wog, wurde in Stäbe ausgeschmiedet, und dauerte eine volle Charge mit dem Schmieden vier Stunden. Der Hammer wog 300 Pfd. (Wights). Swedenborg hebt hervor, dass alle Arbeiter, sowohl die Schmelzer als die Erzgräber und die Tage- löhner, in Amerika sehr hohe Löhne verdienten.
Reaumur erwähnt (1722) in seiner Abhandlung über die Cement- stahlbereitung, dass man in Roussillon und in Pays de Foix in Frank- reich Rohstahl im Rennherd direkt aus den Erzen schmelze. Die Erze wurden mit Holzkohlen eingeschmolzen und die erhaltene Luppe (massel), welche die Gestalt eines Kuchens oder einer abgeplatteten Kugel habe, aus dem Herde geschafft und unter dem Hammer in fünf bis sechs Teile (massoques) parallel dem grössten Durchmesser geteilt. Diese würden in Stangen ausgeschmiedet, welche teils aus Eisen, teils aus Stahl beständen.
Swedenborg beschreibt (S. 146) ein Luppenfeuer, das 1723 eine Meile von Dax in der Provinz Bayonne in Frankreich errichtet
1) Liquatione venae immediata in officinis et tigills sive in illorum "bloo- meries".
8*
Direkte Schmiedeeisengewinnung.
es allmählich durch stärkeres Blasen. Eine Schmelzung dauerte fünf bis sechs Stunden, wobei fortwährend Kohle und Erz nachgegeben wurden, bis der Herd mit Eisen gefüllt war. Man zog nun die Kohlen von dem Schmelzgute ab, lieſs die Schlacke durch das Schlackenloch abflieſsen, bis die noch sehr rohe Luppe freilag. Diese wurde von zwei Arbeitern unter den Wasserhammer gebracht, wo sie in die Form eines runden Brotlaibes „von der Gröſse eines Hutes und der Dicke einer Hand (palma)“ ausgebreitet wurde. Durch die vielen Hammer- schläge wurden die Eisenteile zusammengeschweiſst und die ein- geschlossenen Schlacken ausgepreſst und entfernt. Dieser Kuchen wurde dann mit dem Setzeisen unter dem Hammer in längliche Stücke, „Daulinge“ genannt, zerteilt, die wieder in denselben Herd eingesetzt, bis zur Schweiſshitze erhitzt und unter dem Hammer zu Stäben ausgereckt wurden. Wenn das Erz gut war, brauchte man zu einer Luppe 18 Breslauer Maſs Erz und erhielt daraus 2 Ctr. Stab- eisen.
Die amerikanischen Luppenfeuer in Maryland und Pennsyl- vanien, über welche Swedenborg gleichfalls einige Mitteilungen macht, waren nach deutscher Art zugerichtet. Sie hieſsen bloomeries 1). Eine Charge bestand aus drei Pecks oder ein Bushel geröstetem und zu Nuſsgröſse zerkleinertem Eisenerz (Raseneisenstein). Die Luppe, die 60 bis 70 Pfd. (Wights) wog, wurde in Stäbe ausgeschmiedet, und dauerte eine volle Charge mit dem Schmieden vier Stunden. Der Hammer wog 300 Pfd. (Wights). Swedenborg hebt hervor, daſs alle Arbeiter, sowohl die Schmelzer als die Erzgräber und die Tage- löhner, in Amerika sehr hohe Löhne verdienten.
Reaumur erwähnt (1722) in seiner Abhandlung über die Cement- stahlbereitung, daſs man in Roussillon und in Pays de Foix in Frank- reich Rohstahl im Rennherd direkt aus den Erzen schmelze. Die Erze wurden mit Holzkohlen eingeschmolzen und die erhaltene Luppe (massel), welche die Gestalt eines Kuchens oder einer abgeplatteten Kugel habe, aus dem Herde geschafft und unter dem Hammer in fünf bis sechs Teile (massoques) parallel dem gröſsten Durchmesser geteilt. Diese würden in Stangen ausgeschmiedet, welche teils aus Eisen, teils aus Stahl beständen.
Swedenborg beschreibt (S. 146) ein Luppenfeuer, das 1723 eine Meile von Dax in der Provinz Bayonne in Frankreich errichtet
1) Liquatione venae immediata in officinis et tigills sive in illorum „bloo- meries“.
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Direkte Schmiedeeisengewinnung.
es allmählich durch stärkeres Blasen. Eine Schmelzung dauerte fünf
bis sechs Stunden, wobei fortwährend Kohle und Erz nachgegeben
wurden, bis der Herd mit Eisen gefüllt war. Man zog nun die Kohlen
von dem Schmelzgute ab, lieſs die Schlacke durch das Schlackenloch
abflieſsen, bis die noch sehr rohe Luppe freilag. Diese wurde von
zwei Arbeitern unter den Wasserhammer gebracht, wo sie in die Form
eines runden Brotlaibes „von der Gröſse eines Hutes und der Dicke
einer Hand (palma)“ ausgebreitet wurde. Durch die vielen Hammer-
schläge wurden die Eisenteile zusammengeschweiſst und die ein-
geschlossenen Schlacken ausgepreſst und entfernt. Dieser Kuchen
wurde dann mit dem Setzeisen unter dem Hammer in längliche
Stücke, „Daulinge“ genannt, zerteilt, die wieder in denselben Herd
eingesetzt, bis zur Schweiſshitze erhitzt und unter dem Hammer zu
Stäben ausgereckt wurden. Wenn das Erz gut war, brauchte man zu
einer Luppe 18 Breslauer Maſs Erz und erhielt daraus 2 Ctr. Stab-
eisen.
Die amerikanischen Luppenfeuer in Maryland und Pennsyl-
vanien, über welche Swedenborg gleichfalls einige Mitteilungen macht,
waren nach deutscher Art zugerichtet. Sie hieſsen bloomeries 1). Eine
Charge bestand aus drei Pecks oder ein Bushel geröstetem und zu
Nuſsgröſse zerkleinertem Eisenerz (Raseneisenstein). Die Luppe, die
60 bis 70 Pfd. (Wights) wog, wurde in Stäbe ausgeschmiedet, und
dauerte eine volle Charge mit dem Schmieden vier Stunden. Der
Hammer wog 300 Pfd. (Wights). Swedenborg hebt hervor, daſs
alle Arbeiter, sowohl die Schmelzer als die Erzgräber und die Tage-
löhner, in Amerika sehr hohe Löhne verdienten.
Reaumur erwähnt (1722) in seiner Abhandlung über die Cement-
stahlbereitung, daſs man in Roussillon und in Pays de Foix in Frank-
reich Rohstahl im Rennherd direkt aus den Erzen schmelze. Die
Erze wurden mit Holzkohlen eingeschmolzen und die erhaltene Luppe
(massel), welche die Gestalt eines Kuchens oder einer abgeplatteten
Kugel habe, aus dem Herde geschafft und unter dem Hammer in
fünf bis sechs Teile (massoques) parallel dem gröſsten Durchmesser
geteilt. Diese würden in Stangen ausgeschmiedet, welche teils aus
Eisen, teils aus Stahl beständen.
Swedenborg beschreibt (S. 146) ein Luppenfeuer, das 1723
eine Meile von Dax in der Provinz Bayonne in Frankreich errichtet
1) Liquatione venae immediata in officinis et tigills sive in illorum „bloo-
meries“.
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Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 3: Das XVIII. Jahrhundert. Braunschweig, 1897, S. 115. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen03_1897/129>, abgerufen am 25.11.2024.
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