derselben zugewiesen wurde. Der grösste Teil der uralischen Hütten kam zu der permischen Statthalterschaft.
Die Kronwerke hatten Direktoren, die Staatsbeamte waren, die Privatwerke hatten meist einen "verschmitzten Leibeigenen" (wie Professor Georgi sich ausdrückt), der lesen und schreiben konnte, als Prikaschtschik oder Inspektor, und wählte man dazu Raskolniken, weil sie weniger tranken und die Fehler der Rechtgläubigen mit Argusaugen beobachteten. Ein solcher Mann stand für 40 bis 100 Rubel Jahresgehalt und einigen ökonomischen Vorteilen oft grossen Berg- und Hüttenwerken mit einigen Tausenden von Leib- eigenen und freien Arbeitern vor. Dies war nur möglich, weil bei den reichen, gutschmelzigen Erzen und dem Überfluss an Holz der Betrieb leicht und einfach war, und die Arbeiter willig und gutmütig waren. Die den Hütten zugeschriebenen Kronbauern hatten das ganze Fuhr- wesen, das Fällen des Holzes, das Aufbrechen der Meiler, das Herbei- schaffen des Sandes u. s. w. zu besorgen, dagegen durften sie für eigentliche Berg- und Hüttenarbeiten nicht verwendet werden, ausser wenn dies ihr freier Wille war. Für ihre Arbeiten bezogen sie festgesetzte Löhne.
Das Recht zu schürfen und Bergwerke anzulegen, besass ausser der Krone nur der Grundbesitzer, d. h. der Adel, nur unter gewissen Beschränkungen durften auch Kaufleute Bergwerke besitzen. Um den Berg- und Hüttenwerken Arbeitskräfte zuzuweisen, verordnete die Regierung, dass die Kronbauern in der Umgebung der Werke ihr Kopfgeld auf denselben abverdienen mussten. Aus diesen wurden diejenigen, welche sonst als Rekruten eintreten mussten, ausgewählt und als Meisterleute den Werken für immer zugeschrieben. Dies waren dann die Knappen, Hütten- und Hammerleute. Wo der Adel aber Werke auf seinen eigenen Gütern hatte, mussten seine eigenen Bauern die Arbeiten verrichten. Ausserdem gab es bei dem Magnet- berge am Tagil gewisse Klassen von Bauern, die den Hüttenwerken auf ewig zugeteilt waren, aber weder den Werksbesitzern eigentüm- lich gehörten, noch Kronbauern waren. Sie konnten nur mit der Hütte selbst verkauft werden. Endlich gab es freiwillige Arbeiter, doch war dies der kleinste Teil. Von der Möglichkeit, Arbeiter zu be- kommen, hing die Möglichkeit der Anlage eines neuen Werkes in erster Linie ab.
Die Wälder gehörten in Russland entweder der Krone oder Pri- vaten. Bei dem Überfluss an Holz im vorigen Jahrhundert war die Waldwirtschaft eine sehr unvollkommene. Über die Zeit des Holz-
Ruſsland.
derselben zugewiesen wurde. Der gröſste Teil der uralischen Hütten kam zu der permischen Statthalterschaft.
Die Kronwerke hatten Direktoren, die Staatsbeamte waren, die Privatwerke hatten meist einen „verschmitzten Leibeigenen“ (wie Professor Georgi sich ausdrückt), der lesen und schreiben konnte, als Prikaschtschik oder Inspektor, und wählte man dazu Raskolniken, weil sie weniger tranken und die Fehler der Rechtgläubigen mit Argusaugen beobachteten. Ein solcher Mann stand für 40 bis 100 Rubel Jahresgehalt und einigen ökonomischen Vorteilen oft groſsen Berg- und Hüttenwerken mit einigen Tausenden von Leib- eigenen und freien Arbeitern vor. Dies war nur möglich, weil bei den reichen, gutschmelzigen Erzen und dem Überfluſs an Holz der Betrieb leicht und einfach war, und die Arbeiter willig und gutmütig waren. Die den Hütten zugeschriebenen Kronbauern hatten das ganze Fuhr- wesen, das Fällen des Holzes, das Aufbrechen der Meiler, das Herbei- schaffen des Sandes u. s. w. zu besorgen, dagegen durften sie für eigentliche Berg- und Hüttenarbeiten nicht verwendet werden, auſser wenn dies ihr freier Wille war. Für ihre Arbeiten bezogen sie festgesetzte Löhne.
