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Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 3: Das XVIII. Jahrhundert. Braunschweig, 1897.

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Die Dampfmaschine vor Watt.

Das Drehen der Hähne erforderte fortwährende Aufmerksamkeit
und war ein langweiliges Geschäft. So erschien es auch dem Knaben
Humphrey Potter, welcher dies zu besorgen hatte. Er kam durch
Beobachtung auf die kluge Idee, die Maschine diese Arbeit selbst be-
sorgen zu lassen, indem er die Hähne mit dem Balanzier durch
Schnüre so verband, dass sie bei einem gewissen höchsten Punkte
diese Arbeit verrichteten. Dadurch wurde die Maschine automatisch.
Dieses Schnürenhebelwerk nannte er "scoggan", eine Dialektbezeich-
nung, die zugleich mit der Sache allgemeine Anwendung fand. In

[Abbildung] Fig. 2.
demselben Jahre
1713 wurde auch
die Liederung des
Dampfkolbens mit
Leder erfunden. Ein
Zufall soll auch
dazu die erste Ver-
anlassung gegeben
haben. Man hatte
zur Verdichtung eine
grosse Scheibe von
Leder auf dem Kol-
ben befestigt, welche
mehrere Zoll über
denselben hinaus-
ragte, so dass sie
sich an der Cy-
linderwand umbog
und aufstellte. Nach
einiger Zeit war sie
durchgerieben, so
dass sich jetzt nur
der schmale Rand des Leders, entsprechend seiner Dicke, wider die
Cylinderwand anlegte. Der Verschluss war aber besser wie zuvor und
auf diese Weise kam man dazu, mit Vorteil einen schmalen Leder-
streifen oder eine einfache Schnur zur Dichtung zu verwenden.

Das undauerhafte Schnürenwerk (scoggan) Potters wurde bald
bei neuerbauten Maschinen durch ein Hebelwerk ersetzt, und zwar
wurde dieses anfangs (1714) durch einen Schwimmer bewegt, welcher
sich in einem mit dem Kessel in Verbindung stehenden Rohr auf und
ab bewegte. Entwickelte der Dampf seinen höchsten Druck, so stieg

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Die Dampfmaschine vor Watt.

Das Drehen der Hähne erforderte fortwährende Aufmerksamkeit
und war ein langweiliges Geschäft. So erschien es auch dem Knaben
Humphrey Potter, welcher dies zu besorgen hatte. Er kam durch
Beobachtung auf die kluge Idee, die Maschine diese Arbeit selbst be-
sorgen zu lassen, indem er die Hähne mit dem Balanzier durch
Schnüre so verband, daſs sie bei einem gewissen höchsten Punkte
diese Arbeit verrichteten. Dadurch wurde die Maschine automatisch.
Dieses Schnürenhebelwerk nannte er „scoggan“, eine Dialektbezeich-
nung, die zugleich mit der Sache allgemeine Anwendung fand. In

[Abbildung] Fig. 2.
demselben Jahre
1713 wurde auch
die Liederung des
Dampfkolbens mit
Leder erfunden. Ein
Zufall soll auch
dazu die erste Ver-
anlassung gegeben
haben. Man hatte
zur Verdichtung eine
groſse Scheibe von
Leder auf dem Kol-
ben befestigt, welche
mehrere Zoll über
denselben hinaus-
ragte, so daſs sie
sich an der Cy-
linderwand umbog
und aufstellte. Nach
einiger Zeit war sie
durchgerieben, so
daſs sich jetzt nur
der schmale Rand des Leders, entsprechend seiner Dicke, wider die
Cylinderwand anlegte. Der Verschluſs war aber besser wie zuvor und
auf diese Weise kam man dazu, mit Vorteil einen schmalen Leder-
streifen oder eine einfache Schnur zur Dichtung zu verwenden.

Das undauerhafte Schnürenwerk (scoggan) Potters wurde bald
bei neuerbauten Maschinen durch ein Hebelwerk ersetzt, und zwar
wurde dieses anfangs (1714) durch einen Schwimmer bewegt, welcher
sich in einem mit dem Kessel in Verbindung stehenden Rohr auf und
ab bewegte. Entwickelte der Dampf seinen höchsten Druck, so stieg

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[99/0113] Die Dampfmaschine vor Watt. Das Drehen der Hähne erforderte fortwährende Aufmerksamkeit und war ein langweiliges Geschäft. So erschien es auch dem Knaben Humphrey Potter, welcher dies zu besorgen hatte. Er kam durch Beobachtung auf die kluge Idee, die Maschine diese Arbeit selbst be- sorgen zu lassen, indem er die Hähne mit dem Balanzier durch Schnüre so verband, daſs sie bei einem gewissen höchsten Punkte diese Arbeit verrichteten. Dadurch wurde die Maschine automatisch. Dieses Schnürenhebelwerk nannte er „scoggan“, eine Dialektbezeich- nung, die zugleich mit der Sache allgemeine Anwendung fand. In [Abbildung Fig. 2.] demselben Jahre 1713 wurde auch die Liederung des Dampfkolbens mit Leder erfunden. Ein Zufall soll auch dazu die erste Ver- anlassung gegeben haben. Man hatte zur Verdichtung eine groſse Scheibe von Leder auf dem Kol- ben befestigt, welche mehrere Zoll über denselben hinaus- ragte, so daſs sie sich an der Cy- linderwand umbog und aufstellte. Nach einiger Zeit war sie durchgerieben, so daſs sich jetzt nur der schmale Rand des Leders, entsprechend seiner Dicke, wider die Cylinderwand anlegte. Der Verschluſs war aber besser wie zuvor und auf diese Weise kam man dazu, mit Vorteil einen schmalen Leder- streifen oder eine einfache Schnur zur Dichtung zu verwenden. Das undauerhafte Schnürenwerk (scoggan) Potters wurde bald bei neuerbauten Maschinen durch ein Hebelwerk ersetzt, und zwar wurde dieses anfangs (1714) durch einen Schwimmer bewegt, welcher sich in einem mit dem Kessel in Verbindung stehenden Rohr auf und ab bewegte. Entwickelte der Dampf seinen höchsten Druck, so stieg 7*

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Zitationshilfe: Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 3: Das XVIII. Jahrhundert. Braunschweig, 1897, S. 99. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen03_1897/113>, abgerufen am 27.11.2024.