wird, bewegt sich auch das Gewicht 14 wieder rückwärts. Sobald dieses die Vertikale überschritten hat, fällt es nach der entgegen- gesetzten Seite wie zuvor, soweit dies die Lederschnur gestattet, da- durch drückt jetzt der Hebel 5 gegen den Schieber 10, wodurch der Dampfhahn geöffnet wird. In demselben Moment fällt der Schwimmer in dem Rohre H, weil die Dampfspannung nachlässt, der Rahmen R sinkt und der Stift bei 2 schliesst den Einspritzhahn so lange, bis der Schwimmer wieder zum Steigen kommt. Der Mechanismus war recht kompliziert und äusserst primitiv, ist aber doch leicht verständlich.
Weidler berechnet die Leistung der Londoner Maschine, indem er den Druck der Luftsäule für einen Quadratfuss rheinisch auf 1958 Pfund annimmt, auf 600 Eimer (zu 288 Kubikzoll) stündlich oder 14400 Eimer in 24 Stunden, während die ganze Riesenanlage von Marly mit den 13 bezw. 14 grossen Wasserrädern nur 18100 Eimer hob, wobei allerdings zu berücksichtigen ist, dass die Hubhöhe der Londoner Maschine nur 124 Fuss, die der von Marly über 500 Fuss beträgt. Immerhin hebt Weidler mit Recht die erstaun- liche Leistung dieser einen, einfachen Maschine, im Vergleiche mit dem kostspieligen Werke von Marly hervor. Die wirkliche Leistung der Maschine von York Buildings soll aber sogar 50 Tons Wasser in der Stunde betragen haben.
Weidler erwähnt noch, dass die Maschinen in England be- sonders vorteilhaft arbeiteten, weil man die billigste Steinkohle, das Kohlenklein, als Brennmaterial verwende.
Eine vorzügliche Dampfmaschine, wahrscheinlich von Newcomen selbst errichtet, arbeitete 1722 auf dem grossen Kohlenbergwerke bei Griff in der Nähe von Coventry. Sie kostete nur 150 £ im Jahre für Kohlen, Bedienung und Reparatur und leistete dasselbe, wie vor- her 50 Pferde, welche 900 £ im Jahre an Unterhaltung gekostet hatten. Diese Maschine war vorzüglich in Konstruktion und Gang und galt als die beste bis dahin gebaute.
Im Jahre 1723 wurde die erste Newcomen-Maschine auf dem Kontinent aufgestellt, welche wirklich Arbeit leistete. Es war dies die grosse Maschine, welche Potter zu Königsberg in Ungarn er- richtete. Leupold hat eine Beschreibung und Abbildung davon mitgeteilt 1). Zuvor haben wir aber noch einiges Wenige über die Geschichte der Dampfmaschine in Deutschland nachzutragen. Land- graf Karl von Hessen-Kassel, Papins Beschützer, gebührt der Ruhm,
1)Leupold, Theatrum Machinarum Hydraulicarum. Tome II, p. 87.
Die Dampfmaschine vor Watt.
wird, bewegt sich auch das Gewicht 14 wieder rückwärts. Sobald dieses die Vertikale überschritten hat, fällt es nach der entgegen- gesetzten Seite wie zuvor, soweit dies die Lederschnur gestattet, da- durch drückt jetzt der Hebel 5 gegen den Schieber 10, wodurch der Dampfhahn geöffnet wird. In demselben Moment fällt der Schwimmer in dem Rohre H, weil die Dampfspannung nachläſst, der Rahmen R sinkt und der Stift bei 2 schlieſst den Einspritzhahn so lange, bis der Schwimmer wieder zum Steigen kommt. Der Mechanismus war recht kompliziert und äusserst primitiv, ist aber doch leicht verständlich.
Weidler berechnet die Leistung der Londoner Maschine, indem er den Druck der Luftsäule für einen Quadratfuſs rheinisch auf 1958 Pfund annimmt, auf 600 Eimer (zu 288 Kubikzoll) stündlich oder 14400 Eimer in 24 Stunden, während die ganze Riesenanlage von Marly mit den 13 bezw. 14 groſsen Wasserrädern nur 18100 Eimer hob, wobei allerdings zu berücksichtigen ist, daſs die Hubhöhe der Londoner Maschine nur 124 Fuſs, die der von Marly über 500 Fuſs beträgt. Immerhin hebt Weidler mit Recht die erstaun- liche Leistung dieser einen, einfachen Maschine, im Vergleiche mit dem kostspieligen Werke von Marly hervor. Die wirkliche Leistung der Maschine von York Buildings soll aber sogar 50 Tons Wasser in der Stunde betragen haben.