Das Recht zu schürfen und Bergwerke anzulegen, besaſs auſser der Krone nur der Grundbesitzer, d. h. der Adel, nur unter gewissen Beschränkungen durften auch Kaufleute Bergwerke besitzen. Um den Berg- und Hüttenwerken Arbeitskräfte zuzuweisen, verordnete die Regierung, daſs die Kronbauern in der Umgebung der Werke ihr Kopfgeld auf denselben abverdienen muſsten. Aus diesen wurden diejenigen, welche sonst als Rekruten eintreten muſsten, ausgewählt und als Meisterleute den Werken für immer zugeschrieben. Dies waren dann die Knappen, Hütten- und Hammerleute. Wo der Adel aber Werke auf seinen eigenen Gütern hatte, muſsten seine eigenen Bauern die Arbeiten verrichten. Auſserdem gab es bei dem Magnet- berge am Tagil gewisse Klassen von Bauern, die den Hüttenwerken auf ewig zugeteilt waren, aber weder den Werksbesitzern eigentüm- lich gehörten, noch Kronbauern waren. Sie konnten nur mit der Hütte selbst verkauft werden. Endlich gab es freiwillige Arbeiter, doch war dies der kleinste Teil. Von der Möglichkeit, Arbeiter zu be- kommen, hing die Möglichkeit der Anlage eines neuen Werkes in erster Linie ab.
Die Wälder gehörten in Ruſsland entweder der Krone oder Pri- vaten. Bei dem Überfluſs an Holz im vorigen Jahrhundert war die Waldwirtschaft eine sehr unvollkommene. Über die Zeit des Holz-
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><p><pbfacs="#f1154"n="1140"/><fwplace="top"type="header">Ruſsland.</fw><lb/>
derselben zugewiesen wurde. Der gröſste Teil der uralischen Hütten<lb/>
kam zu der permischen Statthalterschaft.</p><lb/><p>Die Kronwerke hatten Direktoren, die Staatsbeamte waren, die<lb/>
Privatwerke hatten meist einen „verschmitzten Leibeigenen“ (wie<lb/>
Professor <hirendition="#g">Georgi</hi> sich ausdrückt), der lesen und schreiben konnte,<lb/>
als Prikaschtschik oder Inspektor, und wählte man dazu Raskolniken,<lb/>
weil sie weniger tranken und die Fehler der Rechtgläubigen mit<lb/>
Argusaugen beobachteten. Ein solcher Mann stand für 40 bis<lb/>
100 Rubel Jahresgehalt und einigen ökonomischen Vorteilen oft<lb/>
groſsen Berg- und Hüttenwerken mit einigen Tausenden von Leib-<lb/>
eigenen und freien Arbeitern vor. Dies war nur möglich, weil bei den<lb/>
reichen, gutschmelzigen Erzen und dem Überfluſs an Holz der Betrieb<lb/>
leicht und einfach war, und die Arbeiter willig und gutmütig waren.<lb/>
Die den Hütten zugeschriebenen Kronbauern hatten das ganze Fuhr-<lb/>
wesen, das Fällen des Holzes, das Aufbrechen der Meiler, das Herbei-<lb/>
schaffen des Sandes u. s. w. zu besorgen, dagegen durften sie für<lb/>
eigentliche Berg- und Hüttenarbeiten nicht verwendet werden, auſser<lb/>
wenn dies ihr freier Wille war. Für ihre Arbeiten bezogen sie<lb/>
festgesetzte Löhne.</p><lb/><p>Das Recht zu schürfen und Bergwerke anzulegen, besaſs auſser<lb/>
der Krone nur der Grundbesitzer, d. h. der Adel, nur unter gewissen<lb/>
Beschränkungen durften auch Kaufleute Bergwerke besitzen. Um<lb/>
den Berg- und Hüttenwerken Arbeitskräfte zuzuweisen, verordnete die<lb/>
Regierung, daſs die Kronbauern in der Umgebung der Werke ihr<lb/>
Kopfgeld auf denselben abverdienen muſsten. Aus diesen wurden<lb/>
diejenigen, welche sonst als Rekruten eintreten muſsten, ausgewählt<lb/>
und als Meisterleute den Werken für immer zugeschrieben. Dies<lb/>
waren dann die Knappen, Hütten- und Hammerleute. Wo der Adel<lb/>
aber Werke auf seinen eigenen Gütern hatte, muſsten seine eigenen<lb/>
Bauern die Arbeiten verrichten. Auſserdem gab es bei dem Magnet-<lb/>
berge am Tagil gewisse Klassen von Bauern, die den Hüttenwerken<lb/>
auf ewig zugeteilt waren, aber weder den Werksbesitzern eigentüm-<lb/>
lich gehörten, noch Kronbauern waren. Sie konnten nur mit der<lb/>
Hütte selbst verkauft werden. Endlich gab es freiwillige Arbeiter, doch<lb/>
war dies der kleinste Teil. Von der Möglichkeit, Arbeiter zu be-<lb/>
kommen, hing die Möglichkeit der Anlage eines neuen Werkes in<lb/>
erster Linie ab.</p><lb/><p>Die Wälder gehörten in Ruſsland entweder der Krone oder Pri-<lb/>
vaten. Bei dem Überfluſs an Holz im vorigen Jahrhundert war die<lb/>
Waldwirtschaft eine sehr unvollkommene. Über die Zeit des Holz-<lb/></p></div></div></div></body></text></TEI>
[1140/1154]
Ruſsland.
