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Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 3: Das XVIII. Jahrhundert. Braunschweig, 1897.

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Die Dampfmaschine vor Watt.
zu bauen, keiner aber mit solchem Erfolge wie Potter, "welcher
durch seine Geschicklichkeit und Fleiss, zu Königsberg in Ungarn,
dem Berichte nach, eine solche Maschine aufgesetzet, die billig von
allen zu admirieren und ihm das Zeugnis eines hochverständigen
und klugen Mannes erworben hat". Leupold wollte aus Rücksicht
für Potters Erfinderrecht anfangs nichts darüber veröffentlichen,
nachdem aber die Sache jetzt bereits bekannt geworden und nicht
nur Zeichnungen, sondern sogar Modelle nach der Maschine ange-
fertigt worden seien, so könne von einer Verletzung eines Geheim-
nisses und einer Schädigung nicht mehr die Rede sein. Danach habe
er aus ihm zugesendeten Rissen und wo diese mangelhaft waren,
nach seinem Verständnisse die Figur der Maschine gezeichnet, die
im ganzen ziemlich genau dem Original entsprechen dürfte.

Diese erste wirkliche Arbeit leistende Dampfmaschine auf dem
Kontinent, welche in Fig. 4 nach Leupolds Zeichnung abgebildet
ist, bedarf einer besonderen Erklärung nicht mehr. Der Dampf-
kessel A hatte 7 Fuss Durchmesser und hielt 200 Eimer Wasser;
er war zu 3/4 gefüllt. Oben war eine Metallplatte mit dem Dampf-
rohre aufgeschraubt. Der Cylinder hatte 32 bis 36 Zoll Durch-
messer, war 8 Fuss hoch und wog in die 30 Centner. Der metallene
Kolben R war seitlich mit Schrauben versehen, um die Liderung von
Holz oder Leder festzuschrauben. Der Kolbenhub betrug 7 Fuss. Die
Kraft wurde auf einen sehr starken Wagbalken von 21 Fuss Länge
und 18 Zoll Dicke übertragen, an dessen anderem Ende das schwere
dreiteilige Pumpengestänge für die drei Pumpensätze an einer Kette
hing, deren Glieder jedes einzelne 10 Pfd. wog. Das sehr schwere
Pumpengestänge war durch ein besonderes Gegengewicht abbalanziert.
Die Regulierung der Dampf- und Wasserhähne geschah wie in Fig. 3
durch eine Lenkstange. Das Hebelwerk war einfacher als bei der
Londoner Maschine, diese Vereinfachung rührt aber von Leupold
her, welcher sich aus der erhaltenen Zeichnung "kein rechtes Konzept
formieren konnte". Die Maschine hob 24000 Eimer in 24 Stunden.
Aus einem Briefe, den Leupold anfügt, geht hervor, dass die Ma-
schine seit neun Monaten in ununterbrochenem Betriebe stand und
sich vorzüglich bewährte. Herr Potter sei selbst noch in Königs-
berg und habe die Aufsicht gegen ein Salarium übernommen.

Ein zweiter Brief von Fischer von Erlach aus Wien am
23. Januar 1725 lautet:

Was unsere Feuermaschine anbelangt, so brennet solche drei
Klafter Holz des Tages und hat eine Kraft wie 25 Sätze Röhren, jede

Die Dampfmaschine vor Watt.
zu bauen, keiner aber mit solchem Erfolge wie Potter, „welcher
durch seine Geschicklichkeit und Fleiſs, zu Königsberg in Ungarn,
dem Berichte nach, eine solche Maschine aufgesetzet, die billig von
allen zu admirieren und ihm das Zeugnis eines hochverständigen
und klugen Mannes erworben hat“. Leupold wollte aus Rücksicht
für Potters Erfinderrecht anfangs nichts darüber veröffentlichen,
nachdem aber die Sache jetzt bereits bekannt geworden und nicht
nur Zeichnungen, sondern sogar Modelle nach der Maschine ange-
fertigt worden seien, so könne von einer Verletzung eines Geheim-
nisses und einer Schädigung nicht mehr die Rede sein. Danach habe
er aus ihm zugesendeten Rissen und wo diese mangelhaft waren,
nach seinem Verständnisse die Figur der Maschine gezeichnet, die
im ganzen ziemlich genau dem Original entsprechen dürfte.