Weidler erwähnt noch, daſs die Maschinen in England be- sonders vorteilhaft arbeiteten, weil man die billigste Steinkohle, das Kohlenklein, als Brennmaterial verwende.
Eine vorzügliche Dampfmaschine, wahrscheinlich von Newcomen selbst errichtet, arbeitete 1722 auf dem groſsen Kohlenbergwerke bei Griff in der Nähe von Coventry. Sie kostete nur 150 £ im Jahre für Kohlen, Bedienung und Reparatur und leistete dasselbe, wie vor- her 50 Pferde, welche 900 £ im Jahre an Unterhaltung gekostet hatten. Diese Maschine war vorzüglich in Konstruktion und Gang und galt als die beste bis dahin gebaute.
Im Jahre 1723 wurde die erste Newcomen-Maschine auf dem Kontinent aufgestellt, welche wirklich Arbeit leistete. Es war dies die groſse Maschine, welche Potter zu Königsberg in Ungarn er- richtete. Leupold hat eine Beschreibung und Abbildung davon mitgeteilt 1). Zuvor haben wir aber noch einiges Wenige über die Geschichte der Dampfmaschine in Deutschland nachzutragen. Land- graf Karl von Hessen-Kassel, Papins Beschützer, gebührt der Ruhm,
1)Leupold, Theatrum Machinarum Hydraulicarum. Tome II, p. 87.
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Die Dampfmaschine vor Watt.
wird, bewegt sich auch das Gewicht 14 wieder rückwärts. Sobald
dieses die Vertikale überschritten hat, fällt es nach der entgegen-
gesetzten Seite wie zuvor, soweit dies die Lederschnur gestattet, da-
durch drückt jetzt der Hebel 5 gegen den Schieber 10, wodurch der
Dampfhahn geöffnet wird. In demselben Moment fällt der Schwimmer
in dem Rohre H, weil die Dampfspannung nachläſst, der Rahmen R
sinkt und der Stift bei 2 schlieſst den Einspritzhahn so lange, bis der
Schwimmer wieder zum Steigen kommt. Der Mechanismus war recht
kompliziert und äusserst primitiv, ist aber doch leicht verständlich.
Weidler berechnet die Leistung der Londoner Maschine, indem
er den Druck der Luftsäule für einen Quadratfuſs rheinisch auf
1958 Pfund annimmt, auf 600 Eimer (zu 288 Kubikzoll) stündlich
oder 14400 Eimer in 24 Stunden, während die ganze Riesenanlage
von Marly mit den 13 bezw. 14 groſsen Wasserrädern nur 18100
Eimer hob, wobei allerdings zu berücksichtigen ist, daſs die Hubhöhe
der Londoner Maschine nur 124 Fuſs, die der von Marly über
500 Fuſs beträgt. Immerhin hebt Weidler mit Recht die erstaun-
liche Leistung dieser einen, einfachen Maschine, im Vergleiche mit
dem kostspieligen Werke von Marly hervor. Die wirkliche Leistung
der Maschine von York Buildings soll aber sogar 50 Tons Wasser in
der Stunde betragen haben.
Weidler erwähnt noch, daſs die Maschinen in England be-
sonders vorteilhaft arbeiteten, weil man die billigste Steinkohle, das
Kohlenklein, als Brennmaterial verwende.
Eine vorzügliche Dampfmaschine, wahrscheinlich von Newcomen
selbst errichtet, arbeitete 1722 auf dem groſsen Kohlenbergwerke bei
Griff in der Nähe von Coventry. Sie kostete nur 150 £ im Jahre
für Kohlen, Bedienung und Reparatur und leistete dasselbe, wie vor-
her 50 Pferde, welche 900 £ im Jahre an Unterhaltung gekostet
hatten. Diese Maschine war vorzüglich in Konstruktion und Gang
und galt als die beste bis dahin gebaute.
Im Jahre 1723 wurde die erste Newcomen-Maschine auf dem
Kontinent aufgestellt, welche wirklich Arbeit leistete. Es war dies
die groſse Maschine, welche Potter zu Königsberg in Ungarn er-
richtete. Leupold hat eine Beschreibung und Abbildung davon
mitgeteilt 1). Zuvor haben wir aber noch einiges Wenige über die
Geschichte der Dampfmaschine in Deutschland nachzutragen. Land-
graf Karl von Hessen-Kassel, Papins Beschützer, gebührt der Ruhm,
1) Leupold, Theatrum Machinarum Hydraulicarum. Tome II, p. 87.
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Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 3: Das XVIII. Jahrhundert. Braunschweig, 1897, S. 104. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen03_1897/118>, abgerufen am 26.11.2024.
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