derselben zugewiesen wurde. Der gröſste Teil der uralischen Hütten
kam zu der permischen Statthalterschaft.
Die Kronwerke hatten Direktoren, die Staatsbeamte waren, die
Privatwerke hatten meist einen „verschmitzten Leibeigenen“ (wie
Professor Georgi sich ausdrückt), der lesen und schreiben konnte,
als Prikaschtschik oder Inspektor, und wählte man dazu Raskolniken,
weil sie weniger tranken und die Fehler der Rechtgläubigen mit
Argusaugen beobachteten. Ein solcher Mann stand für 40 bis
100 Rubel Jahresgehalt und einigen ökonomischen Vorteilen oft
groſsen Berg- und Hüttenwerken mit einigen Tausenden von Leib-
eigenen und freien Arbeitern vor. Dies war nur möglich, weil bei den
reichen, gutschmelzigen Erzen und dem Überfluſs an Holz der Betrieb
leicht und einfach war, und die Arbeiter willig und gutmütig waren.
Die den Hütten zugeschriebenen Kronbauern hatten das ganze Fuhr-
wesen, das Fällen des Holzes, das Aufbrechen der Meiler, das Herbei-
schaffen des Sandes u. s. w. zu besorgen, dagegen durften sie für
eigentliche Berg- und Hüttenarbeiten nicht verwendet werden, auſser
wenn dies ihr freier Wille war. Für ihre Arbeiten bezogen sie
festgesetzte Löhne.
Das Recht zu schürfen und Bergwerke anzulegen, besaſs auſser
der Krone nur der Grundbesitzer, d. h. der Adel, nur unter gewissen
Beschränkungen durften auch Kaufleute Bergwerke besitzen. Um
den Berg- und Hüttenwerken Arbeitskräfte zuzuweisen, verordnete die
Regierung, daſs die Kronbauern in der Umgebung der Werke ihr
Kopfgeld auf denselben abverdienen muſsten. Aus diesen wurden
diejenigen, welche sonst als Rekruten eintreten muſsten, ausgewählt
und als Meisterleute den Werken für immer zugeschrieben. Dies
waren dann die Knappen, Hütten- und Hammerleute. Wo der Adel
aber Werke auf seinen eigenen Gütern hatte, muſsten seine eigenen
Bauern die Arbeiten verrichten. Auſserdem gab es bei dem Magnet-
berge am Tagil gewisse Klassen von Bauern, die den Hüttenwerken
auf ewig zugeteilt waren, aber weder den Werksbesitzern eigentüm-
lich gehörten, noch Kronbauern waren. Sie konnten nur mit der
Hütte selbst verkauft werden. Endlich gab es freiwillige Arbeiter, doch
war dies der kleinste Teil. Von der Möglichkeit, Arbeiter zu be-
kommen, hing die Möglichkeit der Anlage eines neuen Werkes in
erster Linie ab.
Die Wälder gehörten in Ruſsland entweder der Krone oder Pri-
vaten. Bei dem Überfluſs an Holz im vorigen Jahrhundert war die
Waldwirtschaft eine sehr unvollkommene. Über die Zeit des Holz-
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 3: Das XVIII. Jahrhundert. Braunschweig, 1897, S. 1140. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen03_1897/1154>, abgerufen am 22.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.