Diese erste wirkliche Arbeit leistende Dampfmaschine auf dem
Kontinent, welche in Fig. 4 nach Leupolds Zeichnung abgebildet
ist, bedarf einer besonderen Erklärung nicht mehr. Der Dampf-
kessel A hatte 7 Fuſs Durchmesser und hielt 200 Eimer Wasser;
er war zu ¾ gefüllt. Oben war eine Metallplatte mit dem Dampf-
rohre aufgeschraubt. Der Cylinder hatte 32 bis 36 Zoll Durch-
messer, war 8 Fuſs hoch und wog in die 30 Centner. Der metallene
Kolben R war seitlich mit Schrauben versehen, um die Liderung von
Holz oder Leder festzuschrauben. Der Kolbenhub betrug 7 Fuſs. Die
Kraft wurde auf einen sehr starken Wagbalken von 21 Fuſs Länge
und 18 Zoll Dicke übertragen, an dessen anderem Ende das schwere
dreiteilige Pumpengestänge für die drei Pumpensätze an einer Kette
hing, deren Glieder jedes einzelne 10 Pfd. wog. Das sehr schwere
Pumpengestänge war durch ein besonderes Gegengewicht abbalanziert.
Die Regulierung der Dampf- und Wasserhähne geschah wie in Fig. 3
durch eine Lenkstange. Das Hebelwerk war einfacher als bei der
Londoner Maschine, diese Vereinfachung rührt aber von Leupold
her, welcher sich aus der erhaltenen Zeichnung „kein rechtes Konzept
formieren konnte“. Die Maschine hob 24000 Eimer in 24 Stunden.
Aus einem Briefe, den Leupold anfügt, geht hervor, daſs die Ma-
schine seit neun Monaten in ununterbrochenem Betriebe stand und
sich vorzüglich bewährte. Herr Potter sei selbst noch in Königs-
berg und habe die Aufsicht gegen ein Salarium übernommen.

Ein zweiter Brief von Fischer von Erlach aus Wien am
23. Januar 1725 lautet:

Was unsere Feuermaschine anbelangt, so brennet solche drei
Klafter Holz des Tages und hat eine Kraft wie 25 Sätze Röhren, jede

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[108/0122] Die Dampfmaschine vor Watt. zu bauen, keiner aber mit solchem Erfolge wie Potter, „welcher durch seine Geschicklichkeit und Fleiſs, zu Königsberg in Ungarn, dem Berichte nach, eine solche Maschine aufgesetzet, die billig von allen zu admirieren und ihm das Zeugnis eines hochverständigen und klugen Mannes erworben hat“. Leupold wollte aus Rücksicht für Potters Erfinderrecht anfangs nichts darüber veröffentlichen, nachdem aber die Sache jetzt bereits bekannt geworden und nicht nur Zeichnungen, sondern sogar Modelle nach der Maschine ange- fertigt worden seien, so könne von einer Verletzung eines Geheim- nisses und einer Schädigung nicht mehr die Rede sein. Danach habe er aus ihm zugesendeten Rissen und wo diese mangelhaft waren, nach seinem Verständnisse die Figur der Maschine gezeichnet, die im ganzen ziemlich genau dem Original entsprechen dürfte. Diese erste wirkliche Arbeit leistende Dampfmaschine auf dem Kontinent, welche in Fig. 4 nach Leupolds Zeichnung abgebildet ist, bedarf einer besonderen Erklärung nicht mehr. Der Dampf- kessel A hatte 7 Fuſs Durchmesser und hielt 200 Eimer Wasser; er war zu ¾ gefüllt. Oben war eine Metallplatte mit dem Dampf- rohre aufgeschraubt. Der Cylinder hatte 32 bis 36 Zoll Durch- messer, war 8 Fuſs hoch und wog in die 30 Centner. Der metallene Kolben R war seitlich mit Schrauben versehen, um die Liderung von Holz oder Leder festzuschrauben. Der Kolbenhub betrug 7 Fuſs. Die Kraft wurde auf einen sehr starken Wagbalken von 21 Fuſs Länge und 18 Zoll Dicke übertragen, an dessen anderem Ende das schwere dreiteilige Pumpengestänge für die drei Pumpensätze an einer Kette hing, deren Glieder jedes einzelne 10 Pfd. wog. Das sehr schwere Pumpengestänge war durch ein besonderes Gegengewicht abbalanziert. Die Regulierung der Dampf- und Wasserhähne geschah wie in Fig. 3 durch eine Lenkstange. Das Hebelwerk war einfacher als bei der Londoner Maschine, diese Vereinfachung rührt aber von Leupold her, welcher sich aus der erhaltenen Zeichnung „kein rechtes Konzept formieren konnte“. Die Maschine hob 24000 Eimer in 24 Stunden. Aus einem Briefe, den Leupold anfügt, geht hervor, daſs die Ma- schine seit neun Monaten in ununterbrochenem Betriebe stand und sich vorzüglich bewährte. Herr Potter sei selbst noch in Königs- berg und habe die Aufsicht gegen ein Salarium übernommen. Ein zweiter Brief von Fischer von Erlach aus Wien am 23. Januar 1725 lautet: Was unsere Feuermaschine anbelangt, so brennet solche drei Klafter Holz des Tages und hat eine Kraft wie 25 Sätze Röhren, jede

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Zitationshilfe: Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 3: Das XVIII. Jahrhundert. Braunschweig, 1897, S. 108. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen03_1897/122>, abgerufen am 26.11.2024.